Nr. 60942. Jahrg. Ausgabe A nr. 311
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Kuosunling hingerichtet.
nicht für geflärt zu halten. Es ließ dem siegreichen General durch seinen Bertreter nahelegen, von einer Rüctehr nach Mulden abzufehen, solange die Möglichkeit weiterer Angriffe besteht.
Die Armee Kuofunling gefangen genommen. Paris , 26. Dezember. ( TU) Die Blätter melden aus Peting, daß Tschangisolin über seinen Gegner, den General Kuofunling einen entscheidenden Sieg errungen hat. & uofunting wurde mit feinen gesamten Truppe'n von der Kavallerie Tichangtfolins gefangengenommen und zufammen mit feiner Frau auf Befehl Tschangtfolins flandrechtlich erschossen. Er hatte versucht, als Kufi verkleidet in Richtung auf Diao Yang zu entkommen.
Der Sieg Thangtfolins tommt überraschend. Noch vor einigen Tagen hieß es, der General sei entscheidend geschlagen worden. Wenn es ihm trogdem gelungen ist, sich so schnell wieder zu erholen, so beweist das von neuem, daß man an die triegerischen Borgänge in China teinen europäischen Maßstab anlegen darf. Es handelt sich dort um verhältnismäßig fleine Truppenfontingente, so daß die Geschicklichkeit und Beweglichkeit der Kriegführung leicht unvorhergesehene Situationen schaffen kann.
Pefing. 24. Dezember. ( WTB.) Fenghuhsiangs Truppen sind, wie schon vorhergesagt war, heute morgen in Tientsin eingezogen. Die vorangehenden schweren Ge fechte haben mehrere Tage gedauert, und die Verluste betrugen auf beiden Seiten mehrere tausend Mann. Litschinglings Truppen haben sich aufgelöst und fliehen. Im Eingeborenen viertel von Tientsin plündern die geschlagenen Truppen. Der Eingang zum Fremdenviertel, zu deffen Schuß Freiwilligentruppen gebildet wurden, ist durch Barrikaden gesperrt.
Japan wollte Begnadigung erwirken.
Tofio, 26. Dezember. ( WTB.) Das Auswärtige Amt tellt mit, daß eine Bestätigung der Hinrichtung Kuofunlings und feiner Gattin noch nicht vorliege. Der japanische Konsul in Mukden sei beauftragt worden, um Kuosunlings Begnadigung zu ersuchen. Tschangtsolin habe eingewilligt, einen Boten nach Hsinminfu zu schicken, mit dem Befehl, das Leben Kuofunlings zu schonen. Der
Ruofunlings Lage scheint troß seines Ueberraschungsfieges von vornherein schlecht gewesen zu sein. Er hat vor seiner Bernichtung Tschangtfolin seine Unterwerfung angeboten, wenn ihm Leben und Besiz garantiert würden. Tschangtfolin hat es vor. gezogen, seinem Gegner feinen Pardon zu geben. Japan scheint die Lage auch nach dem Sieg Tschangtjolins Bote jei aber vermutlich zu spät gekommen.
Die ertappten Lügner.
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Der Futterkrippengesichtspunkt der Hugenberg Preffe. Die Nachtausgabe des„ Ta g" hat am Weihnachtsabend in großer Aufmachung die Meldung verbreitet, die Sozialdemokratie und das Zentrum hätten durch offizielle Schreiben den Generalsekretär des Völkerbundes ersucht, Angehörige der Partei als Mitglieder des Sekretariats auszuwählen, wenn Deutschland in den Bölkerbund eintrete.
Beide Parteien haben noch am Weihnachtsabend offiziell festgestellt, daß diese Meldung auf Schwindel beruht. Ihre Erklärungen find sowohl durch das Wolff- Bureau als auch durch die Telegraphen- Union noch am selben Abend verbreitet morden. Die Ausgabe des Tag", die am 25. Dezember morgens erschienen ist, hat von diesen Erklärungen feine Notiz genommen. Diese journalistische Unanständig feit erweckt den Verdacht, daß die Schwindelnachricht am Weihnachtsabend verbreitet worden ist in der Hoffnung, daß bis nach Weihnachten teine offiziellen Parteidementis zu ermarten wären.
Der Lotal Anzeiger, das Schwesterblatt des Tag", fucht von der Schwindelsensation noch einiges zu retten. Er schreibt:
„ Wenn es vielleicht auch nicht, wie von anderer Seite jogar behauptet wird, zutrifft, daß die beiden Parteien selbst dieses Ansuchen gestellt haben, so muß man es für durchaus möglich Schritt tatsächlich getan haben. Ist doch bekannt, wie von gewiffer Seite wieder und immer wieder eine Bropaganda für den Bölkerbund getrieben wurde, die mit sachlicher Stellungnahme schon nicht mehr viel zu tun hatte. Eine Aufklärung in dieser Angelegenheit, die an Würdelosigkeit ihresgleichen sucht, ist jedenfalls dringend erwünscht."
halten, daß bestimmte Parteimitglieder einen solchen
Berleumde ruhig drauf los, es wird schon etwas hängen bleiben. Solange nicht die weit über eine Million zählenden Mitglieder beider Parteien sämtliche Erklärungen gegen diefe neueste Form des Schwindels erlassen haben, braucht ja der Lokal- Anzeiger" nichts zurückzunehmen. Es gibt eben Methoden der Berleumdung.
Die Germania " weist für das Zentrum auf die politische Seite der Schwindelsensation hin:
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Das deutschnationale Hugenberg - Blatt tann sich aber darüber beruhigen, daß die Zentrumspartei , die sich für den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund eingesetzt hat, dem Auswär tigen Amt gegenüber darauf bedacht sein wird, daß sowohl für das Böllerbundssekretariat als auch für die deutsche Bölterbunds Delegation Bersönlichfeiten gewählt werden, die grundsäßlich den Bölkerbundsgedanken bejahen. Die Zen trumspartei erwartet weiterhin, daß etwaige ähnliche Forderungen von Parteien, die sich alle Mühe gegeben haben, den Eintritt Deutschlands in den Böllerbund zu erschweren und zu verhindern, feitens des Auswärtigen Amtes die Beurteilung erfahren, die ihnen gebührt."
Die Hugenberg- Bresse hat mit ihrer Schwindelfenfation Stimmung dagegen machen wollen, daß Deutschland im Sekretariat und in der Delegation von Männern vertreten wird, die es nicht als ihre Aufgabe betrachten, die Arbeit des Bölterbundes zu sabotieren. Deswegen das Futterkrippengeschrei, oder wie es im„ Lokal- Anzeiger" heißt, die Ge
schaftthuberei Wenn Leute nach dem Geifte der HugenbergBresse nach Genf gehen, ist das Politit, menn Anhänger des Bölterbundes dahingehen, ist das Futtertrippenjägerei. So etwas redet noch von Würde!
Gibt es Krieg um Mosful? Generalstabsberatung in Angora.
deren Berlauf
Paris , 26. Dezember. ( Tul.) Der Chicago Tribune" wird aus Angora gemeldet, daß der türkische Generalstab am Donnerstag eine geheime Sigung abgehalten hat, über strengstes Stillschweigen bewahrt wird, doch glaubt man zu wissen, daß ein eventueller Feldzug zur Sprache getommen fei. Benn es zum Strieg fommen sollte, was man im Augenblick nicht für wahrscheinlich hält, würde Mustapha Kemal Bascha das Obertommando übernehmen und Ismed Pascha die Führung der schwebenden Geschäfte überlassen. Die Rückkehr des Außenministers Tewfit Ruschdi Bey wird mit größter Ungebulb erwartet, da man in Angora über die Vorgänge in Genf nur sehr unvollkommen unterrichtet ist. Sogar Mustapha Kemal Bascha und Ismed Pascha kennen nicht die einzelnen Phasen der Genfer
Die Unterzeichnung des Vertrages mit Sowjetrubland wird in Angora verschieden kommentiert. Einige Abgeordnete hegen die Hoffnung, daß Sowjetrußland bei einen austreten und der Türkei aktiv beiftehen würde, andere eventuellen Konflikt mit England aus seiner Neutralität ber Parlamentarier befürchten jedoch, daß die Sowjets die Gelegen heit. wahrnehmen würden, um sich in die inneren Angelegen heiter der Türkei einzumischen. Diese Abgeordneten behaupten, daß der türkisch - russische Bertrag einer freundlichen Invasion" gleichfomme. Ein Barteiführer erklärte, es dürfe auf keinen Fall dahinkommen, daß Rußland nach der Türkei Truppen entsende.
wie die Erklärungen des stellvertretenden russischen AußenDer veröffentlichte Text des russisch - türkischen Vertrages ministers Litwinow fprechen ausdrücklich nur von Neu tralität des einen Teils in dem Fall, daß der andere in einen Krieg verwickelt wird. Uebrigens gehören die Senfationsmeldungen des Pariser ,, Chicago Tribune" zu den meist
dementierten.
den
den
Protestversammlungen.
Angora, 25. Dezember. ( WTB.) Nach Drahtmeldungen aus Provinzen finden überall Protestversammlungen Provinzen finden gegen die Entscheidung des Völkerbundsrates in der Moffulfrage statt. Die Konstantinopeler Studenten sandten aus einer von ihnen in der Universität abgehaltenen Bersammlung ein Telegramm an die Regierung, in dem sie sich zu allen Opfern bereit erklärten, zu die Regierung, in dem sie sich zu allen Opfern bereit erklärten, zu denen die Jugend des Landes verpflichtet sei.
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Bergleicht man die Lage, in der das italienische Proletariat am Jahresschluß von 1924 stand, mit der heutigen, so drängt sich, bei der Summierung der äußeren Umgestaltungen. der Schluß auf, daß alles noch bei weitem schlechter: geworden ist. Man hat mit System eine Gesetzgebung aus gebaut, die die faschistische Gewalttat überflüssig macht. Nicht durch die Waffen, sondern durch das Gefeß soll es un= möglich gemacht werden, den Faschismus je wieder aus seiner Machtstellung zu verdrängen. Bon Gesetzes wegen soll es dem Gegner des Faschismus verwehrt sein, seine Meinung zu äußern, im Inland wie im Ausland, sich an den kommunalen Kämpfen zu beteiligen, da er das passive Wahlrecht verloren hat, feinen Einfluß in der Gewerkschaftsbewegung geltend zu machen, da zur gewerkschaftlichen Betätigung nur die Führer mit bewährter nationaler Gesinnung" zugelassen werden, als Bolitik des Regimes nicht harmonierenden Beamten können Staats- oder Gemeindebeamter zu wirken, denn alle mit der gemaßregelt werden. Der Faschismus hätte somit das Ei des Kolumbus gefunden, das politische Elirier des ewigen Lebens: Die Opposition ist verboten. Hierin gipfelt die neue Gesetzgebung, die wir im Laufe des Jahres Schritt für Schritt haben verfolgen tönnen.
Lebt aber wirklich ein Staat und ein Regime nur das durch, daß sie ihre Widersacher niederhalten fönnen? Werden Staatseinrichtungen und Gesetze schon dadurch zweckmäßig, daß es verboten ist, sie als unzweckmäßig zu bezeichnen? Bon allen Regierungsformen scheint der Faschismus das Regime, das sich am besten seiner Gegner zu erwehren ver fteht; nichtsbestomeniger ist es, wie fein anderes, von der haupt fein eigenes Leben, sondern lebt nur in Beziehung auf Zwangsvorstellung dieser Gegner beherrscht. Es hat über. die Opposition. Die vielen friegerischen Redeflosteln feiner meist gar nicht friegerischen Führer ent sprechen einer tiefwurzelnden Seelenverfassung: die herrfchende Clique sieht die ganze Regierungsaktion mur als eine Reihe von Schlachten gegen die Opposition an. Durch diese Schlachten will die Clique ihre politische und wirtschaftliche Machtstellung behaupten- einen weiteren Horizont umfaßt ihr Auge nicht.
Und das Jahr 1925. ftellt sich für sie als eine Reihe siegreicher Schlachten dar: das jetzt auch im Senat angenommene Breßgefeß läßt den oppositionellen Blättern nur solange das Leben, als dies dem Ministerium des Innern paßt; das Emigrierten gefeß erlaubt der Erefutingewalt, fich jeden mißliebigen Bürger vom Leibe zu schaffen und noch dazu fein Hab und Gut einzuziehen; die Vollmacht, Straf gefet, Strafprozeßordnung und Polizeigeset abzuändern, ermöglicht jede Form politischer Verfolgung, die schon in der von Federzoni verkündigten Einführung eines polizeilichen Leumundzeugniffes auf den Inlandpässen als einer Art offiziellen Führung schwarzer Listen eine Probe der tommenden faschistischen Freiheit gibt; die erhöhte Machtftellung bes ersten Ministers; die Berechtigung der Regierung, auf dem Verordnungswege einen großen Teil der Angelegenheiten zu regeln, die bisher dem Barlament monopols zugunsten der faschistischen Korporationen; die unterstanden; die Sicherung des Gewertschafts= gefeßlich zugeftandene Beamten maßregelung, die sich auch auf die Hochschullehrer erstrect; die Aufhebung des Freimaurerorbens Faschismus über die Opposition errungen hat. das sind lauter Siege, die der
Darf man aber fragen, wie es einstweilen im Lande ausfieht, das das zweifelhafte Glüd hat, der Schauplatz dieser eigentlich etwas anderes, als sich mögliche Konkurrenten beim eigentümlichen Schlachten zu sein? Regieren bedeutet doch Geschäft vom Leibe zu halten. Man fagt wohl: im Lande geht alles glänzend; ein Schneid, eine Disziplin, wie man sie fich in Italien nicht hätte träumen laffen. Richtsdestoweniger herrscht in allen staatlichen Verwaltungen eine Verfahren= heit, Unordnung, Korruption, wie man sie bisher nicht fannte. Wo es irgend anging, hat man die alten erfahrenen Beamten abgefägt und durch junge Streber er feht. Soweit noch tüchtige und zuverlässige Elemente da sind, lastet die Unsicherheit auf ihnen, das efelhafte Spigelwesen, die demütigende Berpflichtung, das faschistische Parteiabzeichen zu tragen, wie der Hund seine Hundemarke tragen muß, wenn ihn der Schinber nicht fangen foll. Selbft die Polizei. die gemissermaßen der Lebenenero des neuen Regimes tioniert schlecht. Sie hat in Italien nie bebeyning genossen, aber bie Attentatsgeschichte, bei der der Attentäter als Chauffeur einen Boliziften hatte, bei der ein Bizepolizeidirektor das Attentatszimmer ausfuchte und ein Werkzeug Spanisch- franzöfifcher Gedankenaustausch, der Polizei die gange Sache lentte, hat wesentlich dazu beiParis, 24. Dezember. ( WTB.) Nach einer im Journal getragen, fie gleichzeitig verächtlich und lächerlich zu machen. des Débats" veröffentlichten Agentur- Melbung wird sich der fran Das Breftige eines Staates, das, was jeine eigentliche Macht zöfifche Abgeordnete Mal vy, der seinerzeit das franzöſiſch- spa. darstellt, liegt eben nicht in Waffen, night in Gesagen, mat nische Marokko - Abkommen gefchloffen hat, wahrscheinlich während einmal in der geordnete Finanz, fondern in der Ueberder Parlamentsferien wieder nach Spanien begeben, um mit Gene- zeugung des Bürgers, ein en überpersönlichen Anwalt seiner ral Primo de Rivera über emen eventuellen Friedens fchluß in Maroffo zu verhandeln.