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Nach dem Arbeitsentgelt, das in den letzten brei Monaten vor der Arbeitslosmeldung bezogen wurde, richtet sich die Zugehörigkeit des Arbeitslosen zu der einzelnen Lohnklasse. Der für diese Lohnklasse in Frage tommende Einheitslohn wird bei der Bemessung der Unterstügung zugrunde gelegt. Die Hauptunterstügung soll 40 Broz. des Einheitslohnes be­tragen. As Familienzuschlag werden für jeden unterhalts­berechtigten Angehörigen 5 Broz. des Einheitslohnes gewährt. Einschließlich der Familienzuschläge darf die Arbeitslosen unterstügung jedoch in keinem Falle 65 Proz. des Einheits­lohnes übersteigen. Nach diesen Berechnungsgrundfäßen er gäbe sich als wöchentliche Hauptunterstügung in der Klasse I 4 M., Klasse II 6 M., Klaffe III 10 M., Klaffe IV 14 M., Klasse V 16 M. Dazu kommen dann noch bei ben Berheirateten die Familienzuschläge.

Es fann feinem 38weifel unterliegen, daß die hier vorge sehenen Unterstützungsbeträge ganz unzureichend find. Bereits die gegenwärtigen Unterstützungsjäße in der Erwerbslosen fürsorge sind teilweise höher. Man vergleiche mit den hier vorgesehenen Unterstügungssätzen die englischen Unterstützungs­fäße. Diese betragen pro Woche: für Männer über 18 Jahre 18 Schilling, für Frauen über 18 Jahre 15 Schilling. Dazu tommen bei Berheirateten für die Freu eines arbeitsunfähigen Mannes 5 und für jedes unterhaltsbedürftige Kind 2 Schilling. Daraus ergibt sich, daß in England jeder männliche Arbeitslose über 18 Jahre mehr an Unterstützung befommt, wie der deutsche Gefeßentwurf in der höchsten Klasse als Unterstügungen vorsieht. Man kann auch in diesem Falle unmöglich davon sprechen, daß die Verfassungsvorschrift erfüllt ist, wonach für den notwendigen Unterhalt des Arbeitslosen gesorgt ist. Deshalb muß zur Errechnung des Mindestbetrages an Arbeitslosenunterstützung ein höherer Einheitslohn gewählt werden. Ebenso ist der Prozentsaz des Einheitslohnes, der als Hauptunterstützung gilt, zu erhöhen.

Mit der vorstehenden Kritie sind die Mängel des Gesetz entwurfes Beineswegs erschöpft. Unvereinbar mit einer Ar­beitslosenversicherung ist die Borschrift, daß für Arbeitslose unter 21 Jahren und für langfristig Arbeitsloje die Unter­fügung von einer Arbeitsleistung abhängig zu machen ist, fo­weit dazu Gelegenheit besteht. Die Erfahrungen mit der Bflichtarbeit in der Erwerbslosenfürsorge haben doch eindringlich gezeigt, daß diese zu einer fünstlichen Berschärfung der Arbeitslosigkeit beiträgt. Es ist aber auch eine grotesfe Berzerrung des Grundgedankens jeglicher Sozial­versicherung, die den Rechtsanspruch auf Versicherungsleistung aus der Beitragszahlung ableitet, diese Versicherungsleistung von einer weiteren Gegenleistung in Form von Pflichtarbeit abhängig zu machen. Erst bezahlt also der Bersicherte Bei­träge, erwirbt auf Grund dieser Beitragsleistung Rechts­ensprüche, deren Erfüllung jedoch von Pflichtarbeit abhängig gemacht werden kann. Auch dem Verfasser des Gefeßentwurfs müßte es doch eigentlich als ein Widersinn erscheinen, die Unterstügung in bestimmten Fällen von einer Arbeitsleistung abhängig machen zu wollen, weil die Arbeitslosigkeit doch nur eine Folge davon ist, daß angemessene Arbeitsgelegenheit überhaupt nicht nachgewiesen werden kann.

Die Vorschriften des Entwurfs, wonach die Arbeitslosen unterstützung ganz oder teilweise auf solche Arbeitslose be­schränkt werden kann, die hilfsbedürftig im Sinne der Borschriften über die öffentliche Fürsorge sind, wenn das Reich Darlehen zugunsten der Arbeitslosenversicherung gegeben hat, widersprechen ebenfalls dem Grundgebanten einer Arbeits lofenversicherung und müssen deshalb beseitigt werden. Auch die Regelung der Unterstützung bei Ausstand oder Aussperrung bedarf einer gründlichen Verbesserung. Vor allen Dingen fehlt aber auch im vorliegenden Entwurf die Einführung einer obligatorischen Kurzarbeiterunterstügung. So zeigt sich, daß die baldige Beratung und Verabschiedung der sozialdemokratischen Anträge zur Aenderung der Erwerbs. lojenfürsorge wichtigste Vorarbeit auch für die fünftige Ar. beitslosenversicherung darstellt.

Schmetterling im Winter.

Bon Lola Landau  .

An einem froftbarten Dezembertag brach plöglich in meinem Zimmer der Sommer aus. Mit schillernden Augen und betäuben bem Gurren wirbelte er vor gefrorenen Fenstern den Juni auf. Ein Schmetterling, der sich in der Riße eines Geffels verpuppt hatte, saufte mit irren und entzückten Flügelschlägen mitten in die rote Senne meiner Lampe   hinein. Die tünstliche Hiße des Raumes hatte ihn vor der Zeit austriechen laffen und ihn zu einem verfrüh ten Leben gewedt. Im Möbelstoff verborgen, wie eine Motte, hatte er unversehens die tausend Schuppen feiner Flügeldeden zum leuchtenden Fächer ausgefpreizt, mit dem er die Luft so leise bewegte, als führe ein laver Wind von einer Wiese mitten durch das Zimmer. Es war fein seltener Schmetterling; aber er gligerte in ben gold flaren Farben des Juni über und über, die Sonne des vorigen Sommers war in seinem Leib eingebrannt und alle Dinge im Raum erschienen dagegen fahl und tot, vom Alter gebleicht.

In zadigen, unficher taumelnden Flügen jagte der Schmetter fing durch das Zimmer. Die ersten Budungen des Lebens peitschten ihn in ungestümer Freude durch die Luft, ohne daß er raftete. Welche Luft, mitten in das rote Licht hineinzurafen, das feine Sonne war. Denn unter einer wirklichen Sonne hatte er nie geflattert. Bom Himmelslicht wußte er nichts, und die fünftliche Welt, in die er eintauchte, umflammerte ihn mit unentrimmbarer Wirklichkeit, als gäbe es feine andere.

Und doch allmählich, als er immer wieder von dem glühenden reten Feuerball der Lampe   abstürzte, begann sein Flug ratloser und verwirrter zu werden. Halb betäubt umfreiste er die entsetzliche Lockung. Als er einmal verfengt zu Boden geschlagen wurde, fuhr er in einem leisen, traurigen Schleichen dicht über den Teppich hin. Dann ließ er sich auf eine Teppichblume nieber. Seine Flügelbeden mit den großen goldbraunen Augen hoben und fenften sich in wil dem Zittern und Blinzeln, Seine Fühler, die in die Blume hinein friechen wollten, glitten ab. Das Rätselhafte, wonach er sich so Das Rätselhafte, wonach er sich so Jehnte, ohne es zu tennen, fand er nirgends: die streichelnden Ge rüche, den Nektar tief in den Kelchen, die Wolfe der Hige zwischen Himmel und Erde und das unendlich sanfte flingende Licht.

Der Schmetterling flog zuckend von der Blume aufwärts, einen Augenblick saß er auf der Spitze des gelben Schrankes wie auf einem verzerrten Baum; dann streifte er die Tapete, auf der er lange unbeweglich und leblos verharrte, von der grellen Farbe hypnotisch eingeschläfert. Endlich riß er sich los, flatterte höher, und in der leichten Gardine verfing er sich flügelschlagend in einem furchtbaren Neg. Erschöpft fiel er abwärts, um wieder in den roten Kreisen ber Ampel, im Wahnsinn einer ewigen Runde fich selber zu Tobe zu heben.

Ich löschte die Lampe, um bem unglücklichen Geschöpf die Ruhe miederzugeben. Aber im Dunkeln und noch spät in der Nacht hörte

Der Ritter der Schutzöllner.

Wiffenschaft und Intereffenten.

Wir haben uns in der Zeit des Kampfes um die Novelle zum Zollgefeß mehrfach mit den Publikationen des Berliner  Privatdozenten Dr. Kurt Ritter beschäftigt. Während alle namhaften Nationalökonomen sich gegen die agrarischen 3ollpläne wandten, hat Ritter der Agrarzollpolitik das wissenschaftliche" Rüstzeug geliefert. Auf dem Titel seiner Schriften bezeichnete er sich nur als Dozent, verschwieg aber, daß er zugleich Beamber der Preußischen Haupt landwirtschaftstammer ist

Die Bereinigung der Sozial- und Birt fchaftswissenschaftlichen Hochschullehrer hat auf ihrer Generalversammlung in Jena   aus Anlaß des Falles Ritter folgende Entschließung gefaßt:

1. Die wissenschaftliche Erforschung der volks- und weltmissen­fchaftlichen Zusammenhänge auf den deutschen   Hochschulen ist mehr als je zuvor eine nationale Lebensnotwendigkeit. Die Mitwirkung fozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Hochschullehrer in der wirt fchafts- und sozialpolitischen Bragis ist nicht nur im Intereffe dieser Praxis, sondern auch des wissenschaftlichen Fort schrittes gelegen.

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2. Mit dieser Aufgabe ist aber die Abhängigkeit des Hochschullehrers wirtschaftlichen Inter effenten und Intereffenverbänden mögen fie öffent­lich oder privatrechtlich organisiert fein nicht vereinbar. Sie ist geeignet, das Bertrauen in die Objektivität der Forschungs­arbeit zu erschüttern.

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Das Zusammenarbeiten mit Bertretern der sozialen und wirt­schaftlichen Pragis fann günftige Ergebnisse nur dann erzielen, wenn es in voller Unabhängigteit, bei ausreichender Bertraut heit auch mit den rechtlichen privatwirtschaftlichen und technischen Seiten der Fragen und entsprechender Entlastung von lehramtlichen Berpflichtungen erfolgt.

Angesichts der Berarmung großer Teile des gebildeten Mittel­standes und der damit verbundenen Gefahr, in unerwünschte Ab­hängigkeit zu geraten, liegt es im öffentlichen Interesse, tüchtigen jungen Dozenten der Wirtschaftswissenschaften in dieser ihrer Eigen schaft Einkünfte zuzuwenden, die sie vom Zwange zur Uebernahme von Interessenvertretungen und ähnlich gearteten Stellungen be­freien.

Die Standesehre verlangt von allen Hochschuldozenten, daß fie bei allen Beröffentlichungen, die das Intereffengebiet einer ihnen auftraggebenden interessierten Stelle berühren, ihr Berhältnis zu dieser Stelle fenntlich machen. Sollten dahingehende Verbote ergehen, so dürfen fie als der Standes. ehre widersprechende Zumutung nicht befolgt werden.

3. Die Bereinigung begrüßt die bei der Umgestaltung des Reichswirtschaftsrates bestehenden Absichten, der Wirtschaftswissen fchafts eine größere Geltung einzuräumen; fie wird fich für deren volle Auswirkung einsetzen. Sie befürwortet, ihr ein Vorschlags recht zu verleihen, da es im Reichswirtschaftsrat nicht darauf an­tommt, eigene Intereffen der Hochschullehrerschaft zu vertreten, son dern der der Wirtschaftswissenschaft angemessenen Einfluß zu sichern. Die obige Entschließung wird hierdurch bekanntgegeben. Riel, im Dezember 1925.

Dr. Studen, Schriftführer.

Dr. Harms, Borsitzender.

Die Entschließung ist heute von besonderem Interesse, da durch den begründeten Vorwurf der Korrumpierung von Wissenschaft und öffentlicher Meinung gegen die Vereinigung der deutschen   Arbeitgeberverbände die Aufmerksamkeit auf die bei manchen Stellen allzu leichtfertig gehandhabte Bermengung von Wissenschaft und Intereffenvertretung gelenkt worden ist.

Zum Fell Hoefle.

Vergleich zwischen der Witwe und dem Preußischen Staat Wie der Reichsdienst der Deutschen Bresse erfährt, ist am 7. Dezember zwischen der Witwe des verstorbenen Reichsminifters Hoefle und dem preußischen Fistus ein Bergleich

ich unaufhörlich das Wispern der suchenden Flügel gegen die Wände wie die leise schauerliche Sprache der Berzweiflung.

So war in meinem Zimmer mitten im Dezember der Sommer ausgebrochen und mußte sterben. Ronnte ich ihn nicht erretten? Deffnete ich dem Gauleinden die Fenster, verfiel er dem Tode durch Frost. Ließ ich ihn aber im Gefängnis des Zimmers, verdorrte et unter der giftigen, falschen Sonne, bei den höhnischen Blumen des Teppichs. Bu früh war der Schmetterling in das Leben hinein geraten, so wie Menschen in ein falsches Zeitalter hineingeboren werden, in dessen Luft sie mit vergiftetem Herzen, immer nach der Sehnsucht ihres wirklichen Lebens, umherirren.

Am nächsten Morgen sah ich den Schmetterling im gläsernen Lüfter des Kronleuchters flattern, mitten zwischen den regenbogen­farbigen Brismen, die gleich riesigen Tautropfen hinabriefelten. Dort hing er wie in einem verzauberten, zu Glas erstarrten Regen, nach dessen erfrischendem Duft er sich vielleicht sehnte. Müde des Spiels, tödlich ermattet, troch er geben Mittag, als die talte Sonne des Wintertages gegen die Fenster prallte, an den Scheiben hoch. Er froch, der schwebende Schmetterling, troch, wieder zur Raupe geworden, in die Kindheit seines Daseins verwandelt. Die Flügel eingefaltet, schlug er mit dem winzigen schwarzen Kopf gegen die Scheiben, als wollte er sich zerschmettern. Den leichteren Tod für ihn wählend, öffnete ich mit einem Rud das Fenster. Erlöst entwich ber Schmetterling. Der Sommer ftob hinaus. Mein Zimmer hatte fich plöglich verdunkelt.

Theologenschwund.

Nach dem foeben erschienenen firchlichen Jahrbuch für die deutschen   evangelischen Landeskirchen von 1925( Seite 123 ff.) nimmt die Zahl der Theologiestudierenden felt bem Krieg start und stetig ab. Während im Sommersemester 1914 noch 4263 junge Leute auf Deutschlands   hohen Schulen evangelische Theologie studierten, fant diese Zahl im Sommersemester 1920 auf 3549 herunter und ver fleinerte fich jedes Jahr weiter: 3342, 2990, 2541, 2045, um schließ lich im Wintersemester 1924/25 die Zahl 1835 zu ereichen. Der Pfarrermangel", schreibt das Jahrbuch, steht mun unmittelbar vor

der Tür".

Aber nicht bloß die evangelisech Kirche hat über den Rückgang bes theologischen Nachwuchfes zu flagen, auch die fatholische Kirche stellt ,, die bedauerliche Tatsache fest, daß die Zahl der Theologie studierenden in Deutschland   in der legten Zeit stetig abgenommen hat". So ist zu lesen in dem Kirchlichen Handbuch für das fatho. lische Deutschland, 12. Band, für 1924 und 1925", bas im Sommer 1925 erschienen ist. Zum Beweis dafür sind die Zahlen der Patho­lischen Theologiestudierenden für die Jahre 1920 bis 1923 mitgeteilt; für 1924 und 1925 find fie noch nicht ermittelt. Sie lauten: 3443, 3423, 3161, 2898. Daß die Zahl fogar bis unter 3000 gefunten ist, ift jebenfalls ein bedenkliches Zeichen. Wenn man freilich die Lage der evangelischen Kirche zum Vergleich heranzieht", fährt der Ber faffer, Hermann A. Krose S. 3. in Bonn  , triumphierend fort, fteht es mit dem theologischen Rachwuchs in den tatholischen Dözesen noch

unterzeichnet worden. Angesichts der Feststellungen des preußischen Untersuchungsausschusses und der Rolle, die das Gefängnispersonal bei dem Hinscheiden Dr. Hoefles gespielt hat, ist Frau Dr. Hoefle für ihre eigene Person eine lebenslängliche jährliche Renie von 3000 mart zugesprochen worden. Diese Rente erlischt im Für die drei Falle einer Wiederheirat der Frau Dr. Hoefle. minderjährigen Kinder erhält Frau Dr. Hoefle außerdem durch den unterzeichneten Vergleich eine Jahresrente von 600 Mart für jedes der Kinder, die bis zum 18. Lebensjahre ausgezahlt werden soll. Im Namen der Erben des verstorbenen Reichsministers ist der Ver­gleich von Frau Dr. Hoefle und Herrn Generaldirektor Hermles als threm Beistand unterzeichnet worden.

Ein neues Arbeiterheim. Ferienerholungsheim Friedrichroda  .

Friedrichroda  , 28. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Durch die viel erörterte Entscheidung des Reichsgerichts, die ja der Anlaß zur Fürstenabfindungsdebatte geworden ist, wurde das der Ferien­heimgenossenschaft vom Lande Thüringen   auf 20 Jahre verpachtete Schloß Reinhardtsbrunn dem Gothaer   Herzog neben un­zähligem Geld und Gut zugesprochen. Die Ferienheimgenossenschaft mußte daher, um ihren guten Ruf aufrecht zu erhalten, in derselben herrlichen Waldgegend ein neues heim für ihre Anhänger, aus­schließlich freigemertschaftliche Arbeitnehmer, fuchen. Das ist ihr unter großen Opfern glänzend gelungen. Die neuen Gebäude in Friedrichroba bieten 120 Personen bei jeder Bequemlichkeit Raum für Sommer- und Winterfrische. Weihnachten übergab der Borsitzende der Ferienheimgenossenschaft das Heim den zahlreichen aus Mitteldeutschland  , Sachsen  , Thüringen   und Hessen   erschienenen Genossen. Der Arbeitergesangverein Friedrichroda   gab dem Fest eine schöne Bethe. Mit dem zu Eigentum erworbenen Besitz hat sich die Arbeiterbewegung ein neues, schönes Denkmal gesetzt.

Das Unrecht an Wandt.

Ein belgischer Zenge über den Landesverrat. Aehnlich wie im Fall Fechenbach stellt sich jetzt im Fall des Journalisten Heinrich Bandt, der wegen Landesverrats" zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, heraus, daß gar nichts

verraten werden fonnte, weil die in Betracht kommenden Aften bereits bekannt waren. So erflärte foeben der belgische Schriftsteller Bullus dem Brüsseler Vertreter der Frank­furter Beitung" gegenüber, daß seine entsprechenden Beröffent lichungen schon vorher in dem ersten von ihm publizierten Schwarz­

buch Ende Juli 1920 erschienen find, bevor sich Wandt das Dokument Debeuckelsere aus dem Reichsarchiv   verfchafft haben soll. Bullus erflärte fich gegenüber dem Bertreter der Frankfurter Zeitung  " bereit, auf Ersuchen des deutschen   Juftizministers vor einem belgischen Richter die Unschuld Wandts eidlich zu bezeugen. Wann wird das Reichsgericht, das wie die meisten deutschen Gerichte von der Landesverratsmanie befallen ist, auf ble Stimme des Gewissens und der Gerechtigkeit hören? Wird es jetzt endlich die erforderlichen Schritte tun, um über den Fall Bandt restlose Klar heit zu schaffen, oder soll das Fehlurteil des Reichsgerichts be stehen bleiben? Sechs Jahre Buchthaus für die angebliche Mit­So drakonisch teilung von Dingen, die bereits bekannt waren! fann die deutsche Justiz rechtsprechen, dieselbe Justiz, die rechts­stehende Berbrecher, Leute wie Kapitän Ehrhardt mit Sammet pfötchen anfaßt.

Am Verfaffungstage 1925 Batte Raufmann Sonapp, als er angegriffen tourde, ben Frontbannmann Dölle getötet. Da die Boruntersuchung ergab, daß es sich um einen Ali ber Not­mehr handelte, ist das Verfahren gegen Schnapp jetzt eingestellt

woorden.

Zentrumstagung am 10. Januar. Die schon angekündigte ge­meinsame Sigung der Zentrumsparteileitung und der beiden Frat­tionen von Reichstag   und Preußischen Landtag ist nunmehr auf den 10. Januar einberufen worden. Die Tagung soll die Frage der Regierungsbildung besprechen und der Zentrumsforderung nach der Großen Koalition Rachorud geben.

| günstig. Deren Zahl fant ja bis unter 2000 herunter, während mindestens 4000 Studierende der evangelischen Theologie erforderlich find, um den Nachwuchs zu sichern. Auch die fatholische Kirche muß eine Durchschnittszahl von 3500 bis 4000 Theologiestudierenden als erforderlich ansehen, und deshalb reicht die gegenwärtige Zahl noch nicht einmal hin, den Abgang zu ersezen".

Besuch ab. Es gastiert gegenwärtig im Deutschen   Künstler­Das ruffische Ballett Diaghilew   ftattet uns jetzt alljährlich feinen theater. Brachte an den ersten Abenden drei Novitäten. Zunächst einen Einafter, der den unmotivierten Titel Die Rehe" führt, und durch schönfarbige Bühnenbilder( nach Entwürfen der Marie Laurencin  ) und ein persönlich stilvolles Solo der Remtschinova erfreute. In den fünf Bildern der Matrofen" glänzte neben Der Remtschinova die fabelhafte Technik der gelenf und knochen­lofen Gummimänner Woizitopfty, Slawinsty und ifar. ,, Der Puppenladen" hieß die Novität des zweiten Abends. nüsse: eine Tarantella, eine Mazurka, ein Cancan. In den Szenen Gine Groteste im Kostüm der 1860er Jahre. Höhepunkt der Ge­moderner Tanzoramen wird tiefstes ernstes oder feinstes heiteres Seelenerleben durch rhythmische Körperbewegung gestaltet. Im Ballett geben geift- und reizlose Schwanthandlungen den Barwand zur Probuftion afrobatischer Künste. Troß großen redlichen Mühe. aufwands und technisch ftaunenswerter Leistungen bleibt alles auf dem Niveau flacher Amüsierkunft. Die Ueberreste der zaristischen Hofbühne versuchen das alte Ballett zu retten, indem fie fein äußeres Bild modernisieren. Pariser Expressionisten schaffen Dekorationen und Kostüme, Pas und Rhythmen neuester Gesellschaftstänge merden. in die Balletsprünge verflochten. Aber der Tote wird nicht lebendig. Der Verwefungsgeruch nimmt zu. Je mehr wir uns in die neue Tanzkunst einleben, desto fataler empfinden wir die Ausdrucks­armut dieser Soli, die nur verblüffen, die choreographische Phantasie­fofigkeit und mangelnde Afturatesse dieser Ensembletänze, die nur das Auge blenden, die Sinne betäuben wollen. Das Ballett ist nicht zu retten. Aber vielleicht tönnen Einzelbestandteile seiner Technik für den modernen Tanz fruchtbar gemacht werden und hier zu be J. S. lebender Ausgestaltung mitwirken. Vielleicht.

Herweghs Lebensreffer. In dem oberbabischen Ort Karsan( Amt Baldshut) wurde am 13. Dezember der einundneunzigjährige Lud wig Bannwarth zu Grabe getragen. Mit seiner Person war die Erinnerung an eine Episode aus der großen Freiheitsbewegung der achtundvierziger Jahre verknüpft. Nach dem unglücklichen Ge­fechte der Herweghfchen Legion gegen die Württemberger bei Doffen bach floh Herwegh   mit seiner Frau nach Karfan zu und traf auf dem Getreidefelde zu verbergen, und ihnen später Unterschlupf in feinem Felde einen Bauern, der den beiden Flüchtlingen riet, sich in seinem Hause gewährte und sie dann mit seinem Holzfuhrwert über die Rheinfelder Brücke schaffte, obwohl diese von einer halben Kom­pagnie Württemberger bewacht wurde. Der Verstorbene war der Sohn jenes Bauern und war feinem Vater bei der Lebensreitung des Freiheitskämpfers und feiner Frau behilflich gewesen.

Meffalinette von heute an um 8 Uhr; die Silvestervorstellung beginni Jm Berliner   Theater beginnen die Aufführungen der Bromme- Dbereite um 7% Uhr.