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Nr. 31 43. Jahrg. Ausgabe A fr. 16

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292 297.

Mittwoch, den 20. Januar 1926

Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3 Boftichedkonto: Berlin   37 536 Banffonto: Bank der Arbeiter, Angeftelten unb Beamten. Wallstr. 65: Diskonto- Gesellschaft. Depofitentasse gindenste. 8.

Die Sozialdemokratie für Volksentscheid!

Enteignung der Fürstenhäuser!

Der sozialdemokratische Parteiausschuß trat am Dienstag in Berlin   zusammen, um sich mit der Frage der Fürstenvermögen zu beschäftigen. Er tam zu fol­gendem Beschluß:

Der Parteiausschuß ist der Auffassung:

Der Parteivorstand soll den vom Rechtsausschuß der sozialdemo­fratshen Reichstagsfraktion vorgelegten Gefeßentwurf betreffend die entschädigungslose Enteignung der früher regierenden entschädigungslose Enteignung der früher regierenden Fürsten entsprechend den in der Beratung des Parteiausschusses vor­gebrachten Gefichtspunkten vervollständigen und zweds Herbeiführung eines Bolfsentscheides einreichen.

Der Gefehentwurf der kommunisten ist insbesondere info­fern unzureichend, als

1. nicht ausgesprochen ist, daß die näheren Bestimmungen über die Art der Verwendung des enteigneten Vermögens durch ein innerhalb bestimmter furzer Frist zu erlassendes Reichsgefeß

getroffen werden sollen,

2. nicht beachtet ist, daß bei der Verwendung des enteigneten Bermögens auch die bedürftigen Opfer der 3nflation ju berüdfichtigen find.

Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund  wird ersucht, fofort als vermittelnde 3nstanz ein. 3ugreifen, um zu erreichen, daß nur ein Gefehentwurf zum Boltsbegehren und Boffsentscheid gebracht wird. Der Allgemeine Deutsche Gewe: chaftsbund ist zu dieser Vermittlung berufen, well es fich auch um midhtige jozialpolitische Fragen handelt und alle in Betracht kommenden politischen Richtungen in den Gewerkschaften vertreten sind.

Die Aktion für Boltsbegehren und Bolfsentscheid wird von feder beteiligten Organisation selbständig geführt für das gemein­fame 3iel der entschädigungslofen Enteignung der Fürsten  .

Der Beschluß des Parteiausschusses weist dem Vorstand bes ADGB  . eine schwierige Aufgabe zu. Ob ihre Lösung ge­lingt, wird vom guten Willen der Kommunisten abhängen. Der Plan, die Frage der Fürstervermögen durch Bolts­abstimmung zur Entscheidung zu bringen, ist in der Sozial­demokratischen Partei entstanden. Man hat ihn hier zunächst diskutiert nach dem Grundsaß ,, Erst wäg's, dann mag's!" Dabei mußten Fragen der Verfassung und der Technik des Boltsentscheids, Fragen der propagandistischen 3medmäßigkeit bei der Fassung des Enimurfs, schließlich auch Fragen der Organisierung und Finanzierung aus­giebig erörtert werden. Dazu war Zeit genug, da sich ja einst­weilen noch der Reichstag   mit dieser Angelegenheit beschäftigt.

Als die Kommunisten von dem Borhaben der Sozialdemokratie erfuhren, griffen sie den Gedanken zu ihren Zwecken auf. Für sie gab es feine Notwendigkeit der fach­lichen Borbereitung, fie waren nur von dem Bunich be­herrscht, der Sozialdemokratie zuvorzukommen. So enistand der jetzt eingereichte, unzureichende, kommunistische Entwurf. Beharrten die Kommunisten bei diesem Entwurf, so Beharrten die Kommunisten bei diesem Entwurf, so märe die Sozialdemokratie genötigt, daneben noch einen anderen, beffer ausgearbeiteten einzubringen. Dann fäme es beim Boltsbegehren zu einer Konturrenz der beiden Entwürfe. Wahrscheinlich wäre es dann den Sozialdemokraten möglich, für ihren Entwurf die vier Mil­lionen Stimmen aufzubringen, die zunächst notwendig sind, um ihn zum Bolfsentscheid zu bringen, den Kommunisten aber nicht, und dann würden sich beim Boltsentscheid alle Stimmen von links auf den sozialdemokratischen Entwurf vereinigen. Würden aber beide Entwürfe durch je vier Millionen Stimmen unterſtüßt, so fämen auch beide in den Volks­entscheid; es entſtände dann die Gefahr der Niederlage durch

Zersplitterung.

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Kräfte zusammenzuführen und fruchtbar zu machen. Die Gegner haben feinen anderen Bundesgenossen als die Passivis tät, die stumpfe Gleichgültigkeit, die Unwiffenheit und die in manchen Boltstreifen immer noch vorhandene, scheue Ehrfurcht vor verblichenen Fürstenkronen.

Darum wünscht der Parteiausschuß, daß jede Orga| Kampfe. Es wird die Aufgabe der Organisationen fein, diese nisation ihren Kampf für das gemeinsame 3iel felbständig führt. Es geht z. B. nicht, daß die Sozialdemokratische Partei Bersammlungen veranstaltet, in denen Kommunisten reben, um über sie zu schimpfen. Sozial demokraten gehören in sozialdemokratische Bersammlungen, nicht in tommunistische. Sozialdemokratische Unterschriften gehören unter den gemeinsamen Entwurf, der aus der Bermittlungsaktion der Gewerkschaften hervorgehen soll, nicht

unter den fommunistischen.

Wenn es den Kommunisten auf den sachlichen Erfolg ankommt, fönnen sie sich mit einer solchen Ordnung der Dinge nur einverstanden erklären.

Der Kampf. der sich dann entspinnen soll, hat kein Beispiel in der Geschichte. Noch nie ist es vor­gekommen, daß vierzig Millionen erwachsener Staatsbürger an ein demselben Tag zur Stimmurne berufen worden sind, um durch einen Akt der direkten Gesetzgebung eine Frage von fo grundsäglicher Bedeutung zur Entscheidung zu bringen. Es ist die erste Probe auf die direkte Gesetzgebung durch das Boll, die hier in ganz großem Stil gemacht wird. Schwei­der Erfahrungen fönnen da taum zum Vergleich heran­gezogen werden.

Millionen und aber millionen, denen die Wut über die schamlosen Ansprüche der einstmaligen Fürsten   bis in die Rehle fteigt, erstreben heißen Herzens den Sieg in diesem

Wie stark oder wie schwach dieser Gegner ist, das wird sich erst im Kampfe selbst abschäßen lassen. Aber eine alte Kampfregel fagt, daß man den Gegner nicht für schwächer halten darf, als er ist. Um ihm sicher zu begegnen, dazu wird ein höchstmaß von Kraftanstrengung notwendig sein.

An den Opfermut jedes einzelnen wird dieser Kampf umerhörte Anforderungen stellen. Die Partei wird dabei keine Kraft entbehren können, und sie wird dabei auch keinen Groschen entbehren können, der irgendwie aufgebracht werden kann. Nicht schwächer, sondern stärker muß die Anstürmen der Gegner, die nicht ausbleiben werden, gewachsen Arbeiterbewegung nach dem Kampfe dastehen, um fünftigen zu fein.

Geleitet werden muß die Arbeit von der Organisation und ihrer Breffe. Stärkung der Organisation, Stärkung der Bresse   ist darum die notwendigste Vor­bereitung für den Kamp!

Da muß begonnen werden! Es ist teine Zeit zu verlieren!

Und doch Regierung der Mitte!

Aber ohne Koch!

Einem Appell des Reichspräsidenten folgend, haben sich| ,, Koalition der Mitte" erzielt haben; sie werden das als einen die Parteien der Mitte gestern abend in später Stunde auf folgende Vorschlagslifte Luthers geeinigt:

Reichskanzler: Dr. Luther, Aeußeres: Dr. Stresemann, Janeres: Dr.& ülz( Dem.), Finanzen: Dr. Reinhold( Dem.), Wirtschaft: Dr. Curtius( D. Bp.), Arbeit: Dr. Brauns( 3.), Jufliz: Marg( 3.), Reichswehr  : Dr. Geßler, Post: Stingl( Bayer. Bp.), Verkehr:& rohne( D. Bp.).

Das Ernährungsminifterium ist zurzeit noch nicht befeht, es wird wahrscheinlich einen Minister erhalten, der dem Zentrum nahefteht, wenn eine Besehung jeht noch nicht erreicht werden sollte, so würde der Reichstanzlet felbft die befehlen Gebiete bleibt zunächst unbefeht, wird aber provi­das minifterium zunächst verwalten. Das Ministerium für forisch von Marg verwaltet werden.

Die Ernennung der neuen Regierung der Mitte steht unmittelbar bevor.

Die Koalition der Mitte ist schließlich nach qualvollem Hin und Her dennoch zustande gekommen, und zugleich hat ihr rechter Flügel feinen ersten Sieg erftritten. Koch  scheidet aus. An seine Stelle tritt der Dresdener Bürger­meister Dr. Wilhelm Külz  , der auf der Rechten offenbar als weniger prononcierter Demofrat" gilt. Nach zähem Stamps hat sich die demokratische Reichstagsfraktion gebeugt, wie es heißt, mit zehn gegen zehn Stimmen, wobei Herr Darum hat der Parteiausschuß vorgeschlagen, die Bertoch selbst als Borsigender, weil er die Lösung der Krife mittlung der Gewerkschaften anzurufen. Das Ziel der Bermittlung soll sein, daß gleich nur ein Entwurf dem Volksbegehren und damit dem Voltsentscheid zugrunde gelegt wird. Ein solcher einheitlicher Entwurf soll durch die Bermittlung der Gewerkschaften zustande gebracht werden, was zur notwendigen Folge hat, daß der kommunistische Ent­murf zurückgezogen werden muß.

eine fommunistische Sonderaktion, sondern um eine einheit Gelingt dieser Blan, dann wird es sich nicht mehr um dann auch mit der besten Aussicht auf Erfolg durchgeführt

merden fann.

Diefe Aussicht ist aber auch nur dann vorhanden, wenn biele Attion nicht zu Rämpfen der einen Partei gegen die andere mißbraucht wird.

nicht an seiner Person scheitern lassen wollte, den Ausschlag gab. Anders fonnte Herr Koch, wo alles von ihm persönlich abhing, nicht handeln; eine andere Frage ist, ob es von seiner Fraktion schön war, ihn in diese Lage zu bringen.

Die neue Regierung wird es schwer haben. Herr Luther hat sich nicht als glücklicher Taftifer erwiesen, als er zuließ, möglich, daß er dabei mehr dem Zug feines Herzens folgte daß Koch aus der Regierung wieder hinausgebrängt wurde; als dem feines Verstandes. Denn daß die Deutsch natio nalen nun durch dieses Opfer versöhnt sein würden, ist nicht anzunehmen, diesen Herrschaften kommt der Appetit ja erst beim Effen. Die Entfernung Kochs aus der Regierung ist ihr Erfolg, den sie durch ihre treuen Gehilfen in der

bescheidenen Anfangserfolg betrachten. Die Sozialdemo fraten aber, die die Berufung Kochs zum Reichsminister des Innern begrüßten, werden durch sein Wiederverschwinden gemahnt, mit ihrem Vertrauen sehr vorsichtig umzugehen.

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Sicher ist auch Külzo bescheidenes Lob!- noch beffer als Schiele, Reinhold besser als Schlieben, Marg besser als Frenten. Luther bleibt Luther. Geßler bleibt Geßler. Brauns bleibt derselbe, Strefe­mann ebenfalls, und mit den fleineren Größen wie Stingl und Krohne ist es ebenso bestellt. Ob aber Curtius besser ist als Neuhaus? Curtius- und das fenn­ist links eben. zeichnet abermals den Sieg der Rechten fowenig beliebt mie Roch rechts. Roch ist rechts unbeliebt, weil er ein zu prononcierter Demokrat" ist. Curtius ist links un­beliebt, weil er der Mann ist, der im August 1924 den be abschloß und damit zum Schrittmacher des Rechtskurses rüchtigten Handel mit den Deutsch nationalen

murde.

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Roch verschwindet, Curtius taucht auf zeichnet die Situation!

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Hindenburgs letzte Mahnung.

Die Demokraten unter Drud. Amtlich wird gemeldet:

bas fenn­

Nachmittag um 6 Uhr die Bertreter der vier für die Koalition Der Herr Reichspräsident empfing heute( 19.d. M.) Nachmittag um 6 Uhr die Vertreter der vier für die Koalition der Mitte in Frage foramenden Parteien; für die Deutſche  das Zentrum Reichskanzler a. D. Marx, für die Bayerische  Bolkspartei erschien Reichsminister a. D. Dr. Scholz, für Bolkspartei Abg. Dr. Leicht, für die Demokraten die Ab­geordneten Reichsminister a. D. Koch, Dr. Haas und Erfelenz. Der Reichspräsident gab den erschienenen Herren folgende Erklärung ab:

Ich habe Ste zu mir gebeten, meine Herren, um vor Ihnen auszusprechen, daß meines Dafürhaltens nunmehr eine Regierung zuffande kommen muß. Nachdem durch das Ausscheiden der Deutsch­vollen und sehr dankenswerten Bemühungen des Herrn Abgeordneten nationalen Volkspartei der bisherigen Mehrheitsregierung die Grundlage entzogen worden war, nachdem trog ter hingebungs­Roch die andere Möglichkeit einer Mehrheitsregierung, nämlich die sogenannte Große Koalition, sich ebenfalls nicht hat verwirt. lichen laffen, blieb als zwar weniger tragfähige, aber immerhin noch durchaus gangbare Lösung die Regierung der Mitte übrig. Gollte auch dieser Versuch scheitern, so wäre damit das deutsche