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Nr. 58842. Jahra. Ausgabe A nr. 300

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Sonntag, den 13. Dezember 1925

Erhöhung der Erwerbslosenbezüge.

Nur 20 Prozent.

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Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge.

Der Reichstag   faßte gestern Beschluß über die Erhöhung den verhandelt werden soll, aber noch nicht verhandelt wirdan | der Erwerbslojenunterstügung. Der soziale Ausschuß zunehmen. des Reichstags hatte beschlossen, die Säße für die Hauptunter­stützten um 30 Prozent zu erhöhen. Der Hauptausschuß hatte nach Einspruch der Regierung die Erhöhung auf 20 Prozent ermäßigt.

In der Plenarsihung des Reichstags, beantragten die Sozialdemokraten, den Sazz. für die Hauptunterstützten um 50 Prozent zu erhöhen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Der Reichstag   beschloß dann:

Die Säge für die Hauptunterstützten werden um 20 Pro 3. die Familienzufchläge um 10 proz die Spitzenbeträge um 10 Pro3. erhöht.

Für einmalige Hilfe an Ausgesteuerte und nichtversiche. rungspflichtige Angestellte werden der Wohlfahrtspflege 5 mil. 1lonen überwiesen.

Nach der Ablehnung des sozialdemokratischen Antrags stimmte die sozialdemokratische Frattion den Beschlüssen des Hauptausschusses zu.( Siehe auch Reichstagsbericht.)

Der Kampf um eine menschenwürdige Unterstützung der Er. werbslosen ist damit nicht beendet. In dem Vorschlag der sozial­demokratischen Reichstagsfraktion für ein fünftiges Regie: demokratischen Reichstagsfraktion für ein fünftiges Regie: rungsprogramm steht auch die Forderung auf Erhöhung der Erwerbslosenunterstüßung um 50 Broz. Das Berhalten der bür gerlichen Parteien gestern im Reichstag läßt nicht darauf schließen, daß fie bereit seien, den Vorschlag der Sozialdemokraten über

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Der Stand der Krise. ,, Verhandlungsbereitschaft" feine Verhandlungen! Das Nachrichtenbureau des Bereins Deutscher Zeitungs­Derleger meldet: Wie wir aus Keifen des Zentrums und der Demofraten erfahren, ist der Reichstagsabgeordnete Fehrenbach( 3.) heute gebeten worden, die Rolle des Vermittlers zwischen den für die Große Koalition in Betracht kommenden Parteien zu übernehmen und fachliche Beratungen einzuleiten, um eine gemeinsame Plattform zu finden. Erst nach Erreichung einer solchen gemeinsamen Grund lage follte dann die Beauftragung einer Persönlichkeit mit der Rabinettsbildung erfolgen. Wie wir weiter hören, hat der Vorstand der Zentrumsfraktion des Reichstages sich nicht damit einver. standen erklärt, daß der Abg. Fehrenbach eine solche Vermittler­rolle übernimmt. In Kreisen des 3entrums und der Demokraten ift man nach wie vor der Auffassung, daß jetzt nichts übrig bleibt, als jofort eine Persönlichkeit zu beauftragen.

Mehrere Kazen gehen um einen heißen Brei. Eine davon ist Herr Luther, der sich für den Zeitpunkt auffparen möchte, wo ein anderer mit der Großen Koalition ge scheitert sein würde. Der andere will aber auch nicht. Und jolange der andere nicht will und nicht tann, bleibt eben Herr Luther mit der Führung der Geschäfte beauftragt....

Die neue Luftfahrtkonferenz. Einladung Deutschlands   zum 18. Dezember. Condon, 12. Dezember.  ( WTB.) Der amtliche englische   Funt dienst meldet: Die Botschafterkonferenz beschloß die Bildung eines alliierten Romitees, dem das Luftfahr fomitee sowie poli­tische Bertreter der beteiligten alliierten Botschaften angehören sollen. Dieses Komitee foll die allierten Wünsche zunächst unter sich und jodann mit den deutschen   Sachverständigen erörtern. Es wurde ferner bestimmt, daß aro che in diesem Komitee den Vor­fiz führen soll, daß eine interne Beratung am 12. Dezember statt. finden wird und daß Deutschland   eingeladen werden soll, Vertreter zu Besprechungen am 18. Dezember zu entsenden. In einer der deutschen   Regierung übermittelten Note werden die deutschen   Sach­verständigen zu einer Zusammenfunft mit dem alliierten Komitee auf den 18. Dezember eingelaben. Laroche trat vor der Botschaftertonferenz dafür ein, daß das neugebildete Komitee fich ron der Erwägung feiten laffen solle, daß seine Anempfehlungen fich auf diejenigen Bunfte zu erstceden haben, die 1. von den Alliierten als wesentlich betrachtet werden, 2. für Deutschland   annehmbar find und 3. vom Völkerbund nach lebernahme der Luftfahrtkontrolle berücksichtigt werden können.

Einheitsvorschlag der Alliierten.

Paris  , 12. Dezember.  ( BTB.) Heute nachmittag fand im Außenministerium eine Sigung des Komitees Laroche

Dann aber wird die Sozialdemokratie ihren Rampf für die Arbeitslosen in der Opposition führen!

Die Bekämpfung der Erwerbslosigkeit. Eine Konferenz im preußischen Wohlfahrtsminifterium. Am Sonnabend fand im preußischen Ministerium für Bolts wohlfahrt, unter dem Borsiz des Ministers Hirtfiefer, eine Aussprache mit den Ober- und Regierungspräsidenten der Provinzen Rheinland  , Bestfalen und Hessen  . Rassau statt, in der über die vermehrte Inangriff nah me von Notstandsarbeiten zur Bekämpfung der steigenden Erwerbslosigkeit beraten wurde.

Um die Hemmungen, die sich infolge der schlechten Finanzlage arbeiten entgegenstellen, nach Möglichkeit zu beseitigen, wurde eine der meisten Kommunalverbände der Einleitung von Notstands wesentliche Erhöhung der Reichs und Staats. beihilfen über das sonst in Preußen übliche Höchstmaß hinaus und möglichstes Entgegenkommen bei Festsetzung der Zins- und Tilgungsbedingungen für die aus dem Fonds der produttiven Er merbslosenfürsorge zu gewährenden Darlehen in Aussicht gestellt. Der Grundfah einer angemessenen Beteiligung der Träger von Not standsarbeiten an den Baukosten wurde jedoch aufrechterhalten. Zur bauernden Entlastung des notleidenden Industriegebietes ist eine großzügige Umfiedlung erwerbslofer Ar beiterfamilien in aufnahmefähige Bezirke bringend er forderlich.

Der Frank fällt weiter. Rekordkurse der Devisen.

Paris  , 12. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Abwärts. bewegung des Frant hat sich am Sonnabend in scharfem Tempo fortgefeßt. Das Pfund, das zu Anfang der Woche zwischen 124 und 125 notiert wurde, ist am Sonnabend auf 133,15, der Dollar in der gleichen Zeit von 25 auf 27,47 gestiegen. Die Devisen haben damit Retordturse erreicht, die beträchtlich über denen der schweren Krise in den ersten Monaten 1922 ftehen. Die Blätter schreiben je nach ihrer politischen Richtung die Ursache des neuen Frankensturzes teils Spekulationen des Auslandes, teils der Unzulänglichkeit der Finanzreformpläne Loucheurs zu. Das eine ift ebenso unzutreffend wie das andere. Die Wahrheit ist, daß die Kurzsichtigkeit, mit der Kammer und Senat seit Beginn dieses Jahres alle Forderungen auf eine der außerordentlichen Schwere der Finanzlage Frankreichs  angemessene Erhöhung der Steuern betämpfen, die Hoffnung auf eine Sanierung in immer weitere Ferne rückt und daß infolgedessen selbst bei den Kleinrentnern und Sparern das Ver trauen in die Währung eine unheilvolle Erschütterung erfahren hat. Verkauf von Staatsgebäuden?

Köln  , 12. Dezember.( Witb.) Wie der Barijer Korrespondent der Kölnischen Zeitung  " meldet, will die französische   Regierung, um der Staatskaffe Geld zu verschaffen, alle Staatsgebäude, die ent behrlich erscheinen, veräußern. Ein Ausschuß aus Beamten der ver­schiedenen Ministerien foll eine entsprechende Lifte aufftellen. Es wird u. a. vorgeschlagen, das Innen, Kolonial ober Justiz minifterium ins Balais Royal zu verlegen und so andere Gebäude freizumachen, die unbenutzten Gärten beim alten Hotel Byron, wo fich das Radiummuseum befindet, ebenso die bei der Gobelin manufaktur und endlich die Gärten des Observatoriums zu ver äußern.

Die polnische Finanzkrise. Debatten in Sejm   und Senat.

Barschau, 12. Dezember.( DE.) Im Sejm   und im Senat be. tonten alle Redner, daß sich Bolen in einer schweren Not lage befinde. Es wurden teilweise geradezu verzweifelte Maß: nahmen vorgeschlagen. Blombiniti( Nat. Dem.) erilärte brei ministerien für pöllig überflüffig. Dunin( gt. Dem.) beantragte die Aufhebung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten. Das Ministerium für Agrarreform wurde aufs scharffte angegriffen, es verschleudere Staatsgelder, die Landauftei­lung werde so kostspielig durchgeführt, daß pro Heftar 600 Bloty often entstanden seien. Byr3ytowiti( fintsbäuerl.) griff die

Steuerbeamten an:

In jeder Steuerbehörde könne man gegen entsprechende Bestechung Steuerermäßigung erhalten,

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3

Bostichedtonto: Berlin   37 536 Bankonto: Bank der Arbeitez, Angestellten and Beamten, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Lindenstr. 3.

Zwei Krisen.

Regierungsbildung und Wirtschaftsnot.

Herr Luther ist am 5. Dezember zurüdgetreten. Seit einer Woche ist die Regierungskrise offiziell eröffnet. Einen Monat lang stand der Termin der offiziellen Eröffnung der Regierungskrije fest. Einen Monat lang stand feft, wie die parlamentarische Situation im Augenblick des Rücktritts des Reichskanzlers Luther   sein würde. Einen Monat lang war es flar, daß mit diesem Termin eine wichtige Entscheidung von der Deutschen Volkspartei   getroffen werden mußte. Man hat nach dem Rüdtritt Luthers auf die Ent fchließung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion ge­wartet. Diese Entschließung liegt vor. Sie bildet eine Grundlage zu Berhandlungen. Die Verhandlungen haben noch nicht begonnen. Der Mann, der sie einleiten und führen foll, wird noch gesucht.

Der Reichspräsident hat an Herrn Luther   gedacht. Herr Luther hat dagegen Bedenten geäußert. Darauf faßte der Reichspräsident Herrn Fehrenbach als ehrlichen Mittler zwischen den Parteien ins Auge. Damit war die Zen­trumsfrattion nicht einverstanden. Der Mann, der die Ber­handlungen herbeiführen soll, wird noch gesucht. Das Tempo Ueberstürzung so steht über den Bemühungen zur der Bildung der neuen Regierung ist langsam. Reine Bildung einer neuen Regierung der deutschen Republik ge­schrieben.

Wir haben nervösere Regierungsfrisen erlebt. Wir haben in den letzten Wochen bei anderen Völkern Regierungskrisen gesehen, die Bolt und Politiker in zitternde Erregung versetzt haben. In Frankreich   die Krife des Rabinetts Painlevé  , in Bolen die Krise des Kabinetts Grabsti. So nervös wie die Franzosen  , und vor allem wie die Polen  , sind wir nicht. Unsere Parteiführer sizen nicht Tage und Nächte hinterein­ander beisammen, unsere Frattionen tagen nicht in Bermas nenz. Wer von diesen Ländern aus auf den äußeren Verlauf der deutschen   Regierungsfrise blickt, der muß sagen: die Deut­ schen   sind ein methodisches Volk. Krise das schließt Spannung und Berwicklung, Entschluß zu folgenschwerer, verantwortlicher Entscheidung unter dem Zwang drängender Umstände in fich- aber welche methodische Langsamteit, welche Ruhe, ja welche Gemütlichkeit bei den Deutschen  ! Welche souveräne Berachtung der Zeit!

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Man muß es zugeben, wenn man auf das Aeußere sieht- wir haben eine gemütliche Regierungs­trife.

Raif

Außerhalb der Sphäre der parlamentarischen Berhand­lungen über die Neubildung der Regierung aber geht es bei uns wahrhaftig nicht gemütlich zu. Die arbeitenden Massen des deutschen   Volkes erhalten täglich neue und täglich härtere Lektionen darüber, was rise bedeutet, Krise, die die wirt­fchaftlichen Existenzgrundlagen des Boltes erschüttert.

Das Heer der Erwerbslosen   und Kurzarbeiter wächst bedrohlich. Bon. Auguft bis Dezember ist ihre Zahl auf das Dreifache angestiegen. In Berlin   hat sich die Zahl der Arbeitsuchenden in der letzten Woche um 18 000 auf 120 000 erhöht. Wieviel soziales Elend hinter diesen Zahlen steht, bedarf der Ausmalung nicht. Der Arbeitslose fann die Zeit nicht souverän verachten. Mit jedem Tage steigt feine Not. Jeder Tag, um den die Krise unnötig verschleppt wird, vergrößert sein Elend.

Ein Konkurs jagt den anderen, ein Betrieb nach dem anderen schließt seine Tore. Eine Stillegungsepide­mie grassiert, die nicht das Ergebnis produktionstechnischer, auf die Sanierung der Wirtschaft gerichteter Erwägungen ist, fondern der Abschluß eines Brozesses der Verschleuderung und des unsinnigen Wirtschaftens.

Die Wirtschaft wird von einer Bertrauenstrife im größten Ausmaß geschüttelt. Reiner traut dem andern, der Zufluß des Kapitals in die produktivsten Erwerbszweige wird durch die Vertrauenstrife unterbunden. Mittlere und kleine Betriebe sind in völliger hilfloser Lage. In auswegloser Situation schreiten sie zur Betriebsstillegung.

and Eine gewaltige Rapitalvernichtung findet statt. Die Sünden der Inflationszeit, des Zusammenramschens von Sachwerten rächen sich, die nun verschrottet werden. Die innere Rauftraft fchrumpft zusammen. Ein Symptom: der Handel hat kein Weihnachtsgeschäft.

Eine furchtbare Wirtschaftskrise schüttelt das deutsche Bolt. Ein seltsamer Kontrast diese gemütliche Regierungs­trise, und diese stürmisch vorwärtsschreitende, Elend, Not, Berbitterung erzeugende Wirtschaftskrise!

Die Parteien der Regierung Luther   haben die Drohung der Wirtschaftskrise, die seit mehr als zwei Jahren wogegen der Finanzminister lebhaft protestierte. Senator Rotten über Deutschland   hing, sehr gemütlich genommen. Sie haben forderte die Berufung eines ausländischen ihre Augen und Ohren allen Warnungen fest verschlossen. zeit weiter getrottet. Sie wußten sehr gut, daß es verdammt ungemütlich werden würde, wenn die Krife losbrechen würde, aber ihr Streben war nicht, Borbereitungen zu treffen für

ftatt, in ber die gegenwärtig zwischen Frankreich   und Deutschland   Finanzberaters, die überhaupt die Borbedingung zur Gewinnung Sie sind im Schlendrian der Mißwirtschaft der Inflations

erörterten Luftverkehrsfragen besprochen wurden. Einer Havas. Meldung zufolge haben sich die alliierten Sachverständigen in allen Punkten geeinigt.

des Vertrauens des Auslandes fei. Die gleiche Ansicht äußerte der einflußreiche Senator Adelmann( Chrijft. Dem.): Ohne Kontrolle müßte Bolen noch neun Monate auf eine Auslandsanleihe warten, was ganz unmöglich wäre..

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