Nr. 59442. Jahrg.
Ausgabe A nr. 303.es
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Donnerstag, den 17. Dezember 1925
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„ Keine geeignete Grundlage."
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Beschluß der Sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Reichstagsfraktion.- Mißtrauen
die Volkspartei.
daß man gemeinsam mit solchen Bundesgenossen die Republik schüßen fönnte!
gegen
Die Sozialdemokratische Reichstagsfraktion hatarchistischen Reattion find. Es läßt sich sehr schwer vorstellen,| meinen Eindruck, daß sich die Bolkspartei um jede Stellung Thin gestern abend einen Bejáluk gefaßt, der ausspricht, daß sie in dem Ergebnis der geführten Berhandlungen Peine geeignete Grundlage für die Bildung einer # Großen Koalition erblickt.
Der Beschluß wird heute früh bei der für 10 Uhr angefehlen, Besprechung den Beteiligten überreicht werden.
Berträge fann man auf verschiedene Weise schließen. Wo von vornherein gegenseitiges Vertrauen vorhanden ist, genügt die mündliche Abrede. Wo dieses Vertrauen fehlt, sind schrift liche Niederlegungen, find genaue und genaueste Formulierungen notwendig. Darum mußte die Die Sozialdemokratische Partei war auf Anregung des sozialdemokratische Reichstagsfraktion ein Programm aufZentrums und der Demokraten vom Reichspräsidenten ein- ftellen, wie sie es am 9. Dezember aufgestellt hat, und darum geladen worden, eine Regierungsgemeinschaft mit Barteien allgemeinere, auslegungsfähigere Fassungen zu ersetzen, nicht geladen worden, eine Regierungsgemeinschaft mit Parteien fonnte sie den Versuch, ihre genauen Formulierungen durch zu bilden, die bisher eine antire publitanische und mitmachen. Wäre sie ein Bündnis eingegangen, das auf gegen zu bilden, die bisher eine antire publikanische und antifoziale Bolitik getrieben, die den bisherigen Rechtsseitiges Mißtrauen und ein nicht ganz flares Brogramm gefurs der Innenpoliileitet und unterstügt hatten. Unsere gründet wäre, was wäre die Folge gewesen? Entweder hätte Reichstagsfraktion hat diese Einladung nicht von vornherein sie sich in der Regierung zu einer weiteren schrittweisen abgelehnt, sondern am 9. Dezember Richtlinien für ein Preisgabe ihrer berechtigten Forderungen drängen lassen und Regierungsprogramm aufgestellt, dessen vorbehalt hätte damit das Vertrauen ihrer Anhänger aufs Spiel gefeßt. lose und aufrichtige Annahme durch die anderen Parteien Oder aber die Koalition wäre in fürzester Frift, ebenso wie die ihren Eintritt in die Regierung ermöglicht hätte. Diese An von 1923, auseinandergebrochen. Darum ist die Fraktion dapon nahme ist nicht erfolgt. Der Berlauf der Berhandlungen hat überzeugt, daß ihre Entscheidung im Lande volle Billigung vielmehr den Eindrud bestätigt, daß sich an der Grundein- finden wird. Mögen jezt auch Borwürfe aus den Reihen der stellung jener Parteien nichts geändert hat. Es handelt fch bürgerlichen Parteien auf sie niederhageln, desto fester dabei in erster Linie um die Deutsche , dann aber auch um die werden sich ihre Anhänger um sie scharen. Tayerische Volkspartei. deren Aufnahme in die geplante Rogliiion gleich alls vorgesehen war.
Un'er solchen Umständen mußten die Bemühungen des Herrn Koch scheitern, das von ihm aufgestellte Programm fonnte als geeignete Grundlage zur Bildung einer Großen Roalition nicht anerkannt werden. Eine Einigung über ein gemeinsames Brogramm wäre wahrscheinlich leicht gewefen, wenn die Verhandlungen nur zwischen den Sozialdemokraten einerseits und Herrn Koch und den ihm Gleichgesinnten anderer feils zu führen gewesen wären. Sie waren unmöglich, weil sie augleich auch mit Parteien geführt werden mußten, denen die Sozialdemokratische Partei mit startem Mißtrauen gegen
übersteht.
Man braucht nicht weit in die Geschichte zurückzugreifen, um zu finden, worin dieses Mißtrauen begründet ist. Die Deutsche Volkspartei hatte gemeinsam mit den Deutschnatio nalen den Kampf gegen jede Regierung geführt, in der die Sozialdemokratie vertreten war, bis sie schließlich bei der Ruhrfrise sich genötigt sah, die Hilfe unserer Partei anzurufen. Kaum aber war im Herbst 1923 die Große Koalition zustande gekommen, so stürzte die Bolkspartei den sozialdemofratischen Finanzminister Hilferding und sprengte einige Wochen darauf die Koalition selbst. Seitdem war ihr ganzes Bestreben darauf gerichtet, die Deutschnationalen in die Regierung zu bringen und mit ihnen zusammen gegen die Sozialdemokratie zu regieren. Sie schloß mit den Deutsch nationalen jenen schmählichen Kaufvertrag, nach dem die Deutschnationalen 49 Stimmen für den Dames Batt lieferten, um dafür vier Ministersitze zu erhalten. Sie sprengte ohne jeden fachlichen Grund auch in Preußen die Große Koalition und führte mit der äußersten Rechten zusammen den Kampf gegen die Regierung Braun wieder mit dem Ziel, jeden fozialdemokratischen Einfluß auszuschalten und eine Regierung des Bürgerblods zustande zu bringen.
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Nach dem Austritt der Deutschnationalen aus der Regierung und der Ablehnung der Locarno - Berträge durch sie änderte die Bolkspartei ihre grundsägliche Haltung nicht. Ihre Presse bekämpfte das Zusammengehen mit der Sozialdemokratie und forderte die Bildung einer rein bürger lichen Regierung, die den Deutschnationalen den Wiedereintritt offen lassen sollte. Erst unter dem Drud der Aufforderung durch den Reichspräsidenten bequemte fie fich zu Berhandlungen. Der Eindrud, daß sie beabsichtige, die Sozialdemokraten höchstens als Nothelfer in der Regierung zu dulden, alsbald aber wieder eine neue Arise herbeizu führen, fonnte durch dieses Verhalten nicht geschwächt, sondern nur gestärit werden.
Der Einfluß des rechten Flügels in der geplanten Großen Roalition wäre noch vermehrt worden durch den Eintritt der Bayerischen Boltspartei und der Wirtschafts. partei . Die Banerische Bollspartei ist die Bertreterin des banerischen Föeralismus, der zu dem sozialdemokratischen Bestreben, die Reichseinheit zu feftigen, im schärfsten Gegenfab steht. Sie steht in engster Beziehung zu jenen sogenannten Baterländischen Berbänden, bie die Borfämpfer der men
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat durch ihr Berhalten gezeigt, daß sie teine andere Absicht hat als die, im Interesse des arbeitenden Boltes fachliche Politit zu treiben. Sie hat zu diesem 3wed ihr Programm auf gestellt, das mit dem Scheitern der Berhand lungen über die Regierungsbildung feines megs erledigt ist. Dieses Programm bleibt der Maß stab, den die Sozialdemokratie an die Politik der fünftigen Regierung anlegen wird, es bleibt die Plattform der Partei für tommende schwere Kämpfe, die nicht ausbleiben werden. Sollte es, was feineswegs ausgeschlossen ist, infolge der Regierungsfrise zu einer Auflösung des Reichstags fommen, so wird die Partei mit diesem Programm in den Wahlkampf ziehen.
Die Verhandlungen vom Mittwoch. Ueber die Verhandlungen vom Mittwoch meldet das Nachrichtenbureau des Vereins Deutscher Zeitungsverleger: Wir wir hören, spielte bei der heutigen Besprechung der Parteiführer vor allem die Erwerbslosenfrage eine große Rolle, da von der Sozialdemokratie hier ganz bestimmte, sehr weitgehende Forderungen gestellt wurden. Jedenfalls erschienen die sozialdemofratischen Vertreter zu der Mittwoch- Konferenz mit neuen For derungen, die über ihre bisher veröffentlichten Programm punfte weit hinausgehen. Die Kochschen Richtlinien fündigten in der Erwerbslosenfrage bereits erhebliche Fortschritte an. In einem Gefeß sollten alle Arbeitszeitbestimmungen zusammengefaßt werden, und gleichzeitig wurde die Ratifikation des Washingtoner Abkommens vorgesehen unter der Vorauss fegung, daß auch von Frankreich und Belgien die Ratifizierung vollzogen würde. Auch der Arbeitsminister Brauns hatte bereits seine Zustimmung zu diesen Richtlinien gegeben. Den Coz aldemotraten waren diese zusagen, wie mir hören, jedoch nicht aus. reichend genug. Sie forderten eine genaue bis ins einzelne gehende Regelung, die sofort vorgenommen werden sollte, u. 1. auch die Unterstügung der Kurzarbe ter usw., während es praftis.n unmöglich erscheint. diese schwerwiegenden Fragen ohne genügende Bor bereitung zu lösen.
Der Bericht gibt von den Verhandlungen ein unrich tiges Bild. Insbesondere ist unrichtig, daß die Sozialdemofraten neue Forderungen aufstellten, ihre Wünsche hielten sich vielmehr im Rahmen der bekannten Vorschläge und betrafen nur die Art ihrer Ausführung.
Die Volkspartei spielt Sphing.
Ueber die gestrige Sigung der volksparteilichen Reichstagsfraktion wird parteioffiziell gemeldet:
Die Reichstagsfraktion der Deutschen Bollspartei hielt eine etwa einstündige Sigung ab, in der Abg Dr. Scholz den Bericht über die Parteiführerbesprechung gab. Besondere Be. schlüsse wurden nicht gefaßt, sondern die Unterhändler ermächtigt, die entsprechende Entscheidung zu treffen.
nahme nicht nur zu den sozialdemokratischen Vorschlägen, sondern auch zu dem Programm des Herrn Roch herumdrücken will, und so bestärkte sie auch unsere Fraktion in der Auffassung, daß eine Grundlage für eine gemeinsame Arbeit mit der Volkspartei in den Berhandlungen nicht gefunden worden ist.
Die Sihung der Sozialdemokratischen Fraktion.
Der Beschluß der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion den Beteiligten der Parteiführerfonferenz die heute um foll in seinem Wortlaut erst veröffentlicht werden, sobald er 10 Uhr vormittags beginnt und die nach) Lage der Umstände fehr rasch beendet fein dürfte überreicht fein wird. Es kann jedoch jezt schon gesagt werden, daß es das Mißtrauen gegen die rechte Flügelpartei ist, das zu diesem Beschluß geführt hat. Das ehrliche Bemühen des demokrati fchen Parteiführers Dr. Koch, ein brauchbares Regierungs. programm zu finden, und feine ehrliche republikanische und demokratische Gesinnung fanden allgemeine Anerkennung.
C
Doumer Finanzminister.
Gesamtkabinettskrise in Aussicht.
ihm vom Ministerpräsidenten Briand angebotene Finanzministerium Paris , 16. Dezember. ( WIB.) Senator Paul Doumer hat das angenommen. Ministerpräsident Briand hat den neuen Finanz minifter 7 Uhr abends dem Präsidenten der Republik vorgestellt.
Paris , 16. Dezember.( Eigener Drahtbericht.) Die sozialistische Fraktion hat Stellung zu der Demiffion 2oucheurs ge nommen. Nach einem ausführlichen Erpofé Renaudels über die am Dienstag abend erfolgte Aussprache mit den anderen Links. gruppen beschloß die Fraktion einstimmig, der heute abend statt. findenden Sigung des Parteivorstandes die eventuelle. Einberufung eines außerordentlichen Parteitags mit ihm zu bis. futieren. Es erscheint unvermeidlich beinahe, daß es entweder fofort oder nach furzer Zeit zu einer Gesamtregierungs. frise tommt. Aus der Mittwochdebatte in der sozialistischen Fraf tion ging der starte allgemeine Wunsch hervor, daß die Partei aus der Zwitterſtellung der lezten Wochen möglichst schnell heraus. tommen möge.
Beteiligung an der Regierung oder Oppofiflon, nur nicht diefes ständige Hin und Her
war die Formel, die Abg. Gen. Paulin unter stürmischer Zit Stimmung gebrauchte. Da fich Briand, den dringenden Mah. nungen der Linten zum Troß, entschlossen hat, den Senator Baut Doumer als Nachfolger Loucheurs zu berufen, so wird zwar eine Gesamtkrise vielleicht noch etwas hinausgeschoben werden fönnen. aber die Unsicherheit der parlamentarischen Lage ist noch schlimmer als zuvor.
Die sozialistische Frattion ift entschlossen, zu einer Regierung. in der Doumer als Finanzminister fißt, in Opposition zu treten, selbst menn Doumer bereit sein sollte, seine früheren Finanzprojefte abzuändern. Weder die Bergangenheit Doumers, noch sein Verhalten in der jüngsten Zeit gibt den Sozialisten auch nur die geringste Garantie, daß man Bertrauen zu seiner Amtsführung haben könnte, und man ist in ber Linten erstaunt darüber, daß Gute Freunde Brland das Experiment Doumer wagen will. Briands haben ihm den Rat gegeben, eher selbst zurückzutreten, als die Verantwortung zu übernehmen für die Bildung einer logenannten erweiterten Mehrheit", die die Folge des Eintritts Doumers in die Regierung sein würde. Er hat nicht geglaubt, auf die Ratschläge hören zu sollen, sondern es für richtig gehalten, einen Politiker zu nehmen, dem, troßdem er zur Senats
gruppe der demokratischen Linfen gehört, das tieffte Mißtrauen nicht nur der Sozialisten, sondern auch der anderen Linksgruppen der Kammer begegnet.
Wahrscheinlich hofft Briand auf diese Weise im Senat eine fichere Mehrheit zu erhalten und in der Kammer eine Spaltung des Nationalen Blod's herbeizuführen.
Durch den Eintritt Doumers in die Regierung mird die Frage des Fortbeftandes des Bintstartells als mehr. heit in der Rammer jegt brennend. Man darf damit rechnen, daß auch der Präsident der Finanzkommission der Stammer, Diese Meldung wurde in der sozialdemokratischen Malvŋ, zu den Gegnern der neuen Kombination gehört. Fraktion bekannt, noch ehe ihre eigenen Beratungen zur Re- Sollte infolgedeffen eine neue und erweiterte Arise entstehen, fo gierungsfrage abgefchloffen meren. Sie verstärkte ben allgemirb bie fozialistische Bartei fehr balb wieder nor hie Froge