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Donnerstag

28. Januar 1926

Unterhaltung und Wissen

Der Himmelstischler.

Bon Adolph Hoffmann .

Im Gegenteil," war die Antwort, es ist alles bis auf den legten Blazz beseßt. Unzählige stehen draußen und können nicht mehr hinein."

Na, das ist doch fein," meinte der Himmelstischler" schmun­zelnd.

Ich schloß mich meinem geehrten Borredner mit dem Worte großartig an.

Wir wendeten uns, um nach dem Kronprinzen zu stiebeln. Da pacte uns der Lauchstädter Vertrauensmann an den Rodschößen und hielt uns fest mit den Worten:

,, Um Himmels willen, auf feinen Fall nach dem Kronprinzen". Bon den umliegenden Rittergütern find die Inspektoren mit ihren mit Knüppeln bewaffneten Knechten angerüdt und haben den ganzen Saal befeßt.

,, Das ist ja glänzend," meinte der Himmelstischler.

,, Da müssen wir doch hin und die günstige Pofition ausnügen," ergänzte ich. " Die schlagen Euch ficher tot,"

jammerte, die Hände ringend, unser Schneider.

,, Da müssen wir doch dabei sein," entgegnete mit himmlischer Ruhe der Himmelstischler".

Jezt ließ der Lauchstädter unsere beiden Rodschöße los, padte mich dafür an beiden Rockaufschlägen und, alle Rücksicht vergeffend, schrie er mehr als er sprach: Um Ihre Person dreht es sich haupts fächlich. Sie find verloren, wenn Sie dort erscheinen.

,, Geben Sie sich keine Mühe, lieber Freund," entgegnete ich. ,, Sie meinen es gewiß gut, aber die Versammlung ist einberufen. Wir sind hier, und da fomme, was da will. Wir müssen wenigstens ver­suchen, fie abzuhalten.

Nochmals versuchte der Lauchstädter, uns von dem Borhaben abzubringen.

Wir sind doch keine Feiglinge," sagte der Himmelstischler", sich in die Brust werfend, die der arme dürre Kerl nicht besaß.

,, Na, Spaß," sagte ich, Julius auf die Schulter flopfend,., wer

fo oft im Sarge gelegen mie Du, fennt feine Furcht."

Bor dem Kronprinzen" war alles schwarz von Menschen. Be­sonders Frauen, die damals noch nicht in politische Versammlungen durften, und fast alle Kinder aus Lauchstädt hatte die Neugier her. getrieben.

Der Himmelstischler" fragte eine Frau, die mit dem Säugling auf den Armen nahe der Haustür stand: ,, Was ist denn hier los?" Ach, wir warten auf den Sozialdemokraten. Wir möchten auch mal so einen sehen.

Julius entgegnete: Na, dann guden Sie mal uns beide an, bann sehen Sie gleich zwei."

Der große Saal war gestopft voll. An jeder langen Tafel saßen mit tüchtigen Knüppeln bewaffnet Knechte und ihr Inspektor als Tonangebender.

Als mir den Saal betraten und sie uns erfannt hatten, ging ein ohrenbetäubender Lärm und ein Geschrei los, wie ich es selbst in den Stöcker und Ahlwardt - Bersammlungen nicht fennen gelernt habe. Es waren wirklich feine Schmeichelworte, die uns begleiteten.

Kaisermörder und Verbrecher

maren barunter die nobelsten.

Rnüppel wurden geschwungen, die mit langen Stiefeln befleide ten Beine uns in den Weg geftredt, über die der Himmelstischler" dant feiner eigenen langen Beine verhältnismäßig leicht hinweg. poltigierte. Mir leistete meine in der Jugend betriebene Gymnastik

Hilfe, und so erreichten wir trotz aller Hindernisse bei diesem Hürden Ohne dem liebenswürdigen Empfang eine Silbe zu widmen, fing der Himmelstischler" an. Er war an diesem Tage firer als der flotternde Apotheferlehrling, der da fang: Im Keller brennt der Spiritus und alles steht in Flammen.

rennen doch unser Ziel, das Bodium.

Mit einer Wupptizität", die ich ihm nie zugetraut hätte, stieß er nur die fünf Worte heraus:

"

-

Der Redner hat das Wort."

-

-

Schon stand ich auf dem Sprunge, aber die unten auch. Ein fürchterlicher Lärm feßte eir. Der imponierte mir nicht, denn ich hatte in den antisemitischen Versammlungen das eine gelernt: Man tann länger schweigen, als die anderen lärmen, wenn auch das will ich ehrlich zugeben mir selbst das Schweigen nicht ganz leicht wurde. Aber ein Teil der Knechte war durch den von den In spettoren spendierten Fufel in Biertelquartflaschen aufgeregt und drohte das Podium zu stürmen Gelbst der Himmelstischer", den so leicht nichts aus der Ruhe bringen fonnte, war aufgeftanden und sah sich hilflos um. In diesem Moment ließ der Lärm ein flein wenig nach, und ich schrie mit allen mir zu Gebote stehenden Stimmitteln in die Ber. fammlung hinein:

Verständigungsfrieden.

VERSTÄNDIGUNGS FRIEDEN

Die ihn nicht gewollt

श्री.

Das erste Telephon und sein Erfinder.

Bon Dr. B. Borchardt.

HIER RUHEN 500 MUSKETIERE JNF. RGT.36 Cambrai

1917

Beilage

des Vorwärts

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300 MUSKET. VOM. J.R. 56 SOMME 1917

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400 JNFANTERISTEN

VOM

JNF. RGT. 76

VERDUN

1916.

haben das erreicht.

wird und seinen Namen mit der Entdeckung resp. Erfindung für immer verknüpft. Natürlich ist es berechtigt, die Namen folcher Männer in ehrendem Andenken zu behalten, nur soll man ihre Ber­dienste nicht übertreiben und ihre Vorläufer nicht völlig vergessen.

Philipp Reis arbeitere unablässig an seiner Erfindung weiter, aber er blieb allein und ohne Mittel. Andere Probleme standen in der Mitte der sechziger Jahre und zu Anfang der siebziger Jahre im Mittelpunkt des wissenschaftlichen und namentlich des technischen Interesses und absorbierten die Hauptmaffe der technisch eingestellten Stopfe und des dafür zur Verfügung stehenden Kapitals. In ersier Linie ist hier die unterseeische Kabeltelegraphie zu nennen. Ihre Entroidlung begann in den fünfziger Jahren, und auch in den sechziger Jahren nahm sie alle Kräfte in Anspruch, um den Atlan­tischen Ozean zu überwinden und Europa mit Amerifa zu verbinden. Weiter tam 1866 die Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips, die ziemlich gleichzeitig durch Werner Siemens in Deutschland und Wheatstone in England geschah. Hierdurch erhielt die Entwidlung elektrischer Motoren einen gewaltigen Anstoß. In die gleiche Zeit fallen ferner die erfolgreichen Anfänge der elektrischen Beleuchtung. Ec sehen wir drei große Aufgaben, die bis zu einem gewissen Grade gefördert sein mußten, che für das Fernsprechen das nötige Intereffe und damit zugleich das nötige Kapital aufgebracht werden fonnte. Als dann kurz nach Reis' Tode die der seinen ganz ähnliche Erfindung in Amerika gemacht wurde, fand sie einen günstigen Boden, so daß sie fich schnell entfalten und entwickeln konnte. Aber auch das Andenken an Reis, dem während seines Lebens die Aner­fennung versagt blieb, soll nicht vergeffen, sondern in Ehren gehalten werden.

Bor wenigen Wochen wurde gemeldet, daß das Telephon auf eine 50jährige Geschichte zurückblicken kann. Vielfach wurde bei dieser Gelegenheit auch des deuischen Lehrers Philipp Reis gedacht, der mit den einfachen Mitteln der Schule in dem kleinen Dörfchen Friedrichsdorf bei Homburg und zum größten Teil mit selbst­gefertigten Apparaten schon im Jahre 1860 gelungene Versuche, Mufit und auch die menschliche Sprache mit Hilfe des elektrischen Stromes zu übertragen, anstellte und bereits 1861 einen von ihm Telephon genannten Apparat konstruierte, der recht gut zum mindesten bei der Uebertragung von Mujit funktionierte. Warum ist Philipp Reis faft vergessen? Warum hat sich an seine Erfindung teine Entwid lung angeschlossen, während dies 15 Jahre später bei dem Bellschen Telephon sehr rasch der Fall war? Der Grund liegt leinesfalls in der Unvollkommenheit des Reisschen Apparates. Bell sprach gegen eine vor einen Magneten befindliche Platte aus Eisenblech, und ihre dadurch hervorgerufenen Schwingungen beeinflußten den Bustand des Magneten. In einer ihn umgebenden Induktionsspuie entstanden dadurch elektrische Ströme von veränderlicher Stärke, die zu einem ganz gleichen Apparat geleitet werden, dessen Platte dadurch in analoge Schwingungen gerät, die sich der Luft mitteilen und vermittels unseres Ohres im Gehirn die entsprechenden Ton­empfindungen auslösen. Das Bellsche Telephon ist noch heute als Empfänger in Gebrauch, während es als Sender sehr bald durch das Mitrophon von Hughes ersetzt wurde, eine Platte, deren Schwin gungen eine lofe Kontaktstelle eines Stromes ein wenig ändern, so daß die so bewirkten Stromschwankungen an Stelle der inbuzierten Ströme im ursprünglichen Telephon treten. Betrachten wir den Reisschen Sender, so unterscheidet er sich von dem Mikrophon sehr wenig. Auch Reis erzeugt durch das Sprechen Schwingungen einer tierischen Membran, auf der eine Platinipige spielt, die ein Platin­blättchen, das mit einer Stromquelle in Verbindung steht, bald be rührt, bald sich von ihm loslöst, wodurch der Strom bald geschlossen, bald unterbrochen wird. Es werden also Stromunterbrechungen statt Stromschwankungen benußt. Wer erfennt nicht, daß von hier zum Mikrophon nur ein kleiner Schritt war, und ähnlich verhält sich ein Empfangsapparat gegenüber dem Bellschen Telephon. Entwick lungsfähig war diese Erfindung also durchaus, und Reis war auch vollkommen überzeugt, daß fie eine große Entwicklung haben werde. Was ist also der Grund, daß sie lediglich eine physikalische Spielerei blieb?

Ich weiß ja, daß Ihr angerückt seid, um mich zu verhauen. Einen Moment trat Berblüffung ein. Ich vermute heute noch, daß es gefchah, weil man sich wunderte, daß so ein kleiner Mund eine so große Schnauze sein fann. " Sie wollen mich verhauen, weil ich dummes Zeug schwaße und das Bolt aufhebe," fuhr ich fort. Alle möglichen Zwischenrufe, die sicher nicht in Knigges Umgang mit Menschen" stehen, und ein Knüppel schwirrten durch die Luft. Die ersten fauften bei mir vorüber, ohne zu verlegen, ber Letztere brach seine Schwingungen an dem neben mir stehenden Tisch. Nur eine energische Kopfbewegung schützte den Himmels tischler " vor seiner Bekanntschaft. Ich nahm den Knüppel, der auf dem Tisch liegen geblieben war, und sagte, ihn wieder runterreichend: Den brauchen Sie ja necher noch, wenn Sie mich verhauen wollen. Gleich würde ich nämlich dazu nicht raten, denn bis jetzt habe ich weber Unsinn geshwägt, noch gehegt. Ich mache Ihnen also fol. genden Borschlag:

-

Sie laffen mich zwanzig Minuten reden und dann verhauen Sie mich Dann wird jedermann sagen, die Prügel hat er für seinen Blat und fein Aufputschen reichlich verdient." Natürlich waren während dieser Worte Zurufe erfolgt, wie: Du triegst die Reinigung schon noch früh genug"," Dir hauen wir die Hude so voll, daß du nicht Biep fagen fannst, Schmeiß ihm doch ein Glas in die große Freffe!"

haben.

Die Inspektoren redeten auf die Knechte ein, sich nicht befabbern au laffen. Die Knechte aber wollten einen Grund zum Berholzen Mir war in diesem Augenblick zu unserem Glück eine Lehre eingefallen, von meinem alten Gesinnurgsfreund Baumeister Reßler, wie man zu ganz Indifferenten sprechen müsse, und nach diesem Rezept mischte ich meinen Trant.

Daß der Himmelstischer" die Sache schon für uns als ge­wonnen ansah, bemies, daß er sein wertvollstes Kleinod aus der Tasche zog feine Glode, mit der er die erste fozialdemokratische Bersammlung in Merseburg mit Fritsche als Redner geleitet hatte, und die er mie einen Schatz hütete. Er flingelte und fagte:" Ich bitte nun, während der zwanzig Minuten, die Sie dem Redner bewilligt haben, alle Störungen und 3mischenrufe zu unterlassen." ( Fortegung folgt.)

Der Grund ist recht einfach, wenn auch für Reis wie für manchen Erfinder, der das gleiche Schicksal geteilt hat, überaus tragisch: Die Erfindung fam feinem Bedürfnis entgegen, oder anders ausgedrückt, die Zeit war für diese Erfindung noch nicht reif. Die bürgerlichen Geschichtsschreiber verdammen gleich ihren Politikern den bösen Marrismus und namentlich auch die von Marg begründete materialistische Geschichtsforschung bekanntlich in Grund und Boden. Sie möchten gerne glauben machen, daß die Menschheit nur durch einzelne hervorragende Geister in ihrer gesamten Kulturentwicklung weitergeführt worden ist und weitergeführt werden kann, und daß ohne solche bevorzugten Köpfe die Menschheit heute noch in einem fast barbarischen Zustand verharren würde. Ach nein! so verhält es sich nicht. Das Streben nach Verbesserung und die Einsicht, die zu Verbesserungen führen kann, ist auf jedem Gebiet menschlicher Tätigkeit so überaus weit verbreitet, daß einzelne große Geifter, an deren Namen fich irgendein bedeutender Fortschritt tnüpft, recht wohl hätten ausfallen fönnen, ohne daß der Fortschritt selbst aus. gefallen wäre. Verfenti man sich in irgendeine bedeutende wiffen schaftliche Entdeckung oder technische Erfindung, so wird man das immer deutlich erkennen. Es gibt feine Entdeckung und Erfindung, die nicht ihre Vorläufer gehabt hat, die aber in den Anfängen steden bleiben mußte, weil die Zeit für sie noch nicht gefommen war. Bar die Zeit aber reif, so sehen wir stets eine ganze Reihe hervor ragender Geifter mit den in Frage stehenden Broblemen beschäftigt, und es ist mehr oder minder zufällig, mem es gerade gelingt, die Form zu finden, die dann die Grundlage der weiteren Entwidlung

Die erfte USA - Stadt mit Gummipflaster. Die Stadt Cicinnati im Staate Ohio ist als erste Stadt in USA . zur Gummi­pflasterung übergegangen. Es wurden, wie die Umschau" mitteilt, Gummiplatten von 30: 15: 3entimeter auf Beton verlegt, und zwar auf eine Zwischenschicht einer heißen Masse, die mit Stampf­afphalt eine gewisse Aehnlichkeit hat, aber vornehmlich aus Zement und Gummt besteht. Die Blatten find miteinander verlappt und werden auf die Unterlage feftgenagelt, um ein Werfen zu verhindern. Acht Mann verlegten 60 Quadratmeter stündlich. Der Verkehr Weber die Hufeisen der wickelt sich nun völlig geräuschlos ab. Pferde noch die Eisenreifen schwerer Laftfahrzeuge hinterlassen auf dem Gummi Eindrücke.

Wieviele Bulfane gibt es? Die Zahl der Vulkane auf der Erde muß früher einmal außerordentlich hoch gewesen sein. Kann man doch heute noch von etwa 100 000 Erhebungen mit ziemlicher Sicherheit nachweisen, daß sie früher einmal vulkanischen Charakter gehabt haben. Ob alle zur gleichen Reit, das ist natürlich eine Frage. Heutzutage dagegen zählt man nur noch etwa 300 Bulfane. Der vulfanärmste Erdteil ist Europa . Auf dem europäischen Fest­land gibt es überhaupt nur noch einen Vulkan, den Besuv. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß die meisten Bultane sich auf Inseln oder an der Meeresfüfte befinden. Der Stille Ozean ist von ganzen Vulkanreihen förmlich umrandet.

Warnungsfarbe zum Anffrich von Maschinenteilen. Die unzu­lässige Erwärmung von Maschinenteilen( Lagern u. a.) ist eine stete Sorge des Betriebs. Eine Farbe, die bei etwa 60-70 Grad, also beim Gefahrpunkt, ihr Aussehen auffallend ändert, bei Abkühlung aber wieder das alte Aussehen gewinnt, ist daher im Interesse leich ter Ueberwachung der zu beaufsichtigenden Teile erwünscht. In Amerifa werden bereits solche Warnungsfarben verwendet, und neuerdings find Proben ähnlicher Farben dem deutschen Ausschuß für Energieleitung" eingereicht werden. Die Untersuchungen find

aber noch nicht abgeschlossen.

Berichtigung. In der gestrigen Fortsetzung des Himmels. tischler ist vor der 18. Beile von unten eine Stelle ausgefallen, ohne die das folgende unverständlich bleibt. Sie lautet: Hier hatte die Sozialdemokratie natürlich noch nicht Boden gefaßt. Ein einziger Mann hielt zu unserer Partei, ein fleiner, etwas verwachsener Schneider, der, da er selbständig und von Landkundschaft abhängig war, nur heimlich in Attion treten fonnte