Ste. 5743. Jahrg. Ausgabe A nr. 29
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Donnerstag, den 4. Februar 1926
Eintritt in den Völkerbund.
Beschluß des Auswärtigen Ausschusses.
Der Auswärtige Ausschuß nahm gestern nach einer Debatte, an der sich außer dem Abg. Hoegsch die Abgg. Dr. Schnee( D. Vp.), Dr. Kaas( 3.), Stoecker( Komm.), v. Freytagh- Loringhoven( Dnat.), Graf Lerchenfeld( Bayr. Bp.). Graf Revenilow( Bölf.) und D. Dr. Bredt( Wirtsch. Bg.) beteiligten, mit 18 gegen 8 Stimmen folgenden An
trag an:
Nach Entgegennahme der Erklärungen des Herrn Reichsaußenministers hat der Auswärtige Ausschuß teine Bedenten dagegen zu erheben, daß die Reichsregierung von der durch Gefeh vom 28. November 1925 erteilten Ermächtigung zum Eintritt Deutschlands in den Bölkerbund Gebrauch macht und geht über die sonstigen vorgelegten Anträge, die den Eintritt Deutschlands in den Bölferbund ablehnen oder an Bedingungen fnüpfen, zur Tagesordnung über. fend
Damit ist der deutschnationale Antrag, der den Eintritt bis auf den St.- Nimmerleins- Tag verschleppen wollte, und ein fommunistischer Antrag auf Ablehnung des Eintritts in den and Völkerbund erledigt.
Die Sozialdemokraten beteiligten sich an der überflüssigen Debatte nicht mehr und begnügten sich damit, für den Eintritt zu stimmen.
Aus dem Stimmenverhältnis ergibt sich, daß nur die Deutschnationalen, Kommunisten und Völkischen gegen den Eintritt in den Bölkerbund gestimmt haben tönnen, daß also auch die Bayerische Volkspartei und die Wirtschaftliche Vereinigung für ihn gestimmt haben müssen. Wäre die Abstimmung im Plenum vorgenommen worden, so hätten bei vollbesetztem Hause 323 Abgeordnete ihre Stimmen für den Eintritt und nur 170 gegen ihn abgegeben. Es wäre also eine erdrückende Mehrheit für den Eintritt in den Völkerbund in Erscheinung getreten.
Der Beschluß des Reichskabinetts und die Entscheidung des Reichspräsidenten können danach, ebenso wie die an gekündigte Besprechung mit den Ministerpräsidenten, nur noch Formalitäten sein. Am Sonnabend werden die Mi nisterpräsidenten gehört, am Montag wird das Kabinett beschließen. Die Anmeldung wird also noch rechtzeitig zu der Märztagung des Völkerbundes erfolgen.
Mit dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund treten Mit dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund treten auch die Schiedsverträge in Kraft, die Deutschland in Locarno mit Frankreich , Belgien , Polen und der Tschechoflowakei abgeschloffen hat. Es ist wohl nicht zuviel gefagt, daß damit ein neuer Abschnitt nicht nur der auswärtigen Politik Deutschlands , sondern der europäischen Politik überhaupt beginnt. Deutschland wird durch die Ueberlassung eines ständigen Sizes im Bölkerbundrat als gleich berechtigte Mac; t und als europäische Großmacht anerkannt. Das schließt Behandlungsmethoden, wie sie beim Londoner Ultimatum und beim Ruhrkonflikt angewendet worden sind, für die Zukunft von vornherein aus.
Indes Deutschland als Großmacht anerkannt wird, deklariert es sich selbst durch die Verträge von Locarno als eine friedliche Großmacht. Es hat nach Ost und West auf jeden Gedanken an Revanche verzichtet und Frankreich gegenüber zu feiner vollständigen Sicherheit auch noch die Garantierung seiner Ostgrenze übernommen. Der deutsche Westen ist vertragsgemäß entmilitarisiert. In diesen neuen Zustand ragt die Besagung der zweiten und
erfolgverheißender Weise eingeleitet, und die Sozialdemokratie, ohne deren Anregung und Förderung es nicht denkbar wäre, betennt sich zu ihm. Sie ist damit den großen Traditionen eines Bebel und eines Jean Jaurès treu geblieben, und sie beneidet jene sogenannte Arbeiterpartei" nicht, die bei der entscheidenden Abstimmung im Auswärtigen Ausschuß, wie ja sonst immer auch, ihre Aufgabe darin erblickte, im Troß eines stumpfsinnigen reaktionären Nationalismus einherzutraben. Das ist und bleibt eine Schande, die auch durch die langatmigste Erklärung nicht ausgetilgt werden kann.
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Briand- Stresemann.
Paris , 3. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Am Quai d'Orsay wird zu der Meldung eines Berliner Blattes, daß die Begegnung zwischen Stresemann und Briand für Ende Februar, und zwar in einer Stadt Südfrankreichs , Nizza oder Cannes , vereinbart sei, erklärt, daß über die Zusammenkunft der beiden Staatsmänner noch teine bestimmten Vereinbarungen zwischen Paris und Berlin getroffen seien.
Eine Tagung des Völkerbundsrats.
zerischen Depeschen- Agentur dürfte der Völkerbundsrat, falls Genf , 3. Februar. ( WTB.) Nach einer Meldung der Schwei zerischen Depeschen- Agentur dürfte der Völkerbundsrat, falls das Aufnahmegesuch Deutschlands Anfang nächster Woche gestellt wird, noch in der nächsten Woche eine furze Tagung abhalten, in welcher der Zeitpunkt der außerordentlichen Böller bundsversammlung festgelegt würde, die über das Aufnahmegesuch Deutschlands zu entscheiden hätte.
Diese Bersammlung dürfte in der Zeit zwischen dem 8. und 10. März stattfinden, also gleichzeitig mit der am 8. März be ginnenden Frühjahrsfeffion des Rates.dm
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Vom reichsdeutschen Imperialismus, der das arme Deutschösterreich fressen will.
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In sehr fühlbarem Gegensatz zu jener Kammerrede des damaligen Deputierten Genossen Brade, der im ClemenceauParlament der Siegeswahlen bei der Beratung des Friedensdiktats von St. Germain, unbeirrt durch das Geschrei der Nationalblöckler, für Deutschösterreich das freie Selbstbestim= mungsrecht forderte, steht jene Betrachtung des franzöſiſchen Revue", worin er die Besorgnis andeutet, die Anschlußbewegung Genossen Abg. Paul Boncour in der Zeitschrift„ Europ. fönnte auch reichsdeutsch- imperialistische Annexionsmache sein. Wir können nicht annehmen, daß dieser französische Genoffe, wenn er auch mehr als die meisten Führer unserer Bruderpartei drüben in amtlicher Beziehung zum offiziellen Frank reich steht er ist ja einer der Bertreter seiner Regierung im Völkerbund, zu jenen unbedingten Anschlußgegnern gehört, die sich von der Irrigkeit einer solchen Meinung nicht überzeugen lassen wollen. Jedenfalls ist diese falsche Meinung über den inneren Sinn und wahren Charakter der Anschlußbewegung stark verbreitet und wird noch stärker propagiert, je mehr die Anschlußbewegung aus der Tiefe des reichsdeutschen über die Grenzen, sich auch dem Bewußtsein der ganzen und deutschösterreichischen Boltes empor- und hinausdringt Kulturmelt mehr und mehr mitteilend. Darum muß jener Irrglaube nur als solchen können wir bei Boncour ansehen, immer wieder befämpft werden. was bei anderen falte Zweckpropaganda ist
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Das Selbstbestimmungsrecht hatte Woodrow Wilson als das oberste Recht aller Völker, besonders auch der unter zentraleuropäischer Monarchenherrschaft lebenden, proklamiert und unter Berufung auf Wilsons Proklamation hatten die Regierungen in Berlin und Wien um Waffenstillstand und Friedensverhandlungen ersucht. Allen anderen Völkern des ehemaligen Habsburger - Reiches wurde die Selbstbestimmung in der Form gewährt, daß man ihnen eigene Staaten schuf, oder sie an den schon bestehenden gleichnationalen Nachbarstaat anschloß. Den Deutschösterreichern wurde das ausdrücklich verwehrt, obwohl die erste Lebensäußerung dieses Staates das Bekenntnis war, daß er ein Bestandteil der deut schen Republik sei. Nicht nur Deutschösterreich, dem man die Weiterführung des überlebten Namens Desterreich aufzwang, damit er den gegen Altösterreich selbständig gewordenen Nachbarvölfer ständig Abneigung einflöße; auch Deutschland mußte fich feierlichst verpflichten, die von beiden gewollte Vereinigung zu unterlassen es sei denn, daß der Völkerbund gestatte.
Paris , 3. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die Kammer, die am Mittwoch zunächst mehrere von den Parteien der Oppofition eingebrachte Gegenprojekte abgelehnt hatte, ist am Abend in die Beratung der Kommissionsvorlage eingetreten. Es ist dabei zu einer Reihe sehr interessanter Einzel abstimmungen gefommen, die den Beweis erbrachten, daß die innere Geschloffie fenheit der Linksparteien beträchtlich größer ist, als man in parlamentarischen Kreisen bisher angenommen hatte.
So hat die Kammer den ersten Absatz des Artikels 58, der die obligatorische und eidesstattliche Deklaration für die Einkommensteuer einführt, sich mit großer Mehrheit zu eigen gemacht und einen Abänderungsantrag der Rechten, der die Berpflichtung, diese Steuererklärung alljährlich zu erneuern, beseitigt wissen wollte, mit 356 gegen 195 Stimmen abgelehnt.
der Gesamtheit der Steuerzahler, also auch denjenigen, die bisher Der Absatz 2 des Artikels, der die obligatorische Steuererklärung Finanzminister Do u mer im Namen der Regierung bekämpft. Der Vorsitzende und der Berichterstatter der Kommission, die Abgg. Maloy und Lamoureuse, wenden dagegen ein, daß die Ablehnung dieser Bestimmung die von der Kommission angestrebte wirksame Bekämpfung der Steuerflucht durchkreuze und den praktischen Wert Bekämpfung der Steuerflucht durchkreuze und den praktischen Wert mit 295 gegen 233 Stimmen abgelehnt
der Einkommensteuer unterworfen waren, auferlegt, wird vom
Was aber die Regierungen nicht durften, das haben die Völker sich nicht verbieten lassen. Unzählbar sind die Anschlußkundgebungen in Parlamenten und Versammlungen wie in der Presse aller Richtungen. Es gibt tatsächlich, weder dies noch jenseits von Passau , irgend eine nennenswerte Partei, die gegen die Bereinigung wäre. Die imposante sten Anschlußkundgebungen hat es bezeichnenderweise in Deutschösterreich gegeben: die Volfsabftimmungen in Nordtirol Bundesländer wären gefolgt, wenn nicht die regierenden und Salzburg von 1921, bei denen sich rund 98 Proz. für den Anschluß an Deutschland erklärten; Steiermark und die anderen Demokraten von Paris und Prag die„ Unabhängigkeit" ihrer Schöpfung„ Desterreich" rechtzeitig wieder einmal durch ein stilles Berbot weiterer Boltsabstimmungen vor aller Welt bekräftigt hätten! ſtilles er bot weiterer Boltsabstimmungen vor aller Welt
und Einzelreisende an ihrem Empfang drüben gemerkt Seitdem haben zahllose reichsdeutsche Reisegesellschaften
dritten 3one wie ein leberreft aus vergangener Beit des ganzen Artikels in Frage stelle. Trotzdem wurde dieser Ablaß und das wird doch den tüchtigen Beobachtern der Entente nicht
hinein. Das hat gestern auch in einer feierlichen Ansprache zu Beginn der Reichstagssigung der Präsident Gen. Löbe ausgesprochen. Der start entwickelte Sinn der Franzosen für Logit muß mit uns empfinden, daß es sinnwidrig ist, sich durch militärische Besatzung eines Teils seines Landes gegen einen Nachbar zu sichern, mit dem man einen Bertrag zur gegenseitigen Sicherung abgeschlossen hat. Das französische Bolt muß aber auch empfinden, daß die Aufrechterhaltung dieser Besatzung gegen das Rechts
gefühl geht.
Durch den Abschluß der Verträge von Locarno und den Eintritt in den Völkerbund gewinnt Deutschland eine ausgezeichnete moralische Position. Wir haben den dringenden Wunsch, daß diese Position dazu benützt werde, um für das Recht jedes Boltes, besonders natürlich auch des deutschen und seiner im Auslande lebenden Minder heiten, zielbewußt einzutreten. Wer eine solche Politik jetzt noch, nachdem die Entscheidung für sie gefallen ist, durch Revanchelärm und Bölferverheßung zu durchkreuzen versucht, der wird sich auch durch national" flingende Tiraden nicht mehr von dem Borwurf reinwaschen können, die auswärtigen Intereffen Deutschlands wissentlich zu schädigen.
Boreiligen Hoffnungen barf man sich nicht hingeben. Noch wird es einer flugen, geduldigen Arbeit von Jahren bedürfen, um die geſtedten Ziele zu erreichen. Ein Wert der Befreiung im Geist der Internationale ist in
Eingehen des„ Saar- Kuriers".
Reinigung der Atmosphäre.
Saarbrüden, 1. Februar.( Eigener Bericht.) Das franzöfifche Bropagandablatt, der Neue Saar- Rurier" hat von Montag ab fein Erscheinen eingestellt. Damit verschwindet eine besonders üble Gestalt aus der saarländischen Politit. Unter dem Regime Boincarés gegründet und mit reichlichen französischen Geldern unter stützt, vertrat es zunächst einen ausgesprochenen französischen Standpunkt. Als im Mai 1924 des Block National seine Herrschaft an das Linksfartell abtreten mußte, flossen scheinbar die Subsidien aus Paris etwas spärlicher. Doch der Saar- Kurier" verjuchte es auch mit dem neuen Geist. Er machte von jetzt ab etwas starter in Pazifismus" Försterscher Richtung, bis nunmehr, wie es scheint, seine Geldgeber auch auf diese Dienste feinen Wert mehr legen. Die autonomistische Saarbundsbeme= gung ist längst auseinander gefallen und nunmehr stürzte mit dem Saar- Kurier auch die letzte Säule. In seinem Abschiedsartikel begründet die Redaktion das Eingehen des Blattes mit der ihm feindlichen Einstellung der faarländischen Juft i 3.( Die Zahl der im letzten Jahre gegen dieses Blatt anhängigen Berfahren war nicht gering, was die vorsichtige Redaktion veranlaßte, ihren Sig in Forbach ( jetzt Frankreich ) aufzuschlagen, um ihre Berleumdungen ungehindert verbreiten zu können. Das Berschwinden dieses üblen Organs bedeutet ein Stüd Reini gung der hiesigen politischen Atmosphäre. Sie ist den Auswirtun gen der Politit von Locarno zuzuschreiben.
verborgen geblieben sein, daß der Anschlußwille unbeirrt weiterlebt. Die zwei von den drei Wiener Parlamentsfrattionen, die zusammen unstreitig die Bolksmehrheit darstellen, Sozialdemokraten und Großdeutsche, haben immer wieder den Ruf„ Heim ins Reich!" erhoben. Ein schwarzgelber Monarchist wie der Altbundeskanzler Prälat Dr. Seipel hat noch vor wenigen Monaten in der Schweiz öffentlich erklärt, eine Volksabstimmung in seinem Heimatland würde sicher einige 90 Proz. für den Anschluß ergeben. Das Volk von Wien hat oftmals in diesem Sinne demonstriert, besonders eindrucksvoll beim Wiener Besuch des unter LöbesFührung stehenden Desterreichisch- deutschen Volksbundes im September v. J. Gerade die Führung der Anschlußbewegung im Reiche durch Paul Löbe , der als Reichstagspräsident musterhaft objektiv, doch seine sozialdemokratische Gesinnung nicht nur nicht verbirgt, sondern sie agitatorisch weiterzuverbreiten stets trachtet, ist die schlagende Widerlegung des grundlofen Verdachts, als ob di eAnschlußbewegung ein reichsdeutfches Annerionsstreben wäre. Gibt es schärfere Gegensätze als zwischen deutschen Sozialisten und Nationalisten? Dagegen hat Tardieu, später Mitverfaffer des Versailler Haßdiktats, einmal vorher ein Buch dem Leiter der Deutschen Tages. zeitung", dem konservativen( heute würde man sagen, deutschnationalen) Reichstagsabgeordneten Dr. Dertel in Hoch achtung, vielleicht auch in wohlverdienter Liebe und Verehrung gewidmet,...