Nr. 582 42. Jahrg.n Ausgabe A nr. 297
Bezugspreis:
38chentlich 70 Biennia. monaffid 8.- Reichsmart Boraus zablbaz Unter Rreuzband für Deutichland, Danzig Saar - und Memelaebiet, Veſterreich. Litauen . Luremburg 4.50 Reichsmart, für bas übrige Ausland 5,50 Reichsmart pro Monat.
-
Der Borwärts mit der Sonntags beilage Bolt und Reit mit Gied Iuna und Kleingarten fomie der Beilage Unterhaltung und Billen und Frauenbeilage Frauenstimme erfcheint wochentäalich ameimal Sonntags und Montags einmal.
Telegramm- Abrene: .Sosialdemokrat Berlin
Morgenausgabe
Vorwärts
Berliner Volksblatt
10 Pfennig
Anzeigenvreife:
Die ein valtiae Nonpareille geile 80 Bfennia. Reflamezeile 5. Reichsmart. Aleine Anzeigen bas fettaedrudte Wort 25 Bfennig ( aulaffia amei fettgedrudte Worte: lebes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengefuche das erfte Wort
15 Pfennig, fedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchftaben zählen für zwei Boris Arbeitsmarkt Reile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten
Beile 40 Bfennia.
Anzeigen für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr nachmittags im Hauptgeschäft Berlin SW 68, Linden. #rake B, abaegeben werden. Geöffnet Don 8% Uhr früh bis 5 Uhr nachm.
Donnerstag, den 10. Dezember 1925
Der ADGB . zur Wirtschaftskrise.
Bereinigung der Wirtschaft Hebung der Kaufkraft/ Zollunion.
Der Bundesausschuß des ADGB. hielt am 8. Dezember| finn dieses Beginnens wird durch die gleichzeitige Krise in ben verfeine erfte Sigung nach dem Breslauer Kongreß ab. Er be- fchiedenen Ländern Europas auf anschaulichste illuftriert. Die Geschäftigte fich vor allem mit der jetzigen Wirtschaftswertschaften richten an die Reichsregierung das dringende Berlangen, frise und ihren schweren sozialen Folgeerscheinungen. energisch und führend die Pläne einer Nach einer eingehenden Debatte faßte der Bundesausschuß die Forderungen, die er zur Ueberwindung der Wirtschaftstrise und zur Erleichterung des Schicksals der von ihren Auswirkungen betroffenen Arbeitnehmer zu stellen hat, in folgender einstimmig angenommenen Entschließung zu
jammen:
Durch die augenblickliche Wirtschaftskrise sind bereits mehr als eine Million Arbeiter völlig aus dem Produktionsprozeß ausgeschaltet und weitere große Massen nur noch teilweise beschäftigt. Die Gewerkschaften haben unablässig und schon zu Zeiten, als die wirtschaftlichen Boraussetzungen günstiger waren, die Bereinigung der Wirtschaft von allen parasitären Gebilden und überflüssigen Kosten gefordert. Das ist leider erfolglos geblieben. Das Unternehmertum hat die Bereinigung der Wirtschaft nur im Abbau der Sozialpolitit, in der Ent laffung von Arbeitnehmern, in einer niedrig haltung der Arbeitslöhne und Verlängerung der Arbeitszeit gesehen. Geblieben sind die überflüssigen Unternehmeregistenzen, die viel zu vielen Direktoren, leitenden Beamten und Aufsichtspersonen, der Leerlauf unge nußter Produktionsmittel, die viel zu hohen anbels. spesen und 3 wischengewinne sowie die unerträglich hohen Geldzinsen. Während auf der einen Seite die Kauftraft der breiten Massen abgedrosselt wurde, unterblieb auf der anderen Seite die notwendige und mögliche Sentung der Preise.
Das Mißverhältnis zwifchen Kauftraft und warenpreisen mußte zu einer Absatz- und damit auch zu einer Produktionstrife führen. Aus dieser Erkenntnis geht mit vollkommener Klarheit hervor, daß diese Krise nicht behoben werden fann durch eine weitere Sentung der Löhne und der Kauftraft der noch Arbeitenden, fondern daß dies im Gegenteil unfehlbar zur Berschärfung und Berlängerung der Krise führen müßte. Zur Gesundung der Wirt schaft ist die
Hebung der Kauftraft der breifen Masse
ein unbedingtes Erfordernis. Nichtsdestoweniger mehren sich die Meldungen, daß Unternehmer die gegenwärtige Notlage dazu ausnützen, unter Androhung der Entlassung willkürlich Lohnkürzungen norzunehmen. Aus fozialen und allgemein volfswirschaftlichen Gründen legt der Bundesausschuß gegen diese Versuche schärfste Berwahrung ein und fordert bei dem gerechten Abwehrkampf alle mögliche Unterstützung der Deffentlichkeit und der Behörden. Der Bundesausschuß verschließt sich nicht der Erkenntnis, daß neben den Fehlern und Berfäumnissen der inneren Wirtschaftsführung frankhafte Erscheinungen in der Weltwirtschaft und besonders der europäischen Wirtschaft die deutsche Wirt schaftstrife verschärfen. Statt durch die Herstellung einer europäischen Wirtschaftseinheit eine wichtige Vorauslegung für die wirtschaftliche Gesundung in allen Ländern zu schaffen, werden um die einzelnen nationalen Wirtschaften Zollmauern errichtet und erhöht. Der Wahn
wirtschaftlichen Bereinigung der europäischen Länder zu fördern. Den Opfern der durch eine verfehlte Wirtschaftsführung hervorgerufenen Krise die Lebensmöglichkeit zu sichern und volkswirtschaftliches Gebot. Die bisher vom Reichstagsausschuß be ihre Arbeitskraft zu erhalten, ist ein unbedingtes soziales sowie schlossene
Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Bostichedfonts: Berlin 37 536 Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angeftelten and Beamten. Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depositenlaffe Lindenstr. 3.
Als die Münchner Bost" den deutschnationalen Professor Coßmann dazu nötigte, gegen ihren leitenden Redakteur Strajantrag wegen Beleidigung zu stellen, habe ich an der 3wedmäßigteit ihres Borgehens, wie ich offen befennen will, gezweifelt. Freilich habe ich damals nicht vorher sehen können, daß zur Entscheidung des Streites ein Richter berufen sein würde, den seine Bescheidenheit nötigt, sich zur widlung für unzuständig zu erklären und dem dann plötzlich Abgabe eines Urteils über den Gang der geschichtlichen Entdie Erleuchtung gekommen ist, die ihn befähigt hat, dieses wirklich unsere Aufgabe, den Herren, die den Zusammenbruch Urteil gleichwohl zu fällen. Aber ich fragte mich: Ist es Deutschlands durch eine unsinnige Politik verschuldet haben, einmal mehr die Gelegenheit zu geben, auf dem Zeugenstande zu erscheinen und andere mit ihren eigenen Sünden zu belasten? Und sprechen nicht alle Erfahrungen dafür, daß jeder deutsche Richter den Arien dieser Zeugen mit Bergnügen lauschen und sich von ihren Klängen betören laffen wird? Ich fürchtete aber offen gestanden auch solche Zeugen, die gegen den Berdacht der Parteilichkeit gefeit sind, die aber nicht über ein genügendes Maß von politischer Erfahrung und Kritik verfügen, um der Gefahr der Bekundung objektiv un richtiger Tatsachen zu entgehen.
Erhöhung der Erwerbslofenunterstühung tann den tatsächlichen Bedürfnissen in teiner Weise ge nügen. Neben einer ausreichenden Unterstüßung völlig ArbeitsLofer ist auch Kurzarbeitern eine solche zu gewähren. Ferner find die den Bezug von Unterſtüßung vielfach einschränkenden Be ftimmungen der heute noch bestehenden Regierungsverordnung über Erwerbslosenfürsorge zu ändern bzw. zu beseitigen. Der produk tiven Erwerbslosenfürsorge müssen von Reich und Staat die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Ar beitslosen mit wirtschaftlichen Notstandsarbeiten umfassend zu be schäftigen. Für die Durchführung von Notstandsarbeiten, Vergebung Der Verlauf des Prozesses hat mir Unrecht gegeben. Ge von Arbeitsaufträgen und Arbeitsbeschaffung ist ein enges zu 3war zeigt die Art der Beweiswürdigung des Münchener sammenarbeiten aller Reichsämter, der einzelnen Länder und Be Richters und beweist das Strafmaß, das von einer in meinden notwendig. Um eine flace Rechtsgrundlage der fünftigen anderen politischen Prozessen der jüngsten Zeit nicht gutage Erwerbslofenfürsorge zu schaffen, ist eine beschleunigte Berabschiedung getretenen Härte Zeugnis ablegt, daß meine steptische Bedes Arbeitslosenversicherungsgefehes unerläßlich. urteilung der prozessualen Aussichten des Angeklagten, unseres Genossen Gruber, begründet gewesen ist. Und auch meine Furcht vor wohlwollenden, aber un politischen Män nern auf der Zeugenbant war nicht gegenstandslos. Ich schäße den General Gröner als einen vornehmen, charaktervollen Mann, der sich in schwerer Zeit bewährt hat. Aber ich war, als ich den Bericht über seine Zeugenaussage las, entsegt über die unrichtigkeit der Vorstellungen, zu denen er zweifellos im besten Glauben gelangt ist.
Im weiteren Verlauf der Bundesausschußsizung erstattete Splieth Bericht über die bisherigen Beratungen des Sozialpolitischen Ausschusses des ADGB . zum Entwurf des Arbeitslosenversicherungsgefeges. Der Staffelung der Beiträge und der Unterstützungen entsprechend der Verdiensthöhe wurde zugestimmt mit der Maßgabe, daß die Mindestunterstützungsfäße, wie sie der Entwurf vorsieht, erhöht und auch höhere Lohneinkommen, etwa bis zu 60 m. möchentlich, bei der Bemessung der Unterstügung berücksichtigt Ebert, Scheidemann und ich, wir drei Mehr werden. Es wird die Einbeziehung der Kurzarbeiter. unterstüßung verlangt. Der Rechtsanspruch auf die heitssozialdemokraten im Rate der Boltsbeauftragten, hatten Versicherungsleistung muß restlos durchgeführt werden. Hin Dor nichts anderem Angst, als vor dem Austritt der drei fichtlich des Personenkreises, der Pflichtarbeit und der unabhängigen Sozialdemokraten aus der Regierung; denn Streitklausel muß der Entwurf grundlegend umge- wir waren uns darüber klar, daß damit die Gefahr eines staltet werden. Der Kosten- und Gefahrenausgleich der Ber- Krieges unter sozialdemokratischen Arbeitern heraufbeschworen ficherung muß auf einem Beitrag aufgebaut werden, der für worden wäre, der automatisch den Sieg der Gegenrevolution das ganze Reich und für alle Gewerbe einem einheitlichen zur Folge haben mußte. Als auf dem Rätetangreß im Dea Brozentsaz der Löhne entspricht. Der Berwaltungsaufbau zember 1918 Hugo Haase mit aller Macht diejenigen seiner der Versicherung muß so geregelt werden, daß die Beitrags- Parteigenossen bekämpfte, die verblendet genug waren, auf träger- Bersicherte und ihre Arbeitgeber- entscheiden Bruch mit der Mehrheitssozialdemokratie hinzuarbeiten, benden Einfluß auf die Verwaltung und die Geschäfts- hatten wir drei die Empfindung, daß er sich das größte Ver. führung der Versicherung erhalten. Da die Arbeitslosenver- dienſt um die deutsche Arbeiterklaffe erworben habe, und ficherung und der öffentliche Arbeitsnachweis organisch verdantten ihm mit aufrichtiger Freude. Und da sollen wir das bunden sein müssen, ist auch der Arbeitsnachweis dem ent- Biel verfolgt haben, die unabhängigen Sozialdemokraten aus scheidenden Einfluß der Wirtschaft, der Arbeitgeber und Ar- der Regierung zu verdrängen! Gröner hat sich, als er dies beitnehmer, zu unterstellen. bekundete, schwer geirrt, und er ist, wie ich mir bei anderer Gelegenheit darzulegen vorbehalte, nicht bloß in diesem Bunkte von unrichtigen Eindrücken beherrscht.
Der Bundesausschus stimmte diesen Ausführungen ein mütig zu.
Von der Reichstagsfraktion. auf Beranlaffung der Abgg. Koch( Dem.) und Fehrenbach( 3.) mit der Frage der Möglichkeit der Großen Roalition beschäftigt hatten. Die gestrigen Beratungen der sozialdemokratischen Reichs- Die Fraftion nahm die Berichte entgegen ohne einen Beschluß tagsfraktion berfielen in später Abendstunde der Verzu fassen. tagung. Sie werden heute fortgesetzt werde..
meldet:
Besprechungen der Parteiführer.
Das Nachrichtenbureau des Vereins deutscher Zeitungsverleger Auf Einladung der Abgg. Koch Wefer( Dem.) und Fehren bach( 3.) traten am Mittwoch im Reichstagsgebäude die Bertreter der für die Große Koalition in Betracht kommenden Parteien zu einer ersten Besprechung zusammen. Außer den Einladenden nahmen an der Sizung noch teil die Abgg. Marg( 3.), Dr. Scholz ( D. Vp.), Müller- Franten( Soz.), Leicht( Bayer. Bp.) und unterhielt man sich nach Drewiß( Wirtsch. B.). Wie wir höre einleitenden Ausführungen der Abgg. Koch und Fehrenbach über die Fragen, die die Große Koalition ermöglichen oder ihr entgegenstehen. Die Fraktionen follen sich nun felbft mit der Frage beschäftigen. Bei den Fraktionen( gemeint find offenbar Zentrum und Demofraten. Red. t. 2.) besteht der Wunsch, daß der Reichspräsident, gleich viel wie jetzt die Berhandlungen über die Große Koalition ausgehen, zunächst eine Persönlichkeit mit der Bildung der Regierung beauftragt, die dann am besten in der Lage sein würde, als gegebener Mittler zwischen den Parteien zu wirken.
Nach der Plenarsigung des Reichstag am Mittwoch traten die Fraktionen der Gezialdemokraten, des 3entrums, der Deutschnationalen, der Demofraten und der Bayerifchen Boltspartei zu Sigungen zusammen. In der Gigung ber Zentrumsfraktion berichteten die Abgg. Marr und Fehren bach über die Gigung des Interfrattionellen Ausschusses, der sich
In der Fraktionsfihung der Bayerischen Boltspartei erstattete der Borfißende, Abg. Leicht. Bericht über die inter. mit der Regierungsbildung zusammenhängenden Fragen, verhielt fraktionellen Besprechungen. Die Fraktion erörterte eingehend die sich aber zunächst abwartend, um erft die Beschlüsse der übrigen beteiligten Fraktionen fennen zu lernen; sie wird die Boraussetzungen, die sich für die Bayerische Volkspartei an die Bilbung der Regierung fnüpfen, bei den weiteren entscheibenden interfraktionellen Besprechungen geltend machen.
Verminderung der Besahungstruppen. Einigung in Paris .
Paris , 9. Dezember. ( WTB.) Die vorgestern abend abgehaltene Besprechung militärischer Autoritäten hat, wie verlautet, zu einer Einigung über das Ausmaß der Herabfeßung der franzöfifchen Besatzungstruppen geführt.
Ere Nouvelle" glaubt mitteilen zu können: Der Chef des Generalstabes, Debenen, und der Befehlshaber der französischen Befagungstruppen, Guillaumat, haben das Ergebnis ihrer Er hebungen über die Möglichkeit der Unterbringung der zurüd gezogenen Truppen in Frankreich bekanntgegeben. Die militäri fchen Autoritäten haben sich dann über die mindestziffer fchen Autoritäten haben sich dann über die Mindest giffer geeinigt, unter die Frankreich bei der Herabfegung der Stärke seiner Besatzungsarmee nicht heruntergehen könne. Diese Ziffer hat der Ministerpräsident und der Kriegsminister angenommen.
Unsere Leser tennen die Geschichte von dem Juben aus Hebels Schaßfäftlein, der mit einem Fleischergesellen eine Wette eingegangen ist. Ihr Anlaß ist die Behauptung des Fleischers, daß seine Geschicklichkeit es ihm ermöglichen würde, dem Juden einen Fingernagel abzuschlagen, ohne ihm wehezutun. Der Hieb geht fehl, und der Geiroffene büßt ein Fingerglied ein. Da schreit der arme Teufel:„ Eiwei, ich den er in München erfochten hat, mit demselben Ausruf behab gewonnen." Herr Coßmann darf den Triumph, grüßen. Es bedeutet schon etwas, daß der Nestor der deut schen Geschichtsschreiber, der konservative Professor Hans Delbrüd, Coßmanns geschichtliche Aufsätze als Fälschun= gen bezeichnet hat. Es bedeutet mehr, daß Herr Coßmann felbst unter der Bucht der Beweisaufnahme genötigt gemoefen ist, einen erheblichen Teil seiner Behauptungen zu rüdzunehmen, um derentwillen ihn die Münchner Bost" gebrandmarkt hatte. Wie schwer ihm sein Rückzug geworden ist, zeigt die Tatsache, daß er bis zum fiebenten Ber handlungstage gewartet hat, ehe er jene verblüffende Erflärung abgab, die u. a. eine vollständige Bernichtung des Magdeburger Urteils im Ebert- Brozeß enthält. Zu dem glatten Zugeständnis, daß der Dolchftoß gegen den Rücken der deutschen Front nicht von irgendeiner in der deutschen Arbeiterklasse wurzelnden politischen Richtung, sondern von denen geführt worden ist, die unserem Volk unter Ueberschähung seiner Kräfte und unter Unterschätzung der Kräfte der Feinde die Führung eines Eroberungstrieges zumuteten, hat er sich nicht aufgeschwungen. Er hat es vorgezogen, sich non dem Richter. der ihm wirklich, milde gesprochen, fein Uebelwollen gezeigt hat, bescheinigen zu laffen, daß feine Geschichtsdarstellung teilweise irrig und unrichtig ist. Das ist für den Historifer Coßmann um so bitterer, als zwischen