Nr. 21 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 11
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Donnerstag, den 14. Januar 1926
Das Kabinett der Mitte.
Die Demokraten beteiligen sich.
eber die Verhandlungen zur Bildung der neuen Regie-| Dr. Luther empfangen. Die Wirtschaftliche Bereinigung rung meldet BdZ. : lehnte die Aufforderung, in das Kabinett einzutreten, angeblich wegen des Gesetzes über den Preisabbau und nach dem scharfen Widerspruch des Handwerks gegen dieses Gesez a b. Die Partei will sich wahrscheinlich dem neuen Rabinett gegenüber neutral und abwartend verhalten.
Die demokratische Reichstagsfraktion nahm am Mittwoch abend den Bericht des Parteivorsigenden Roch über feine Unter redung mit dem Reichspräsidenten entgegen. Die Fraftion stellte fich nach eingehender Debatte einmütig auf den Standpunkt, daß die Demofraten sich nach dem Versagen der Sozialdemokraten an dem Kabinett der Mitte beteiligen müssen. Es wurde betont, daß die Demokraten sich nicht so leicht der Verantwortung entziehen dürften wie die Sozialdemokraten und seinerzeit die Deutschnationalen. Um Schlimmeres zu verhüten, müßten die Demokraten in das neue Kabinett der Mitte hineingehen. Es wurde in der Fraktionsfigung weiter gefordert, daß die Regierung Luther eine klare Stellung zur Fürstenabfindung einnehmen müsse. Es wurde der Wunsch ausgesprochen, daß bei der programmatischen Erklärung der neuen Regierung die bekannten Rochschen Richtlinien weitgehend berücksichtigt werden möchten. Auch die Reichstagsfraktion des 3entrums hat sich gestern abend in mehr als dreiftündiger Fraktionssigung mit der politischen Lage beschäftigt. Zu einer Beschlußfaffung gelangte die Fraktion jedoch noch nicht, sie macht vielmehr ihre Entscheidung von dem Ausfall der Berhandlungen über die fachlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Zentrumsmitgliedern in das Rabinett abhängig; mit diesen Verhandlungen ist der Fraktionsvorsigende Fehren bach beauftragt worden, der sich morgen zu diesem Zweck zu Herrn Dr. Luther begeben wird Danach gedenkt die Fraktion endgültig Ihre Entschließung faffen zu fönnen.
Am Mittwoch sind bei den Besprechungen Dr. Luthers mit den Parteiführern Personalfragen noch nicht berührt worden. Erft soll die grundsätzliche Bereitwilligkeit der Fraktionen herbeigeführt werden. Die Erörterung der Personalfragen ist dem Donnerstag vorbehalten.
Bon der Wirtschaftlichen Bereinigung wurden die Abgeordneten Dr. Bredt und Drewiß von
Die Unterstützung der Fememörder.
Untersuchungsausschuß im Landtag. Wie wir hören, bereitet die sozialdemokratische Fraktion im Preußischen Landtag einen Antrag vor, der unter Bezug nahme auf die Mitteilungen des Polizeipräsidiums über die Unterstübung des Fememörders Schulz burch die Bereinigung der deutschen Arbeitgeber perbände die Einfeßung eines parlamentarischen Unter suchungsausschusses verlangt.
Auch im Reichstag wird ein Untersuchungsausschuß über das Gesamtgebiet der Fememorde erwartet.
Die Mitteilungen des Polizeipräsidiums über die Beziehungen der Arbeitgebervereinigung zu dem Fememörder Schulz und zu dem Christlichen Landarbeiterverband fallen Jogar einem so unternehmerfreundlichen Blatt, wie der ehemals Stinnesschen D. A. 3.", auf die Nerven. Dort ist nämlich jezt zu lesen:
Der Bericht des Polizeipräsidiums über ein Darlehen, das aus diefer Bereinigung( der Arbeitgeber- Berbände) über eine Landarbeiterorganisation zur Unterstützung einer rechtsradifalen, gefehwidrigen Aftion gefloffen ist, gibt uns erneut Beranlassung, diese Art einer industriellen Propagandapolitik, die hart an die Grenzen von Korruption grenzt, aufs schärfste zurückzu. weisen. Die Arbeitgebervereinigung hat die Aufgabe, die sozial politischen Interessen des Unternehmertums zu vertreten, damit verträgt sich auf teinen Fall eine enge Berquidung mit bestimmten parteipolitischen Zweden, wie sie von den Kreisen um ben als Fememörder verdächtigten Schulz erstrebt werden. Die Arbeitgeber vereinigung fann ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie in ehr licher Arbeitsgemeinschaft zu ihrem sozialen Gegenspieler, der Arbeitnehmerschaft und deren organisatorischen Vertretern steht. Das wird aber weder durch eine etwas dunkle„ Propaganda" noch durch die finanzielle Berpflichtung einzelner Arbeiterorganisationen - wie sie nach Aussage eines Geschäftsführers beabsichtigt warerreicht. Wir wissen wohl, daß die Tätigkeit der Propagandaabteilung der Arbeitgebervereinigung von der überwiegenden Mehrheit des Unternehmertums, ja selbst von den meisten Mitgliedern der Vereinigung teineswegs gebilligt wird; auch daß der Bropagandachef die kritisierten Darlehnsverhandlungen auf eigene Gauft geführt hat, wenn auch der Leitung eine gewisse Schuld daran nicht abzusprechen ist, daß es überhaupt zu dieser Entwicklung fommen fonnte. An den Vorgängen ist aber die gesamte Industrie nicht zuletzt der Reichsverband der Induftrie erheblich interessiert, da die notwendige scharfe Trennung zwischen den schuldigen Bersönlichkeiten und der übrigen Arbeitgeber schaft von der Deffentlichkeit und der Arbeiterschaft nicht immer borgenommen wird. Es genügt daher nicht, daß jetzt der Hauptbeteiligte in aller Stille verschwindet. sir erwarten, daß eine deutliche Erklärung die gewünschte
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Aufklärung schafft.
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Die für Mittwoch abend vorgesehene Fraktionssigung der Deutschen Boltspartei wurde auf Donners. tag nachmittag vertagt.
Das„ Berliner Tageblatt" meldet in seinem Bericht über den Empfang der Abgg. Koch und Fehrenbach beim Reichspräsidenten u. a. folgendes:
Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3
Boftschecktonto: Berlin 37 536 Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Ballstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Lindenstr. 3.
Schuldenregelung.
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Das faschistische Parteimonopol. Lugano , den 11. Januar. Die italienische Politik ist augenblicklich in einer Phase relativer Ruhe, in der sich unter großer Gleichgültigkeit der öffentliche Meinung die vorbereitende Diskussion für die Regulierung der englischen Schuld vollzieht und die Ausbreitung des faschistischen Parteimonopols ihren Gang geht, als Befizergreifung der Preffe und des Patrimoniums nichtfaschistischer Bereinigungen und als Abwehr der dem Regime durch den Matteotti- Prozeß drohenden Gefahr.
Was die englische Schuld betrifft, so handelt es sich in runder Summe um etwa 550 Millionen Pfund Sterling, die zum größeren Teil während des Krieges an Italien gegeben wurden, nicht, wie die Gelder der Vereinigten Staaten , vorwiegend während der Nachkriegszeit. Neben der eigentlichen Schuldenfrage ist die der Zurückgabe des italienischen GoldSehr bedauert der Reichspräsident die Tatsache, daß depots für Italien von großer Bedeutung. Zur Sicher auf Drängen der Mehrheit der gestrigen sozialdemokratischen stellung seiner Schuld hat Italien bekanntlich in den Jahren Fraktionsfigung der ursprünglich vorgeschlagene Wortlaut des Be 1915 bis 1917 im ganzen 562 Millionen Lire in Gold an die schlusses, der die Ablehnung einer Beteiligung an der Regierung auf Bant von England geschickt; dieses Depot wird noch heute ben jeßigen Augenblid beschränkt wissen wollte, abgeändert vom italieinschen Schatz aufgeführt als ein Teil der Metallworden ist, indem das Wort wiegt" gestrichen wurde. dedung der italienischen Zirkulation. England macht geltend, Diese Meldung beruht von A bis 3. auf vollkommen daß dieses Gold ebenso wie das unter gleichen Umständen freier Erfindung. Bei den Beratungen über den zu deponierte französische nach den Bereinigten Staaten gesandt fassenden Beschluß war von seiner Geltungsdauer mit feinem worden ist, daß das Schazamt Großbritanniens nicht daran Wort die Rede, zumal es selbstverständlich ist, daß er sich nur denken könne, es zurückzugeben; man werde es auf die Schuld auf die augenblidlich gegebenen Umstände als Anzahlung anrechnen. Italien stellt sich dagegen auf den beziehen kann. Der Wortlaut des Beschlusses wurde in der Standpunkt, daß das Depot ihm in Gold zurüdzugeben sei, Fraktion gar nicht erörtert, es waren feine Abänderungs da es ohne diese Metalldeckung seine Baluta nicht fanieren anträge gestellt; der Tegt, in dem niemals das Wort„ jekt" fönnte; das Gold sei mur als Depot, nie als Anzahlung nach gestanden hatte, wurde unverändert angenommen. Auch England ausgeführt worden. Im Anschluß hieran wird, menn hat der Reichspräsident den genannten Parteiführern fein Beauch in sehr gemäßigter und rücksichtsvoller Weise, die Frage dauern über jene nicht existierende Tatsache nicht ausgesprochen. des Anteils Italiens an der Kriegsbeute wieder angeschnitten. Welches Intereffe das„ Berliner Tageblatt" daran haben Obwohl Italien unter feindlicher Invasion gelitten hat, die fann, die Dinge fälschlich so darzustellen, als ob die fozialdemo- England erspart blieb, sind ihm nur 10 Broz. der Wieder fratische Reichstagsfraktion der Koalitionspolitik ein für alle gutmachungsgelder zugesprochen worden, gegen 22 Proz., die mal abgeschworen hätte, ist nicht zu erkennen. England erhält. Außerdem ist Italien bei der Aufteilung der Kolonien leer ausgegangen. Von großbritannischer Seite da gegen macht man, namentlich durch die„ Times", geltend, daß das italienische Budget mit einem lleberschuß abschließt, während das großbritannische ein Defizit aufweist, daß Italien ohne psychologische und politische Rückschläge im Innern" bedeutende Summen bezahlen könne, wie die jubelnde Aufnahme des Abkommens mit Nordamerika gezeigt hätte und schließlich, daß die geringen Bölle Großbritanniens eine italienische Ausfuhr möglich machen, die bereits die Einfuhr übertrifft.
Daraus geht also hervor, daß die Unternehmervereinigung nach Aufdedung des Standals den„ Hauptbeteiligten" in aller Stille verschwinden lassen und dann so tum möchte, als ob
nichts gewesen sei. Aber die um Borsig mögen nicht glauben, daß der Korruptionsfumpf so leicht trockenzulegen wäre. Im übrigen: Was tun die Christlichen Gewerkschaften, um den Mafel von ihrem Bundesgenossen Behrens, seinem Landarbeiterverband und damit von sich selbst abzuwaschen, der durch die finanzielle Verpflichtung" gegenüber der Unternehmervereinigung entstanden ist?
Es wird auch Zeit!
Die Bereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände teilt unter Bezugnahme auf die Erklärung des Polizeipräsidiums Berlin über die Gewährung eines Darlehens durch die Vereinigung mit dem 3wede der Unterstützung des verhafteten Oberleutnants a. D. Schulz mit, daß bereits vor Beröffentlichung der Mitteilung des Bolizei präsidiums ein Untersuchungsausschuß hierüber von ihr eingesetzt worden ist. Die Vereinigung werde selbstverständlich die aus dem Ergebnis der Untersuchung sich ergebenden Konsequenzen ohne Ansehen der Person ziehen.
Wie man sieht, tommt der Dollarbluff schon jetzt Italien teuer zu stehen. Man hat den Beamten und Arbeitern den Dollar vom Gehalt und Lohn abgezogen, ohne psychologische und politische Rückschläge"; die„ Times" meinen, man fönne jetzt nach demselben System eine Pfundfammlung für die englische Schuld inszenieren. Was den Budgetüberschußz betrifft, so ist dabei vielleicht rechnerische Aufmachung im Spiele, die ihre Ausschlachtung in der inneren Politit jetzt durch außenpolitische Belastung mehr als wett macht. Uebrigens find die drei Hauptausfuhrartikel der italienischen Industrie, Seide, Kunstseide und Automobile, in Großbritannien durch fehr hohe Zölle getroffen. Das Uebergewicht der italienischen Einfuhr über die italienische Ausfuhr ist natürlich eine Folge des Untergewichts der italienischen Lira gegenüber dem englischen Pfund.
Hamburg , 18. Januar. ( TU.) Die Beamten des Fahnbunge. Die Ausbreitung des faschistischen Partei fommandos fonnten in der legten Nacht den als Täter bzw. Wittäter bei den Fememorden gesuchten am 19. Oftober 1892 geborenen monopols fann jetzt nicht mehr, wie früher, ausschließlich ehemaligen Oberfeldwebel Hermann Voß ermitteln und dem Knüppel überlassen werden. Man empfindet jetzt die festnehmen. Boß führte tatiäblich, wie auch angenommen, auf Notwendigkeit, anstatt der massenhaften faschistischen Tagesden Namen Gebrle und Knopp fowie auf andere Namen lautende blätter, die nur als Krippe für faschistische Journalisten dienten, Ferner wurde von der Kriminalpolizei ein Beitungen zu haben, die wirklich gelesen werden. Das bloße Papiere bei sich. mann berbaftet, beffen Berfonalien jedoch noch nicht feft- Auftaufen antifaschistischer Blätter hat nicht den gewünschten stehen, der aber gleichfalls in dem dringenden Verdacht steht, der Fe me'mor de Mittäter zu sein.
Böhmische Badeorte und tschechische Regierung. Prag , 18. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Die deutschen Bürgermeister der Badeorte Star Is bab, Marienbad . Frangens bab, Jobannisbad und Joachimsthal richteten an ben Völkerbund eine Beschwerde gegen die tichechoslowakische Regierung wegen ihres unrechtmäßigen Vorgehens in den deutichen Badeorten der Tichechoslowakei. In der Beschwerde wird besondere auf die Vorfälle des vorigen Sommers in Mar enbad hingewiesen und an ben Böllerbund das Eriuchen gerichtet, bei der tichechoflowafischen Regierung entsprechende Schritte zu unternehmen.
Entwurf eines Reichsbeamtengefeges. Der im Reichs. ministerium des Junern aufgestellte Entwurf eines allgemeinen Reichsbeamtengefeßes ist mit den Vertretern der Länderregierungen
durch beraten worden.
"
Erfolg gehabt; der" Corriere della Sera " und die„ Stampa" haben eine riesenhafte Berminderung ihrer Auflage zu verzeichnen, seit sie faschistisch sind. Auch die systematische Beschlagnahmung aller Oppositionsblätter hat die Leser der faschis stischen Presse nur um wenige vermehrt. Da die faschistischen Blätter sehr viel kosten und auf die Dauer ihre Geldgeber, die Banten und Großindustriellen, ermüden, fängt jetzt die faschistische Breffe an, ihre Blätter zusammenzuschlagen. In Rom sind im vorigen Monat eingegangen: der„ Sereno", die Epoca" und die Idea Nazionale", die mit der aufgekauften" Tribuna" verschmolzen wurde; jezt fauft man mun auch das rechtsliberale" Giornale d'Italia" auf( d. h. die Redaktion wird nicht mitverkauft) und läßt dessen Mittagsausgabe, den Piccolo", eingehen. Es blieben demnach in Rom als Morgenblätter der faschistische Messaggero", früher „ demokratisch". allezeit Organ der Schwerindustrie und das Giornale die Roma ", das niemand lieft, als Mittagsblatt, der Tevere", der mit dem Tiber , nach dem er heißt, die Fähigkeit teilt, alle loafen au zunehmen, und als Abendblätter, die " Tribuna", das Giornale d'Italia", ein ernst gemeintes Wig