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Str. 592 42. Jabrg. Ausgabe A nr. 302

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Mittwoch, den 16. Dezember 1925

Loucheur zurückgetreten.

Briand   läßt ihn fallen.

Paris  , 15. Dezember. Finanzminiffer Coudeur ist zurüc-| getreten, nachdem der Finanzausschuß der Kammer feinen geftrigen Beschluß hinsichtlich der Behandlung der Coucheurschen Sanierungspläne nochmals bestätigt hat.

Heberaus schnell ift der Stern Zoucheurs verblaßt. Die Nachricht feines Rüdiritts, taum 14 Tage nach seiner Er nennung zum Finanzminister, wirft nahezu erheiternd, menn man bedenkt, mit welchem Selbstbemußtsein dieser ehrgeizige und zweifellos auch begabte Politiker, der aus den führenden Kreisen der Industrie stammt, das von ihm so heiß ersehnte Amt übernommen hat. Bereits bei früheren Rabineits­bildungen waren ihm Ministerposten angeboten worden, doch hatte er stets diese Anträge mit der Begründung abgelehnt, daß er nur das Finanzministerium übernehmen wolle. Nun hatte er mit Hilfe seines Freundes Briand   feinen Willen endlich durchgesetzt, aber nach faum zwei Wochen mußte ihm Briand   den Rüdiritt nahelegen! Dabei hat Loucheur zunächst pissive Resistenz geübt und versucht, das Gesamtkabinett zur Solidarität mit ihm zu zwingen, wodurch die Gefahr einer neuen allgemeinen Regierungsfrise atut wurde. Unter diesen Umständen griff Briand   zu einem etwas brutalen Mittel und verhandelte geradezu demonstrativ im Laufe des Nachmittags mit einigen Persönlichkeiten, die als Nachfolger Loucheurs in Frage famen. Deutlicher fonnte man Loucheur den Bink zum Rüdtritt nicht geben. Daher die in den Abend Stunden nollzogene Demiffion.

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Klarheit!

Die Regierungsfrage vor der Entscheidung.

Die fozialdemokratische Reichstagsfraktion nahm geffern abend von dem Programmentwurf des Herrn Dr. Koch Zwischenfall, als ein Abgeordneter dem neuen Finanzminister Kenntnis und hörte den Bericht ihrer Vertreter über die Ber­die Berfolgung privatwirtschaftlicher Inter bei den Berhandlungen, die für den heutigen Bormittag on handlungen vom Nachmittag. Sie beauftragte ihre Vertreter. effen vormarf. Loucheur antwortete, indem er die Bergesetzt sind, auf eine flare und eindeutige Formu ficherung gab, daß er nicht nur seine sämtlichen Aufsichtslierung bestimmter Bumkte zu bringen, die bereits tu dem ratspoften niedergelegt, sondern sogar auf seine sämtlichen Kriegsgewinne feinerzeit freiwillig verzichtet hätte. Er berief fozialdemokratischen Programmentwurf in unmißverständ fich dabei auf das Zeugnis des früheren Finanzministers licher Form zur Darstellung gebracht worden sind. Man darf Marial. Darüber befragt, erklärte jedoch Marsal, ihm sei annehmen, daß sich mit den Verhandlungen dieses Tages nichts davon bekannt, vielmehr besige er nur ein einziges das Schicksal der Großen Koalition entscheiden wird. Schreiben von Loucheur an ihn, in welchem Loucheur ihn als den Finanzminister um Herabsehung bzm. Stundung feiner Kriegsgewinnsteuern ersuchte. Diefer peinliche Widerspruch fonnte bisher nicht aufgeklärt werden....

Darüber hinaus war die ganze Haltung Loucheurs in der letzten Zeit geeignet, das stärkste Mißtrauen hervor zurufen. Hatte er doch im wesentlichen zu dem Sturze Painlevés beigetragen, indem er in der Kammer die felt samsten Manöver ausführte. Dazu gehörte u. a. die Ein bringung eines Gefeßentwurfes, der eine weitgehende Kapital abgabe vorfah, und dies unmittelbar nachdem die Sozialisten im Interesse der Wiederherstellung der Einigung im Links fartell und um Painlevé vor dem Sturz zu retten, ihren eigenen Entwurf zurückgezogen hatten! Raum war aber Loucheur nach dem Sturz Painlevés Finanzminister geworden, da dachte er an alles cher, denn an eine Kapitalabgabe. Biel­mehr moren feine Maßnahmen derart. daß in manchen fran zöfifchen Kreifert der Berdacht laut wurde, er betreibe plan

Die Gründe der Feindseligkeit der Mehrheit des Finanzmäßig ben Sturz des Frank und führe damit im Intereffe ausschusses gegen Loucheur, die in der zweimaligen Ablehnung feiner, Steuerpläne mit 3meidrittelmehrheit ihren Ausdrud gefunden hat, sind im wesentlichen persönlicher Natur. Bereits am Tage, an dem sich Briand   nach seiner Rückkehr aus London   der Kammer vorstellte, gab es einen heftigen

Produktive   Erwerbslosenhilfe. Beschleunigte Inangriffnahme der Notstandsarbeiten. Der preußische Wohlfahrtsminister hat in einem Erlaß gur Linderung des Erwerbslosenelends an die ihm unterstellten Behörden

folgendes angeordnet:

S

einer ihm nicht fernstehenden Finanzclique einen Börsen coup aus. Wie dem auch sei, das eine steht fest, daß der Frant in den legten Tagen immer tiefer gejunten ist und daß bei einem Berbleiben Loucheurs im Amte die weitere Entwicklung gar nicht abzusehen war.

Effen, 15. Dezember.  ( BTB.)'

Eine von demokratischer Seite verbreitete Mitteilung spricht von einem grundfäßlichen Einverständnis", das gestern erzielt worden sei, aber auch von Klarstellungen", die von den einzelnen Fraktionen verlangt werden fönnen. Um folhe Klarstellungen wird es sich heute auch für die sozialdemn fratische Fratiion handeln. Bas aber das grundfäßliche Einverständnis" betrifft, so fönnen wir nur immer wieder auf das Verhalten der volts parteilichen Breffe hin weisen, das von einem solchen Einverständnis nicht das aller­geringste erkennen läßt.

Refapitulieren wir: Schon vor ihrem Bekanntwerden, jo sogar schon vor ihrer Abfaffung wurden die fozialdemokrati schen Borschläge von der volksparteilichen Breffe für unan nehmbar erklärt. Nach ihrem Bekanntwerden rict fie, nad dem Wort Hannemann, geh du voran", dem Zentrum und den Demotraten zur Ablehnung. Am Sonntag nannte die Kölnische Zeitung   die Große Koalition einen Wechselbalg", ber schleunigst fortgeräumt werden müffe, meil er einer per nünftigen" Regierungsbildung im Bege stehe. lind noch am Dienstag bezeichnete fie es als fehr fraglich, ob sich ein ge meinfames Aftionsprogramm für die Deutsche   Bolfspartei und die Sozialdemokratie finden laffen wird".

Zu diesen Aeußerungen der voltsparteilichen Breffe, die, Jomeit wir fehen, von Köln   bis Berlin   ganz einheitlich sind, gesellen sich andere Borzeichen wenig günstiger Art. Bas foll man z. B. dazu sagen, wenn Herr Sten del, ein Bro Die Reparationslieferungen. minenter der preußischen Bollspartei, im Landtag die Deutsch  - franzöfifche Verhandlungen auf dem toten Punkt. fchärfften persönlichen Angriffe gegen Herrn Koch richtet zur felben Stunde, mo diefer mit den Bolts Das rheinisch- mestfälische Rohlensyndikat teilt mit: die deutsch  - französischen Berparteilern im Reich über die Bildung einer gemeinsamen Re handlungen über die Reparationslieferungen gierung unter seiner Kanzlerschaft verhandelt! maren in der vergangenen Woche soweit fortgeschritten, daß man ihren balbigen Abschluß erwarten fonnte. In den wenigen noch offenen Fragen glaubte man sich nach dem Gang der bisherigen Berhandlungen ohne größere Schwierigkeiten einigen zu fönnen. Infolgedessen waren denn auch in der Presse bereits Meldungen über den günstigen Abschluß erschienen.

Dem raschen Anwachsen der Erwerbslofenziffern steht eine nur ungenügende Bermehrung der Arbeitsgelegenheit bei Rotftands arbeiten gegenüber. Die kommunalverwaltungen werben daher ersucht, mehr als bisher zur beschleunigten In ang: iffnahme neuer Rotstandsarbeiten zu schreiten. Um angesichts der finanziellen Notlage einer Reihe von Kommunai­nerwaltungen die Durchführungen von Rotstandsarbeiten zu er In letzter Stunde trat aber eine Bendung ein, die Ber. leichtern, erklärt sich der Minister damit einverstanden, wenn für handlungen, welche die Vertreter des Kohlensyndikats mit den fran­diejenigen Arbeiten, bei denen anrechnungsfähige Erwerbslose aus zösischen Regierungsstellen führten, wurden ausdrücklich auf die folchen Gemeinden beschäftigt werden, in denen die Zahl der Haupt praftische Regelung der in Frage kommenden technischen unterstüßungsempfänger mindestens 2 Broz der Einwohnerzahl er Fragen beschränkt, während Einvernehmen darüber bestand, baß reicht, die Förderung mit Wirfung vom 15. Dezember ab über die alle Erörterungen über Borbehalte grundsäglicher Natur einem bisherige Höchst grenze, bas Dreieinhalbfache der Ermerbs Meinungsaustausch zwischen den beiden Regierungen vorbehalten Lofenunterstügung, hinaus bis zum Fünffachen aus bleiben sollten. Im Gegenfat hierzu murde in den legten Berhand gedehnt wird. Selbstverständlich darf die Förderung der Not- lungen den Bertretern des Kohlensyndicats eine Fassung der vom standsarbeiten nicht das unerläßliche Maß übersteigen. Ferner weift Kohlensyndikat einzugehenden Verpflichtungen vor. der Minister darauf hin, daß nach§ 12 der Bestimmungen über gelegt, melche eine Bestimmung grundsäglicher Art von öffentliche Rotstandsarbeiten die Grundförderung in der Regel nur erheblicher Tragweite enthielt. Getreu dem Standpunkt, den fie das Einfache der ersparten Erwerbslosenunterstügung betragen darf während der ganzen Berhandlungen eingenommen hatten, lehnten und nur in Ausnahmefällen bei Zuschüssen das Eineinhalbfache und die Bertreter bes kohlensynditats es ab, ein Ab. bei Darlehen das 3meieinhalbfache erreichen darf. tommen zu unterzeichnen, welches der Lösung einer grund­fäßlichen Frage norgriff und dadurch den Charafter bes geplanten Abkommens in einer wesentlichen, vom Kohlenfonditat nicht an­nehmbaren Weise veränderte. Wenn also in der franzöfifchen Breffe Mitteilungen erschienen sind, welche den Einbrud erweden müssen, daß das Rohlensyndikat nachträglich Bedingungen abgelehnt habe, die es vorher geneigt gewefen fei, anzuerkennen, so ist diese Be­hauptung unrichtig.

Stoewer unter Geschäftsaufsicht. Steffin, 15. Dezember.  ( BTB.) Die Stoewer Berte

Zentralisierungsbestrebungen im Ruhrgebiet  . Bodhum, 15. Dezember.( Eigener Drahtbericht.) Ein Teil der Rommunen des unter der Arbeitskrise leidenden rheinisch- west fälischen Ruhrgebietes wird demnächst die Initiative zur Bildung einer entraistelle für produttive Erwerbslosen. fürsorge zum Zweck einheitlicher Organisation der Ausführung ron Rotstandsarbeiten ergreifen. Eine Reihe von Stadtverwaltungen im rheinisch- westfälischen Industriebezirt hat bereits in Berlin   Bor fchläge unterbreitet, die darauf hinzielen, daß Retch oder Staat zu ben bisherigen Beträgen für die Erwerbslosenunterstützung und für die Säße der ausgesteuerten Erwerbslosen den Städten einen 3u.-G. vorm. Gebr. Stoewer( Auto- Stoewer) haben heute bie Ge fuß von 23 bis 30 Bro3. gewähren. Mit diesen Summen fönnte faft mit einem Schlage die unproduttive Erwerbslosenfürsorge in eine probuftive umgewandelt werden. Auf diese Weife würde tie Ausführung einer Reihe dringender öffentlicher Arbeiten, wie die Eisenbahn und Straßenbauprojekte, möglich. Die Bildung der Zentralstelle für Notstandsarbeiten soll dem Ber. bandspräsidenten bes Siedlungsverbandes für den Ruhrkohlenbezirk übertragen werden. Die Berhandlungen innerhalb der in Frage tommenden Stadtperwaltungen werden in den nächsten Tagen ein. geleitet.

häftsaufsicht beantragt. Der Status des Unternehmens ist jedoch, wie die Firma mitteilt, durchaus attiv. Die genannte Maß­nahme ist durch die allgemeine Wirtschaftslage notwendig geworden, die die Beschaffung des notwendigen Betriebstapitals, cr fchwert, während andererseits die Außenstände bes Werkes nicht einzutreiben sind.

Auch der Mattino, bas in Neapel   erscheinende größte nicht faschistische Blatt Süd taliens, mußte jegt eingehen, nachdem ihm die faschistischen Behörden das Leben unmöglich machten. Sein Her ausgeber, die Brüder Scarfoglio wurden vor wenigen Lagen Genoffe Bechynje, der neue tichechische Eisenbahnminifter, ift megen einer Lappalie zu stehen Monaten Gefängnis gum Stellvertreter des Ministerpräsidenten ernannt.

Derurteilt.

Man fann es der sozialdemokratischen Fraffion mahr haftig nicht verdenken, wenn sie fich diesem Partner gegen über mit aller möglichen Borsicht mappnet. Darum die Notwendigkeit weiterer Stlarstellungen. Die Sozialdemokratie hat ein Recht, flipp und klar zu erfahren, wie sich die anderen Barteien, besonders die Volkspartei, zu ihren Forderungen ftellen. Auch diejenigen, ja gerade diejenigen, die das Zu ftandekommen der Großen Koalition ersehnen, müssen boch einsehen, daß ein Bündnis, wenn es Bestand haben foll, nicht auf 3weidentigkeiten und gewollten Untlarheiten errichtet werden darf.

Es ist sehr richtig bemerkt worden, daß ein solches Bündnis auf gegenseitigem Bertrauen beruhen muß. Mer vor den Tatsachen nicht die Augen verschließt, der muß er kennen, daß ein solches Vertrauen zwischen der Bollspartei und der Sozialdemokratie nicht vorhanden ist. Darum ver langt die Boltspartei genau zu missen, ob mir zu unferen Borschlägen stehen. darum verlangen wir genau zu wiffen, wie sich die Bolkspartei zu ihnen stellt. Wir haben auf unsere Frage an die Bolkspartei bisher feine andere Antwort erhalten als die ablehnenbe ihrer Presse. Was aber die Frage der volkspartei lichen Breffe an uns betrifft, so fönnen wir allerdings er­klären, daß wir zu unseren Borschlägen stehen, und wir dürfen das nicht nur in unserem Namen aussprechen, sondern auch in dem unserer Reichstagsfrattion

Wir hoffen, daß der heutige Tag. endlich volle Klarheit bringen wird. Bon unserer Seite hat fie nie gefehlt. Die Sozialdemokratie hat ihr Aktionsprogramm aufgestellt und fie hat feinen Zweifel daran gelaffen, daß fie die Bedenken nicht ihre als makvoll anerkannten Borschläge von allen gegen die geplante Koalition nicht überwinden fann, wenn Seiten in offener, jeben 3wetfel ausschließenber Weise ange­nommen werden

Anhänger im Lande nicht, und darum glauben sie auch nicht An diese Annahme unserer Borschläge glauben unsere

an das Zustandekommen der Großen Koalition. Sie haben aber den berechtigten Wunsch, daß das Halbbunkel der ver traulichen Besprechungen, endlich dem vollen Licht weiche, das nicht lange fehlen darf, wenn der Gedante der Demo­tratie nicht Schaden leiden soll.

Der Programmentwurf, den Herr Dr. Roch gestern in der Besprechung der Parteiführer vorlegte, foll als ftreng vertroulich behandelt merden. Das hindert aber die ver