Abendausgabe
Nr. 843. Jahrgang Ausgabe B Nr. 4
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10 Pfennig
6. Januar 1926
Vorwärts=
Berliner Volksblatt
Berlag und Anzeigenabteilung: Geschäftszeit 9-5 Uhr
Verleger: Borwärts- Verlag GmbH. Berlin Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-29T
Immer mehr Verhaftungen.
Budapest , 6. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Auf Grund eines umfassenden Geständnisses, das der verhaftete Prinz Windischgrät am Dienstag abend über die Notenfälschungen und die daran beteiligten Persönlichkeiten abgelegt hat, wurden noch im Laufe des Abends zahlreiche Berhaftungen vorgenommen. Es handelt fich zum Teil um politisch sehr hoch stehende persönlichkeiten. So wurde furz vor Mitter nacht bekannt, daß der Landespolizeichef n adoffy auf Anordnung der Staatsanwaltschaft verhaftet und ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden ist. Die Verhaftung war die Folge einer eineinhalbstündigen Unterredung, die der Innenminister mit dem Gleichzeitig wird bekannt, daß der in Holland verhaftete Oberst Jantowitsch vor den holländischen Behörden ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, fodaß die holländischen Polizeibeamten nicht weniger als 40 hoch gestellte Persönlichkeiten Ungarns namhaft machen konnten, die an der Geldfälscheraffäre
Polizeidirektor gehabt hat.
beteiligt sind.
Der französische Budapester Gesandte in Paris . Paris, 6. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag t der französische Gesandte Clinchaut in Budapest in Paris eingetroffen. Seine unerwartete Ankunft wird in Verbindung gebracht mit der ungarischen Fälschung französischer Banknoten. Bom französischen Auswärtigen Amt wurde am Dienstag abend erklärt, daß auf Grund der Berichte der französischen Vertreter im Ausland bisher die Herstellung von 20 millionen falscher franzöfifcher
Banknoten festgestellt werden konnte.
Prag , 6. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Die ungarische Geldfälscheraffäre hält nach wie vor die tschechoslowakische Deffentlichkeit in Erregung. Die Prager Presse", eines der Organe des Außenministers Dr. Benesch, erklärt: Wenn in Ungarn die Moral
Die Verhaftung des Erzberger - Mörders.
Nachforschungen der Berliner Kriminalpolizei. Auf die Meldung der österreichischen Behörden, daß in Bad Auffee vermutlich einer der Mörder Erzbergers, Heinrich Schulz , verhaftet worden sei, haben, wie wir erfahren, heute die deutschen Behörden ihrerseits alles getan, um fofort festzustellen, ob der in Auffee Festgenommene mit dem Besuchten auch wirklich identisch ist. Die Strafverfolgung von Schulz und Tillessen ist seinerzeit bekanntlich durch die Staatsanwaltschaft Offenburg vorgenommen worden, die zuständig war, doch haben sich zahlreiche Bolizeibehörden, besonders die Berliner Polizei, mit der Angelegenheit beschäftigt.
Sollte, was noch im Laufe des heutigen Tages zu erwarten ist, von den österreichischen Behörden eine genaue, nach dem internationalen Meßverfahren hergestellte Beschreibung des Verhafteten eintreffen und diese bestätigen, daß man es mit Schulz zu tun hat, so werden wahrscheinlich deutsche Beamte nach Bad Auffee entsandt, um dort auf Grund der den Behörden zur Verfügung stehenden Photographien Vergleiche anzustellen.
Um Luppes„ Meineid".
Nürnberg , 6. Januar. ( WTB.) Wie die Nürnberger Zeitung" meldet, ist in Zusammenhang mit der gegen Oberbürgermeister Dr. 2uppe eingeleiteten Voruntersuchung auch gegen Oberinspektor 3apf das Borverfahren wegen Meineides eingeleitet worden. Oberinspektor Zapf sei einstweilen vom Dienst suspendiert
worden.
Hilfe für Hochwasserschäden.
Eine sozialdemokratische Aktion. Köln , 6. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Die sozialbemofratischen Landtagsabgeordneten Haas, Frau Kirschmann- Röhl, Fries, Kleinmeier, Berten, Lewerenz und Meyer- Solingen haben im Breu Bischen Landtag folgende große Anfrage eingebracht:
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3um dritten Male seit dem Jahre 1920 wurde das Rheinland in ben letzten Tagen von einem furchtbaren Hochwasser heim gesucht. Unzählige Gewerbetreibende mußten ihre Geschäfte und Betriebe schließen. 50000 Arbeiter wurden arbeitslos. Vielen kleinen Leuten wurde ihr ganzes Hab und Gut vernichtet. So weit sich der Schaden bisher übersehen läßt, beträgt er mindestens 30 Millionen Mart. Gemeinden, Kreise, Städte und Provinzen haben noch schwer zu tragen an den Lasten des Hochwassers von 1924, bei dem der Schaden über 18 Millionen Mart betrug und sind daher nicht in der Lage, die so notwendige schnelle Hilfe im genügenden Maße zu bringen.
Unter Berücksichtigung der schon acht Jahre andauernden Besegung des Rheinlandes, des verflossenen Ruhrtampfes, und der so besonders starten wirtschaftlichen Krise im Rheinland erfuchen wir die Staatsregierung dringend, schnellstens größere Geldmittel zur Linderung der furchtbaren Not zur Berfügung zu
stellen.
Ferner fragen wir die Staatsregierung, ob sie bereit ist, auf die Reichsregierung einzuwirken, daß 1. auch diese größere Beträge zur Linderung der Not zur Verfügung stellt, und 2. daß das Reich gemeinsam mit den Ländern größere Mittel aufbringt, um für bie Zukunft alles zu tun, damit die Hochwassergefahr vermindert wird.
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Wie und wo gesport wird.
Sparsamkeit und bürgerliche Parteien.
,, Nur die Arbeit tann uns retten" war in den Jahren nach dem Zusammenbruch das Losungswort der deutschen herrscht, daß aus patriotischen Beweggründen jebes Verbrechen Wirtschaftsführer", die sich damals noch im Glanz ihrer kaum bestrittenen Autorität sonnen fonnten. Zwar mußten alle statthaft ist, dann ist Ungarn in den Augen der übrigen Welt ein Sozialpolitiker, ja selbst ehrliche Unternehmer zugeben, daß 3nfettionsherd geworden, und der Schuß der eigenen Inter die deutsche Arbeiterschaft überraschend schnell die innere und effen gebietet allen Nachbarn größtes Mißtrauen, größte Borsicht, äußere Unraft überwunden hatte, die aus dem fürchterlichen aber Entschlossenheit im Handeln. Es gilt nicht nur mit Geldfälschern, Dieben und Hehlern fertig zu werden. Das ist Sache der Erleben der Kriegs- und Nachkriegszeit naturgemäß entstanden war. Aber die Unternehmer als Klasse hatten erkannt, daß Bolizei. Es gilt jeßt die Anstifter, die politischen Hintermänner mit diesem Losungswort auf Kosten der Arbeiter zu faffen. Es ist zwölf: Herunter mit den Larven! Das Prager mit Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitslohn Tagblatt" erklärt, daß das tschechisch- ungarische Verhältnis eine Geschäfte zu machen waren, und so wurde das Verzarte Pflanze ist, die gehütet sein will und solche Anstöße nicht verlangen nach Mehrarbeit als der Weisheit letzter Schluß zu trägt. Dringend zu wünschen wäre, daß der Falschmünzersfandal einer Zeit noch erhoben, als die Arbeitsintensität längst wievor dem Abgleiten in politische gefährliche Regionen bewahrt bleibt. Reine Rüdsicht auf noch so hochstehende Personen darf dabei der die frühere geworden war und drohende Zeichen der nahenden Krisis schon bemerkbar wurden. maßgebend sein. Der Sozialbemotra t" schreibt: Alle Sehnsucht der ungarischen Magnaten geht nach der Wiedererlangung des Verlorenen. Da sie erhoffen, dieses Ziel durch die Errichtung der Berlorenen. Da fie erhoffen, dieses Ziel durch die Errichtung der der Banden von entlassenen Offizieren Staatsstreiche zum Zwede der Monarchie zu erreichen, haben sie schon wiederholt unter Mitwirkung Einsegung eines Monarchen inszeniert, die aber stets mißlangen. Jetzt sollte ein neuer Versuch unternommen werden, und eben dazu war unter Mithilfe ungarischer Regierungsfreise ein Großbetrieb zur Herstellung gefälschter Banknoten errichtet worden. Politik und Verbrechen, beiben ergänzen sich in dem Lande Horthys. Die inter . nationale Welt wird nun wohl erkennen, welche Gefahr diefe auf Terror und Gaunerei gegründete Herrschaft des ungarischen Magnatentums bedeutet. ,, Narodni Osvobo. 8eni, das Blatt der Legionäre, fagt, weder Graf Apponyi , noch Gerechtigkeit belehren tönnen. Die Welt gebe auf Ungarn Dbacht und werde den Ungarn selbst die nötigen Lehren erteilen.- Ceste Globo erflärt, daß die Intervention des Bölterbundes gegen Ungarn nötig sei. Die Tschechoslowakei fönne nicht ruhig bleiben neben einem so unverläßlichen forrumpierten Element, wie es Ungarn ift.
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Die Zuftimmung der Wirtschaft zur Umsatzsteuer. Paris , 6. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Der Verband französischer Industrieller und Raufleute billigt in einer Ent schließung die in der Finanzvorlage Doumers vorgesehene außer ordentliche Abgabe von 1,2 Broz auf alle Bertäufe und Sahlungen. Diese Abgabe, die nichts anderes als eine verlappte Berdoppelung der Umsatzsteuer darstellt, bildet bekanntlich das Kernstück des Finanzprogramms Doumers. Dagegen for dert die Entschließung eine Beschränkung in der Ausdehnung der Umfassteuer auf die bisher von ihr befreiten Ausfuhr
waren.
Die Beratung der Finanzgefeßentwürfe Doumers, beren Tert wird am Montag beginnen. am Dienstag in der Finanzkommission zur Berteilung gelangt ist,
Times" für aktive Balkanpolitik.
Aller Warnungen zum Trotz segten unsere Wirtschaftsführer" ihre nadten Profitintereffen höher als die Interessen der Boltswirtschaft. Heute ist Blödesten klar. Heute schreien Millionen Deutscher nach Arder Zusammenbruch dieser Wirtschaftspolitik auch dem beit und Brot, und heute sehen unsere Unternehmer die einzige Rettung in der Verweigerung von Arbeit und Brot und in der äußersten Sparsamkeit der öffentlichen Wirtschaft gegenüber den beklagenswerten Massen, die die private Wirtschaft aufs Pflaster geworfen hat. Man spricht das selbstverständlich nicht so offen aus. Man gibt vor, größte Sparsamfeit in allen Ausgaben der aber in der Hauptsache gespart nur da, wo die öffentlichen Wirtschaft zu verlangen. In Wirklichkeit wird pfer der privaten Wirtschaft in Frage tom men.
führen, hat sich vor kurzem in Berlin ein„ Kuratorium für Um das Sparen" gründlich und systematisch durchzu Spar- und Vereinfachungsmaßnahmen" aufgetan, dessen Zu= führen, hat sich vor kurzem in Berlin ein Kuratorium für fammensetzung für sich allein schon bezeichnend ist. Borsitzende find: Herr Saemisch, Staatsminister a. D., Präsident des Rechnungshofes und Sparkommissar, der mit den früheren, von fozialdemokratischen Ministern verabschiedeten Staatssekretären Dr. Busch und Lewald die sogenannte Rachetommiffion" zum Abbau republikanischer Beamten bildet, sowie Herr v. Loebell, der bekannte Bürgerblockmann von der Reichspräsidentenwahl. Als Mitglieder werden u. a. aufgeführt: Herr Dr. Jarres, der beste deutsche Mann, Dr. Busch, Dr. Cuno, die Präsidialmitglieder des Reichsverbandes der deutschen Industrie Rast und Krämer, die Parlamentarier Prof. Bredt, Dr. Dern burg, Sepp, Dr. Rulentampff, v. Lerchenfeld, Dr. Riesser, Dr. Stegerwald. In der von dem Kuratorium herausgegebenen Programmschrift: Raab ,,, Wege zur Steuerermäßigung", finden sich neben Forderungen, denen die Sozialdemokratie schroff widersprechen muß, auch solche, Die von jeher zum sozialdemokratischen Programm gehört haben. Aber gerade die Parteien, aus deren Reihen sich das Kuratorium ausschließlich zusammenfeßt, haben unseren Anträgen stets den stärksten Widerstand geleistet.
Der der Summe nach größte Etat ist der des allgemeinen Penfionsfonds. Er schließt ab mit einem Betrage von 1555 485 000 m. Wenn irgendwo, tönnte hier sehr erheblich gespart werden. Die SoOffiziere und höheren Beamten, die vom Staat große Penfionen beziehen und daneben noch Einnahmen aus eigenem Bermögen oder gewinnbringender Beschäftigung haben, eine entsprechende Kürzung ihrer Penfionen erfahren müßten. Auf unser Betreiben wurde ein solches Gesetz( Pensionstürzungsgesetz) vom Reichstag beschlossen. Die Berkündung konnte nicht erfolgen, da es als ein verfassungsänderndes Gesetz angesehen wurde und die notwendige weidrittelmehrheit nicht erreicht worden war. Jeßt nimmt Dr. Na a b in seiner oben erwähnten Programmschrift die Forderung der Beschneidung der Bezüge aller derer, welche vom Staat leben, ohne entsprechendes für ihn zu leiſten oder zu eigener Leistung unfähig geworden zu sein" wieder auf. Werden jetzt die Rechts parteien gewillt sein, mit uns die Berwirklichung solcher Pensionstürzungen durchzusehen?
Für ein Balkan - Locarno als Gegenzug gegen Tschitscherin London, 6. Januar. ( EP.) Während sich die britische Baltan politik bisher darauf beschränkte, in den verschiedenen Baltanzialdemokratie ist auch stets dafür eingetreten, daß all die Hauptstädten darauf hinzuwirken, daß ein Locarno auf dem Baltan gewissermaßen von innen heraus aus den Wünschen der Balkanvölker sich ergeben sollte, tündigen die„ Times" heute eine neue Phase der Entwicklung an. Es sei nicht genug damit, daß die Außenminister Westeuropas sich mit dem bloßen Wunsche begnügten. Die verworrenen Verhältnisse auf dem Balkan gäben jezt zu der Hoffnung Anlaß, daß die Staatsmänner Westeuropas selbst Anstrengungen machten, eine Bereinbarung zwischen ben Balkanvölkern zustande zu bringen. Es ist bezeichnend, daß das Blatt die Notwendigkeit zu einem folchen Schritte wieder mit dem Borgehen der russischen Außenpolitit begründe. Die un ruhigen Verhältnisse auf dem Balkan fönnten nicht ohne Wirkung auf die auswärtige Politif bleiben. Rumänien sei wegen der beffarabischen Frage antirusfisch eingestelli. Griechenland neige zu dem faschistischen Italien hin. Besonders beunruhigend feien aber die Absichten Jugoslawiens , welches eine antiitalienische und eine bulgarenfeindliche Tendenz zeige.
Eine Antwort auf diese Frage wie überhaupt auf die Deshalb hätten Tschitscherin und Tafik Ruchdy Ben sich dieses Frage, wo und wie die bürgerlichen Parteien zu sparen beabsichtigen, gibt die bevorstehende Land zu einem diplomatischen Borstoß ausersehen. Dezterer babe britte Beratung des Etats für 1925. Zu dieser Beratung pofitive Vorschläge zu einer türkisch- jugoslawischen Koa. ition in Baltanangelegenheiten gemacht. Tschitscherin habe offen liegen jetzt bereits 52 Anträge und Entschließungen vor. Bon diefen hat der Sparausschuß, in dem alle Parteien vertreten seinem Wunsche Ausdruck gegeben, die Balkanmächte von ihrer Ab sind und der seine Beschlüsse meistens einstimmig faßt, 12 gehängigkeit zu den Beſtmächten zu befreien. Er beabsichtige, die ftellt und darin neben einigen Erhöhungen auch sehr erhebvorhandenen Gegensäge auf dem Balkan so auszunuzen, daß eine gemeinsame Aktion der Ballanstaaten gegen die Türkei , wie fie liche Abstriche verlangt. Von den verbleibenden 40 Anträgen find nur zwei von der Sozialdemokratie geetwa unter dem Artikel 16 des Bölkerbundsstatuts möglich sein ftellt. Diese zwei enthalten aber feine Geldforderungen. fönnte, unmöglich werde. Eine solche Lage könnte das Ansehen des Alle übrigen mit nur noch einer Ausnahme ver Völkerbundes auf das ernſteſte gefährden. Daher müßten die Außen- langen die Einjeßung neuer oder die Erminister Westeuropas die Gefolgschaft des Balkans unter den Böller höhung bisheriger Bewilligungen. bund in Form eines Baltan Locarno , sicherzustellen fuchen. 24 Anträge betreffen ben Etat des Minifteriums für Ernähshid much sidrung und Landwirtschaft. Allen Parteien voran, wird in den nächsten Tagen ihre Gesamt demiffion einreichen. Bor der Ausschiffung Matajas. Die österreichische Regierung nicht nur in der Zahl der Anträge, sondern auch in der Höhe der Forderungen, steht die Deutschnatio Die Neubildung wird der bisherige Bundeskanzler Ramet über- nale Boltspartei, bie, mie die Deutsche Boltspartei, nehmen. Der Außenminister Dr. Mataja dürfte nicht mehr in fich nicht scheut, im materiellen Interesse der bas Außenamt zurüdtehren. hinter ihr stehenden zeise im größten Aus
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