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Liberale ,y\5> Vereinigung. f»
die rostigen Räöer, Sie rattern und knattern der selige Nationalliberale Nuf dem alten vermotteten steppeltahn, Kein Rückgrat zu zeigen, ist höchstes Gebot!-- Und die Herrn pastagiere, fle schwätzen und schnattern, Gibt als Mummelgreis heut' mit zwei Zlaggen Signale, Ganz wie ste es schon unter Wilhelm getan. Mal schwarzrotgold und mal schwarzweißrot.
Die Schädel Nr. ZH, 37 und ZS. Bon Dr. ffi. Wächter. Wenn wir am Anfang des Jahres die List« der Toten de« ver. floliencn Jahres durchmustern, dann fühlen wir dos Bedürfnis, uns mit dem Leben, den Taten oder Werken derjenigen Verstorbenen ein wenig zu beschäftigen, die wir besonders geschätzt haben oder deren Bedeutung für die Welt- oder Kulturgeschichte uns besonders ins Auge springt. Unter den Namen der Naturforscher, die im Jahr« 1025 der Tod dahinraffte, leuchtet der des berühmten Afrikaforschers Georg Schweinfurth   besonders hell aus dem Dunkel des Alltags her- vor. Als fast gyjähriger starb dieser merkwürdige Mann, dessen Weltrichm schon vor 50 Jahren begründet wurde, im Herbst vorigen Hahres in seiner Berliner   Wohnung. Was an ihm sterblich war. wurde im Botanischen Garten zu Dahlem   beigesetzt, eine letzte Ghrung des Forschers durch feine Fachgenossen. Die Bedeutung Schweinsurths reicht weit über das rein Fach. wissenschaftliche hinaus. Er war nicht nur Botaniker, sondern auch Geograph. Anthropologe, Sprochsorscher, Kulturhistoriker und ein glänzender Schriftsteller, dessen große Reisebeschreibung.,3 m Herzen Afrikas" auch jeder Laie mit Genuß liest. Schwein- surth war der erste Europäer, der. von Norden kommend, die Wasserscheide des Nils überschritt: er war der erste, der auf das Zwergvolk der Akka, der sagenhaften Pygmäen stieß, an dessen Existenz man zweifelte, und er war der erste, der uns wirklich zu- vsrlästige Nachrichten bracht« von den Kannibalen, den Menschen- iressern im innersten Afrika  , an deren Vorhandensein unser Forscher solange nicht geglaubt hatte, bis er selbst ins Land der Niamniam und der auf recht hoher Kulturstufe stehenden Monbuttu kam, das vor ihm noch kein Europäer gesehen hatte. Wie eng beieinander Zivilisation und tierische Roheit im Menschen stehen können, lehrt uns das tägliche Leben, und wenn wir den Menschenfressern gerecht werden wollen, müssen wir auch ihre Vorzüge zu würdigen wissen. Die Monbuttu waren das intelligenteste Volk unter den Wilden. denen der Reisend« begegnete. Ein Hindu, der nur Pslanzennahrung zu sich nimmt, verabscheut die Fleischesser in gleicher Weise wie wir die Kannibalen, und wenn Schweinjurth auf Grund seiner Be- obachtung unter den Wilden zu dem Schluß gelangt, daß die Hund«. esser den Kannibalen am nächsten stehen, so wußte er offenbar nicht. daß in unserem zivilisierten Vaterlande hier und dort ein knusperig gebratener Hund al» eine gute Gabe Gottes betrachtet wird. Schwein furch hat eine große Schädelsammlung aus Afrika   mit nach Europa   gebracht für anchropologische Forschungen: ste befinden sich jetzt im Berliner   anatomischen Museum und stich Zeugen des Kannibalismus, deren stumme Aussogen nicht aus der Geschichte der Menschheit gestrichen werden können. Die Kannibalen fressen nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder: für König Münsa im Monbuttulande waren gerade die Kinder ein b«. sonderer Leckerbissen. Schweinfurth   sah einmal, wie zwischen einer Kürbi» schneidenden Frau und einem behaglich auf der Mandolin  « klimpernden Manne ein neugeborenes Kind lag, das noch hell und rot war und unter den sengenden Strahlen der glühenden Mittag»- sonn« litt. Die Frau wartete aus den Tod des Säugling«, uni ihn zu kochen. Die Mutter, eine Sklavin, hatte man von dem Kinde getrennt, da dieses sie an der Feldarbeit gehindert hätte. Die Schädel, die dem Forscher von den Monbuttu gebracht wurden. trugen vielfach noch den Geruch von frisch Gekochtem an sich, und man konnte deutlich sehen, daß das Fleisch mit dem Messer her­untergeschabt war. Die Kannibalen verschaffen sich das Mcnschcnsleisch auf Krieg». und Raubzügen gegen andere Stämme ihre eigenen Stammes­genossen fressen sie nicht, die Gefallenen werden an Ort und Stelle verzehrt oder ihre Körper zerlegt und dos Fleisch getrocknet: die Gefangenen werden wie eine Hammelherde mitgeschleppt und je nach Bedarf abgeschlachtet. Auch das Fett des Menschen wird ver- wandt, und Schweinfurth   erzählt, wie er bei einer Oellampe ge- arbeitet habe, die mit Menschensett gespeist wurde. Solange die Karawane, der sich unser Forscher angeschlossen hatte, in der Umgebung des Königs Münsa   verweilte, wurde übrigens in sehr rücksichtsvoller Weise die Menschenfresserei verheim- licht, well man wußte, daß die Fremden keinen Geschmack an dieser Art der Ernährung fanden. So hat denn Schweinfurth   mit eigenen Augen nur einmal gesehen, wie Frauen das Hinterteil eines Leich- nams mit kochendem Wasser zur Entfernung der Haar« abbrühten. in der Art. wie man bei uns die Schweinc behandelt. Ein anderes Mal sah er einen frischen menschlichen Arm über dem Feuer hängen. wo er geräuchert wurde. Und dabei rühmt er die Monbuttu als liebenswürdige Leute, die äußerst zuverlässig im freundschaftlichen Verkehr und sehr ordnungsliebend sind. Kannibalismus ist also nach der Erfahrung des Forschers durchaus kein Maßstab für den Grad des Kullurzustandes überhaupt, und diese Erkenntnis ist dazu an- getan, uns immer wieder daran zu erinnern, wie kompliziert die menschliche Seele ist, was wir bei uns in solch drastischer Weise nur bei gewissen Verbrechern beobachten können. Bei einem kriegerischen Unternehmen der Karawane gegen feindlich gesonnene Stämme waren auch einige Niamniamleute, die zur Karawane gehörten, be- teiligt. Während die übrigen Leute sich daraus beschränkten, Ge- treibe, andere Mundvorrät« und Weiber zu rauben, verstanden es die Niamniam. sich hinter dem Rücken der übrigen eine heimatliche Menschenmahlzeit zu bereiten, was dadurch herauskam, daß sie wenige Tage nach beendetem Kriegszuge dem Forscher drei frisch- gekochte«chädel zum Kauf anboten. Das sind die Schädel Nr., 37 und 38 der anatomischen Sammlung.Geschehen war geschehe», ich tonnte nicht anders, als sie wisienschaftlich verwerten." lieber 50 Jahre sind zwar vergangen seit diesen Erlebnisien, aber wenn auch in anderen Ländern, z. B. auf den Fidschi  -Jnseln der Kannibalismus durch den Einfluß europäischer Zivilisation aus- gerottet ist, im Herzen Afrikas, wohin man weder auf Kamelen, noch Eseln, noch aus Wagen gelangen kann, wohin man zu Fuß reisen muß, werden vermutlich heute noch ähnliche Zustande herrschen wie zur Zeit Georg Schweinsurchs.
Prometheus M.-G. Don Max Barthel  . Nün die liebe Sonne ihr Glanzgcsicht wiederum der alten Mutter Erde zuwendet und der eisige Hauch des Wiilters zcr- schmilzt und im Schoß« der Natur die vielen Blünüein erwachen und auch die ersten Vöglein ihr Danklied anstimmen, denn es ist wiederum Licht auf die stluren, und das himmlische Feuer leuchtet uns wieder, dos heilige Feuer, dos einst Prometheus   den Göttern §-raubt hat.. so würde ein aufgeregter Lyriker diese Geschichte egin-en. ..Am schwarzen Felsen des Kaukasus   hing mit eisernen Ketten geschmiedet Prometheus  , der Held, der den Göttern das Feuer entriß und das Dunkel der Barbarei auf Erden sausend damit erhellte. Die Menschheit hatte das Licht, aber Pramctheus hing schmerzae- krümmt am kaukasischen Fels: ein Geier fraß seine Leber. Die Götter straften Prometheus  . Wenn der Geschändete vor Schmerzen ausbrüllte, oersinsterte sich der Olymp. Dunkelheit stürzte über die Erde. Aber das Feuer jaust» und zuckte und fraß alle Schatmr. Und noch in Sterbepein reckte Prometheus   sein Haupt und schrie in den Himmel:.Es gibt nichts Aerniercs unter der«onne als euch, ihr Götter.. so würde ein durch die Schule verbildeter Laie einen Roman über Prometheus   beginnen.
Der Fachgelehrte würde einen mächtigen Austatz über den Ur» sprung des Feuers verfassen, über die Methoden der Feuerberestung bei den wilden Völkern und den dazu gehörigen Kultspielen und Mythen: die philologische Konkurrenz grübe in alten Liedern und Märchen den Spuren des Feuers nach: sie würde auch Schillers Lied von der Glocke zitieren mit dem berühmten Spruch:Wohl- tätig ist des Feuers Macht," und zum Schluß der gelehrten Abhand- lung käme sicher da» schöne Volkslied vom Schwefelhölzchen, da» man haben muß, wenn man Feuer machen will. Das Schwefelhölzchen gehört einer vergangenen Zeit an. Di« Hölzchen der Gegenwart sind ohne Phosphor und ohne Schwefel. Sie sind auch von aller Poesie meilenweit entfernt. Sie sind wie fast alle Dinge des menschlichen Bedarfs Ware geworden. Sie bauten, so klein und winzig sie auch sind, einen der vollendetsten Trusts, den die Weltwirtschaft überhaupt kennt, den schwedisch  - amerikanischen Zündholzkonzern mtt einem Aktienkapital von über zweihundert Millionen Goldmart. Vor ungefähr zwanzig Jahren schlosien sich die größten schwe- dischen Zündholzfabriken zusammen, um den an Japan   verloren- gegangenen asiatischen Markt wieder zu erobern. Di« Japaner wurden in diesem Wirtschaftskampse besiegt. Ihre Fabriten wur> den ausgekaust oder durch Kapitalbeteiligung unschädlich gemacht. Amerikanische   Geldgruppen lchlossen sich den Schweden   an, modern« Prometheiden, um endlich die arme dunkle Welt mit ausreichendem und billigem Lichte zu oersorgen, die schwarzen, weihen und gelben Völker endgültig zu erleuchten. In Polen  , in Lettland   und in der Türkei   Hai   der Zündholztrust das Staatsmonopol. Nur seine Zündhölzer dürfen in diesen Ländern verkauft werden. Aber es gibt fast kein Land auf dieser Erde, in dem nicht die schwedischen Amerikaner ihre Niederlagen, Vcrtaussorganisationen und Fabriken haben. Sie beherrschen Nord- und Südamerika vollkommen, die englischen Kolonien. Japan  , China  , Indien  , Finnland   und Zentral- und Westeuropa  . In der letzten Zeit wurden neue Fabriten in Peru  , Belgien  . China   und Holland   erbaut. Wer ist nun der neue Prometheus, der den Völkern da» Licht bringt und nicht an den kaukasischen Felsen geschmiedet wird? Schwedische, englische und omerikanischc Kapitalisten, der große Menschenfreund' Rockefeller  , der amerikanische   Zuckerkönig Hove- meyer, um einige Nomen zu nennen. Da» sind die modernen Lichtspender der Menschheit. Die Geschichte der Zündholzvertrustuna ist eine Geschichte de» Kapitalismus  . An diesen unscheinbaren Streichhölzern kann man genau studieren, wie sich eine Gruppe von Men'chen rücksichtslos eines Bedarfegegenstandes bemächtigt und ihn nach allen Regeln der Kunst in eine üppig« Ouelle des Profits verwandelt. Dieser Trust besitzt eigene große Banken, unerschöpfliche Wälder, chemische Fabriken, Exporthäuser, eine den ganzen Erdball umspannende Vcrkaussorgonisotion und großartig« Papierfabriken, Holzhauer in omerikonischen. kanodiichen. schwedischen und deutschen   Wäldern, die Arbeiter in den Sägemühlen und PapierfabrUen. viel« hundert. tausend weiße, gelb« und schwarze Hönde an den Stanzen und ,n den chemischen Werken, die Arbeiterinnen an den großen Pack- Maschinen, rollende Waggons durch alle Länder, ousiahrend« Schiife über den Ozeanen der ganzen Welt, der Hetzbetrieb der Trustbantcn und ihrer Filialen, Verhandlungen mit den Regierun- gen wegen Staotsmonopolen oder Zollschranken, Unglücksfalle in den krachenden Wäldern und in den Giftgasen der chemischen Fabriken, Funksprüche von Land zu Land. Börsenschiebungen. Gründung neuer Fabriken, rücksichtsloser Krieg mit der zusammen. brechenden Konkurrenz: das ist der schwedilch-amerikanischc Zund. Holztrust, der eigentlichPrometheus-A-G" heißen sollte.
In Deutschland   kämpft nach den Berichten ei»er Berliner Zei- tung dieser Trust um die Vormachtstellung. Er wird siegen. Rocke- seller ist bei ihm. der Zuckcrkönig Havemeyer, die größte Erfahrung, das meiste Geld, die besten Maschinen, die billigsten Arbeiter. Vierhundert Millionen Chinesen, dreihundert Millionen Inder ge- brauchen, wenn sie Zündholzer benutzen, nur die vom schwedisch- amerikanischen Trust. Und an jedem Streichholz, das irgendwo in der Welt brennt, in Peru  , in Finnland  , in England, verdienen die Macher und Obergötter dieses Konzerns den Bruchteil eines Cents. Aber dos wissen wir, daß ihnen einmal ein Licht angesteckt und ein Feuer angezündet wird, an dem sie nichts verdienen werden, wenn sie auch Rockefeller   oder Havemeyer' heißen.
Gesuch w einer deutschen Sowjetrepublik. Daß es«ine richtige deutsche Sowjetrepublik gibt, dürfte wohl nicht allgemein bekannt sein. Und doch ist es so diedeutsche  Sowjetrepublik" ist ein Bestandteil des riesigen Staatenkomplexes der Sowjetrepubliken auf dem Gebiete de» früheren russischen Kaiser» reich»: sie wird von den ehemaligen Bezirken der deutschen Koloni- sten an der Wolga  , die noch von der Zarin Katharina der Großen zur Kultivierung in» Land berufen wurden, gebildet. Der Korre» spondenl der russischen ZeitschristRotes Feld" entwirft eine charat- tertstisch« Schilderung dieser Republik.Wir fahren über das Feld auf einer Art Halbchcmssee. Plötzlich sehen wir von weitem die Kon- turen einer gotischen Kirche und ferne Weinberge. Fremdartig aussehende Leute mit glattrasierten Gesichter» und hellblauen Augen, das Haupt mit welchen Hüten bedeckt, kommen uns entgegen. Dies« Ausländer" fahre» mit gut gesütterten Pferden. Wir beasgnen auch vielen Wagen, in denen anmutige Domen mit vielen Gepäck- stücken beladen, sitzen. Alles ist sauber, blitzblank und neu und stellt einen lcharsen Gegensatz zu dem dar, was wir vorhin in den echt- russischen Gebieten gesehen haben. Wir fahren in ein Dorf hinein und erreichen das Gebäude des Dorssawjets. Aber wo ist denn die üblich« und in jedem russischen Dorf zu findende rate Fahne? Nichts läßt hier annehmen, daß mir uns mitten in der Union   der Sowjet- republiken, wo jetzt noch ein erbitterter Klassenkampf wütet, befinden. Auf dem Platze erhebt sich«ine gute alte deutsche Kirche mit dem Namen des heiligen Johann, die eine Turmglocke hat. wie in jedem echt deutschen Städtchen. Ich dachte schon, daß ich bald einem Polizisten aus der Zorenzeit begegnen werde. Doch nein. Ich be- merk« einen Milizionär endlich einen Sowjetbeamten! Er er- zählt mir. daß die Deutschen   sehr abgeschlossen leben und vom Kommunismus nicht» wissen wollten. Er jagte weiter, daß alle Einwohner der Republik   wahlhabend sind und einige sogar sehr reich. Sie bezeichnen sich als Bauern, und deshalb darf bei ihnen nichts nationalisiert werden, obwohl einige von chnen einen recht großen Landbesitz haben u>ii> recht ansehnliche Einkünfte einstecken können. Bemerkenswert ist. daß im Sowjethause weder die in Rußland   so beliebten Plakate mit reooluiionären Schlagworten, nach Bilder von Lenin   vorhanden waren. Dafür gibt es aber eine vorzüglich organisiert« Bibliothek und einen Aereinsklub. In diesem Vereinsklub tonnt« man sich mitten in Thüringen   ader in Sachsen  wähnen, so gemütlich deutsch   sah es dort au». Auch einen Tury- verein gibt es in diesem gesegnetenHelenendorf", wie dieHaupt- stodt" der deutschen   Sowjetrepublik heißt. Die Kommunisten selbst sagen, daß die Deutschen   kommunistischen   Neuerungen unzugänglich sind, trotz aller Versuche, ihre eigenebourgeoise" Organisation behatten. Man will aber in Sowsetruhlond gegen die sogenannten nationalen Minderheiten" großzügig sein.