langt wird, die Stenern dürsten die Er�ielung einer Rente nicht vereiteln und darüber hinaus einen Betrag zur Kapital- Neubildung freilassen, so können wir sogar als Sozialisten dieser Forderung zustimmen. Fragt sich nämlich nur, wem die Rente und wem die Möglichkeit der Kapitalbildung bleiben soll. Die weitere Niederschlagung von Besitzsteuern und die Verschärfung der Berbrauchssteuern kann doch letzten Endes nur dazu führen, daß dasjenige Kapital, das sonst in den Händen der Bezieher geringer Einkommen gebildet wurde, also der Arbeiter und Festbesoldeten, dann nicht mehr von ihnen erspart werden kann, sondern den Großverdienern zu- fällt. Aber die Frage, ob die Kapitalbildung bei den großen oder kleinen Einkommen sich vollziehen soll, eine Frage, die übrigens in Amerika heute eine sehr große Rolle spielt, diese Frage wird vom Reichsverband nich einmal klar gestellt, ge- schweige denn beantwortet. Die Führer der Priva'kapitals wenden sich gegen die An- sammlung öffsmlichsr Gelder. Sie muten dem Staate zu, etwaige Ueberschüsse nur zu billigen Zinssätzen als Hypotheken der Wirtschaft zuzuleiten oder den Privatbanken zur Verfügung zu stellen, anstatt ent- sprechend den Interessen seiner össentlichen Wirtschaft selbst Beteiligungen an der Industrie zu erwerben. Die Haltung des Reichsverbandes in diesem Punkte ist um so unoerständ» licher, als sie damit der öffentlichen Wirtschaft zumutet, auf eine kaufmännische Gebarung seiner öffentlichen Betriebe zu verzichten, während er gleich darauf die Forderung stellt, daß die Haushalte der öffentlichen Betriebe selbständig geführt weroen sollen. Weiter wird ein Abbau der Verwal- tun g gefordert, und man möchte sagen, selbstverständlich— der Abbau der Zwangswirtschaft und insbs- sondere der behördlichen Mietefestsstzung Wir haben offenbar noch zu wenig Obdachlose. Die Stellungnahme des Reichsverbandes zu den sozia- l en Abgaben ist vorsichtig gefaßt. Man spricht nicht direkt vom Abbau der Sozialpolitik, aber von ihrer An- passung an die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und von einer genauen Kontrolle. Das Lerantwortungsge- fühl des einzelnen für sich und seine Familie sollte durch die Erwerbslosensürsorgs nicht zerstört werden. Sind die Erwerbslosen aus eigenem Usbermut arbeitslos geworden? Aehnlich verschwommen sind die Ausführungen über den Lohn und die Arbeitszeit. Als oberster Grundsatz wird aufgestellt, daß der Lohn sich nach der Leistung und nach der Produktivität der Arbeit richten muß. Welche Anstalten der Unternehmer, der ja schließlich die Möglichkeit dazu hat, treffen kann, um die Produktivität zu steigern, davon ist mit keinem Wort die Rede. Scharfen Protest jedoch fordert es heraus, wenn der Reichsoerband jede zwangsweise De- stimmung der Lohne durch den Staat— gemeint sind offen« bar die amtlichen Schiichtunisinstanzen— ablehnt und seine Srellimgnahme zum Achtstundentag in die wirNick schon etwas abgebrauchte Formel kleidet, daß der Achtst'mdentag nicht schematisch angewandt werden dürfe. Zum Protest fordert es weiter heraus, wenn man jede Regelung der Arbeitszeit innerhalb der Betriebe durch öffentlichen Zwang vsr- hindern will. Und nun das, was die Industrie selbst tun will. Sie ver- langt die Rationalisierung, unter der sie die Vernunft- gemäße Anwendung aller technischen und organisatorischen Mittel versteht, um die Ergiebigkeit der menschlichen Arbeit möglichst zu steigern. Der innere Markt soll durch Nor» malisierung und Typisierung, also durch Her- stellung von Massengütern nach einheitlichen Produktions- maßstäbsn, gefördert werden. Außerdem verlangt man die beste Ausbildung des Arbeiternachwuchses, iür den man dann, wenn er einmal ausgebildet ist, die soziale Verantwortung ablehnt. Ferner setzt man sich für eine Konzentration ein, die sich innerhalb wirtschaftlicher Grenzen zu vollziehen habe und die den Einschrumpfung?» prozeß der Wirtschast in die richtigen Bahnen lenken soll. Nun schließt die positive Förderung der Trusts eigentlich alle Maßnahmen aus, die die Kartelle zu fördern geeignet sind.
Aber der Reichsverband rückt von den Kartellen nicht ab. sondern lMangt von den Behörden sogar Schonung dieser Einrichtungen, eine Forderung, die er nur dadurch abschwächt, daß er die Preispolitik der Kartelle gern in die Hände weit- sichtiger Kartelleiter und Kartellmitglieder gelegt sehen möchte. Eine Angabe von Adressen, wo diese zu finden sind, enthält die Denkschrift nicht. Schließlich bekommt auch noch der Handel ein paar wohlgemeinte Worte: er wird gefördert, indem man ihn abbaut, und man rät ihm, er solle sich das Prinzip zu eigen machen, das die Industrie bisher so lange verleugnet hat und auch heute noch nicht auf ihre Fahne schreibt, dieses wunderschöne Prinzip:«Großer Umsatz, kleiner Nutzen". Große Worte für die anderen. Nirgend ein Bekenntnis zu eigener Tat, zu eigenem Borwärtstreiben. zu eigener Verantwortung. Zaghaftes Andeiltem daß irgendwo irgend etwas vielleicht getan werden könnte, wenn die Herren Industriellen selbst arbeiten sollen, dafür aber um so stärkere Betonung der Forderung, daß der Staat, die A r b e i t e r, die Verbraucher aber olles tun müssen, was den In- dustriekapitänen gefällt. Das ganze ist das ,, Wirtschafts- Programm" des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. Haben wir es nicht wirklich herrlich weit gebracht?
Vertrauenskrise in Thüringen . Niederlage der Regierung bei den StaatSratHwahlen. Weimar , 17. Dezember. (Eigener Drahtbericht.) Der von der SPD. auf Vertrauensenlziehung der Regierung vor acht Tagen eingebrachte Antrag sollte heute um 10 Uhr beraten werden. Nachdem Landbiindler, Dolksparteiler und Deutfchnationale der Re- gierung wegen ihrer Außenpolitik ihre Mißbilligung ausgesprochen hatten, fanden hinter den Kulissen Verhandlungen wegen einer diesen Parteien genehmen Umbildung der Re- g i e r u n g statt, mit dem Resultat, daß zwei Staatsräte der Doltspartei und des Landbundes zurilcktreten. Nunmehr setzte der Präsident willkürlich die Ergänzungswohlen der Re- gierung in der anberaumten Sitzung vor das Mißtrauensvotum. In der Abstimmung erhielten die Staatsräte, der Führer des Landbundes, Höfer, und Geyer, ein Volksparteiler, 3fi von 65 ab- gegebenen Stimmen. Da der Landtag 72 Mitglieder zählt, so haben die neuen Staatsräte nicht dle Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten.
Die Moröhetze gepen Stresemann. Nationale gegen Naiionale. Aus ihrer nationalliberalen Vergangenheit hat die Deutsche Volkspartel die Liebhaberei übernommen, in rollendem Pathos «nationale" Tön» hervorzusprudeln. Sie fühlt sich zudem als bloß deutsche der deutschnationalen Partei durchaus eben- bürtlg. Aber das hilft ihr nicht aus der Verlegenheit, daß sie sewst und vor allem ihr Führer Stresemann von den Gamnationalen als„Landesverräter" angeprangert werden. Daß die völkisch« Presse wiederHoll unzweideutig den Staatsgerichtshof und zwischen den Zeilen noch mehr für Stresemann forderte, haben wir des öfteren registrieren können. Jetzt zitiert Stresemann «„Tägliche Rundschau" au» einem Artikel Heinrich Pudors, des in vötkisch-antilemitischsn Kreisen be- sonders hochgeschätzten Schreiberling«, folgende anmutigen Sätze: „In der modrigen Stickluft einer Hindenburg-Repu- b l i k kann nur dle Lüge, der Stunk und die Vercleuduug ge- deihen." „Bei hlndenburg, dem Zudendiener, hat das Slawisch- Knechtische die Oberhand gewonnen. Ludendorfs dagegen ist reiner Germane." ..wenn wir heute statt hlndenbnrz einen Juden aus dem Prästdentenstuhl hätten, stände es besser um die deutsche Sache." .«Hat da» Volk Stresemann beruntergezerrt vom Ministersessel und ihn angebunden mit den putzen au ein Rappen- gespann. durch da» Brandenburger Tor gejagt, rund um Berlin ?" «Da» Volk bat Stresemann nicht gevierteilt, es hat ihm nicht das Schicksal Rathenaus gegeben."
vi« Sätze find für jeden völkischen Iüngking und Desperado unmißverständlich. Dieser sogenannt« vaterländisch««Geist" ist es. der die Handlungen Grütte-Lehders, der Rathenau, und Erzberger -Mörder hervorrief und der auch dem jetzt wegen seines Attentatsplans auf Stresemann verhafteten Kaltdorff die Feder führte, als er an einen rechtsgerichteten Münchener Rechtsanwall den folgenden Brief schrieb: Berlin -Slemensstadt. 3. Dezbr. 1925. Ledigenheim, Südliche Auffahrtstraße. Lieber aller....1 Ich lebe noch. Ich habe mich durchgeraust. Es war ein Keines Kunststück, hier anzukommen, und ich habe nur hier rauf- zukommen. Zwei Ingenieure haben meinen Ein- tritt gemanage d. Rolürlich parteisachet Und nun: Ich habe den Reim gemacht, nach bekannten Mustern: «Stresemann , verwese man." Du verstehstl Zch habe zwei Offiziere, die mitmachen, und auch dle«Finanzierung" ist � allright. Es wäre mir sehr Neb , wenn Du paar Zeilen schreiben würdest, daß ich für die Sache gut bin. Du kennst meine Vergangenheit, Du weißt, was von mir zu halten ist. Natürlich: wenn Du mir auch noch als Referenz dienst, so ist da« eine sehr wichtige Unterstützung meiner Berliner und Mecklenburger Referenzen. ...«verwese man". Das Schwein muß gekillt werden. Ein Flugzeug ist auch zur Verfügung. Aus diesen Andeutungen weißt D«, um wasesgeht! Die Industrie ist auch gegen den verrälerhund, z. B. Kirdorf im„Lotal-Anzeifler". Die Tal geht auf mein Konto, die zwei Offiziere— deren einer sehr erprobt ist— tun mit. Schrift so schlecht, weil die Arbeit mich ganz Infam mitnimmt. Du hast sicher Vertrauensmann hier, der mich aufs Korn nimmt Heil und Sieg? Mit treudeutschem Gruß Dein Karl Kaltdorff. (Alles hier Ist Morlneosslzler, Offizier 61» zum Obersten.) Grüß Werner Lorenz , Oberl. a. D., unbekannterweise. Hell und Sieg! Begreiflich, daß angesichts solcher eindeutigen Niederschriften selbst die sonst so gut schwarzweihrote und„nationale" Presse der Dolkspartei es mit der Entrüstung kriegt. Aber haben die Volks» parteiler nicht eben noch bei den Provlnzial- und KreistagswaHen engste Gemeinschaft mit den Deutfchnationalen und VSl- tischen gemacht, indem ste Listcnvsrbindung eingingen und„Ordnungsblock" markieren halfen? Sind sie in Thüringen nicht auch heute noch mit den Bölkischcn im„Ordnungsblock", um die Sozial- demokraten niederzuhalten? Bilden sie mit den Deutschnationalen. die ihren Stresemann ganz nach völkischer Manier beschimpfen, nicht auch heut« noch«Arbeitsgemeinschaften" im Staatsrat, in zahllosen Gcmcindepcrrlamenten? Mag Stresemann ihnen auch in der„Richtigkeit" der Außen- polllik über sein, In der„Fixigkeit" der skrupellosen Demagogie sind die Ganz- und Halbvöltischen ihm totsicher über! Aber daß die Balkspartei daraus etwas lernen könnte, wagen wir noch mcht zu glauben. Der Rechtspresse ist die Aufdeckung des Attentatplans gegen Stresemann begreiflicherweise wenig angenehm. Sie schimpft des- halb über die„neue Hetze gegen rechts", beschuldigt zur Abwechsiunz einmal wieder die Sozialdemokratie, daß sie(außer den Kommunisten) die einzige Partei sei, die den politischen Mord billige und betreibe und was derartiger faulen Winkelzüge mehr sind. Die„Deutsche Zeitung" leitet gleich«ine neu« Hetze gegen Stresemann ein. Sie veröffentlicht den Brief eines Majors a. D. v. Blomberg an den Reichsaußenministsr, worin erklärt wird, Stresemann sei„als deutscher Führer und Mann u n m ö g l i ch", wenn er nicht gegen ein Geschreibsel des Grasen Reoentlow vorginge. «Als deutscher Führer und Mann unmöglich!" Di« Kalldorsse werden das begreifen und für sich auszulegen wissen!
Traum im Mittag. Bon Erwin Frehe. Di« Eirene schrie zwölf Uhr über den Fobrikhof. Das dröhnend« Stampfen der Pressen erstarb jäh mit dem schrillen Pfiss und machte einer unwirtlichen Stille Platz, in der nur die Rufe der forteilenden Arbeiter zu hören waren. Im Augenblick verklangen auch sie. Der Arbeiter Römer ging von seiner Maschine zum schwach- beleuchteten Fensterplatz— denn auch von ihm au» war nur ein winziges Quadrat stahlblauen, woltenreinen Himmels zu erschauen; die uferlose Flut der Sonnenstrahlen saugte die gegenüberliegende Fabritwand hungrig auf. Aus einer zerschlisseneu Zlkt entasch« ent» nahm er einig« Brote und ein Buch. Ohne sein Mittagbrot zu beachten, schlug er mit sichtbarer Ungeduld das Buch auf. Es war nur ein Buch! Und noch dazu ein zerfleddertes und zerfetztes— aber es mußte wohl die Seligkell emer halben Stund« verbürgen. Es mußte wohl ein geheimnisvoller Pfadsucher sein. eine Wünschelrute, ein Fährtensucher, mit dem man hinauswandern konnte aus stickigem Maschinensaal und ölgeschwängerter Luft— wie gleichgültig war es, wohin! Rur fort— fort... ... Fern, von ewigen Motten silbergrau beschattet, standen im herrischen Winde die Zelle des König» Artus . Zwölf der topfersten und kühnsten Ritter saßen an seiner Tafel— nie gab es treuer« und mutigere als st«. Gelächter toste durch den Plan, wenn der Troubadour anmutig ein Scherzlied vorsang! Klang ober die Geig« in Wehmut, und blickten des Sängers Augen versunke« in sich hinein, dann wölbte sich das vom Winde gezerrte Zellluch in Gram und trauererfchoudernd schwiegen die Ritter. Nicht lange— bald kreuzten wieder klirrend die weinschäumenden Becher umher: Toaste der Freude? Toaste der Stärke! Parstoal. wie herrlich kommst du mtt deinem Begleiter zum Hofstaate des Königs Artus ! Kein Mißmut blinkt in deinem Ge- sicht ob des verlorenen Grals. An den Tisch, Parstoal! Mitten unter den Zwölfen ist dein Platz! Du sollst erzählen, wen dein Mut bestegte— sprich Parsival ! Denn schon liegt in feurigem Glänze um deine Taten die Krone der Ueberwindung. Parstoal, er wartet noch auf dich, der Gral, dein Gral.... Wie ein klagendes Tier jaulte die Sirene um einhalb ein Uhr den düsteren Beginn der Arbeit ein. Träge, wie au» der Ruhe aufgescheuchte Ungeheuer bewegten sich die stählernen Gelenke der Pressen, uni bald wieder in dem schütternden Takt de» arbeitende« Saales zu enden. Römer überhörte den Pfiff. Seine Presse stampfte im Leerlauf. Als wenn st« den Säumigen anschrie, so Hab sich ihr hellerer, abgerissener Ton aus dem brüllenden Chor des ganzen Saales heraus. Wie eifersüchtiger Zorn klang ihr kurzer Schlag in dem großen Gebraus«— aber Römer war köpf-
gebeugt dieser tyrannischen Well entronnen. Er selber, ja er, stand im Könlgszelte und schaute den zechenden Helden zu.... Fünf Minuten nach einhalb ein Uhr bewegte sich durch die Tür die feist« Gestalt des Meisters. Er erstarrte, als er die un- bediente, krachende Maschine und Römer am Fenster lesend sah. Einige Sekunden noch schaute er ungläubig-blöde, dann riß er den Lesenden mit einem Fluch an der Schulter hoch. Jäh zerstob das glitzernde Traumreich RLwers. Doch ohne Entschuldigung, sofort wieder vom Rhythmus der stampfenden Ma. schineu gepackt, selbst ein mechanischer Hebel, begab er sich an seine Presse. Mll freudigem Aufjauchzen preßte sich der Stahl in die rohe Form, indes umerdrückte Wut im Gesicht des Meisters flammte. Wie ni einem Tag-Traum flutet« es um Römer; wie in einer dämmerigen Glückseligkell flogen sein« Arme.— Am Abend hall« er seine Papiere— wegen Psllchtoergessenhell. Jetzt, auf dem Arbeitsnachweis, steht er wohl noch manchmal in silbernem Wolkenschimmer da» Lager des kriegerischen Königs Artus und die weinströmenden Fesigeloge an seiner Tafelrunde. Aber näher, millionenfach näher sieht er seine trüb« Wohnstätte in flackerndem Petroleumlampenlicht und schaut auf zitternde Hände. die den winzigen Brotrest für den morgigen Tag halten. Der Hunger mästet sich von seinem Fleisch, fahl fallen die Dangen zusammen— vielleicht muß er bald, ein sunger Parstoal. das düstere Kleinod suchen, das er gar nicht begehrt.
Die echten Germanen. Don Philipp Scheidemonn. Gibt's eigentlich«och Deutsche , echte Arier, die wahrhaft national. tapfer und volkisch unbedingt zuverlässig sind? Viele gibt's gewiß nicht mehr, aber einige Exemplare sind bestimmt noch vorhanden. Die Firma �Hitler, Wulle, Ludendorsf, Putschunternehmer ca gros und en detail" ha», mll Unterstützung ewes ihrer Prokuristen, näm» lich des Obersten Bauer, ausgezeichnete Unterlagen geliefert, nach denen man genau festzustellen vermag, wer nicht in Betracht kommt. Das sind die Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrumeleuie, die Freimaurer und Jesuiten , die Juden, die Katholiken und die Frauen ganz allgemein. Ja, wer blieb« dann überhaupt noch übrig? Etwa die Mannschaslen des ehemaligen Kriegsheeres? Rein! Denn der Ludendorsf-Genossc Oberst Ioachtm hat in dem Münchener Pro- zeß ganz summarisch festgestellt, daß der deutsche Soldat nicht so genügfam gewesen sei wie die Soldaten der Entente. Demnach, so fügen wir hinzu, war jeder Soldat mehr oder weniger auch ein Dolchstößer. Bleiben die Offiziere des deutschen Heeres. Kommen sie ernstlich in Betracht? Rein! Der Oberst Bauer hat schwarz auf weih festgestellt, daß die 500 Offiziere des Großen Hauptquartiers am 9. Rooember 1918 keine Hand gerührt haben, um den Kaiser zu schützen; daß noch am selben Tage viele Oisiziere in Automobilen fuhren, die mit roten Fahnen geschmückt waren. Ja. wer zum Kuckuck— na, mindestens ist doch als zuverlässiger Arier der Generalfeldmarschall von Hindenburg anzusprechen? Rein und tausendmal nein! Denn Ludendorff hat aller WÄt kund und
u wissen getan, daß Hindenburg national nicht mehr zuverlässig st. Bliebe demnach wirklich ein Letzter noch— der letzte Kaiser, Irrsinn! Der kann am allerwenigsten in Betracht kommen, well er, nachdem er den ihm von Gröner empfohlenen Schützengraben energisch abgelehnt hatte, fahnenflüchtig geworden ist! Also— wirklich— niemand— mehr— kerndeutsch— treu — völkisch— aris�l—?? O, ihr Kleingläubigen, liegt nicht Nor zu Tage, wer uns noch bleibt, wenn alle Katholiken und Freimaurer, Juden und Jesuiten , Demokraten. Sozialdemokraten und Zentrümler, sowie die deutschen Frauen, Hindenburg und Wilhelm der Sparsame als minderwertig beiseite geschoben sind? Strahlend gruppieren sich um die völkische Zentralsonne Ludendorff Herr Wulle und dessen Vertrauensmänner Pfarrer Münch» meyer-Borkum und Erütte-Lehder. Der Pfarrer von Borkum agi- tiert völkisch als junger Germane mll Vorliebe unter jungen Arie- rinnen nach olltestamentarischen Gebräuchen: er küßt wie der Apostel Paulus und streichell die Bäuchlein mit sanfter Hand. Gnllte-Lehder dagegen ist ein völkischer Junge mll schneller Ent- schlußkrast. Hat er, der germanische Organisator, ausgerüstet als „Vertrauensmann" mll dem Wulle-Schein. ein neues Mitglied in die Listen eingezeichnet, das sich völkisch nicht bewährt, dann streicht er es gleich— aus dem Leben, nicht nur aus der MUgliedslist«. Heil uns? Roch gibt's in dieser verjudeten, verrotteten und ver- weichlichten Zeit wahrhast deutsche Männer, völkische Jungen, aller Germanen Sprößlinge!_ Cln Vermächlnis Hermann Greullchs. Der kürzlich verstorben« Senior der schrgeizerifchen Arbeiterbewegung, Hermann Greulich , war betailllich kurz vor seinem Tode an der Spitze der sozialdemo- kratischen Lifte in Zürich in den schweizerischen Ratlonalrot gewählt worden, ein Mandat, das er schon seit mehr als zwanzig Jahren bekleidete. Papa Greulich war feiner Wiederwahl so sicher, daß er am Ende der vorigen Legislaturperiode sein Pull im Sitzungssaal des Nationalrats nicht ausgeräumt hatte. Als nun statt seiner sein Nachfolger den Platz besetzte, fand er das Pult säuberlich geordnet. so wie es Greulich verlassen hatte, und darin in der schönen Hand- schrift des Alten einen Entwurf zu einem Antrag, der folgender- maßen lautet: «Der Bundesrat wird eingeladen, Bericht und Antrag ein- zubringen über die Znerkennunq des gleichen Stimmrechts und der gleichen Wähwarkell der Schwcizerbürgerinncn mit den Schweizer- bürgern." Das letzte Wort des greisen Vorkämpfers der Menschenrechte— wenn man den undatierten Entwurf dafür nehmen will— goll C'!a der Gleichberechtigung der Frauen. _ Lessing-Ihrater. Die ErNanffiihrung von Strlndverg?.Karl XII ift von Sonnabend auf Rontag verlchoben worden. Die für Tonn» abei d gelSbin Karten tonnen an der TageStasse iimzetauicht werden. Da» bekannte nosllche Dalle« Diaghiteni beginn! am 22. im£ tut- fchett Künttlertheatar ein etwa ll tazizcS Galllpiel arü vS2ig neuem Biotramm. Pros v Thor gestorben Der Brosestor dc§ iZmllchen Recht» an der Züricher Universität. Slndrea» v. Tfmr. i't tm Alter von 6t Jabrcn a e» st o r b e n. Er belleidete srüber Proscssuren an verschiedene» deullchen Hochschule» und war der letzte deutsche Rektor der Unwersität Siratzburg