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Vr. 45 43. Iahrgaag
2. Seilage öes vorwärts
Voaaerstag. 24. Faavae I92ö
Das Volk gegen Sie Mrstenforöerungen. Sieben Massenversammlungen des Reichsbanners. Ungeheure Beteiligung in allen Bezirken.
Auf ein«m repudlikamschen Abend in Wilmersdorf  , den unsere Partei veranstaltete, sprach Genosle Philip» Scheidemonn. Lange vor Deainn war der Saal übersüllt. taufende mußten wieder umkehren, taufende warteten geduldig im Garten auf eine zweite Leranstaltung nach Schluß der Dersammluna. Nach-inleitenden Worten des Genossen Dr. W i« p r e cht begann Scheidemann   sein Referat der Aufzählung der Sün- den der Reaktion, die ja jetzt nicht einmal mehr chinoenburg al» Hüter der politischen Moral anerkennen wolle. Er wies dann nach, daß alle ihre Sünden schließlich nur die konseguente Fort- fegung der alten konservativen Politik darstellen, die Iich schon bei den Flottenvorgängen herrlich revrösenticrte. Dir >ürfen davon überzeugt sein, daß eine einige Arbeiterschaft in der Revolution von ISIS und in späteren Iahren nicht eine solche Situation ermöglicht hätte wie die gegenwärtige der Fürsten  - Unverschämtheit. Aber wir sollten endlich soviel gelernt haben, daß alle Arbeiter genau wissen, daß die Folgen der sinnlos« radikalen Politik stets die größte Reaktion sein muß. Jetzt möchten also die Fürsten der kleinen und kleinsten Staaten und zu allererst die Hohenzollern   wieder einmal einen kleinen Sieg über dos Polt erfechten. Uebriocns ist es falsch, zu sagen, daß die Fürsten.enteignet" werden. Die Lage ist vielmehr so, daß das Volk behalten will, was ihm ae- hört und ihm nur von seinen.Londsevätern" im Laufe der Jahrhundert« gestohlen wurde. Herr v. Berg, der Vertreter der Hohenzolleren,' nennt sie in seiner Denkschrift an die preußisch« Regierung.äußerst bescheiden". Wir nennen sie unverschämt und denken nicht daran, uns ihre Unoerjchäintheit gefallen zu lassen. Die Hohenzollern   wurden noch der Ansicht de» Abg. Bredt sehr rasch reich, weil sie sehr sparsam gewesen sind. Tatsach« ist, daß sie durch Betrug und Räuberei sich in den Besitz ihres Vermögens gesetzt haben. Das Geld der Republik  , das den Fürsten   geschenkt werden soll, würde als Betriebskapital zu einem ge- Heimen Kampf gegen die Republik   verwandt werden. Wir denken nicht daran, die Gegenrevolution zu finanzieren. D i« Fürsten   sind un» alles schuldig, wir ihnen gar nicht»! Der Volksentscheid steht bevor. Wir werden aus ihm als Sieger hervorgehen, wenn es uns gelingt, da» ungeheure Heer der Kleinrentner, der Kriegsopfer und der E r« werbs losen von der Schmach der Fürstenonsprüch« zu über- zeugen. Die Versammlung gatttierte die Ausführungen des Genossen Scheidemann   mit ungeheurem Veifall. der auch während der Red« wiederholt laut wurde. Mit einem Hoch auf die Revublit und die Sozialdemokratie ichloß die demonstratio« Deranstalmng, der eine zweit« entsprechende im Garten folgt«. vle Neichsbaaaerkuuügebuagea. In sieben großen Kundgebungen, die da» Reichs» bernner S ch w a r z-R o t- S o ld gestern abend veranstaltet-, protestiert« die Bevölkerung Srvß-Derlin» gegen die unerhörten Forderungen der Fürsten  . Di« Versammlungen waren durchweg sehr gut besucht, teilweis« sogar überfüllt und zeugten von den G«» suhlen, die die groß« Mass« de» Berliner   Volkes den Hohenzollern  und ihren Freunden«ntgegenbringt. Soweit ist den späten Nacht- 'stünden Nachrichten vorliegen, ist es nirgends zu nennenswerten Störungen gekommen. Hafen Heid«. Die Kundgebung in Kliem» Festsälen war«in glänzender Erfolg. Schon lange vor Beginn war der groß« Saal dicht gefüllt, im Garten fand ein« Parallelversammlung statt. Hier standen Tausende und ober Tausend«, für die der Saal bereits ge- sperrt war. Redakteur N o w a ck erntete stürmischen Beifall, al» er qegen die unglaublichen Forderungen der Fürsten   zu Felde zog.
Reichsiogsabgeordneter Genosse Dr. Moses, der im Saal sprach. fand die brausend« Zustimmung der Aersammelien, als er die Po- roler den dovongelauienen Fürsten   keinen Pfennig Abfindung, aus­gab. Alle die. die llllä nicht wagten, auch nur das Maul aufzu- reißen, haben sich eingefunden» um ans dem notleidenden Volke Millionen herauszupreisen. Meuiernde Zldmirole und verkalkte Osfi- zierspensionöre wittern Morgenlust. Das ist der Dank der Ex- votentaten dafür, daß sie da» Volk in den Sturmtogen de« Zu» sommenbruchs so vornehm behandelt hat. Genosse Mose  » zitiert« sodann au» den von uns schon veröffentlichten aufsehenerregenden Gutachten des Obersten Schwerdtfeger und de» Professors Delbrück  . um die gemeine Verleumdung des Dolchstoßes der Heimat gebührend zu charakterisieren. Leidenschastlich rechnet« Genosse Moses   mit dem Admiral v. Trotha und einer Presse ab, die es wagte, von.Trotha, dem Gewissen eines sündigen Volkes" zu reden. Unter minutenlangem Beifall schloß der Redner mit den Worten:Hinein in den Kamps aegen die Fürstenabfindung! Der Auf- marsch ist im Gang«! Reichsbanner an die Front!" Jriedrichshain. Im überfüllten Saal des.Schweizer Garten" am Friedrichshain   sprach Genosse S o l l m a n n. Er führt« au»: Alle deutschen   pursten hätten Grund, ihrem Gott zu danken, daß ihnen am S. November Leben und Freiheit erhalten blieb. Niemand hätte damals einen Finger gerührt, wenn die Schlösser und Paläste zer- stört worden wären. Die Schreier von heute waren verschwunden. Die Fürsten   müßten dem deutschen Dolk« ewig dankbor sew. Statt dessen führen sie aber seit sieben Iahreu einen widerwärtigen Kampf um ihr Vermögen. Keiner nimmt Rücksicht auf die Leiden des Volkes. Welcher Fürst brachte während des Krieges Opfer? Vor dem Krieg« waren sie steuerivei, im Kriege haben sie geschlemmt, und die ganze Frechheit von Gottes Gnaden gehört dazu, heut- Eni» fchädigung zu verlangen. Wenn sich das deutsch  « Volk in letzter Stund« nicht entschließt, dann erhalten die Fürsten   die geforderte Summe. Denn die Entscheidung liegt in der Hand der Nichter. Und welcher Richter! Viele Abgeordnete in den deutschen   Parla- nwnten sprechen von der Heiligkeit des Eigentums. Aber ist dieses Fürfteneigenmm heilig? Wurde es nicht zusammeng« stöhlen, erheiratet oder erpreßt in Zeiten, da es keine Parlamente gab und der Befehl de» Fürsten olles galt? Wie sich Bismarck   nicht stet der Kassierung der Fürstentümer 186« um.juristische Zwirns- säden" kümmert«, so wenig darf heute das deutsch  « Bolt darauf Rücksicht nehmen, und an dos Märchen von den oerhungernden Fürsten   glaubt heut» nicht einmal mehr der Dümmst«. Sollte heilte, in einer Zeit, da Millionen arbeitslos sind, da» deutsche Dolk den Fürsten   Entschädigungen geben, dann perdient e» wirklich, daß e» verhungere.Wir wollen aber ein« Republik   der Republi. kaner.' Darum nieder mit den Fürsten  ! Hoch die sozial« Republik  !" Nachdem der Redner geschlossen, erhob sich langanhaltender, be» geisterter Beifall. Die Kapellen intonierten den Reichsbannermarsch, die Formationen traten zusammen und marschierten in geschlossener Ordnung ab. Dieser Abend war mehr als die Kampferklärung gegen de« Fürstenahsindung, er bedeutet« ein begeistertes De- k enntnls zur sozialen Republik  ! witteubergplatz. Am Wittenberg   platz hatten sich berests gegen 14S Uhr ungeheure Menschenmassen angesammelt. Als dann die Reichs- bannergruppen aus Wilmersdorf   und Eharlotten» bürg mit klingendem Spiel anrückten, um zusammen mit den bereit» versammelten Volksgenossen gegen die Fürstenabfindung machtvoll zu protestieren, war der Platz überfüllt. Van einer pro. oisorischen Rednerbühne herab sprach beim Fackelschein Genas!« Heinrich Lösfler. Mit beißender Ironie gedachte der Redner des Geburtstages des Hollandflüchtigen. der sein Dolk in der größten Not verließ und sich mit seinen Fürstenkollegen wie Eulen, die die
Togeshelle fürchten, im Schlupfwinkel verkroch. Damals war dos Fürstenpack zufrieden, daß es fein nacktes Leben in Sicsterheit bringen konnte. Heute stellen diese Nichtstuer unerhörte Forde- rungen an das deutsch  « Volk. Und da» tn einer Zeit, in der Mil» lionen Deutsche nicht wissen, woher sie da» Brot für morgen, woher sie ein Obdach für d!« nächste Nachl nehmen sollen. Die Scham« röte muß jedem Republikaner in das Gesicht steigen, wenn er er» fährt, daß den Hohenzollern   bisher schon Itzll Millionen Mark nach« Siworsen wurden. Das klein« Thüringen  , an da» von den ürsten Ansprüche in 25 Fällen gestellt wurde, mußte allein«in« Million Mark in seinen Etat für Prozeßkosten aufnehmen. Aehnlich sieht es in Mecklenburg   aus. wo der Staat noch Zlenten für die M ü t r e f f« n des verstorbenen Großherzoas zahlen soll. Weiter sprach Bürgermeister H« ß l« i n für die Demokratisch« Partei. der es in scharfen Warten gleichfalls ablehnte, den Fürst«, auch nur«inen Pfennig zu geben. Kamerad Holz« sprach im Namen des Reichsbanners. Er bracht« zum Aus« druck, daß das Reichsbanner bereitsteh« mit den übrigen Volks- genossen gegen die Fürstenabfindung zu kämpfen. Brausender Bei- fall folgten den Ausführungen der Redner. Roch Beendigung der Kundgebung zogen dann zwei gewaltige Demonstration»» züge dem Westen zu. 3n Köpenick  . Die Nachricht, daß der Reichsiagspräsident Genosse Löb« sprechen würde, hat» ganz Köpenick   auf die Beine gebracht. Lange vor Beginn der Versammlung war das Stodttheater übersüllt, so daß eine Porallelversommlung im Freien vor dem Ctodliheater stattfand, und in der zuerst Genosse Weinsrhild vom Parteivorstand, dann Genosse Löb« vom Balkon emes Nebenhauses aus zu den Anwesenden sprach. Im Stadttheater selbst lauschte ein« mehrtausendköpfige Meng« den Aus- führungen Löbes, die häufig von Beifall und dott, wo er die An- sprüche der Monarchen in Einzelheiten darlegt«, von Psuirufen unterbrochen wurde. Genosse Löbe ist der Ansicht, daß die Frage eine rein politische Frage sei. Denn auf dem politischen Wege haben die Fürsten   das, was sie jetzt mit Hilfe d-utjcker Richter als ihr Eigentum reklamieren können,erworben". Aber selbst dort, wo persönliche Arbeit zur Vermehrung dieses Vermögens beigetrogen bat, reicht dieses nicht aus, um die Gegenrechming zu begleichen sür die Schoden  , die die Fürsten   dem Volke durch den Krieg an- getan haben. Wenn jetzt die Anwälte der Fürsten   dieses ganze Vorgehen als einen Verstoß gegen da» Privateigentum hinstellen, so ist demgegenüber hervorzuheben, daß dasRechtdes Privat« « i g« n t u m s durch die Gesetzesvorschriften. mit deren Hilfe die Auslandsdeutschen enteignet worden sind, und mit deren Hilf« die Inflotionegeschädigten ihrer Rechte beraubt wurden, durch« brachen worden ist. Es ist mit allem Nachdruck durchzusetzen, daß den Fürsten  , den schärfsten Gegnern der Republik  , nicht Gelder zugeführt werden, die sie nur gegen den heutigen Staat verwenden würden. Mit großer Begeisterung wurden die Vorträge de» Männergesanaverein» angehört, und ein« Resolution gelangt««in- stimmig zur Annahme. Ein imposanter Reichsbannerzug gab dem Genossen Löb« das Geleit zum Bahnhof. Vle Kommunistische Partei   hotte gestern abend inf Lust­garten ihre Anhänger zur Protestdemonstration gegen die un- verschämten Forderungen der Fürsten   und gegen die unzureichend« Unterstützung der Erwerbslosen aufgerufen. Unter Vorantntt der Musikkapellen de» Roten F�vntkämpferbundes marschierten die einzelnen Züge vor dem Schloßplatz auf. Zahlreiche Transparente, die oft in sehr drastischer Weise die Forderungen der Hohenzollern  oersinnbildlichten. wurden witgeführt. Nach Beendigung der Reden hatte die Demonstration gegen 7 Uhr ihr End« erreicht. Ohne jede Störung ging der Abmarsch vonstatten.
Neue Zreuöen-neue Schmerzen Sonzertumschau oon fintl Singet. Wilhelm Furtwängler   dirigierte zu soinem<0. Sc- burtstag und zum Besten der Philharmoniker den Sittelschen Thor. Programm des Abends: das Zugstück.Deutsch« Requiem  " von Brahms  . Da die Einnahmen des Abends in die Pensionskasse des Philharmonischen Orchester» ttießen, vor dessen künstterischem Hoch. stand die Wirtjchaftslagc auch nicht haltmacht; da das Schicksal der großen Ehorvereinigunaen«in müde» und tatenloses Dahinleben oder Studieren ohne öffentliche Betätigung ist, so muh au» sozialen Gründen gepriesen werden, was aus prinzipiellen und künstlerischen Gründen verurteilt wird- Es kann nicht Aufgab« der sogenannten Prominenten sein« sich Chorwerk« einstudieren zu lassen und dann mit den von anderen erreichten Resultaten öffentlich zu paradieren. Täuschen wir un» dach nicht: was Kittel in 20 Iahren mit seinem Chor an Disziplinierung und Klanggut erreicht hat, kann im Hand- umdrehen weder ein Furtwängler noch ein Walter al» sein eigen ausgeben, zum Guten oder zum Bösen gewandelt. Gerade dem gemischten Chor gegenüber ist nachdrücklichst die einstudierende Hand auch als die vorführende zu verlangen. Brahmsfche Herbheit auch in der Melodiensühe liegt unserem ßurtwangler besonders gut. So kam«ine nicht nur würdige, sondern auch schöne Aufführung zu. stände, die der großen Stimmung des Werkes gerecht wurde und das orchestrale Element zu einem gleichberechtigten, vielleicht aller- dings überbetonten Faktor machte. Die Leistung des Thor« ge­warm klanglich nicht. Durch außerordentlich« Verschleppungen der Tempi wurden die.-aeppella-Stücke unsauber, und auf der anderen Seil« schien sich Furtwängler   durch sein Temperament zu Der- hetzunoen zu verleiten(wie etwa da« choralisch«Denn du bist würdig zu nehmen Preis und Ehr"), so daß die Kontraste überakzcntuiert schienen. All solche Siilnuancen können nur vermieden werden. wenn ein Dirigent die Leistung und die Grenze seine» Ehores durch dauernden Kontakt kennen kernt. Heinz Unger   leitete lein<. Konzert mtt der Sommernacht»- traum-Ouvertür« oon Mendelssohn ein. die«r sehr sangessroh und witzig gestattete, doch so bewußt, als ball« er niemals unter Nikisch das gleich, Stück schwebend leicht und in breitem Humor spielen boren Die aroß« Einleitung zum O-Moll-Klovierkonzert von Chopin   nahm er breit und sentimental, wie ern kleine» Klavierstück de» polnischen Halbfranzosen.« r tu r Schnabel bewies ihm schnell, wie man da» Feminine au» dem Melodiegefuge dieses ver« alteten Stückes herauskomponieren kann. Eine virtuose und musikontisch« GroßleisMng. m r%. An derselben Stelle macht- Julius Prüwer   das Erveri. ment. Beethoven  , Os-Dur-Konzert selbst»u spielen und ohne Dir,. genten begleiten zu lassen. Ich halle di-s-n Lersuch. mag«auch Im annzen gelungen sein, sür gefährlich und überflüssig. Mit Phtl« harmonikern kann man sich schon manches leisten, man kann sogar im Solopart etnen Takt auslassen, ohne in die Gefahr m geraten. daß dies« brillanten Musiker diesen einen Takt im Orchefterpart spielen. Aber es ist doch nicht zu umgehen, d-ß stch die Muss- Bieren de« durch Kopsbeweaungen hinter dem Rücken des klavier» zielenden Meisters Zeichen geben, daß die synkopierten Bläser- Partien nicht präzis kommen, und daß zwischen Konzert- und Tum.
sätzen»in« innere Verbindung fehlt. Schattete sich Prüwer hier also als Führer aus, so wußte er deiinoch den schweren Klavierpart mit großer Fingerfertigkeit und musikalischer Durchführung zu ge- stallen. Verlin braucht seine Sensation; Hai es sie nicht auf Lager, so importiert Verlin die Sensation, dos Ereignishoste aus Amerjka. Iascha Hei fetz ist so fest mit unseren Erinnerungen an«in herrliche» Wunderkindertum verbunden, daß er nicht nötig hätte, durch amerikanisierte Reklome noch mehr zu wirken, als durch sein Spiel. Dieses Geigenspiel trägt den Stempel des in-fich-Vollenoeten. Einzigartigen, soweit es Sinnlichkeit und Süße. Silbrigkeit und Brovour. Kraft und Elastizität des Tons, soweit es eine fulminante und gar nicht zu überbietende Paganini-Tenchik anbelangt. Ich kenne keinen Ton einer Geige, der so immer-schön und klingend ist. selbst im Stakkoto, wie der oon Heisetz. Ohne Pose, ohne jedes Kokettieren mll seiner Berühmtheit ipiell der genial« Jüngling die Kreutzersonate. die Ehaconn« und die Nippsachen. Bach   hat er als Zwölfjähriger wohl unter dem Einfluß deutscher Lehrer größer, durchdachter, fulliger gespielt. Aber, wenn man auch ein Plus von Empfindung und Herzlichkeit noch gern hinnähme, lo bleibt doch des Bewunderungswürdigen genug. Isidor Achron   erweist sich als ein brillanter Begleiter und(in der Beethovenschcn Sonate) mehr als das: ein künstlerisch geladener und technisch virtuos?? Mttstreiter. Ein neue» Trio, genannt das Weimar  - Trio, stellte sich mit zwei Konzerten vor. An der Geige sitzt Hilde Elgere,«ine feinsinnige, jugendliche und beherzte Spielerin, Wolsgang Rose führt mit ihr im Bunde vom Klavier aus rhythmisch stark. Hermann Wolfs streicht«inen großen Celloton. In der Kantilene dürfte die Geigerin viel mehr aus dem Dollen ihrer deutlichen musikalischen Empiinduag heraus schöpfen, wa» vielleicht durch den Wechsel des Instruments ermöglicht wird. Da« Programm des ersten Abends war interessant. Ich börtv leider das Trio von Thomas nicht, dagegen ein H-Moll- Trio von Lothar Winbsperger, dos sich mehr wie eine rhapsodisch freie Phantasie gibt, als wie ein sinnvoll gestustes und gesonntes Werk. Die Einzelzüge fesseln, die inner« Harmonie gebt verloren. Das Weimar  -Trio nahm sich dieser Erstausführung mtt sehr viel Liebe an und zeigt« dann in einem Deethovenschen Trio nicht nur. was eigentlich Kammermusik ist(selbst wenn sich die Beethoven- Tatze noch nicht zeigt), sondern auch, wie drei Menschen von musi. kantischer Kultur an ihren Ausgaben wachsen. Der Pianisten Zahl ist Legion. Größte Freud«, aus vielem Guten«in Außergewöhnliches herausbeben zu können, vieler Außergewöhnlich« heißt Erwin B o d k y. Sin Schüler Busm-Is. hat er mtt bet Siebe zum Klovierklang das größere Deroirtwortungs- gefühl vor dem Geist eines Werkes geerbt. Es ist ein Doppeltes in seinem Wesen verankert, einmal die Liebe zur Form und zur Zsus- prägunq straff konturierter Linien, das andere Mal eine weiche, singend« Hingabs an Liedlichtetten de» Satzes. Diese beiden El«- mente streiten miteinander und überkvmpensteren sich gelegentlich so. daß eine Unalelchhett zustande kommt, dl« nur psychologisch und nicht technisch erklärvar ist(etwa in der Tokkata von Bach). Dann ober versenkt sich Bodky in hübsche Variationen vor Murichbauser und eine Pbaviasie von Telemann, die er wirklich nl» Kleinodien aus der Musik des 17. Jahrhunderts in uns« Her, h-'ieinsingt. Das Größte aber, und das. was ihn al» einen außergew.' hnliche« Mutz«
ker kennzeichnet, leistet« er In den Telemann-Bariarionen von Reger. Dos war in Kraft und Weichheit, in Fülle und Glan  ;, im Aufbau und im Gesang eine Meisterleistung. Bodky brachte es zuwege, den vielen, allzuoielen Variationen individuell« Züge abzulauschen und sogar den Klang eines nicht gerade erstrangigen Flügels bald als den eines Spinetts, bald als den einer Orgel zu modeln. Bodky hatte einen großen Publitumsersolg. Auf eine Deronstaltnng des Bezirksamts Mitte der Stadt Berlin  soll an dieser Stell« hingewiesen wevden. Der Konzertzykli:? trägt den NamenDeutsche Hausmusik", will sagenDeulfche Kammer- musik" und setzte außerordentlich vielversprechend«in mit dein von der Kammermusikervereiniaung der Staatsoper nollendet iitter« preticrten Mozart-Dläserqumtett, worauf Margot Stahl die etwas antiquirierten Schottischen   Lieder von Beethoven   zu kammermusi- talischer Begleitung vortrug. Verantwortlich sür die Abend«, denen im Interesse einer Kunsterziehung großer Zuspruch zu wünschen ist, zeichnet neben dem Bürgermeister Schmidt Dr. Felix Günther. In Felieia Posener lernten wir eine ungewöhnlich musi­kalische Pianistin kennen. Sie wußte die Orgel-Tökkota und Fug« v-Moll oon Bach-Tausigk groß zu gestalten, wobei die Tresssicher- heil ihres Spiels und die Männlichkeit des Anschlags so eindrucksvoll wirkten wie in ihrem Chopin  -Spiel die Färbung eine» Gesangton» auf dem Klavier. Auch Annerose Cramer darf zu den Pianistinnen gerechnet werden, die zu Großem geboren sind. Noch steht sie am Anfang einer Laufbahn, noch ist sie mehr auf das Spiel eingestellt als auf die Idee, die Art aber, wie st« Schubertfche Klein- tunst und Chopinsch« Noeturn/s spielt, ist erfreulich musikalisch und oon einer Lieblichkeit des Ausdrucks, daß man sie bald an größeren Aufgaben erfolgreich sehen möchte. Auch das Dach-Spiel des jungen Mädchens gefiel.___ Renaissoace- Theater(Sturm na cht' von Friedrich Lichtnecker.) Mit Wehmut wird gebucht, daß gor nichts eitt- deckt werden tonnte. Die fünf sehr kurzen Akt« des Dramatikers Lichtnecker  , der zum erstenmal erfchemt,«nihallen nichts, was irgendwie zu Hoijnung oder zum Widerspruch Anlaß gibt. Die Tragödie Im Bahnwärterhaus, die aufgeführt wird, ist verollet, zu primitiv in der Charakteristik und es geschehen nur Dinge. die schon der Literatur und nicht mehr dem Leben fett Menschen- gedenken angehören. Die Mutler des Bahnwärterjungen kann sich nicht daran gewöhnen, daß ihr Sohn ein junges Weib in» Hau» nimmt. Erst entsteht Kroch, dann unterliegt die Mutter, indem sie sich vor die Räder des heranbrausenden Zuge, wirft. Zu diskutieren oder zu überlegen gibt et gar nirfit«. Da» geschieht, ist vom ersten Moment ab so durchsichtig, daß Knaben sich weigern würden, da» Problem als ausreichend für ihren Verstand gut- zuheißen. Frau Rose Liechtenstein, Fraulein Ilse Bär« w a l d und Herr Hansel waren beschäfttat. Man bedauerte sehr, daß Frau Liechtenstein   kein« anderen Aufgaben findet und so ein Opfer der Zeitannut wird, die da» Theater besonder» überlistet. beetrogsreis« nach Ztaliev. Der il-Iiem'ch- S»I!ch-ss«r t« Snlm.«ras DoSderst bat Lerlinvl-ffen. um enbvrechend einer bereis? vor Monatrn cuiaeoanfleneif Berpslichtung, in Otalien eine Reih« iterarischer Vorträge,«. a. auch über»erhart Hauptmann, zu hall«,.