Bourbonen oder den Habsburgern gefehlt hat. Heute steht man im Staat entweder den Helfershelfer oder den Feind. Wie wehrt man fich in Italien gegen unbillige Besteuerung? Indem man den Steuerkommissionen die Liste faschistischer Namen vorlegt, die für Rieseneinkommen minimale Steuern zahlen. Aber die Auffassung, daß der Staat nicht für alle da ist, sondern nur für die, die die Regierung in Händen haben, und von diesen bei der Vergebung von Ehrenstellen, Aemtern, Würden dazu benutzt wird, um die damit Bedachten mit Haut und Haaren anzukaufen, vertritt niemand geringerer als Mussolini selbst. Man denke an den Zwischenfall vom 19. De zember im Senat, als der Senator Ettore Ciccotti das Beamtengesetz kritisierte und der Ministerpräsident ihm lümmelhaft vorwarf, er hätte ihn ja zum Senator ernannt. Daß Ciccotti feine Senatorwürde niedergelegt hat, ist belang los; weniger fonnte er wohl nicht tun, als den ihm vorgehaltenen Raufpreis zurüderstatten. Es ist aber interessant für die Auffassung des Ministerpräsidenten, daß er den Anspruch erhebt, seine" Senatoren stets an der faschistischen Leine zu führen. Er fann sich nicht einmal vorstellen, daß man jemand im Hinblick auf etwaige Verdienste zum Senator macht; für so etwas soll nur die Verwertbarkeit als Stimm automat den Ausschlag geben. Auf Ciccottis heftigen Einspruch hat Mussolini , der doch sonst nicht mundfaul ist, nicht das Wort genommen. In diesem Zwischenfall im Senat haben Dir ein Miniaturgemälde des faschistischen Staatsbegriffes, der sich mit allem vertragen mag, aber nicht mit der Achtung der Bürger vor dem Staat.
Ja, zeigt denn aber die wirtschaftliche Blüte Italiens nicht, daß ein Land auch ohne Staatsprestige sehr gut gedeihen kann? Bielleicht wäre es richtiger, zu sagen, daß ein Land mit relativ wirtschaftlicher Blüte eher eine politische Krise, wie die des Faschismus verträgt, als ein solches, dessen Wirtschaft darniederliegt. Wie die meisten Staaten Europas hat Italien die Depression der Nachkriegszeit überwunden; gerade die Verzögerung feiner finanziellen Sanierung hat feine Exportationsindustrie begünstigt. Heute aber, wo man die Valuta fanieren muß, ist die 3ndustrie an einem recht fritischen Wendepunft. Wir haben schon Betriebseinschränkungen und dabei eine wachsende Teuerung, die die ihres gewerkschaftlichen Schutzes beraubte Arbeiter fchaft schwer empfindet. Der Faschismus wird gut tun, ben Wohlstand der vergangenen Jahre sich nicht zum Verdienst anzurechnen, da man sonst auch die drohende wirtschaftliche Depreffion auf seine Rechnung segen dürfte. Auf diesem Gebiet hat er meder große Berbienste noch großes Verschulden. Ein Verschulden würde erst dann zutage treten, wenn er sich dem Drängen der Schwerindustrie nach Inflation nicht länger widersette und die italienische Boltswirtschaft in Abhängigkeit hrächte vom nordamerikanischen Kapital.
zoni das Oberhaupt des neuen Italien ". Die Dittatur brängt zum Staatsstreich, der Staatsstreich zum Krieg. In beiden haben wir die Krönung des Baues, den das Jahr 1925 errichtet hat. Wer alle Energien der Seinen darauf einstellt, sich des Gegners zu erwehren, der schafft nicht die Bedingungen einer neuen Ordnung, sondern eine Zwangslage, ftets neue Gegner zu suchen. Die gesetzliche Abwürgung der Opposition hat der Faschismus im Jahre 1925 vollzogen. Das bemeist noch lange nicht, daß er regieren tann; er beweist noch nicht einmal, daß er imftande ist, mit dem Abwürgen aufzuhören. Er hat fein Staatsgebilde, teinen Gefeßesbau, teine Idee geschaffen, die in sich selber ruhten; nur eine zu furchterregender Macht zusammengeftaute Summe von Ehrgeiz, Habgier, Parasitismus und Roheit in die Wagvon Ehrgeiz, Habgier, Parasitismus und Roheit in die Wagfchale des Landes geworfen. Wenn der papierne Staatsbau der Mussolini , Rocco und Federzoni fertig ist, wird das Menfchenmaterial, mit dem man die Macht erobert hat, das Heer der Landsknechte und das Heer der Spetulanten weiter drängen: zum Kaiserreich und zum Kriege!
Es ist wohl schlechter geworden für das italienische Bolt im nun zur Neige gehenden Jahr. Aber der Faschismus hat die Barren seiner Möglichkeiten ausgemünzt, hat seine Reserven an staatsrechtlicher, juristischer und administrativer Weisheit in Umlauf gefeßt. Es mag für die laufenden Bahlungen der Tagespolitik noch eine Zeitlang reichen; bei der über furz oder lang unausbleiblichen geschichtlichen Rechnungsablage reichts nur zum Bankrott.
Die Großen und die kleinen.
Ein weiterer Beitrag zur Fürstenabfindung. Wir erhalten folgende Buschrift:
Bekanntlich haben die deutschen Fürsten bei der Geltendmachung
ihrer vermeintlich privatrechtlichen Ansprüche zum großen Teil sehr wenig Rücksicht auf die Lage ihrer ehemaligen Untertanen Reich um Hilfe gegen die Ansprüche ihrer unerfättlichen ehemaligen gezeigt, so wenig, daß selbst deutschnationale Regierungen das Potentaten anrufen. Einen interessanten Beitrag zu dem Beutezug deutscher Fürsten liefert folgende Geschichte, die uns von durchaus glaubwürdiger Seite gemeldet wird. Herzog Ernst von Sachsen Altenburg taufte durch seinen Generalbevollmäch tigten Walter Kronberg im Herbst 1922 ein Landhaus in Wilhelmshorst bei Wannsee , für das sich die Be fiber, ein altes Ehepaar, unter dem starten Drud der Inflationsverhältnisse, einen minimalen Raufpreis aufschwatzen ließen, der nicht ein 8ehntel bes tatsächlichen Gold. martwertes erreichte. Mit äußerster Rücksichtslosigkeit bestand martwertes erreichte. Mit äußerster Rücksichtslosigkeit bestand der Generalbevollmächtigte darauf, daß die alten Leute zu dem unter schwerer Vertragsstrafe festgesetzten Termin räumten, obwohl er wußte, daß fie feine Wohnung hatten.
Um
Als im Jahre 1924 der Herzog feinen Vertrag mit dem thü er heute, im Hinblick auf Italiens Wirtschaftslage, fagen wai, daß der Faschismus fich in der Braftit bewährt hat, der ringischen Staat wegen Irrtums anfocht und auf Auf jetzt ein Berhältnis von Ursache und Wirkung voraus, daswertung flagte, wollten die ehemaligen Befizer des Landhauses nicht besteht. Bei der Anwendung des Syndikat den Verkauf gleichfalls wegen Irrtums rüdgängig machen. zu vermeiden, daß dieser Fall gleichzeitig mit dem Aufwertungsgefehes wird man sehen, was dabei herauskommt, wenn der Faschismus plump in Wirtschaftsfragen hineingreift. Hier prozeß des Herzogs in die Deffentlichkeit täme, gab der General ift feine erfte Initiative auf diesem Gebiet, und wir wollen bevollmächtigte das bestimmte Versprechen, daß der Eigen abwarten, wie sie ausläuft. Eingegriffen hat das Regime in tümer bis Ende Oktober 1924 das Landhaus zurüderhalten alle Teile des politischen Lebens; aus dem Gebiet des Wirt werde und beziehen tönne. Als der Generalbevollmächtigte gebeten fchaftslebens hat er nur den politischen Köder genommen, in wurde, dieses Bersprechen schriftlich zu geben, antwortete er: Sie haben hiermit das Ehrenwort eines Offiziers, das auch der Form von Kornzöllen, Steuerentlastungen, Wehrlos haben hiermit das Gbrenwort eines Offiziers, das auch machung der Arbeiter. In der Politit hat es im faschistischen im Namen S. Königlichen Hoheit gegeben wird, das wird Staat" fein Meisterstüd geschaffen: eine richtige Zentralisation, Ihnen wohl genügen." in der alle Gewalten von der Exekutivgewalt aufgezogen sind, einen überall eingreifenden Polizeiapparat, der in der Diftatur gipfelt. Ist der Bau, zu dem der Faschismus erstarrt ist, nunmehr abgeschlossen, da es teine Schlachten mehr zu schlagen gibt? Nein, denn die faktische Dittatur will nun auch ihren juristischen Ausdrud finden. Man schreitet schon heute ohne viel Zeremoniell über die Krone weg. Mussolini , nicht der König, ist nach den Worten des Innenministers Feder
Bergwirtshaus.
Wälder, unendlich wie Ozeane aus Fichten und Tannen, fangen den rasenden Sturz der zerrissenen Tatragipfel auf. Auf grünem Riefentissen, überreich bestickt mit dem perfenden Beiß des Winter schnees , türmt sich das eisüberfruftete Gebäude der Felsen im reichen Spiel unerhörter Einfälle.
Weiß und in sanfter Strenge, leuchtend und ehrlich, wie ein guter Führer, geht die Straße durch die Landschaft.
Lugusautos bellen frech in die Stille; Schlitten tragen ihr gleitendes Glockenspiel die Straße entlang; und flowakische Holzfäller treiben magere, fehnige Pferde vor winzigen zweiräderigen Rarren her, an die gigantisch lange Baumstämme gefesselt sind, die den Straßenschnee gefährlich glatt schleifen.
Sehr weit weg sind die großen Latra- Hotels, in denen wohl Rauch, hört sie aus ersticktem hundegebell, aus verlöschenden Glocken.
Sehr weit weg find die großen Latra- Hotels, in denen wohl auch fleine Leute ihre Gesundheit dem Höhenflima abringen. Man ist demokratisch hier. Und der Mensch wird nicht nur nach dem Beld beutel gewertet.
Abseits von der Landstraße steht das Bergwirtshaus in feiner verträumten, schneezugedeckten 8wecklofigkeit. Manchmal hält ein Fuhrmann auf der Straße und trabt die hundert Schritt zum Bergwirtshaus hinauf, trinft einen Glibomiß, einen Borowikta. Schüttelt fich, sagt Brr" unb geht zu den Pferden zurück.
Abends tropft blutrotes Licht aus den Eisblumen der gefrorenen Fensterscheiben. Um diese Zeit umschleichen slowakische Bauern das Bergwirtshaus. Eng flatschen die weißen Hosen um thre dünnen Beine, die weiße Halina, der Mantel, umfließt ihre Gestalt, und der Tritt der selbstgefertigten Bundschuhe wird lautlos im Schnee. Sie spähen durch den Eisblumengarten an den flirrenden Fenstern und marten auf ein Schauspiel.
Denn: an der Bergstraße hält, von einem in ungeheure Schafpeize hineinfluchenden Chauffeur bewacht, ein Auto.
Der Kellner sagt es allen Gästen, flüsternd und in trinkgeld gierig gellem Kuppelton, sagt es deutsch , tschechisch, ungarisch, franzöfifch, englisch : Sie müssen nach dem Bergwirtshaus! Dort find zwei Schwestern: die Suite vnh die Marento! 3wei füße Geschöpfe! Wenn Sie nur ein bißchen geschickt find, werden Sie Glück
haben!"
Darum fahren alle Nationen abends nach dem Bergwirtshaus, zu Juliszka und Marenko. Aber Juliszka ist nicht zu sehen, nur die fleine, schwarze, wildfagige, schlankbeinige Marento.
Und vor den Fenstern warten die slowakischen Holzfäller nach schwerer Tagesarbeit auf ein nächtliches Schauspiel. Drei liegen flappernd in der Hundehütte, der vierte steht Bosten und soll Signal geben, wenn es beginnt. Aber es beginnt nie.
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Als aber der Herzog feinen Prozeß gewonnen hatte, ließ der Generalbevollmächtigte trop wiederholter Anfragen nichts mehr von fich hören, un schließlich einen sehr unmirich abweisenden Bescheid zu geben. So wurde das Ehrenwort eines Offiziers und eines Herzogs gehalten. Von den Gerichten erhielt der Eigentümer, der sich ein Armeniattest beschafft hatte, den Bescheid, eine Klage auf Aufwertung oder Anfechtung wegen Jrrtums fet aussichtslos!
Die Wildfaze bringt Slibomih, Borowiska und Tee mit schred-| lich viel Rum, und lacht den feinen Gäften, die nach Champagner Glibomis. Und fie faucht höhnisch, wenn die Gäfte sich auf die gute fragen, fed ins Geficht. Sie hat keinen Champagner, sie hat nur Empfehlung des Oberkellners vom Tatra- Hotel berufen. Wenn einer nach ihren Beinen langt, sagt fie, äh" und lacht einen slowakischen oder einen ungarischen Fluch. Die Gäfte fahren schließlich, bei 25 Grad Kälte in ihrer Sehnsucht zu Eis erstarrt, in das Hotel zurüd.
Marento lacht. Sie wird, aus Lust, aus Laune, aus Barmherzigkeit, aus Troß sich vielleicht noch heute einem Holzfäller, einem Landstreicher, einem erfrorenen Touristen, dem Oberfellner vom Tatra- Hotel fogar an den Hals werfen, bei 25 Grad Kälte eine glühende Bildtage. Dann werden aber alle Lichter erloschen sein, und Eisblumen den dichtesten Vorhang vor die Fenster ziehen.
Wo aber ift Juliszta? Sie Itegt in der heißen Hinterstube und wartet auf ihr Kind. Ein Weihnachtskind. Sie weiß nicht, wer der Bater ist, denn auch sie ist eine Wildkaze.
Slowakische Holzfäller stapfen heimwärts.
"
Marell
Der Blaue Bogel, der vor etwa zwei Jahren aus der GolzStraße davonflatterte, breitet nun wieder in Berlin , im Luftspiel hause, sein schillerndes Gefieder. Man freute sich seiner Heimkehr und begrüßte ihn am ersten Weihnachtstage herzlich. War auch nicht alles Bolb, was glänzte, und der Berferteppich 3. B. ganz entschieden Talmt, so bewies doch das Programm, im ganzen genommen, wieder den fünstlerischen Hochstand dieses ruffischen Rabaretts; sicheres Gefühl für dieje Kleinkunst und guter Geschmad vereinen sich hier. Einzelne Nummern, wie die parodistische Othello" Aufführung, die streng gezeichnete, im fubistischen Stil gehaltene Kompagnie Soldaten" waren sogar vortrefflich. Von dem alten Brogramm wurden nur zwei der besten Nummern, die Bolgaschlepper" und der Leierlaften" wiederholt. J. Jushny, Direktor und Spielleiter in einer Person, war ein wißiger und Tes.
liebenswürdiger, wenn auch nicht immer origineller Conférencier.
Preffe gegen Rundfunk. Zwischen der englischen Presse und dem englischen Rundfunk ist ein Streit von grundfäßlicher Bedeutung ausgebrochen. Die Presse behauptet, daß der Rundfunk immer ehrgeiziger und übermütiger werde, und daß er, wenn er so fortfahre, der Zeitungsindustrie Schaden bringen müsse. Der eng lische Verlegerverband ist daher zu einer außerordentlichen Bersammlung zusammengetreten und hat den Rundfunk höflich aber bestimmt ersucht, sich ein bißchen zu mäßigen. Die englische Rund funtgesellschaft hat etwa zehn Millionen Hörer und ist sozusagen ein Staatsmonopol. Im vorigen Jahre versuchte sie zum erstenauch Beitungsnachrichten, vor allem neueste Depeschen, zu vermal, neben Mufit, Gesang, Moralpredigten und Wetterberichten breiten. Man traf ein Uebereinkommen mit den großen Tele graphenagenturen und erhielt gegen eine jährliche Entschädigung von 8000 Pfund Sterling die Erlaubnis, gegen neun Uhr abends
Soziale Reaktionäre.
Der übliche Weihnachtsschwindel.
Ohne etwas Sozialismus, ohne etwas Menschenfreundlichkeit kommen zu Weihnachten selbst die reaktionären Blätter nicht mehr aus. Die Kreuz- Zeitung mit Gott für König und Vaterland" entdeckt die soziale Seele des fonservativen Gedankens". Ein langes Klagelied wird auf die ganze Geschichte des 19. Jahrhunderts gejungen. Mit der franzöfifchen Revolution beginnt eigentlich schon der untergang der Menschheit und halberlei ist alles, was seitdem geschaffen ist, nur Teufelsmert. Wirklich lebenswert war die Welt nur zu der schönen Zeit, wo Deutschlands Landesväter ihre Untertanen noch ans Ausland vertaufen tonnten, wo der hohe Adel in jedem noch so kleinen deutschen Vaterland die Sitten Ludwigs XIV. gemeinsam mit dem Landesvater nachäffte. Seitdem die Revolution in Frankreich das Bürgertum ans Ruder brachte, besteht die Welt eigentlich nur noch aus Gemeinheit, und der Gipfel dieser niederträchtigen Entwicklung ist die Sozialdemokratie. Nur Bismarck bildet in der schrecklichen Vergangenheit einen Lichtpunkt. Bismard und mit ihm die Konfer vativen haben den sozialen Gedanken entdeckt" und ihn im Kampfe gegen die Sozialdemokratie durchgeführt! Schrecklich die Welt, in der wir alle zu gleich gemachten Nummern degra biert werden"! Gottfeidant, es regen sich Kräfte, die dafür sorgen werden, daß das Leben wieder die höhere Weihe empfängt, unter der es überhaupt lohnt zu arbeiten und zu wirken. Die höhere
Weihe, die Junter und Industrieta pitäne davor schütt, zu einer gleich gemachten Nummer degradiert" zu werden, das ist die soziale Seele des konservativen Gedankens". Selbst wenn sie ihren gläubigen Lesern Weihnachtsschmus dorsetzen, fönnen sie ihren wahren Charakter nicht verleugnen.
Berliner Kommunisten debatten. Stadtdelegiertenversammlung billigt den Rechtskurs. Sieg der von der russischen Leitung befohlenen Rechtspolitit noch kein Ende genommen. Davon zeugt ein langer Bericht der Roten Fahne" über die Berliner Stadtdelegiertenverfammlung. Aus ihm geht hervor, daß mit 425 gegen 235 Stimmen, alfo gegen eine sehr beträchtliche Minderheit, die Politik des Zen tralfomitees und der jetzt rechten Berliner Bezirksleitung gebilligt wurde und Abänderungsanträge der sogenannten Ultralinten abgelehnt worden sind. Charakteristisch für den Bericht der Roten Fahne" ist die Dämpfung, die aus tattischen Grünben vorgenommen wird. Weder über den Bericht des jetzigen politifchen Leiters der Berliner Organisation, Rem mele, noch über die Debatte erfährt man im Kern Genaueres. Die Berliner Kommu= nalpolitif wird im Bericht überhaupt nicht erwähnt, trotzdem über sie selbstverständlich gesprochen worden ist. Die Opposition iſt vorläufig noch start, ft är ter als man annehmen sollte. Da Ruth Fischer in Moskau festgehalten wird, hat Scholem die Führung. Die Streitpunkte find bekannt. Die augenblickliche Zentrale hält daran fest, daß die KPD. als selbständige Partei nur durch eine ent schiedene Rechtsschwentung überhaupt am Leben gehalten werden tann. Sie denten sich die Politik als die Politif einer Art Ersatz- Sozialdemokratie. Der Bergangenheit soll durch einige raditale Phrasen, der Gegenwart und Zukunft durch tatsächliche opportunistische Politit Rechnung getragen werden. In der Dämpfung des Berichts spürt man die innere Unsicherheit. Diefe Unsicherheit ist die verständliche Folge der am Tage der Tagung noch unübersichtlichen Debatte auf dem russischen Parteitag. Die Entwicklung der Politif der deutschen Kommunistischen Partet steht selbstverständlich mit der ruffischen Entwicklung im ursächlichen engsten Busammenhang. Da der Rurs aber in Rußland zweifellos tonsequent weiter nach rechts geht, so wird die Rechtsentwicklung der KPD. auch in Deutschland nicht aufzuhalten fein. Die Auswirkung dieser Schwenfung wird sich aber in der tommunistischen Organisation erst dann ergeben, wenn eine längere Pragis bei dieser neuen Tattit vorliegt.
In der Kommunistischen Partei haben die Debatten mit dem
durch den Rundfunt in fummarischer Weise die letzten Ereignisfe des Tages fundzutun. Die Telegraphenagenturen feßten sich, bevor fie darauf eingingen, mit den Beitungsverlegern in Berbindung. Sterling zukommen lassen. Die Berleger erklärten damals, daß sie mit den Männern, die ihnen jährlich mehrere Millionen Pfund wenn es sich in vernünftigen Grenzen hielte: furze Depeschen, gegen das Abkommen mit dem Rundfunk nichts einzuwenden hätten, nichts weiter. Ein paar Monate hindurch war die Rundfunkgesellschaft damit zufrieden; dann aber tam fie plöglich auf den Gebanken, einen eigenen Lokalreporterdienst einzurichten und durch den Rundfunk auch die großen Londoner Tagesereigniffe zu ver breiten. Das war den Zeitungsverlegern zuviel: fie drohten der Rundfunkgesellschaft mit Ertziehung der Agenturdepeschen, wozu fie sicher die Macht haben. Nunmehr haben sich die Verleger auch an die Regierung gewandt mit der bestimmten Frage, ob hinfort mit dem Rundfunkmonopol des Staates vielleicht auch gar das Monopol einer gesprochenen Zeitung verbunden sein solle.
Die Bewäfferung der Kalahari . Die Engländer in Südafrika be schäftigen fich zurzeit lebhaft mit dem großzügigen Plan, die zwischen dem hügeligen Teil des Berschuanen- Landes und dem Orangefluß gelegene Kalahariwüste zu bewässern, um die sandige Steppengegend der Landwirtschaft zu erschließen. Die Wüste gewinnt Jahr für Jahr an Ausdehnung, da die ohnehin nur dürftige Feuchtigkeit mehr und mehr in die Tiefe versichert. Dadurch werden die legten Dasen be droht, in denen die Eingeborenen vor allem Gurten anbauen, die die Lieblingsnahrung der Kaffern sind und wegen ihres starten Wassergehalts auch gern vom Bieh gefressen werden. Das Projekt der britischen Ingenieure hatte zunächst den Sambesi als Bewässerungsquelle in Aussicht genommen. Schließlich hat man aber zwei Flüſſe in Portugiesisch- Angola für den Zweck ins Auge gefaßt. Mit Hilfe mächtiger Behre soll das Waffer der Flüsse in der Richtung der Wüste abgeleitet werden. In den durch das Wasser befruchteten Gegenden gedenkt man dann Baumwolle anzupflanzen, ein Blan, der ebenso fühn wie bedeutsam ist und als Ingenieurleistung allen Respekt verdient.
Der wiedererstandene Pranger. Gemäß dem Urteilsspruch eines Bolizeirichters in New York wurden fürzlich zwei Männer auf einer Brücke der Stadt öffentlich ausgestellt, wobei sie gezwungen waren, der Kopfbedeckung und der Oberkleider beraubt, 25 Minuten in strömendem Regen am Pranger zu stehen, zur Strafe dafür, daß sie ihre Pferde unbedeckt die gleiche Beit hatten im Regen stehen laffen. Bei Berkündigung des Urteils führte der Richter aus: " Ich glaube, daß es Ihnen keinen Spaß machen wird, des öfteren in dieser Weise behandelt zu werden, und ich nehme an, daß die Strafe für Sie eine Lektion bilden wird. In dieser Annahme habe ich auch davon Abstand genommen, Ihnen noch eine andere Strafe aufzuerlegen."
Van de Veldes Rückkehr nach Belgien . Der belgische Kultusminister Huysmans bat jest Henry van de Belbe es ermöglicht, in teine Heimat zurüdzukehren. Der Kunstgewerbler, der seit dem Verlassen Weimars und gebaut hat, wird an der flämischen Universität Bent Lehrkurse über moderne Deutschlands , seit Striegsende in Holland woonte und dort Berschiedenes Baufunft leiten und soll Direktor eines neu zu gründenden Institutes für Kunst und Kunstgewerbe in Brüssel werden.