Der Kanonier weigerte sich zuerst auf die.Unseren" abzufeuern: Loch schließlich muhte er schießen. Die Aufständischen baten das herumstehende Aalt, das überhaupt nicht wußte, was eigentlich las war, auseinanderzugehen. Einige Salven genügten. Am Abend war schon die ganz- Stadt in den Händen Nikolaus l. Pcstel und sein« Freunde wurden in Slldrußtand oerhaflet: ein blutiger Le- freiungsoersuch des.Allslawischen Bundes" mißlang, ganz Rußland wurde Nikolaus ausgeliefert. Die Zeit der schwärzesten Reaktion begann. Sämtliche Führer der Ausständischen(l2l Mann) wurden zum Tode oerurteilt, aber nur fünf: Oberst Pestel, Graf Murawjew, Kachow-ky, Graf Betuschew und der Dichter Rylejew wurden gehentt> ie anoeren jungen Adligen und Osfiziere wurden nach einer Komödie vom Gericht begnadigt und nach den Berg - werken Sibiriens — der Katorga— oerbannt. Jede liberale Bewegung wurde von jetzt ab unterdrislkt. die Studenten verfolgt, ein Teil der Hochschulen wurde geschloffen, die Blesse unterdrückt. Es gab damals keinen bedeutenden russischen Dichter, der von der Regierung nicht verfolgt wurde. Doch der Aufstand hat seine Rolle erfüllt: der Donner der zaristischen Kanonen hatte die russische Jugend, die russische Jntelli- genz geweckt: er flößte Haß gegen das Zarentum ein und gab die Hoffnung auf die Möglichkeit eines bewaffneten Umsturzes(es war klar, dag der Aufstand nur infolge von Zufällen mißlang). Die Ideen der„Dekabriften" lebten weiter in den Adels- und Offiziers- kreisen, und nur so Ist es zu erklären, daß viele Adlige und Offiziere sich auch später auf die Seite des revolutionären Voltes stellten. Die Frauen einiger Dekabristen, zum Bejschel die Fürstinnen Trubezkaja und Wolkonskaja , folgten ihren Männern nach Sibirien . In ganz Rußland wurden sie als Heldinnen angesehen: der Dichter Nekrassow verewigte sie in seiirem Werke.Die russischen Frauen". Nach dreißig Jahren wurde den am Leben gebliebenen»Dekabristen " vom Kaiser Alexander kl. gestattet zurückzukehren. Sie wurden von der Intelligenz fast als Heilige angesehen.
Der traurige Veihnachtshunö. Von Theodor Thomas. Was hier in den folgenden Zeilen erzählt wir», kst leider keine Humoreske, sondern ein hundsgemeines Trauerspiel. Es kommt nämlich ein richtiger Hund drin vor. ferner Herr und Frau Dämlik und eme Weihnachtsüberrafchung. Im September war's, da flüsterte Frau Dämlik ihrem Mann ein Geheimnis ins Ohr, dies nämlich: daß sie sich zu Weihnachten einen Pelz wünsche, so einen wie Frau Fiottner habe. Dämlik erkundigte sich unter der Hand, was so ein behaartes Instrument kostet: er hörte mit Schrecken, daß 2Ql) Mark verlangt wurden. Da gab er es auf. Sie aber nicht, sondern drängelte immerzu nach dem Pelz. Da kam ihm so Mitte November eine glückliche Idee. Er borgte sich einen netten kleinen Hund, der zwar vorn Pudel und hinten Dackel war, aber sonst gesund zu sein schien. Frau Dämlik war über den neuen Hausgenossen entzückt, gewöhnte sich daran wie an ein Kind und war froh. Denn wenn ihr Mann nicht nach Hause kam, hatte sie wenigstens ein Geschöpf, mit dem sie sich beschäftigen konnte. So gegen Mitte Dezember sing Dämlik an, feine Frau schonend daraus vorzubereiten, daß sie den Köter wieder zurückgeben müßten, die richtige Besitzerin reklamiere ihn nun, denn er habe ihn ja noch nicht gekauft. „Nicht für eine Million gebe ich die Fisst wieder her, ich Hab' mich so an sie gewöhnt." Es war schon nach der Stabilisierung, also das Wort von der Million bedeutete immerhin etwas. „Was willst du denn mit so einem kostspieligen Hund? Er soll 200 Mark kosten, das ist mir etwas zu komisch." „Toll ist das ja." meinte sie.„Zweihundert Mark? Dafilr de- kommt man ja ein Pserd." „Sicher: aber der Hund hat einen Stammbaum, das muß mit- bezahlt werden." „Immerhin, 200 Mark, das ist viel Holz." �„Natürlich nehmen wir ihn nicht." Indessen Frau Dämlik konnte sich von ihrem vierbeinigen Haus- genossen nicht so leicht trennen, bis schließlich der Mann sagte: „Du mußt dich entscheiden, der Hund oder der Pelz, eins von den zwei Beiden..." Ihr könnt mir glauben, Nebe Leser und Leserinnen, e» waren fiarte Tage für die Frau, die nun kamen. Mit jedem Pelz, den sie ah, bekam ihre Liebe zu Fisfi einen Knacks, und jeder treue Blick des kleinen Scherenschleifers verringerte die Freude an dem Pelz. Aber nach langem Schwanken zwischen Hund und Pelz entschied sie sich für Fifsi. So wurde sie am heiligen Abend damit über- rascht, daß ihr Mann erklärte, er habe schweren Herzens die Kauf- fumme für den kleinen Kerl bezahlt, um ihr eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Mehrere Wochen nach dem Fest ging Frau Dämsik mit ihrem Weihnachtsgeschenk durch die Stadl, als plötzlich eine Frau auf sie zustürzte.„Fiffichen. Fiffichen," stöhnte sie und tat wie närrisch. Mit fliegender Brust und hektischem Fieber erzählte sie, daß dieser Hund ihr einmal gehört, daß sie es heute noch bereue, ihn so billig hergegeben �u haben. „Na hören Sie mal, von wegen„billig", da» steht aus einem anderen Blatt. Zweihundert Mark ist allerlei für das Tierchen." „Ei. Sie fein ja ärr. Acht Mark Hai mir Ihr Mann gegeben. Ich waas noch wie heit: Es fein ein Fünfmarkschei' gewesen, ein Zwei- und ein Einmarkschein, das sein acht. Da beißt kei Maus enn Fadde ab." Fiffi wird gedachi haben, seine Herrin sei meschugge geworden. Sie zerrte auf einmal an der Leine, al» wolle sie ihn am nächsten Ast aufhängen. Wie eine Furie stürzt« sie nach Haufe. Na ihr Mann........ „Du gemeiner Kerl," fauchte sie ihn an,„hier hast du deine „200 Mark" wieder. Acht Mark hast du dafür oezahlt. Bloß um mich um den Pelz zu bringen. Du Oberammergauner, der du bist." Mit wildem Blick schleuderte sie ihm das Weihnachtsgeschenk zu. Dämlik übersah den Sachverhalt mil Kennermiene. Daß er die Frau, die ihm seinerzeit das Bieh vorkaust hatte, nicht aufgeklärt hatte, tat ihm in der Seele weh. Er schüttelte über sich selbst traurig den Kopif. „Wie kommst du zu dieser Dummheit?" fragte er. Und sie schrie ihm seine Gemeinheit noch einmal ins Gesicht. und Fiffi bekam dabei einen Stubbs, der selbst sür einen Achtmark- ' Hund zuviel war. Er zog heulend ab. Dämlik setzte sich empört aufrecht. Er hatte seine Würde wiedergefunden.„Der Hund hat natürlich nur 8 Mark gekostet, aber den Stammbaum habe ich doch erira bezahlen müssen. Ohne Stammbaum hätte ich doch Fifsi nicht bekommen. Und der tostet 192 Mark." Frau �ämlik sah�.-en Manv an. Sie bekam direkt. die Munderweiterüng. Da» sp.�-ie Gesiözi war ein einziger Mund.' „Ja—— du tust mir bitler Unrecht. Hunde mit einem Stammbaum und Hund« ohne Stammbaum. Ha—> du wirst Augen machen, wenn der dir klar wäre." Sie war geschlagen.„Konntest du denn Fiffi nicht ohne den teuren Baum kaufen?" «Ihr Frauen seid doch auch zu dumm. Das Geld für den Stammbaum ist ungefähr so, wie die Alimente für ein Kind. Das Kind kannst du billig haben, aber das andere....." „Das verstehe ich nicht." „Aber ich. Das ist doch gerode der Vorzug von Fiffi, daß sie einen Stammbaum hat, sonst wäre doch gar nicht» an ihr." Do kam der kleine Köter angewinselt, machte bitte, bitte, und der Pelzersatz wurde wieder in Gnaden angenommen. Hoffen tlich trifst Frau Dämsik die Frau nicht mehr, von der der Huad stammt.
Weihnachtsstollen. Von kl. 2l. Zsmailow. Ich hatte eben zwei Dichter hinausbegleitet, die geniale Gedichte schrieben, aber einen Jambus von einem Spondeus nichi unterscheiden konnten, oerschloß die Tür hinter einer schriitstellernden Dame, der erklärt werden mutzte, warum es nicht angängig sei, Dramen in sieben Akten zu schreiben, und ergriss gerade die Feder, als es wieder klingelte und diesmal mein Kollege, der junge Journalist Peripetkin, hereinkam. .Mein Lieber, wie ich mich freue!" sagte ich verzweifelt, well ich ahnte, daß nun der ganze Arbeitstag zum Teufel gegangen war, und machte ein begeistert sröhliches Gesicht. .Habe ich dich gestört? Mach dir nichts daraus, schreibe ruhig weiter. Steh um Gotteswillen nicht auf, ich werde dich nicht stören. Zum Teufel mit aller Rücksicht, schreibe'!" Das sogen alle, wenn sie uns bei der Arbeit treffen, bevor sie uns in das Ohr zu trompeten anfangen. .Weihnachtsstollen. Uebersicht über die künstlerifch« Weihnachts - literatur 1925." las mein Freund mir über die Schütter in meinen Blätiem. .Ilm Himmelswillen, du willst im Ernst über Weihnachtsgefchich. ten schreiben?" „Ja," antwortete ich.„Zu Weihnachten werde ich natürlich keine Zeit haben, heut« bin ich frei, allerdings hat mich die Dame in sieben Aufzügen gestört." „Was?" „Verzeih, ich habe mich versprochen, eine Dame hat ein Drama in sieben Acsszugen geschrieben. Ich mußte es anhören." Mein Freund drückte mir schweigend die Hand, wartete, bis ich Brom genommen hatte, und sagte: „Gott wollte den Mann strafen und schuf da» schreibende Weib. Aber trotzdem, eine Kritik der Weihnachtsgeschichten, die es noch nicht gibt?" „Run ja." „Zeig mir deinen Puls. Die Zunge. Sag übrigens, was ist heute für ein Tag?" Der Lump! Er untersuchte schon meinen geistigen Zustand. „Nein," sage ich.„danke, noch zu früh, mein Lieber. Ich bin gesund und heule ist Freitag." »Dann verstehe ich dich nicht. Kritik von Erzählungen, We es noch nicht gibt?" „Aber mein Lieber, Weihnachtserzählungen. Denn der Inhalt der Erzählungen unzweifelhaft feststeht, warum soll man über sie nicht vorher schreiben?" „Ach, du kennst schon diese Erzählungen."' „Ich habe noch keine gelesen. Aber ich bin doch nicht von gestern. Noch fünf Jahre, und ich werde eine Glatze haben, noch zehn und du wirst einen Abend opfern müssen, um für mich eine Jubiläumsgratulatton zu dichten. Ich habe kein« einzige dieser Weihnachtsgeschichten gelesen, aber ich kenn« sie alle mtt zwei oder drei Ausnahmen. Erstens:„Die Weihnachtsnacht." Hier muß man einige Zellen freilassen, um ein Dutzend Namen zu nennen.— In der Weih nachtsnacht sitzt die trauernd« Mutter in ihrem ärmlichen Stübchen und denkt an ihren unglücklichen Sohn. Er ist verschollen, und plötzlich lehrt er zurück gerade in dieser Nacht. Er muß unhörbar hereinkommen, damit„zwei starke Arm« den Hals der Greisin zart umschlingen". Weißt du. das muß sehr rührend herauskommen. Zweitens:..Gottgefälliger Schutzmann." Der Schutzmann hat einen Armseligen gerade verhaften wollen, weil der, von Hunger getrieben, ein Brot stehlen wollte. Nächster Augenblick und... Aber„es schlugen die Weihnachtsglocken, und des Schutzmanns Herz wurde erfüllt mit neuen Gefühlen. Er erinnert sich an sein« Jugend. Sein« Hände senken sich..." Das Gesicht meines Freundes verlängerte sich sichtsich, er wurde rot. Mit einem zerstreuten Ton bestätigte er mein« Meinung. Man sah ihm an. daß ich gerade das Thema berührt hatte, über da» er gerade grübelte... „Drittens: Die Versöhnung von Mutter und Dater am Weih- nachtsabend am Bette des kranken Kindes. Sie sind verschiedener (der Dichter will modern sein) politischer Meinung. Die Frau läuft in die Lersommlungen der Rechten, der Mann in die der Linken. Ihr Familienleben hat sich schon lange in eine Hölle verwandett, und setzt in der Weihnachtsnacht unter dem gleichmäßigen Klange der Glocken..... Numero vier: Ein alter trockeper Mensch erfährt In einer Weih- nachtsnacht von einem darbenden Säugling. Der Säugling ist der Nachkomme irgend eines je nach dem Dichter: politischen oder persönlichen Feinde» oder Verwandten des Alten. Der Klang der Glocken..." »Genug I" sagte mein Kollege.„Es wird solche Erzählungen geben. Weiß der Teufel, es wird st« geben. Di« Menschheit al » ganzes gehl vorwärts. Aber hinter ihr zieht sich die Nachhut von Stumpfheit und Talentlostgteit daher, une tne wird schreiben, alles was du gesggl hast, wird si« schreiben!" „Und noch mehr." stöhnte ich auf.„Sie wird sogar von er- frierenden Jungen schreiben. Es gibt Schriftsteller, die die Banalität ja lieben wie die Karausche faules Wasser." „Aber wie soll man mit ihnen kämpfen?" „Wie?" schrie ich:„Es gibt Einrichtungen, die Talent vnd Genialität krönen. Es gibt Akademien, die Prämien ausschreiben. Worum sollen sie nicht auch den Gegenpol des Geistes und des Talents, die Dummheit und die Stupidität, vermerken. Die Akademie muß den Menschen, der einen zu Weihnachten erfrierenden Jungen erzeugt, ein Schanddiplom mtt dem Vermerk seines Verbrechens geben. Am selben Tage wird dieser gemeine Name aus allen Listen der Gelehrten und Schriftsteller gestrichen. In den Redaktionen wird er gemieden wie ein Berpesteter. Kein Hausbesitzer nimmt Ihn als Mieler an. Er soll seine Tage gehaßt und oerachlet wie der ewige Jude verbringe»."(Deutsch von M. C h a r o l.)
Mit öem Grammophon fing es an. Ein Weihnachtemärckzen von Bruno Schönlank . Das Grammophon hatte bereits das drittemal.O du fröhliche" gespielt und war über sich selbst gerührt. Die Lichter des Tannen» boums brannten hell und züngeüen noch den Tannennadeln, die unwillig zischten, wenn ihnen die Flammen zu nahe kamen..Es ist nur wegen der Stimmung," sagten die Lichter. Kurz, es war die richtige, rührsame Weihnachtsstimmung. Doch aus einmal machte das Grammophon km. knarr, die Feder zerplatzt«, schrirr, und au» war die schöne Musik..Und ich wollte Dir doch noch die neuen Platten spielen," sagte der Vater..So geht es immer, wenn es am schönsten Ist......" seufzte die Mutier...Ich werde zu Onkel Fritz gehen." sagte der kleine Hans,„der versteht etwas davon."„Zisch," machten empört die Tannennadeln.„Diese Zudring- lichkeit ist empörend, wir dulden das nicht länger," und sie loderten lichterloh vor Zorn.»Mutter, der Daum brennt!" kreischten Martha
und Gretel..Kein Wunder, wenn dos Grammophon kaputt geht." brumntt« der Boter. Die zudringlichsten Lichter wurden ausgs- .blasen.»Man sieht, Empörung hilft," triumphierte her Tannen- beum.»Und ich wollre dir gerade die neuesten Platten spielen," sagte der Vater..Ich gehe zu Onkel Fritz," sagte Hans.»Na, dann nimm den Kasten hin, komm aber bald wieder." So sing die Ee- schichte an. Hon» sauste die Treppen hinunter, rutschte aus, und das Gram- mophon, hast du nicht gesehen, lief wie auf zwei Beinen davon. Hans, wie wild, hinterher. Das fehlle gerode noch so«ine Gemein- hett..Siehst du wohl, da kttnmt er," fing aus einmal der Kasten an zu spielen. Der Himmel weiß, woher er aus einmal Platte und Feder hatte..Gleich habe ich dich," schrie Hans und fiel dabei der Länge nach hin.„Hustekuchen." sagte das Grammophon. Endlich ließ es sich sangen<3nd meinte:»Jetzt geht der Spaß erst richtig los. Nimm einexr Trichter, springe dreimal um mich herum und rufe:»Heraus, heraus aus Hof und Haus ihr Tannenbäume,«in», zwei, drei, ichx'Instrumente kommt herbei und alles Spielzeug." Du ltt-Kr Himmel, da macht sich kein Mensch«inen Begriff. wieviel xbrammophone e» in einer so großen Stadt gibt. Und nun kaineij auch noch die Klaviere, die Geigen, die Posaunen,>a selbst die Orgeln traten mit feierlichem Schritt aus den Kirchen und gingen im Zuge mit. Das war«ine richtige Demonstration, und dl« Tannenbäume gar, die großen und kleinen, die ärmlich und reich ge- putzten, stiegen alle die Treppen hinunter. Es war herrlich anzu- sehen, wie sie mit ihren Lichtern und dem Engelhaar durch die Straßen zogen. Die Leute sprangen natürlich überall auch mit her- aus, um ihre Weihnachtsbäume wieder zu bekommen« Sie waren erst sehr ärgerlich, denn wie sie auch bitten mochten, die Bäume ließen sie nicht näherkommen. Doch bei der schönen Musik ver» gaßen sie bald ihren Aerger und singen an, fröhlich zu sein. Der Zug ging durch die ganze Stadt, und aus allen den armen Straßen und Gassen, wo die Kinder kaum ein ärmUches Bäumlein sehen, strömten die Menschen heraus und singen an, vor Freude zu jauch- zen. Nun kam auch noch das Spielzeug, ja sogar au» allen Truhen. wo es schon lange nutzlos gelegen, sprang heraus, um den Zug mit- zumachen. Und die Gabentische stolzierten auch mit.»Das geht enr- schieden gegen die Moral," seufzten die Geldschränke.»Ja, es sind entsetzliche Zustände." knisterten die Geldscheine. Doch die Tannen- bäume leuchteten schöner als zuvor, und als vom Himmel ein feiner Schnee gleich silbrigen Sternchen niederrieselte, waren sie gerade an einem riesengroßen Platz angelangt. Wie von selbst bauten sich auf einmal Kirchenfenster und Bahnhofshallen zu einem großen Saal aus, und all die Menschen fanden darin Platz. Es war ein wunder- schöner Anblick, wie die Bäume im Lichterschein glitzerten und alle Kinderougen vor Freude leuchteten.»Das ist eine schöne Be- scherung," knurrte ein griesgrämiger alter Brummbaß,»ich wollte heute noch in der Philharmonie spielen."»Nein, es ist wirtlich«ine schöne Bescherung," sielen die anderen Instrumente«in, und sie fanden stch zu einer Musik zusammen, die so schön war. daß sie niemand vergessen konnte.»Wer seinen Weihnachstbaum miede? haben will, der kann ihn setzt mitnehmen!" rief auf einmal das Grammophon, das die ganze Geschichte angerichtet hatte Aber, es war so schön In dem Saal, und die Kinder hatten sich all« so cm- gefreundet, uns sich untereinander beschenk!, daß es noch eine ganze Weile dauerte, bis die Weihnachtsbäume wieder nach Hause spazieren konnten.__
Neujahrsmorgea im Horchloch. In den letzten Dezembertagen ISIS hatten wir eine neu« Stellung bezogen. Die dritte Lriegsweihnacht lag hinter un». Einst hatte es geheißen, daß wir wieder daheim sein sollten,»wenn die Blätter fallen". Und jetzt war dieser Kriegswahnsinn schon beinahe zu einem Gewohnheilszustande geworden, dessen Ende nicht mehr adzufeheu war und gegen den zu rebellieren man schon fast zu müde mtt» stumpf» sinnig geworden war. Weihnachten, tos Fest der Liebe und Freud«. im Schützengiaben' Ein« grausamer« Irorn« läßt sich nicht denken! In der Silvesternacht zog ich abends um 11 Uhr mit einem Kameraden aus Horchposten. Es war ein« grimmig kalt« Nacht, die eiste jenes furchtbaren Winter», in dem wir im Innern Rußland » drei Monate lang ununterbrochen mehr als 80 Glad Kälte hatten und der allen, die diel« Zeit erlebt haben, als»ftohirübenwinter' unvergeßlich bleibt. Wir ichouerten in unserem Mantel zusammen, ballten die Fäuste tn den Manteltaschen, sogen an der unentbehrlichen Tabakpfeife, trampelten mit den Füßen, um uns warm zu erhatte» und lugten hin und wieder nach dem»Feinde", der sich nicht rührte. Ick? matte mir aus, wie es jetzt wohl in der Heimat aussehen mochte, vnd gedacht« der Silvesternacht vor zwei Iahren, al» ich auf der Fahrt vrm Lazarett nach dem Ersatztruppenteil durch Berlin gekommen und in den Straßen, in denen das übermütigst« Treiben herrichte. als ichwerbepacktcr, verwildert aussehender Feldgrauer mit be- geisterten Zurufen begrüßt worden war. Bei dieser Erinnerun-' tern mir des Elend und die Lüg« de»„H«lden"-Daseins an der Front wieder mit ekelerregender Deutlichkeit zum Bewußtsein. Ei?« Friedhofsstille lag auf dem wetten Schneefeld« vor une. In den Drahtverhauen neben un, und in den Zweigen der schivarzen Bäum« jenseits des blanken Eisspiegel» der kleinen Bereflna, der«i» paar hundert Meter vor un« das Schneefeld durchschnitt, blitzte� krfftalle. Hin und wieder zuckten Leuchtkugeln und Schernwerser- strahlen über die weiß« Fläche, und ein paarmal hallte der verlorene Knall eines Gewehrschusses durch dl«»ächiliche Einsamkeit. Als da, Lerichtzlffernblalt meiwr Armba-iduhr Mitternacht zeigte, begrüßten nküi Kamerod und ich un» mit einem Neujahrs- g'ückwunsch und tauschten unter« Gedanken und Hoffnungen au». die wir an das neu« Jahr knüpft«?. Ob Wilson wohl mit seine»» Vermittlungsversuch Erfolg baden würde, den«r nach dem lehnten»Friedensangebot" Wilhelms ll.«igekündigt hätte? Die deutschen Erfolge in Rumänien , die Friedorisberettschoft des russischen Ministerpräsidenten Stürmer, von der man immer wieder gemunkelt hatte, und manche andere Anzeichen rechtfertigten frohe Errvartungerr. Patrouillen hatten polnisch geschriebene Zettel von russischen Soldaten glsunden, die die Krlegsmiidigkeit des.Feindes" dokumentierten. Auf alle Fäll«, so schworen wir urrs. sollt« das Krisgseriebnis uns>n unserem ganzen künftigen Leben der stärkst« Ansporn sein, um dafür zu wirken, daß nie wieder ein Krieg möglich sein und«ine Inter - nationale der Menichheit und der Menschlichteil herbeigeführt werden sollte! So. es mußte nach dem Kriege auch bei urrs zu Haus« allerlei .anders werden"! Um 1 Uhr wurden wir abgelöst. Wir kroch«?, in den Unterstand zurück. Die Kvmeraden schliefen alle tn das neu« Jahr hinern. Di« Silvesternacht ist im Felde eine Nacht wie all« anderen. Jede Zeit. «chnung sst aufgehoben, wenn der Mensch zum Mordrn«chani?mu» herabgewürdigt ist Nur wem, das Sien 'chenbewußtiein wach ist. kann die Neujahrenocht ihren tiefen Zweck erfüllen, Zeitwende lm Menschenleben zu sein-__ M il o. Das Dachsen von Gußeisen. Wie olle Körper, so dehnt stch auch das Eisen bei zunehmender Temperatur um einen bestimmten Prozentsatz seiner Länge oder seines Rauminhalte» avs. Es beträgt z. 93. die LSngenausdehmmg einer Eisenschiene von 100 Meter Länge bei einer Temperaturerhöhung um 100 Grad etwa 10 Zenkl- meter. Im allgemeinen schrumpfen die Körper mit dem Rückgang der Temperatur wieder auf ihre ursprüngliche Länge zurück. Anders dagegen Gußeisen, wenn es sehr hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Dann nämlich hat besonder» das graphithaltige Gußeisen dl« Tendenz, zu„wachsen", d. h. das vergrößerte Volumen beizu. behalten. Damii ist dann auch oft»ine beträchtliche Gewichts» zunähme verbunden. Man Hai bei einem Grougußktab nach etwa hundert auseinander folgenden Erhitzungen bis neunhunderi Grad eine Volumenzunahme um 80 Proz. und eine Vergrößerung des Gewichtes mn 8 Proz. festgestellt. Bei einem anderen Probestab. der Rauchgasen ausgesetzt wurde, erzielte man ein konstant blotben- de? Wachstum von 67 Proz. Selbstverständlich verbindet sich mit solchem Wachstum eine ganz erhebliche Oualitätsvermlnderung, die im praktischen Betrieb sehr häusig höchst unerwünschte Störungen hervorruft.