angehoriger letzt auf ein Gnadengesuch folgenden N e s ch e t d des Oberreichsonwalts erhallen: „Auf das Gnadengesuch vom 1. Dezember 1925 für den Rczi- tator und Schriftsteller Joseph Gärtner ist dem Gärtner ein Gnadenerweis nicht bewilligt worden. Ich bin mit Erlaß vom 17. Dezember 1925 beauftragt, das Präsidium a b- s ch l ä g i g zu bescheiden. Der Herr Rcichsminisler der Justiz beabsichtigt jedoch, noch Ablauf der Halste der Im Urleil gegen Gärtner seslgesetzken Strafe erneut zu prüfen, ob die Führung des Verurteilten in der Strafhast Anlaß gibt, einen Gnaden- erweis in Erwägung zu ziehen. gez. Ebermayer." Gärtner war zu einemIahr drei Monaten Gefäng- n i s verurteilt worden, von denen zwei Monate auf die Unter- fuchungshaft angerechnet wurden. Das Urteil gegen einen kominunistischen Künstler schmeckt allzu sehr nach voreingenommener Justiz, um so mehr, als deutschnational-völkische poetische Ergüsse gegen die Republik und ihre Träger noch niemals zu einer An- klage, geschweige denn zu einer Verurteilung geführt haben. Die Ablehnung des Gnadengesuchs für Gärtner wird in den Kreisen der Künstler und Intellektuellen den Glauben an die deutsche Justiz wahrscheinlich außerordentlich stärken!
Sowjetfrack unü Seeckt-ßrühftück. Kleine Peinlichkeiten. Die„Rote Fahne " ist furchtbar wütend über die Sozialverräter. Haben sie doch grinsend erzähll, daß die Pariser Sowjetbotschaft zu ihren Festlichkeiten Einladungen verschickte, auf denen die Worte stehen:„Bitte Frack oder Smoking." Und daß ein fran- zösischer Sozialist die Einladung abgelehnt hat, weil er weder Frack noch Smoking besitze... Die„Rote Fahne " macht den Sozialverrätern klar, daß nur sie die Schuld daran tragen, wenn auf Sowjetfesten die Frack- schwänze fliegen. Denn hätten sie Weltreoolution gemacht, so wäre das nicht nötig. Ebenso tragen die Sozialverräter die Schuld daran,„daß Ge- nosse Tschitscherin"— so schreibt die„Rote Fahne"— als Vertreter des Sowjetstaats bei Stresemann frühstückte und auch b e i Geeckt war". Teure„Fahne", gib deinem Herzen einen Stoß, gib der Wahr- heit die Ehre: Tschitscherin war nicht nur bei Seeckt. er hat auch bei ihm gefrüh st ückt. Er hat es getan, und es muß doch sehr schrecklich sein, daß er es getan hat. Würde die„Rote Fahne" sonst so sichtbar bei ihren Worten um Luft ringen und schließlich doch errötend vor der Wahr- heit stecken bleiben? Er„war" nicht nur! Er hat auch„gefrühstückt!"
Sestialische Zememorüe. Aus den Annalen der schwarzen Reichswehr . Jahrelang durfte man in Deutschland von einer„Schwarzen Reichswehr " nicht sprechen. Wer auf die illegalen Organi- sationen hinwies, wurde mit Landesoerratsverfahren bedroht, eingesperrt und im günstigsten Falle mll monallelangen Vernehmungen belästigt. Jetzt endlich scheint man so well zu sein, daß Wahrheit über diese Dinge an den Tag kommt. Im „Berliner Tageblatt" wird ein ausführlicher Bericht über das Verfahren wegen der Ermordung des jungen Landarbeiters Willi G r e f ch k e gegeben. Die Zeugenaussagen sind erschütternd. Uebereinstimmend sagen sie aus: „Mitte Juni 192? wurden in einer Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ungefähr 15 Mann der Schwarzen Reichswehr vom Zeughaus K ü st r i n nach Fort E o r g a st abkommandiert, wo sie nachts um?�1 Uhr eintrafen. Das Fort war mit Schwarzer Reichswehr belegt. Die Fünfzehn wurden in die Wachtstub« geführt und dort gezwungen, ihre Tornister abzulegen. Dann wurden sieben Mann namentlich aufgerufen und ihnen mitgetellt, daß sie zur ersten Kompagnie Gorgast versetzt seien und dort warmes Essen bekommen würden. Diese sieben Mann kamen dann aber in den Vorraum eines Arrestlokals. Hier muhten sie in einem Glied« antreten. Dann troi der Kommandant des Kommandos Gorgast der Schwarzen Reichswehr. Oberleutnant Raphael, vor die Front.
zog eine Ortgies-pistole nnd legte auf die Oeuke an. Er rief ihnen zu:„Hände hoch!" Sie wurden durchsucht, und alle Gegenstände, die sie bei sich hatten, auch die Brieftaschen, wurden ihnen ab- genommen. Danach wurden sie in einem dahinter liegenden Raum eingeschlossen, der unbeleuchtet war, keine Fenster halle und nur durch ein kleines, viereckiges Loch an der Decke Lustzufuhr erhiell. Am gleichen Vormlltag wurden nach und noch vier Mann aus der Zelle geHoll, namens Heller, Heinrich, Schönherr und Busse. Die drei Letztgenannten kehrten nach kurzer Zell in die Zelle zurück und erzählten den Zurückgebliebenen, daß sie auf der Wachtstube verhört worden seien Dann sind sie dem Schwarzen- Reichswehr-Mann Greschke gegenübergestellt worden, der in einer Zelle in Einzelhaft saß. Greschke war nur noch mit Hose und Hemd bekleidet, die in Fetzen von seinem vollständig zerschlagenen Körper herunterhingen. Aus dem Verhör des Feme - g e r i ch t s entnahmen die drei Leute, daß Greschke erzählt haben sollte, in Küstrin seien sieben Frankfurter, die mit ihm zusammen als Kommunisten zur Aufdeckung der Zustände im Zeughaus von der Partei zur Schwarzen Reichswehr abkommandiert worden waren. Eines Nachmittags besuchten ein gewisser Kaiser und G r a e tz die Zelle des Greschke, der noch immer festgehalten wurde, und täglich durch besonders vertrauenswürdige Leute furchtbar verprügelt wurde. Später ist dann Gaschke— wie bekannt— im Wald von Fürsteofeide. wenige Kilometer von Rärwalde entse-nt, ermordet und eingegraben worden. Das war am 23. Juni 1923. Unterdessen Halle der Unteroffizier Brauer, der ebenfalls aus Frankfurt gebürtig war, und der später am 2. August gleichfalls ermordet wurde, sich seinen Vorgesetzten gegenüber dafür eingesetzt, daß die in Gorgast„unter Beobachtung" stehenden sieben Frank- furter, unter ihnen fern bester Freund Fritz Heinrich, unbedingt zu- verlässig seien. Er setzte es tatsächlich durch, daß die sieben nach Küstrin zurückversetzt wurden. Nach dieser Darstellung ist es durchaus möglich, daß das Ber- brechen an Unteroffizier Brauer mit der von ihm übernommenen Bürgschaft zusammenhängt. Befindet sich der ehemalige Ober- leutnant Raphael in Haft? Ein anderer früherer Oberleutnant, ein gewisser Knüppel, Sohn des Medizinalrats Knüppel(Frank- frirt a. d. Oder), der über die Vorgeschichte beider Morde unterrichtet gewesen sein muß, wurde bisher nicht verhaftet, obwohl er die Personalabteilung der Schwarzen Reichs- wehr, Abteilung K.— wenigstens in der fraglichen Zell — leitete." Diese Bestien in Menschenge st alt sind die verHerr- lichten hllfstruppen der Reaktion. Die Herrschaft dieser Banditen hat die Reaktion mit allen Kräften herbeizuführen sich bemüht. Heute noch verschweigt die Rechtspresse ihren Lesern die Einzelheiten dieser grauenhaften Taten. Die Verantwortung aber dafür, daß die Dinge sich so weit entwickeln konnten, trägt allein der Reichs- wchrminister G e ß l e r. der oft genug gewarnt worden ist und auf alle Warnungen nur mit Londesverratsprozeffen zu antworten wußte. W o saßen die Landesverräter, Herr Reichswehrminister? Bei denen, die vor diesen Bestien in Menschengestalt warnten oder bei denen, die mit Mord und Feme das Land überzogen und dazu noch vom Reichswehrministerium gedeckt wurden?
Die Koalitionsfrage in Frankreich . Parteitagsbeginn am 10. Januar. Dans. 24. Dezember. (WTB.) Der vom Parteiausschuß der sozialistischen Partei mll der Ausarbellung zweier Berichte für den am 10. Januar 1926 stattfindenden außerordentlichen Kongreß beauftragte Ausschuß hat seine Arbeiten beendet. Der Bericht der linksstehenden Elemente tritt für die Beteiligung der Sozialisten an einer Regierung«in. in der die Mehrzahl der Ministersitze den sozialistischen Abgeordneten übertragen wird, er lehnt aber eine Politik der Allianz und der Zusammenarbell ab, well durch diese die energische Vertretung der Interesien des Proletariats gc- fährdet würde. Der zweite von R e n a u d e l und Paul Boncour ausgearbeitete Bericht wünscht Mitarbeit der Sozialisten auch dann, wenn sie nicht die Mehrzahl der Ministersitze erhalten.
Knüppel-Kunze bei wulle. Hocherfreut zeigt das„Deutsche Tageblatt" die Vereinigung der Deutschvölkischen Freiheitsbewegung des Herrn W u l l e mit der„Deutschsozialen Partei" des Herrn Kunze an.„Im Zeichen der Einigkeit der völkischen Bewegung ist uns der Sieg gewiß." Heil!
sind, um vor dem dortigen Kriegsgericht die Echtheit des Rüdigerschen Materials zu bezeugen und über die Tätigkeit Debeuckelaeres im Geschäftszimmer der Nachrichtenstelle aus- zusagen. Als diese gleichen Zeugen merkten, daß sie auch nach Leipzig als Zeugen geladen werden sollten, waren sie plötzlich ins Ausland gereist und für die deutschen Richter nicht mehr zu sprechen. Auf die Frage, ob er einer dieser Personen die Entwendung von Schriftstücken zutraue, mußte Major Staehle bekennen, daß er mindestens dem Ebbeling eine solche„Gemeinheit" zutraue. Denn der sei in Belgien aufgewachsen und war mehr Belgier als Deutscher. In keiner Weise war danach der Beweis erbracht, daß Wandt das fragliche Schriftstück im Jahre 1921 nach Belgien weitergegeben habe, während die hohe Wahrscheinlichkeit da- für spricht, daß es schon im Jahre 1919 und aus anderen Quellen in Belgien bekannt war. Trotzdem hat das Reichsgericht auf die außerordentlich hohe Strafe von sechs JahrenZuchthans erkannt und trotzdem s i tz t W a n d t heuteschonseit38MonatenhinterSchloßund Riegel! Man glaubte, daß das Wiederaufnahmeverfahren nach den öffentlichen Erörterungen und nach der Vorlegung neuer Urkunden vom Reichsgericht glatt bewilligt und dadurch die Möglichkeit einer neuen öffentlichen Verhandlung erreicht werden könnte. Sogar der Oberreichsanwalt hat sich dieser Erkenntnis nicht verschließen können und daher den Wieder- aufstahmeantrag des augenscheinlich zu Unrecht Verurteilten unterstützt. Wenn das Reichsgericht trotzdem zu einer Ablehnung des Wiederaufnahmegesuches gekommen ist, so wird es dafür Gründe anführen müssen und diese Gründe werden hoffentlich der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten bleiben. Es könnte sonst der Glaube Platz greifen, daß das Reichsgericht aus Sorge um den Ruf seiner Unfehlbarkeit auch ein Fehl- urteil aufrechterhält. Ein solches Verhalten würde allerdings mehr an dem Vertrauen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts rütteln, als die offene Anerkennung eines Justizirrtums. Der oerurteilte Wandt soll jetzt schon das viertemal das Weihnachtsfest in der Haft verbringen, trotzdem er sicher der Straftaten nicht überführt ist, wegen derer er oerurteilt wurde. Im Falle F e ch e n b a ch hat die öffentliche Meinung schließ- lich sogar die bayerischen Zuchthauslore geöffnet. Soll man wirklich vom deutschen Reichsgericht weniger erwarten als von der bayerischen Justiz? Will das Reichsgericht päpstlicher als der Papst sein und sogar don Reichsaußenminister S t r e s e- mann in der Beurteilung des Wertes fragwürdiger Doku- mente übertreffen? Konnte man bisher noch von einem Justizirrtum auf Grund mangelhafter Information des Gerichts sprechen, so ist die Ablehnung des Wiederaufnahmeverfahrens etwas viel Schlimmeres. Das Reichsgericht ist in diesem Falle ein- z i g e und h ö ch st e Instanz. Eine Nachprüfung durch andere Gerichtshöfe ist unmöglich. Seine Ablehnung der Wieder- aufnahm« kommt also einer glatten Rechtsverwei- g e r u n g gleich. Deshalb wird der Fall Wandt jetzt zu einem Fall Reichsgericht, der„Landesverrat" zu einem Ber- rat an den Interessen des Rechts und der Recht- s p r e ch u n g. Wenn auch keine höhere juristische Instanz in der Lage ist, den Entscheid des ersten Strafsenats auszu- heben, dann gibt es doch noch den Appell andasBolks- gewissen und an sein Rechtsempfinden. Vor diesem müssen schließlich mich die Rotröcke aus Leipzig kapitulieren! Noch eine Ablehnung. Auch Gärtner soll nicht freigelassen werde». In dem Fall des Schauspielers Gärtner, der durch die Rezitation kommunistischer Gedichte„die Republik gefährdet" haben soll, Hai das Präsidium der Genossenschast deutscher Bühnen-
komööienhaus. »Der dreizchnie Stuhl" von Bayard Veiller . Als man sich während der Pause erging, glaubte man in ein Wellbureau geraten zu sein Die Leute hasardierten auf den Ausgang des Stückes, d. h. aui die Beantwortung der Frage, wer denn eigentlich den Doppelmord begangen hat! Beide Male wurde nämlich jemand rücklings erdolcht, und der zweite Mord geschah, während man im Dunkeln die spiritistischen Geister anrief. So muß das Stück doch sehr amüsant und spannend sein? Nein, es ist zum Auf- hängen langweilig und erfordert keine äthetischc Erörterung. Man rettete sich nur, indem man die Pause zum Ulken benutzte und sich im-Parkett weihnachtsmäßig tolerant benahm. Wie muß es aber um den Geschmack der Amerikaner stehen, die so etwas mit Wonne akzeptieren? Das sind keine Kinder mehr, das sind schon beträchllich heruntergekommene Vorftadtkinokonsumenten. Ein junges Mädel kommt in den Verdacht, zwei Männer er- mordet zu haben. Da der Detektiv sie mit allen Hilfsmilleln der der Nick-Earter-Technik, mit Fingerabdrücken und im Kamin ver- steckten Spionen entlarvt, scheint sie beinahe für den elektrischen Stuhl von Sing-Sing reif. Da tritt in die Erscheinung die Frau Mama, die in Spiritismus hochstapelt. Richtig, es gelingt ihrer Be- schwörung, den Schuldigen, natürlich einen ganz anderen, als man dachte, zum Geständnis zu bringen. Und das Mädel heiratet doch. Entweder hat die Verdeutschung alles verballhornt oder der schon auf amerikanischem Boden gewachsene Unsinn kommt unver- fälscht auf die deutsche Bühne. Man hat nämlich manchmal den Ein- druck, daß der Dankeedramatiker eine Satire auf alle Kriminalstücke und den Hokuspokus der Spiritisten schreiben wollte Dann ist es ihm nicht geglückt. Oder der Dramaturg und der Regiffeur und der Textbearbeiter und die Schauspieler haben alles umgekrempelt. Doch es dämmert nirgends in dem Stück. Wer das Herz hat, zum Weih- nachtsfest solche tauben Nüsse knacken zu lassen, ist wahrlich kein Menschenfreund. M. H.
Renaissance-Theater. In Einzelheiten zerlegt, ist S t r i n d- bergs Ehekomödis„Kameraden" eine überlebte und teils sogar kitschige Angelegenheit. Kitschig wirkt das Ehepaar Elarck mit dem symbolischen Namen, da» darum so ungetrübt glücklich ist, weil von Anfang an der Mann die Zügel in der Hand hiell(was man dem unbedeutenden Wolf Günther nur nicht recht glaubt). Kitschig wirkt auch die Parallele zwischen der Malerin Berta, deren Ehekonslikt und-scheidung die Komödie behandelt und die ihr Mann im ersten Akt bittet, nicht wieder betrunken nach Haus zu kommen, und der verkommenen und trunlsüchligen geschiedenen Frau Hall. Dies« Allzu-Deutlichkciten traten selbst in dieser im ganzen vortrefs- lichen Aufsührung störend hervor und sollten auf" ein Minimum reduziert werden Aber sonst gelang es Taggers Regie, das richtige Tempo für den Abend zu finden. Strindberg wurde durch- gu» ine Moderne übersetzt, in modernen Kleidern und modernem Milieu gespielt, und wenn Berta von der Schande spricht, eine ge- schiedene Frau zu sein, so empfand man das, was Sirindberg zwar bitterernst meinte, was uns aber heut unverständlich sein würde. durchaus glaubhaft als hysterische Entrüstung des um feine wirt- schaftlich» Basis besorgten Weibchens. Charlotte Schulz zeigte
in dieser Rolle erstaunliche schauspielerische Fähigkellen. Sie zog alle Register der Koketterie, lächelte und lachte, weinte und schrie, war jeden Augenblick eine andere und doch immer dieselbe: das von moralischen Hemmungen unbeschwerte Geschöpf, dessen Handlungen alle einen aninialischen Lebenshunger zur Triebfeder hoben. Wolter Fried als ihr Mann Axel und Mario Fein, die in dieser Komödie etwa die Rolle der Schlange spiett, aber in Wahr- heit wohl eher ein Nachkömmling der gefallenen Engel ist, standen ihr würdig zur Seite. Gut traf Grete Berger den wehleidigen Ton und schließlich das letzte erschütternde Zusammenraffen der halbberauschien Frau Hell: Olef Bach und Jan Fr ick boten gleichfalls erfreuliche Leistungen. Der Beifall war sehr lebhast. Tes. „Die offizielle Frau".(Theater am Nollendorfplatz.) Je seriöser unsere Operettenkomponisten werden, desto unerträglicher Lieber tertentsprechend und stilvoll einen schwgerischen Kitsch vor- gesetzt, als diese beinahe durchkomponierten, auf den Stelzen des Musikdramas klappernde» Szenen. Auch Robert Winterberg entging dieser Gefahr nicht, er hotte sich aber sür drei richtige und ehrliche Operettennummern Sonderersolge, und zwar im ersten Akt mit dem Refrain:„Ich Hab' schon wieder nichts anzuziehen"(was die Frauen begeisterte), im zweiten mit dem Zinnsoldatenduett(für die Kinder unter uns) und der Othello-Paredie(für die eifersüchtigen Männer), die allerdings.in Biklor Holländers Uranfänge erinnern. Auch das Publikum merkt heute schon, daß hier, nicht aber im ge- schwollenen Dialog, die Wurzeln einer Opereltenbegabung liegen, die sich im übrigen sachlich und sachlich sehr gut in«?zene jetzt. Das Libretto ist dem Roman von Savard entnommen: man weiß: Helen«, die georgische Königstochter, schleicht sich in Rußland ein, um den Zaren zu ermorden, wird durch die Liebe zum Großfürsten aber von ihrem Nihilismus geheilt. Trude Hesterberg gab diese heroische Partie zwingend, außerordentlich geschickt im«piel und in der Schlußszene des zweiten Aktes so, als käme sie von der Tragödie, nicht von der Operette her. Ihr Partner A l b e r s ist köstlich als Gelegenheitsmann, lustig in den Improvisationen, schlangenhaft in den Beweg' ngen. anfeuernd in oei Unterhaltung. Der Erfolg war durch diese beiden Spieler verbürgt, aber auch der ewig fesche Kuttner, Arthur Hell und Claire Clairy nahmen an ihm lebhaftesten Anteil. K. S. Rrommes Ausstakkungsoperette. An dreierlei hing der ran- schende Erfolg der Operette„M e s s a l i n e t t e" von Walter Bramme im Berliner Theater, dessen neuer Herr er nun ist: an dem Schmiß des Tempos, am Pomp der Ausstattung und an der freigebigen Schau ungezählter schöner Bcinchen. Nur an Brammes Musik hängt er nicht. Hübsch laut ist sie und(stellenweise) spaßig instrumentiert, und melodiös ist sie auch, aber sie hat dies- mal nicht den leichten, einschmeichelnden Klang, der im Augenblick zum Ohr eingeht und zum Mitträllern einlädt. Aus„Messolinette" werden nicht viele Schlagerliedchen populär werden. Und auch die Tänze reißen kaum mit. Der erste Akt(in der Ehordamengarderobe des Easino de Paris ) hat den meisten Schmiß, ist geschickt zusammen- gestellt und bringt fröhliche Stimmung ins Parkett. Die beiden anderen Akte spielen in einem Harem, eine famose Gelegenheit sür Monte Doros Alisstattungskünste: gold- und buntschillernde Seid« und wundervoll gewirkte Schleier, die manches enthüllen und die
Sinne betören. Der Text von Richard Bars und Cordes- M i l o grenzt allerdings häusig an den Rand der Geschmacklosigkeit. Der Humor sickert nur langsam, wird aber durch flottestes Tempo ersetzt Henry Bender , den wir endlich wieder aus der Bühne begrüßen können, steckt alle mit seiner quecksilberigen Fröhlichkeit an. E l m a V a r u a y ist ein liebes, schmuckes und dabei dezentes Chordämchen und Max W i l l e n z ein immer launiger Spnßbold. Dgr. Auf den Bäumen vor der„Tribüne" in der Berliner Straße weissang die Weihnachtigall gestern abend einen starken Kassen- erfolg. Das hat mit ihrem Bermächtnis die„Tote Tante" getan. C u r t G o e tz'„Tote Tante"— o, ich sag' Ihnen, ein« feine Ber - wandtschast ist das von dem! Stirbt und läßt den oberteutscken oberblonden Oberlehrer Professor Trauaott Hermann Nägler und Marianne, fein Weib— was soll der welsche Name hier, Herr Goetz? — 250 güldene Dollarmillionen nur erben, wenn Jnnozen.zia, des Ehepaares holde Kindsunschuld, schnellstens Mutter eines unohe- lichen Knaben wird. Köstlich zu sehen, wie sich bei Nägler olles qualgcpeinigt windet, beinahe betrüblich, wie sich die ehrbaren Heuchler der„Schande" schließlich entziehen. Eine„ärgerliche Be- gebenheit" gibt es dann extra noch in dem Spannungseinakter„Der Mörder", eine bewußt kitschige im„Märchen"" zu sehen. Zllle diese Stücke sind idecnnett und sprachgefällig hingeschrieben. Sie werden von einer Schar guter Darsteller beschmunzelbor serviert, vor allem auch von dem gleichfalls regieführenden Curt Goeg selbst und von der vielseitig begabten Frau Valerie von Martens . Oreo. Die Milgliedskarie des Verschwörer». Unter den geschichtlichen Dokumenten, die in der zur Erinnerung an den Dekabristenausstand von 1825 veranstalteten Ausstellung in Moskau gezeigt werden, be- findet sich auch eine Mitgliedskarte eines der Berschworenen. Dieses Papier ist am 11. März 1822 ausgestellt und von einem dem Bunde der Verschworenen angehörenden Major Iunin unterzeichnet. Der Empfänger der Karte wird mit seinem Ehrenwort verpflichtet, dem Bunde der Berschworenen treue Dienste zu leisten und ihm auch dann in keiner Weise entgegenzuwirken, wenn er aus dem Bunde wieder austreten sollte.
vr Karl wilh. der Mhere Leiter btS Volkwang-Muteum» in Sagen' ilt an die Kölner Kuniigewerbeichule nis Fa- lchrer für Kuntlaelchichte, Gtillunde und Formkunde berufen worden. Dich ist Fachmann für oft- asiatische Kunst. Ein neue» kolhoNsche» Feil. In einer Enchklika»erlündet der Vai'st hie Einsetzung eines neuen Festes, da? unter dem Namen.Christus K än i a". iedeS Jabr am letz'en Tonntag deS Oktober neseieit weiden lall. »Das Königreich Christi-, f» deistt e« u a. in dem väpfnichcn Rundschreiben. .obwohl geistiger Art, erstieckt sich auch ans tie büigettichen lScschäsie und die Gemeinlchallen sind ebenso gut wie die einzelnen Renichen die Unter- tanen Edriili. Die PotkSoberbänpIer solle» dem Reich Christ, öffentlich �e» horsam bekunden, wenn sie den Aufschwung und den Forlichritt ihre» Balerlandc» wollen". Ford und der Nordpol , tt» New?>-rker VirtschaltSkreisen verlautet. dasi der AutomobUlabrikant Ford beabsichtige, demnächst einen Flug von Alaska nach Spitzbergen über den Nordpol durch eine» seiner neueu Ganz. Metallflugzeuge auSnihren zu lassen.