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Steuern, die nicht gezahlt werden.

300 Millionen gestundet und rückständig!

Dem Haushaltsausschuß des Reichstags ist am Freitag die von der Sozialdemokratie gewünschte Uebersicht über die rüd. ständigen und geftundeten Steuern zugegangen. Sie bestätigt die Befürchtung, daß Steuern in sehr erheblichem Umfange rüdständig bzw. gestundet worden sind. Die Gefamtsumme betrug am 1. Ottober 1925 301,7 Millionen. Hiervon waren ge­ſtundet 133 Millionen, nicht gestundet 168,7 Millionen. Am 1. Mai betrug die Hche der Rückstände 320,6 Millionen, also etwa 19 Mil­lionen mehr als am 1. Oftober. Inzwischen sind jedoch die Rüd­stände wiederum gewachsen. Auf die einzelnen Steuerarten ver teilen sich die Rückstände folgendermaßen:

1. Einkommensteuer( ohne Steuer

abzug vom Arbeitslohn und vom Kapitalertrag).

2. Körperschaftssteuer

3. Vermögenssteuer.

4. Umsatzsteuer einschl. Hersteller­steuer

5. Berkehrsfleueru

Zahl der Steuer­pflichtigen mit

Rückständen

Nud ft ände

insgesamt hiervon geftundet in Min. Reichsmart

938 200

68,3

80 600

40,6

818 300

38,7

779 900 20 700

22,4 21,8 19,1 90,2 20,8 62,9 49,9

Ein erheblicher Teil der rüdständigen Einkommensteuer und Körperschaftsfteuer entfällt auf die Borauszahlungen, da end. gültige Veranlagungen noch nicht vorliegen. Bon den Rückständen bei der Umsatzsteuer entfallen nahmhafte Beträge auf die fogen. Lurussteuer. So zahlt z. B. die Automobilindustrie seit längerer Zeit die Lurussteuer nicht. Sie wirkt sich dadurch als ein zu fäßlicher Zoll aus, da von ausländischen Automobilen diese Steuer selbstverständlich entrichtet werden muß. Bei der allgemeinen Umfassteuer liegen nach Angabe der Regierung Stundungen oder Rückstände im eigentlichen Sinne nicht vor. Das Umsatzsteuer­gefeh gehe grundsäglich von der Versteuerung nach 3 st einnahmen aus, es sei deshalb in den Fällen, in denen nach den Soll ein­nahmen gesteuert werde, eine Sonderregelung getroffen worden. Rückstände, die auf anderen als diesen Gründen beruhen, seien nicht erheblich.

Selbst wenn man diese Gründe der Regierung anerkennt, so bleibt die Tatsache, daß mehr als 300 Millionen Steuern rückständig find, doch überaus bemerkensmert. Zweifellos gibt es zahlreiche Fälle, in denen fleine Gewerbetreibende oder Kaufleute die Steuer leistung nicht entrichten fönnen. Leider unterrichtet die Aufstellung der Regierung nicht darüber, welche Beträge an rüdständigen Steuern auf die fleinen Steuerpflichtigen entfallen und welche auf die großen. Es besteht nach wie vor die Befürchtung, daß der größte Teil der Steuerrüdstände bei den großen Steuerpflich tigen ruht, die auf diese Weise die Steuerlast einseitig für sich senten mollen.

Urteil im Mordprozeß Grütte- Lehder.

Acht Jahre Gefängnis.

Das Schwurgericht III verurteilte nach etwa elastündiger Be-[ ratung den Angeklagten Robert Gruette- Lehder wegen Mordes auf Grund des Jugendgerichtsgesetzes zu einer Strafe von 8 Jahren Gefängnis unter Anrechnung von einem Jahr Untersuchungshaft. Die Urteilsbegründung.

In der Urteilsbegründung machte Landgerichtsdirektor Bombe folgende bemerkenswerte Ausführungen:

Was erklärte denn der Angeflagte Ihnen über Müller?"- 3euge: Gruette- Lehder fagte einmal, daß Müller die deutschvölkischen Geheimpläne an die Kommunisten vertaufen wolle."- Erster Staatsanwalt Jaeger  : Hat der An­geflagte nicht auch gesagt,

daß er jeden, der ihn verraten würde, ebenso umlegen" müffe, wie Müller?" Beuge: Jawohl, das hat er erflärt."

Er war dabei, als der Ungeflagte den ersten Mordverfuch im Walde machte,

Der Angeklagte hatte in Pommern   von seinen Parteifreunden Der nächste Zeuge mar der jegt 17jährige Behrling gehört, daß der getötete Dammers eine verdächtige Persönlichkeit Stoltentamp aus Hermsdorf, der mit dem Angeklagten der und als Spiel für die Kommunistische Partei   tätig sei. Nach der, Organisation des Deutschen Herold" damals an Behauptung des Angeklagten hat der angebliche Oberleutnant Müller gehörte. ihm wichtige Papiere meggenommen, so daß er im Intereffe feiner Partei sich entschlossen hatte, Dammers zu beseitigen. Er behauptete, daß er über sein Vorhaben mit anderen Persönlichkeiten der Partei, zwei Reichstagsabgeordneten, über seine Absichten gesprochen habe. Als diese Borgänge sich ereignet hatten, wurde bei dem Angeklagten die Ansicht hervorgerufen, daß sein beabsichtigtes Vorgehen in der Partei Billigung finde. Der Gerichtshof versprach sich von einer Bernehmung dieser Persönlichkeiten feine Klärung. Es ist zwei Jahre her, und wenn die Aussage der Zeugen negativ ausfallen würden, dann würde dem Angeklagten doch nicht widerlegt werden können,

daß seiner Ueberzeugung nach seine Tal von der Partei gebilligt worden ist.

Das Gericht ist zu der Ueberzeugung gefommen, daß er vorsätzlich den Dammers getötet hat, und daß er die Tat auch mit Ueberlegung ausgeführt hat.

Es besteht fein Zweifel, daß er die nach dem Jugendgefeß erforderliche fittliche und geistige Reife gehabt hat. Bedenken nad der rechtlichen Seite hin wegen der Auslieferung hat das Gericht nicht gehabt. Beim Strafmaß war davon auszugehen, daß der Angeklagte, wenn er zwei Monate älter gewesen wäre, wegen Mordes zum Tode hätte verurteilt werden müssen. Dem hatte das Gericht Rechnung getragen und auch die Entwicklung des An­geflagten dabei in Betracht gezogen. Anderseits aber hatte das Gericht die Verhältnisse, unter denen die Tat verübt worden ist, in gewiffem Maße als strafmildernd betrachtet, außerdem aber auch berücsichtigt, daß dem Angeklagten nicht zu widerlegen sei, daß er subjeftio der Ueberzeugung war, daß hinter seiner Tat feine Partel billigend stehe.

Der Angeklagte gab eine Erklärung, ob er die Strafe annehme, noch nicht ab.

Der Schluß der Verhandlung. Staatsanwaltschaftsrat Jäger machte im Baufe der Berhand

dem ersten seelischen Drud der Tat ein Geständnis gemacht habe, erflärte, daß er feinen Anlaß hatte, Dammers für einen Spizzel zu halten. AngefL: Jawohl, da ich die Tat leugnete, mußte ich auch die Motive leugnen.

Zugleich aber muß man doch feststellen, daß ein Steuer­fystem nicht haltbar ist, das bei der Masse der Steuerpflichtung weiter darauf aufmerksam, daß der Angeklagte, als er unter tigen überhaupt feine Steuerrüdstände tennt, während bei den übrigen folche Rüdstände möglich find. Die Lohnsteuer mird ein­getrieben ohne Rücksicht darauf, ob der Lohnsteuerpflichtige diese Beträge von seinem fargen Einkommen erübrigen kann. Wenn das aber durch die Not des Reiches erforderlich ist, dann müssen auch die Steuergesetze für die übrigen Steuerpflichtigen so gestaltet werden, daß nicht so gemaltige Steuerrüdstände entstehen.

Inftation in Frankreich  .

Die Preise steigen.

Paris  , 11. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Die verheerenden Wirkungen der jüngsten inflationistischen Maßnahmen, die den Bert der französischen   Währung in weniger als drei Monaten um nahezu 30 Broz. herabgedrüdt haben, werden von Tag zu Tag deutlicher in dem raschen Anfteigen des allgemeinen Preis. des allgemeinen Preis niveaus. So meist der foeben veröffentlichte amtliche Groß­handelsindeg für November eine Steigerung um 34 Buntte gegen­über dem Bormonat auf. Der Generalinder, der 45 verschiedene Artikel umfaßt, ist von 567 Ende September auf 584 Ende Oktober und 618 Ende November geftiegen. Daß diefe Entwidlung erst in ihren Anfängen steht, zeigt die fprunghafte Aufwärtsbewegung der industriellen Rohstoffe, hinter der die Berteuerung der Nahrungsmittel bisher noch sehr erheblich zurüdgeblieben ist. Die Inderzahlen für 25 verschiedene Rohmaterialien sind für die letzten drei Monate 643, 675 und 722. Am beträchtlichsten ist die Berteuerung der Textilien im November bereits 875 gegen über 783 bzw. 761 Ende Oktober und Ende September. Die jämt­lichen Ziffern geben die Berteuerung in Brozenten gegenüber Mitte

1914 an.

Endlich Einigung in Italien  ?

Späte Erkenntnis.

Bom, 11. Dezember.  ( EP.) In einem von den Blättern ver­öffentlichten Rundschreiben Bietro Nennis, des Chefredakteurs des Avanti", wird nach einer Prüfung der politischen Lage in Ita lien erklärt, es bleibe den italienischen Sozialisten nach Auflösung der Gewerkschaften durch den Faschismus nichts mehr übrig, als die Einigung aller sozialistischen   Gruppen, von den Maximalisten bis zu den Sozialisten. Sie stehen vor einem historischen Abschnitt, der gewiß lange andauern werde und die Bereinigung der sozialistischen   Kräfte erfordert.

R- A. Themal wandte dann ein, daß die Abgeordneten R- A, Themal wandte dann ein, daß die Abgeordneten ehrenwörtliche Ertlärungen der ungarischen Regierung abgegeben hätten, daß die Tat als eine politische au werten fei.

Wenn die Reichstagsabgeordneten das ehrenmörtlich erklären, danu mußten fie doch auch von dem Mord gewuht haben. Borf: Bon einem Auftrag steht nichts in der Erflärung, jondern nur banon, daß bei der phantastischen Einstellung des Ange lagten zu unterstellen sei, daß er aus politischen Motiven die Lat glaubte ausführen zu müssen.

Im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme erflärte Rechtsan walt Ihemal, aus den inneren Borgängen vor der Tat müsse man doch auf eine politische Tat schließen. Der Erste Staatsant­walt Jäger erwiderte, daß, selbst wenn das der Fall sei, die Tat an sich doch verabscheuungswürdig bleibe, und erflärte auf eine weitere Frage des Rechtsanwalts Themal, ob er vielleicht fonze­dieren wolle, daß der Angeklagte im vermeintlichen Auftrage, wenn auch nicht im wirklichen Auftrage von Wulle handelte, daß er dies

Derneine.

will davon aber nichts gemerkt haben, sondern nur eine Hand­bewegung und ein Knaden gehört haben. Er hat sich dann ent ferni. Griette habe ihn gebeten, ihm den Weg nach Tegelort zu zeigen, und er habe die beiden ein Stück begleitet. Vorher sagte Gruette nur, daß er etwas Wichtiges vorhabe. Er erzählte dann später auch, daß er den Müller ermordet habe, weil er ein politischer Spigel gewesen sei, der die Bartei an die Rote Fahne" verraten habe. Die Leiche liege im Tegeler Forst und müsse bedeckt werden. Später gab er dem Zeugen eine fülberne Uhr zum Nachsehen, weil sie nicht in Ordnung sei. Der Zeuge sah, daß der Name Dammers eingefragt war, und gab sie als mertlos und unbrauchbar zurück.

Der Angeklagte rief dem Zeugen zu, daß er mehr wisse, er folle mur mit der Sprache heraus. Auch der Borsigende machte den Zeugen darauf aufmerksam, daß das Gericht ihm nicht glaube, daß er alles gesagt habe, was im Balde passiert sei. Der Beuge blieb aber dabei, nichts wahrgenommen zu haben. Die An­deutungen Gruettes über den Word habe er nie geglaubt.

Der nächste Zeuge, Hans Friesner, schilderte Gruette cis einen Fanatifer, der sich ganz für die Sache der Partei einsehe. Er traf ihn einmal in Begleitung eines Herrn, den er als Ober­leutnant Müller vorstellte,

im völkischen Parteibureau, wo Gruefte aus- und einging. Müller verlangte von ihm Geld, und da Gruette nichts hatte, wollte er es sich von der Partei geben lassen. Borf: Sie sind mit den beiden doch einmal in einem Lotal zufammen gewesen? 3euge: Darüber verweigere ich die Aussage. Ich bin der Ansicht, daß der Angelagte als Jbealift für die Sache ein getreten ist. Der Zeuge gibt dann auf Befragen zu, daß der Angeklagte mit ihm von dem Blane gesprochen habe und daß er ihm unter Tränen davon abgeredet habe.

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Der Angeklagte äußerte sich dann noch auf Berlangen von Rechtsanwalt Themal über seine Gedankengänge bei der Iat dahin: Durch meinen dauernden Aufenthalt in voltijchen Kreisen hörte ich nur völlische Reden, las nur antisemitische und völkische Schriften. Juden, Margiften, Kommunisten und felbft Deutschnationale mußte ich als Jeinde betrachten und habe keinen Unterschied gemacht zwischen inneren und äußeren Feinden. Ich mar fest überzeugt, etwas Gutes zu tun, wenn ich auch mußte, daß es ein Berbrechen war. Mich leitete nur der Gesichts­puntt, ob jemand der Partei schade oder nüße.

Rach einer längeren Mittagspause schnitten die Rechtsanwälte Themal und Beck die Frage der Auslieferung an. Rechts­anwalt Themal war der Meinung, daß schon jetzt durch die Be meisaufnahme erwiesen sei, daß es sich um einen politischen Hinter. grund bei der Tat handle, so daß jede weitere Prozeßführung un zulässig erscheine. Etaatsanwaltschaftsrat Jaeger pertrat den Standpunft, bch nach erfolgter Auslieferung die ungarische Regie rung feinerlei Einspruchsrecht mehr habe.

Der Postoberietetär. Gruette, der den Angeklagten 1921 adoptiert hat, seitdem er ihn seit feinem dritten Jahr in Pflege gehabt hat, ftellte seinem Sohn ein gutes Zeugnis aus. Dieser habe öfter von Parteigeheimnissen gesprochen, er habe aber nicht glauben fönnen, daß erwassene Männer unreife Jungen in politische Geheimnisse einweihen würden. Sein Sohn habe gegen. über der völlischen Bewenung einen wahren fanatismus gezeigt. Auf eine Frage von Rechtsanwalt Themal gab der Zeuge noch an, daß er nach der Verhaftung seines Sohnes

den Eindrud gewonnen habe, daß die Deutschvölkische Bartel fein reines Gewissen gehabt habe

R.- 2. Themal bat hierauf, den Angeklagten zu fragen, in welcher Art er nach vollbrachter Tat der Partei Bericht erstattet Er habe ich an einen Abgeordneten wegen der Ber. habe. Der Angefl. erflärte hierzu, daß er sich zur Bartei beteidigung gewandt und fei zum Synditus der Bartei hinbestellt geben habe. Er glaube. es wäre am 20. gewesen. Herr Wulle sei worden. Dieser hatte ein Schreiben des Abgeordneten v. Gräfe nicht dagewesen, aber andere Herren, und er glaube sich besonders da, in dem dargelegt wurde, daß der Angeklagte sich aus Ideallsmus an einen Herrn Hildebrandt zu erinnern, für die Partei eingelegt habe und daß die Partei eine gewisse Vers antmortung habe. Der Abgeordnete v. Gräfe habe auch eides. stattlich und auf Ehmort nach Ungarn   versichert, daß die Tat eine politische fei.

der sich mit anderen über die Erledigung der Sache gefreut habe. Er selbst habe deutlich gefagt: Müller fommt nicht mehr wieder. Hierauf wurde als erster Zeuge der Zahnarzt Dr. Ulrich Seinz aus Uedermünde vernommen. Borf: Rennen Sie ben fogenannten Oberleutnant Müller? 3euge: Ja, er trat zu­erst als Flüchtling vom Rhein   auf und spielte bann die Rolle eines von den Linksparteien verfolgten Politifers. Ein andermal hieß es von ihm, daß er ein politisch verfolgter Kommunist fel. Müüer hat fich erit an die Deutschnationalen herangemacht und dann Unter­chlupf in der deutschvölkischen Berpegung gesucht. Gruette, ehder wurde mit von Müller vorgestellt, aber ich glaubte auch ihm nicht recht und fuhr mit beiden, um mir Klarheit zu verschaffen, mer sie eigentlich seien, nach Berlin   zur Partei. Dort machten aber fomohl Gruette- Lehder, als auch Müller einen durchaus un bekannten Einbrud. Ein Herr Ahlemann, auf den fie fich be. riefen, fannte die beiden überhaupt nicht. Nach einiger Zeit tam donn Gruette- Lehder wieder zurück, Müller aber nicht mehr und es hieß, er habe ihn ermordet, was ich zunächst nicht glauben wollte.

Borf.: Bestand denn ein Verdacht, daß Müller Spizel einer enderen Partei sei? 3euge: Ja, ich hörte, er sei Spizzel der Kom­muniften. Er rühmte sich auch mysteriöser Berbindungen zum früheren Raiserhaufe, er zeiote angebliche Briefe aus Doorn. Der Zeuge hat auch in Berlin   mit dem Abgeordneten Lehder irgendwelche Vollmachten oder Urfunden habe, von dem Umfange, wie er behauptet habe und was Müller anlange, so habe diefer ein ganzes Schod von Empfehlungen beseffen, die aber nach Ansicht des Zeugen alle gefälscht waren.

Die Spaltung fei heute ein Verbrechen oder ein Lurus, den sich die Sozialisten nicht mehr leisten könnten. Die Maximalisten und die Sozialisten ständen vor gleichen Aufgaben. Sie feien allein auf die Partei angewiesen und könnten nicht mehr auf die Gewerk­schaften und die Maffen zählen. Das Gelingen des Attentats Zani- ulle gesprochen, der es als unmöglich bezeichnete, daß Gruette bonis würde nur zu einem Gemeẞel geführt haben. Wenn die fozialistische Partet aber einig wäre, fönnte sie in einem folchen Falle etwas erreichen. Der Fall Saniboni eröffne vermutlich die Reihe der Attentate gegen den Regierungschef und die Faschisten. führer, indem er die Erregung der Opposition fennzeichnet. Der nächste Sozialistentongreß müsse daher ein gemeinsames Programm aufstellen, das sich auf die Richtlinien des marimalistischen Sozialis­mus beschränke und den

Anschluß an die sozialistische Internationale unter gewissen Bedingungen vorfehe. Die Einheit werde jetzt zu einem bringenden Gebot, ob die Sozialisten wollen oder nicht. Sonst würde sie ihnen durch die Ironie des Schidfals von Mussolint felbft auferlegt.

Die spanische Zivilregierung erklärt durch die Presse, daß sie entfchloffen ist, die für die politische Wiederberstellung Spanien  notwerdige Diftatur weiter aus auüben Jn Maroffo werde die Regierung die Bolitit des Direktoriums fortfegen, das Bündnis mit Frankreich   foll weiter aufrechterhalten bleiben und noch be­festigt werden.

Der Angeklagte fragte hierauf den Zeugen

ob Müller hiermit nicht renommiert habe, daß ihn die Partei beauftragt hätte, Severing ermorden zu lassen,

und zwar durch ihn, den Angeflagten. Der Zeuge bejahte dies, hatte aber nicht an irgendeinen ernsten Auftrag geglaubt und auch Müller gewarnt, sich auf derartige unglaubliche und ver. dammenswerte Dinge einzulaffen,

Die Vernehmung des Zeugen war hiermit beendet und am 3eugentisch erschien nun ein junger Wachbeamter Henry Böttcher, ein Bekannter des Angeklagten, der einige der Sachen von Müller an sich genommen hat, und deshalb auch verurteilt wurde und Berufung eingelegt hat. Böttcher hat am 14. November 1923 abends den Gruette- Lehder in Waidmannsluft oder Herms. dorf getroffen. Der Angeklagte wollte einen Revolver haben, den ihm auch ein Bekannter verschaffte, und er ist dann mit dem später noch zu vernehmenden Zeugen Stoltentamp nach Berlin   gefahren.

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Polizeifommissar Telemann   aus Hermsdorf befundete, daß mehrmals Väter zu ihm tamen urd baten, ihre Söhne von dem Einfluß Gruettes freizubekommen, da die Jungen sich des Nachts herumtrieben und dumme Streiche machten. Er habe auch Bruette verwarnt. Darauf wurde auf weitere Beugenver­nehmung verzichtet. Das Gericht beschloh, einen Teil der Zeugen, die Freunde des Angeflrpten von der Gruppe des Deutschen erold", wegen des Berdachtes der Begünstigung nicht zu ver eidigen, auch der Vater blieb wegen seines Verwandtschafts.

grades unvereidigt.

Staatsanwaltschaftsrat Jaeger   vertrat hierauf die Anflage. Das Gericht stehe vor einer schwierigen Aufgabe, nicht als eb die Urteilsfindung in bezug auf den Sachverhalt schwierig wäre, sondern in bezug auf die Bewertung der Tat. Stünde nicht cin unreifer Junge, sondern ein voll strafmündiger Mann unter dieser Anklage, dann wäre fein 3 weifel an der Todesstrafe. Hier handle es sich um einen Jugendlichen, der noch nicht das 18. Lebensjahr bei der Tat erreicht hatte. Dieser Fall liece außergewöhnlich, da mindestens politische Geheimnisse hineinspielen, was ja leider heute nicht vereinzelt dastehe. Ein Fememord, bei dem eine Organisation das Todesurteil jälle, liege nicht vor. Die Tat habe der Angeklagte allein auf sich genommen. Dieses Urteil wird für die Rechtssicherheit von außergewöhnlicher Tragweite sein und einer großen Bahl von Jugendlichen die Richtschnur geben. Würde das Gericht die Tat milde und beschönigend auffaffen, dann bestände die Gefahr, daß andere Jugendliche daraus den Mut nehmen würden, fich in gleicher Weise zu betätigen. Das Urteil muß daher streng, aber gerecht sein, damit es als Warnung diene, Die Tat ist so gemein, heimtüdisch und hinte listig ausgeführt, daß er die och st strafe von 10 Jahren Gefängnis beantragen müsse.

Die Rechtsanwälte Dr. Beck und Themal plädierten auf Tat schlag, da dem Angeklagten bei einer jahrelangen politischen Ver. hegung und Jugendlichen Unreife die Ueberlegung gefehlt habe. Ein großer Teil der fitillchen Schuld sei außerhalb der Anflagebant zu suchen. Wenn das Gericht, wie der Staatsanwalt verlangt habe, ein warnendes Moment gegen den politischen Mord errichten wolle, dann müsse es sich an eine andere Adresse menden.

Darauf wurde das oben wiedergegebene Urteil gefällt.

Alfeilengewinnung aus dem Meere. In Scapa Flow  fonnte ein zweiter Zerstörer von den verienkten deutschen Schiffen gehoben werden. Insgesamt sind bis jetzt 20 dieser Schiffe gehoben werden.