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Nr. 611 42. Jaheg. Ausgabe A nr. 312

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Dienstag, den 29. Dezember 1925

Briand mit Doumer solidarisch.

Er will die opponierenden Kartellminister gehen lassen.

Paris , 28. Dezember. ( EP.) Nach der Kammerfihung gab Ministerpräsident Briand den Journalisten Erklärungen ab, die die latente Ministertrise in einem neuen Lichte er­fcheinen laffen. Er sagte: Man spricht in diesem Augenblic viel von einer Miniftertrije im Zusammenhang mit den Finanzprojetten. Augenscheinlich ftellen die Pläne des Finanzministers Doumer nicht den gesamten ministerrat zufrieden. Aber ich will nicht alle acht Tage den Finanzminister wechseln. Wenn die Minifter uns nicht folgen wollen, d. h. Doumer und mir, so müßte ich sie mit dem größten Bedauern scheiden fehen. Ich werde aber trotzdem alle Anstrengungen machen, um sie zu halten. Ich glaube, daß man zu einer Ausföhnung gelangen kann. Ich habe zu oft Gelegenheit gehabt, von der Regierungs­gewalt zu scheiden, um nicht jetzt für mich das Recht in Anspruch nehmen zu können, zu bleiben.

Briand über Locarno.

hältnissen durch die britische Regierung nicht ratifigfert mer den würde. Man war also gezwungen, die Lösung der Sicherheits frage auf einem anderen Wege zu suchen. In diesem Augenblick

verschob

die deutsche Regierung durch ihre Jnifiafive vom 9. Jebruar 1925 die Frage auf ein anderes Gebiet. Der deutsche Borschlag hatte un­leugbare Vorteile, aber er barg auch gewisse Gefahren in sich. Aber die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland durch ein System von Garantien und gegenseitigen Verpflichtungen vor­zubereiten und dadurch die Zusammenarbeit der beiden Länder, ohne die es vergeblich ist, die friedliche Wiederaufrichtung Europas zu werden, daß die Unterzeichnung des Garantiepattes von einer Ab­erhoffen, begegnete gewissen Schwierigkeiten. Es mußte vermieden änderung der Bestimmungen der Verträge abhängig gemacht wurde und daß durch allgemeine Formeln die Möglichkeit des Krieges in einem Maße ausgeschaltet würde, wie es nach menschlichem Ermessen überhaupt möglich ist. Wir fonnten nicht Gefahr laufen, daß Deutschland , obgleich es die Aufgabe eines Teils unserer Hand­lungsfreiheit forderte, die feinige behielt und sich weigerte, in den Völkerbund einzutreten. Schließlich fonnten wir nicht zulassen, daß durch die Reihe der Abkommen, die uns angeboten wurden, wir gezwungen wurden, uns von unserem polnischen und Locarno abgeschlossenen Verträge bezeugen, daß diese von der fran­ zösischen Regierung befürchteten Schwierigkeiten bei Beginn der Berhandlungen ausgeschaltet werden konnten. In dieser Hinsicht ist es nur gerecht, den

Paris , 28. Dezember. ( EP.) In der Kammer wurde heute der Gefeßentwurf über die Locarnoverträge eingebracht, in deffen Be= gründung Ministerpräsident Briand ausführte: Trotz der Bemühun­gen der Unterhändler hat der Friedensvertrag feine tat- tschechischen Verbündeten zu trennen. Die Elemente der in sächlich wirksamen Garantien, teine Lösung des Problems der nationalen Minderheiten gebracht. Die auf 15 Jahre beschränkte Belegung der Rheinlande war nicht als eine Sicherheitsgarantie, sondern als eine Garantie für die Ausführung der gesamten Vertragsbestimmungen aufgefaßt worden. Wenn mir andererseits von den Bereinigten Staaten und Großbritannien die Unterzeichnung der Garantieverträge verlangt hätten, so wäre das eine von dem Inkrafttreten des anderen Ber­trages abhängig gewesen. Die in Frankreich seit dem Jahre 1920 aufeinanderfolgenden Regierungen suchten daher das bisher fehlende System durch ein neues Syftem der Sicherheit

Geift der vertrauensvollen und loyalen Zusammenarbeit anzuerkennen, den Wunsch zu einer Berständigung, der alle Unter­händler beseelte und die ständige Unterstügung, die wir bei unseren Verbündeten gefunden haben.

Dem Gefeßentwurf folgte dann die Aufzählung der einzelnen, bereits bekannten Dokumente. Der Ministerpräsident schloß: Die Regierung hat die feste Hoffnung, daß diese Schriftstücke Ihre Zu­ftimmung finden werden. Wenn Sie Ihre Zustimmung erteilen, geben Sie den Willen Frankreichs zu erkennen,

zu ersehen, aber ihre Bemühungen stießen bei unseren Berbündeten auf geistige Gewohnheiten und politische Traditionen. Je mehr die Zeit fortschritt, um so schwieriger war es überdies, unsere Be an der allgemeinen Aussöhnung mitzuarbeiten. fürchtungen der öffentlichen Meinung verständlich zu machen, deren Aufmerksamkeit anderen Broblemen zugewandt war, die den wachsen Sie werden auch dadurch den Wunsch bekunden, der unser Land be den Schwierigkeiten der Nachkriegszeit begegnen mußten. Der Re- feelt, endlich eine kodifizierung verwirklicht zu sehen, die es ihm gierung Herriot tommt das Verdienst zu, eine Lösung der Pro- ermöglicht, bleme in anderer Richtung gesucht zu haben. Am 2. Oftober 1924 wurde durch das Genfer Protofo Il die Annahme der jetzt berühmt gewordenen Formel Schiedsgerichtsbarkeit Sicher heit Abrüstung" zum erstenmal erörtert. Frankreich bleibt dieser Formel treu, aber durch seine Großzügigkeit überraschte das Genfer Protokoll die Deffentlichkeit und verlegte die Tradition in vielen Ländern. Als in England das Kabinett Macdonald durch das Kabinett Baldwin abgelöst wurde, mußte man zu der Ueber zeugung gelangen, daß das Protokoll unter den gegebenen Ver­

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An das Auswärtige Amt! Oeffentliche Anfrage.

Die Tägliche Rundschau" hat auf Grund besonderer Wissenschaft, die sie zu haben vorgibt, die unwahre Mel­dung der Hugenberg- Bresse von einem Schritt der Sozial­demokratie bei dem Völkerbundsekretariat in Genf , ent­gegen der Wahrheit ,,, bestätigt". Die gesamte Rechtspresse nimmt infolgedessen ihre Heiz- und Lügentampagne von neuem auf und beruft sich jetzt auf das Auswärtige Amt, zum Teil auf Herrn Stresemann persönlich, da er oder sein Amt durch die Tägliche Rundschau" aus ihrem amtlichen Wissen heraus gesprochen hätten.

Wir richten daher an das Auswärtige Amt die Fragen: 1. Was ist dem Auswärtigen Amt von dem angeblichen Schritt der Sozialdemokratischen Partei beim Böllerbund­fetretariat bekannt?

2. Welche Informationen hat das Auswärtige Amt über diesen angeblichen Schritt an die Presse gegeben?

Da die Tägliche Rundschau" neuerdings zugibt, daß feine offiziellen Parteischritte" unternommen worden sind, aber behaupet ,,, daß von namhaften partei­politischen Persönlichkeiten Anträge oder Vorschläge an das Generalsekretariat in Genf gerichtet worden sind, fragen wir:

3. Welche namhafte parteipolitische Persönlichkeit" der Sozialdemokratischen Bartei hat Anträge oder Vorschläge an das Generalsekretariat in Genf gerichtet"?

Das Auswärtige Amt wird auf diese Fragen flare Ant­

worten geben müssen, wenn es sich von dem Berdacht befreien

will, daß ihm angehörende Beamte durch Verbreitung un­wahrer Nachrichten eine schmutzige Intrige gegen die Sozial demokratische Partei inszeniert haben, mit dem politischen Ziel, die Bertretung Deutschlands in Genf für Personen zu refer­vieren, die der Rechten genehm find.

mit Deutschland freundnachbarliche Beziehungen zu unterhalten und eine Zusammenarbeit, die die wichtigste Borbedingung für das Bestehen Europas ist.

Diese Zusammenarbeit ist un möglich, wenn nicht das Gefühl der Animosität und das Mißtrauen verschwinden, das bereits zu lange die Beziehungen der europäischen Bölter gestört hat. Die Verträge haben eben diefes Ziel, das Vertrauen zwischen den Unterzeichnern wieder herzustellen.

Handelsvertragsverhandlungen.

Mit der Tschechoslowakei und Ungarn .

Seit längerer Zeit sind Bemühungen im Gange, an Stelle des deutsch- tschechoslowakischen Handelsabkommens vom Sommer 1920 einen richtigen Handelsvertrag zu setzen. Die Berhand­lungen hierüber wurden zunächst in Erwartung des neuen deutschen Bolltarifs ausgefeßt. Sie sollten auf tschechischen Wunsch bereits mehrfach im Spätherbst dieses Jahres begonnen werden, was aber durch das Fehlen wichtiger Materialien verhindert wurde. Wie der Reichsdienst der deutschen Bresse von tschechischer Seite erfährt, ist der Beginn mündlicher Besprechungen in Berlin nunmehr für die nächste Zeit- man spricht von Februar ober März in Aussicht genommen.

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Auch das Handelsabkommen mit Ungarn - aufgebaut auf dem Prinzip der Meistbegünstigung ohne Tarifvertrag- dürfte im tommenden Jahr in einen langfristigen handelsvertrag umgewandelt werden. Auch hier steht die Aufnahme der Berhand­lungen bereits im ersten Viertel des Jahres 1926 bevor.

Britische Mosul - Stimmungsmache. London , 28. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Der amtliche britische Funkdienst meldet: Der britische Ministerpräsident hat von dem Bremierminister des Irat ein Telegramm erhalten, in welchem dieser erklärt, daß die Bölkerbundsentscheidung unter der gesamten Bevölkerung des Irat eine große herzliche Freude ausgelöst habe. Sie sage der britischen Regierung Dank für ihre Bemühun. gen, um die Lebensinteressen des Volkes zu wahren.

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lischen Ministerpräsidenten kann nicht als einwandfreie und maß­Das Telegramm des Premierministers des Irat" an den eng­geben de Meinungsäußerung der Bevölkerung des Irat betrachtet werden. Die Verwaltung des Irat ist in englischen Händen und damit ist auch der Ministerpräsident von der englischen Regierung abhängig.

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Schutz der Arbeitslosen.

Die Aufgaben der künftigen Arbeitslosenversicherung. Zu den allerwichtigsten Aufgaben des Reichstages bei feltem Wiederzufammentritt gehört die Verabschiedung des Gefeßentwurfes über die Arbeitslofenversicherung. as an materiellem Schutzrecht dieses Gesetz vorzusehen hat, ist im Grunde genommen durch die Reichsverfassung voraus­bestimmt. Im zweiten Absatz des Artikels 163 der Reichsver­faffung heißt es, daß jedem Deutschen die Möglichkeit gegeben werden soll, durch wirtschaftliche Arbeit seinen Unterhalt zu erwerben. Soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, wird für seinen notwendigen Unterhalt gesorgt.

Weder die gegenwärtige Regelung des Arbeitslosen­schutzes durch die Verordmmg über Erwerbslosenfürsorge vom 16. Februar 1924 noch der vorliegende Gesezentwurf über die Arbeitslosenversicherung entsprechen den Vorschriften der Reichsverfassung. Damit den Arbeitslosen, entsprechend den Absichten der Verfassung, ausreichende Hilfe zuteil wird, ist es zunächst erforderlich, die gegenwärtige Verord­mung über die Erwerbslosenfürsorge entsprechend den An= trägen der sozialdemokratischen Reichs= tagsfrattion auszugestalten.

ein Ausführungsgesetz zum Artikel 163 der Reichsverfassung. Das fünftige Gesetz über die Arbeitslosenversicherung ist Es mag in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der Artikel 163 im Sinne einer Versicherung oder einer Fürsorge auszulegen ist. Unzweideutig sichert tie Verfassung jedem Deutschen zu, daß für seinen notwendigen Unterhalt gesorgt wird, soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nach­gewiesen werden kann. Dreierlei ist damit zweifelsfrei flar­gestellt: der Personenkreis, der Eintritt des Unterstützungs­falles und der Umfang der Unterstügung.

Der vorliegende Gesezentwurf wird diesen Erfordernissen nicht gerecht. Der versicherungspflichtige Per= fonentreis wird in unzulässiger Weise eingeschränkt, da für den Fall der Arbeitslosigkeit nur versichert ist, wer auf Grund der Reichsversicherungsordnung oder des Reichsknapp­schaftsgefeges für den Fall der Krankheit pflichtversichert ist. Damit sind alle Angestellten, deren Jahreseinfommen 2700 m. übersteigt, von der Pflichtversicherung ausgenommen. Diese Vorschrift ist um so unverständlicher, da allgemein anerkannt wird, daß auch diese Angestellten in starkem Maße von der Arbeitslosigkeit betroffen, werden und die Reichsregierung erst neuerdings Maßnahmen angekündigt hat, die alle Angestellten bis zu einem Jahreseinkommen von 6000 m. in die Erwerbs. losenfürsorge als Pflichtversicherte einbeziehen sollen. Doch das ist nicht der einzige Mangel. Der Gesezentwurf erklärt eine Reihe von Beschäftigungen in der Land- und Forstwirt­schaft, in der Binnen- und Küstenfischerei für versicherungsfrei, er befreit ferner von der Versicherung das ländliche Gesinde und die Lehrlinge mit einem schriftlichen Lehrvertrag von mindestens zweijähriger Dauer. Diese Beschränkung des Per­sonenfreises ist um so unverständlicher, da sie einem umfassen­den Risikoausgleich entgegenwirkt. In die Versicherung sind also, entsprechend dem Grundsatze der Reichsverfassung, alle Arbeiter und Angestellten einzubeziehen.

Nach dem Gesezentwurf hat Anspruch auf Arbeitslosen­wer arbeitsfähig, arbeitswillig, unterstützung, aber unfreiwillig arbeitslos ist. Der Anspruch kann jedoch bei Erfüllung dieser Voraussetzung nur dann geltend ge­macht werden, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten während 26 Wochen in einer versicherungspflich tigen Beschäftigung gestanden hat. Der Anspruch auf Arbeitslafenunterstüßung ist erschöpft, wenn innerhalb der letzten 12 Monate Arbeitslosenunterstützung für insgesamt 26 Wochen bereits gewährt ist. Bei besonders günstigem Arbeitsmarkt kann die Höchstdauer der Arbeitslosenunter­stüßung bis auf 13 Wochen herabgesetzt und bei besonders un­günstigem Arbeitsmarkt über 26 Wochen hinaus ausgedehnt werden.

Die hier an den Eintritt des Unterstüßungsfalles ge­fmüpften Voraussetzungen entsprechen ebenfall nicht den Vor­schriften der Reichsverfassung. Die Reichsverfassung erklärt den Unterstützungsanspruch ohne Zeitbeschränkung für ge= geben, sobald angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachge= wiesen werden fann. Der Arbeitslose wird von der Reichs­perfassung als schuldloses Opfer des kapitalistischen Wirtschafts­fystems angesehen, für dessen notwendigen Unterhalt der Staat zu sorgen hat. Die Vorschriften des Gesetzentwurfs bedürfen also auch in diesem Punkte eines Ausbaues im Sinne und Geiste der Reichsverfassung.

Für die Bemessung der Arbeitslosenunter­stützung sieht der Gesezentwurf folgende 5 Lohnklassen mit einem festen Einheitslohn vor, der für die Errechnung des Unterstügungsbetrages maßgebend ist:

Klasse I Wochenlohn bis zu 10 M., Klasse II von mehr als 10-20. Selafie III 20-30

Klaffe IV

Klasse V

80-40

W

40

W

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Einheitslohn 10.

15

25

35