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Gomelt ist alles gut. Es tft fidher sehr schött; daß die Stabt auf diese Weise die Möglichkeit hat, manchem zu helfen. Aber aber: Wenn die nächsten Angehörigen selbst in dürftigen Berhält niffen leben, wenn nur ihre Notlage sie hinderte, die Eltern aus­reichend zu unterstügen? Mengstlich verschweigen viele Unter­ftügungsempfänger, daß sie überhaupt unterhaltsverpflichtete Ber. mandie haben. Ach. die Kinder tun ja, was sie fönnen bringen hier und da ein bißchen; aber sie haben ja selbst Familie. Man mag, man fann ihnen nicht zur Last fallen. Mutter und Bater verstehen das alles. Und so gern würden sie dann in der letzten Stunde den bösen Erbrechtsvertrag nichtig machen. Die Kinder fönnten doch noch so manches brauchen! Aber dann tommt die Stadt und greift zu. Und wenn Mutter im Krankenhaus der Tochter auch noch schnell die Wohnungsschlüssel zuſtedte auch die Stadt auch die Stadt ist flint; eines schönen Tages präsentiert sie ihren Schein und wer sich Eingriffe in ihr Erbrecht erlaubte, setzt sich vielleicht sogar einem Strafverfahren aus! Nicht immer wird es ganz so schlinim. Auf die Notlage der Angehörigen wird etwas Rüdsicht genommen, ein ober das andere Stüff gibt man ihnen wohl ab, menn eigener bringender Bebarf vorliegt. Auf den Hauptteil aber legt die Nach laßverwaltung Beschlag. Sie besteht auf ihrem Schein hoffentlich nicht gar zu unbarmherzig.

Rehberge.

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Schwer hängen dichte weiße internebel zwischen ben affischen Sandbergen des Beddings, dort, wo das Stahlneg der Untergrund­bahn zu Ende ist, wo das Häufergehäuf überfüllter Mietsfasernen langsam fpärlicher, die Großstadtluft schon etwas frischer wird und das rote Dachwert einer schmucken Siedlung das Gesamtbild hellt. Dreihundert Arbeitslose ziehen jezt tagtäglich hier hinaus, zwei­taufend, fagt man, follen's ab Montag fein, und die Abtragung der Rehberge, der hügligen Miniaturwüfte im Norden der Stadt, soll ihre Arbeit, ihr Broterwerb und vieler Proletarier Freude sein.

Die Libelle.

Ein Totschlag aus mißbrauchter Liebe.

T

Um 7. September v. 3. trat in der Nähe des Hotels Schweriner of an den wachthabenden Schuhmann ein junger Mann heran mit einem Rofferchen in der Hand und fagte zu ihm: Ber haften Sie mich, ich habe foeben meine Frau er ftohen. Im Zimmer des Hotels fand man mit einer tödlichen Stichwunde in der Herzgegend die 22jährige Trube M. Auf dem Tisch lag ein Brief an die Schwester des Mörders":" Beide einig zu sterben, sind wir einer anderen Welt entgegengegangen." Der junge Mann war der 25jährige Elettromonteur Artur J. Er felbft hatte eine Stich wunde in der Herzgegend und drei Schnittwunden in der Nähe der rechten Pulsader. Also Doppel­selbstmord?! Dem Untersuchungsrichter gegenüber behauptete er aber, feine Frau in einer Butaufwallung getötet zu haben. Daran hielt er auch in der gestrigen Verhandlung im Landgericht I fest. Die Anklage lautete auf Todschlag.

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Wie war es zur Tat felbst gekommen? Der Anfang des Dramas geht auf das Jahr 1919 zurüd. In Magdeburg hatte der 19jährige Artur die noch nicht 16jährige Trude tennengelernt. Sie aber war ein loderes Ding. Ihr Lehrmeister in Biebesgenüssen war ein Matrose und von ihm hatte sie auch die Krankheit, mit der sie ihren neuen Freund infizierte. Seine Eltern brangen auf Lösung der Bekanntschaft. Als die Mutter starb, ging Artur zur ver heirateten Schwester nach Isselburg . Hier hielt es ihn nicht: er mußte zurüd zu seinem Mäbel. Sie heiraten. Er wird er werbslos, geht nach Berlin , erhält Arbeit bei Siemens u Halste. Sie zieht ihm nach. Doch bald ist es mit der Arbeit zu Ende. Als Bertreter feines Schwiegervaters macht er mun den Reisenden in Schneiderartikeln. In feiner Abwesenheit gibt sie sich Männern preis. Er versucht sie von ihrem Lebenswandel abzubringen. Doch preis. Er versucht sie von ihrem Lebenswandel abzubringen. Doch ist er erwerbslos, fo ernährt fie ihn. Dann zieht sie zu einem Freund, er bleibt allein. Run scheint alles aus, er geht nach Iffel­Freund, er bleibt allein. Nun scheint alles aus, er geht nach Iffel­burg und findet bei seinem Schwager Arbeit. Da er aber in Berlin teilweise vom Erwerb seiner Frau gelebt hatte, murde er megen [ chmerer 3uhälterei verurteilt zu einem Jahr Ge­fängnis. Nach Berbüßung der einjährigen Gefängnisstrafe tehrt er nach Iffelburg zurüd und arbeitet vom Oftober 1924 bis Auguſt 1925 bei feinem Schwager. Und seine Frau? Immer wieder bittet er fie, zu ihm zurüdzukehren, das Leben, das sie führt fie stand bereits unter Sittentontrolle aufzugeben. Sie antwortet faum. und als sie im Auguft schließlich doch in Iffelburg auftaucht, da leben fie und lieben sich wie junge Eheleute. Aber auf seine Bitten, doch wieder mit ihm zusammenzuziehen, meint fie, fie müffe noch einen Belz kaufen, verschiedene Sachen anschaffen usw. Sie gibt immer ausweichende Antworten! Da verzweifelt er und fährt einem Banderzirfus nach, wo ihm Arbeit versprochen war. Aber wieder packt ihn Sehnsucht nach der Frau, er fährt nach Berlin , bittet sie brieflich zu ihm zu tommen, schreibt ihr, fie wollten nun zusammen. leben, wollten beide arbeiten; fchreibt seiner Schwester, daß er eine fleine Wohnung mieten wolle, wo seine Trude allein schalten, und walten könnte. Trube tommt nach Berlin , tanzt wieder jeden Abend in ber Libelle", wo fie als Animiertofotte engagiert ist und hatte für den Mann nicht mehr als eine halbe Stunde im Laufe des Tages übrig. Da beschließt er nach Iffelburg zurückzugehen. Die Nacht vor der Abreise verbringen sie zusammen in einem Hotel wieder hatte er fie in ben vorhergegangenen Tagen gefragt, ob fie zu Weihnachten wirklich nach felburg tommen wollte. Immer wieder hatte sie es versprochen. Und wieber fragt er am nächsten Morgen: Wirst du mirtlid tommen Trude?" und erhielt zur Antwort: Was foll ich denn da, ich liebe dich doch nicht mehr. Wir fönnen doch nicht zusammen glüdlich sein. Ich liebe nur das Geld. Da wird es ihm rot vor den Augen, er holt sein Taschen­wirft er sich über ihren Körper, ruft fie beim Namen, erhält teine Antwort und verlegt auch fich barn den Schnitt in die Herzgegend. Das Gericht glaubte ihm, daß er feine Tat aus übermäßiger Liebe zu seiner Frau begangen habe, daß er fie nicht habe töten wollen und daß der Tod mur als Folge des unglüdlichen Messer ftiches eingetreten sei. Das Gericht verurteilte ihn zu 2 Jahren Gefängnis unter Anrechnung von vier Monaten Unter fuchungshaft.

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Immer

Einst schoffen sich hier Soldaten ein, die Maitafer" vor allem; das ist vorbei, ist auch das Wichtigste nicht mehr. Mancher Film murde hier gedreht, einmal gab's dabei gewaltigen Krach, als man achttausend Arbeitslose für einen Tag Aufnahme zu Sflapen des Altertums gefchert und gemalt hatte und sie dann nicht entsprechend bezahlen wollte. Aber weber antiquierter noch moderner Romantit megen lohnt es, die Wurzelberge", wie die Anwohner fie nennen, zu erhalten und gern stellt der Spaziergänger fest, daß die Alazien­bäumchen des nach dem Kriege hier angelegten Gothaparks bald Bäume" genannt werden fönnen. Nun aber soll noch mehr hier geschehen, die ungenutzte Riesenfläche des Rehbergegeländes will man zur Ebene werden lassen, Sportpläge follen hier erstehen, ein Naturpart, der sich an die Jungfernheide anschließen würde, soll dem Sandboden entzaubert werden und schließlich wird hier auch die Städtische Baumschule, die jetzt in Reinidendorf ihr Heim hat, die Städtische Baumschule, die jetzt in Reinickendorf ihr Heim hat, errichtet werden. Das Afte stürzt, es ändert sich die Zeit.... Und wenn's nicht stürzt, wird's eben abgetragen. Der Entschluß des Magistrats ist nicht nur zu begrüßen, weil er Notleidenden Arbeit schafft, sondern auch, weil er in ftädtebaulicher, in hygienischer Beziehung der Forderung entspricht, die ungesunde Innenstadt mit einer Grünzone zu umgeben. Gerade weil in Berlin in dieser Be­ziehung menig zu retten ist, dürfen die legten Möglichkeiten nicht peräumt werden. Außerdem hat die Abtragung ber Rehberge den Borteil, daß die angrenzenden Siedlungen fünftig nicht mehr durchmesser heraus und sticht auf sie zu. is er steht, was er getan hatte, Sandmehen, gegen die es feinen Schub gab, zu leiben haben merben. zu münschen bleibt, daß die Barackenstadt der norbildlich einträch tigen Arbeiterfiedlung Swatopmunder Straße in eine Solonie ichmucker Siedlungshäuschen verwandelt werde, ohne aber die vorbildlich wirkende Genossenschaft selbst zu zerstören. An. fangs wohnten hier nur Flüchtlinge aus bem besetzten Often Deutsch lands; wie alles, hat sich auch das längst gewandelt. Auch hier mächst ein Stüd Neu- Berlin . Dünne Radiomasten entstreben dem flachen Dachwert in frassem Gegensatz zu den dicken Eisenträgern, die auf dem Neubau des Straßenbahnhofs rechts der Straße in die Luft starren.

Nur das Schmale Handtuch, ein uraltes, puzig- fleines Haus, das dem Magistrat gehört, bleibt stehen, als sei es für die Ewigkeit gebaut. Ein altes schneehaariges Mütterchen schaut aus dem Fenster hinaus und wundert sich...

Die Fürsorgearbeit an gefährdeten Mädchen. Beim Berliner Polizeipräsidium bestand bisher eine Frauenhilfsstelle, die sich der von der Sittenpolizei aufgegriffenen Mädchen fürsorgerisch annahm. Diese Ein­richtung war von einem Frauenverein geschaffen worden, und auch die dort von ihm geleistete Fürsorgearbeit galt nicht als amtliche. 3m Jahre 1919 beschloß die Stadtverordnetenversammlung, daß die Frauenhilfsstelle in städtische Verwaltung zu übernehmen sei und die Uebernahme erfolgte bann am 1. Dezember 1921. Jest foll ein meiterer Schritt getan merben, der auch schon in jenem Beschluß vorgesehen war. Der Magistrat beabsichtigt, die Hilfsstelle zu einem städtischen Pflegeamt innerhalb des Wohlfahrts und Sugendamtes Berlin auszubauen. Die Aufgabe des Pflegeamtes foll im wesentlichen sozialfürsorgerischer Art sein, auch gesundheitsfürsorge rische Arbeit soll geleistet werden. Der Ausbau zum Pflegeant ist erst möglich geworden, nachdem über die Abgrenzung des Aufgaben freises und Arbeitsgebietes gegenüber ber Bolizei durch einen Erlaß des preußischen Wohlfahrtsministers in Uebereinstimmung mit dem preußschen Minister des Innern die nötige Klarheit geschaffen worden war. Danach erhält bas Pflegeamt bie Befugnis zur Derant mortlichen Bernehmung und zur hygienischen Ber­forgung der Jugendlichen und ber zum ersten Male von ber Empolizei erfaßten Mädchen. Für diesen Personentreis will bas Bolizeipräsidium zulassen, daß ble Aufgegriffenen fünftig nicht mehr in Das Polizeigefängnis eingeliefert nerden, wo eine Berührung mit ben eingelieferten öffentlichen Prostituierten undermeiblich ist. Sie sollen nach der Festnahme fofort dem Pflegeamt zugeführt werden, dem neben der Bernehmung auch die ärztliche Untersuchung überlassen bleiben wird. Bei einer etwa notwendigen Heilbehandlung foll das Pflege amt die Mädchen auch möglichst bis zur Heilung im Auge behalten und fie nach ärztlichen Berordnungen zu Nachuntersuchungen und Biebererholungsturen heranziehen. Die Stadt wird ein Unterkunfts­heim einrichten, bas bie erforderlichen Aufenthaltsräume und Zimmer für die ärztliche Untersuchung haben wird. Der Magistrat ersucht die Stadtverordnetenversammlung um ihre Zustimmung.

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Großfener in Tegelort.

Durch ein größeres Feuer wurde gestern abend der Dachstuhl des Hauses Bictoriaftr. 17 in Tegefort in feiner ganzen Ausdehnung zerstört. Sturz nach 7 Uhr nahmen Bewohner des Hauses einen intensiven Brandgeruch wahr. Als man nach der Ur fache forschte, waren die oberen Treppen bereits start perqualm t. Die Feuerwehr von Tegelort wurde sofort alarmiert; bei ihrem Ein treffen schoffen aber bereits die hellen Flammen aus den Dachlufen. Kurz darauf trafen auch die Wehren aus der Umgebung und der wind gestaltete sich für die Löschaktion sehr ungünstig, so daß von Berliner Löschzug Nr. 28( Schillerpart)) ein. Der start wehende dem Dachstuhl nichts zu retten war. Man mußte sich lediglich darauf befchränken, die oberen Stockwerfe zu schüßen. Diese haben aller. bings unter dem Wasserschaden sehr gelitten. Ein großer Teil der Möbel aus den oberen Stod werfen fonnte von den Feuer. mehrleuten in Sicherheit gebracht merden. Gegen% 11 1hr war mehrleuten in Sicherheit gebracht werben. Gegen 11 1hr war die Hauptgefahr beseitigt. Die Aufräumungsarbeiten

zogen sich noch bis in die späten Nachtstunden hin. Die Entstehungs. urfache des Feuers ist bisher unbekannt. Bersonen sind nicht zu Schaden gekommen.

Ein gefährlicher Dachstuhlbrand tam gestern abend gegen 6 Uhr in dem Quergebäude des Hauses Greifenbagenez Str. 52 zum Ausbruch. Auf den Alarm eilten drei Löschüge an die Brandstelle, benen es gelang, den Brand auf einen Teil des Dachstubles au beschränken. Nach etwa zweiftfindiger Tätigkeit fonnten die Wehren wieder abrüden. Als Entstehungsursache wird Fahrlässigkeit eines Hausbewohners vermutet.

Heute Eröffnung der Bekleidungsmeffe. Um heutigen Sonntag, vormittags 9 Uhr, gelangt die britte Berliner Fachmejfe der Deutschen Bekleidungs industrie in den Ausstellungshallen am Raiserdamm zur Gröffnung. Trog des durch die wirtschaftliche Lage bedingten Rud. ganges der Ausstellerzahl bietet die Ausstellung wieder ein nahezu füdenlofes Bild der verschiedenen Gruppen der Branche. Im Hause der Funkindustrie find die Damen- und Mädchen- Oberbeflei. bung, Damenwäsche jeder Art, Kinder- und Babywäsche, Kinder. fleidet, Schürzen, Unterröde, Wirt und Stridmaren( Ober- und unterbekleidung), Strümpfe jeber Art, Korsetts, Handschuhe und Bekleidungszubehör untergebracht; die alte Autohalle ist das Heim für die Herren und Knaben- Oberbefleibung, Herrenmäsche jeder Art, Strümpfe jeder Art, Krawatten, Herren- und Knaben. Die ehemalige tgl. Bergakademie". Kopfbebedtung, Schirme und Stöde und Bekleidungszubehör. Die Daß die Einweihung des Gefallenendentmals der Bergbau- Ausstellung ist am Sonntag, Montag und Dienstag in der Zeit von abteilung der Technischen Hochschule mehr aber weniger 9 bis 6 Uhr abends geöffnet. Der Befuch dieser Meffe ift aber dekorativ das übliche nationalistische Gepräge erhielt ist bei den nur Fachleuten gestattet, die ihre Zugehörigkeit zur Branche betannten radaupatriotischen Alluren unserer Alfabemiter zu wenig burch Ausweis oder dergleichen nachweisen müffen. originell, um fritisch beleuchtet zu werden. Wenn schließlich ein Student mit Bedauern feststellt, daß man zwar heute nicht zu den Baffen greifen fönne, fo ist das recht belanglos. Wenn aber die Bergafademie von heute ein Denkmal ben Gefallenen als ehe. maligetönigL Bergafabemie Berlin" widmet, fo macht fie fich damit lächerlich. Berstorbene pflegen gemeiniglich feine Stif tungen mehr zu machen, auch dann nicht, wenn man sie fo trampf­haft zu fünftlichem Leben zu erwecken versucht, wie gewisse Elemente in und außerhalb der deutschen Universitäten. Des legten Wilhelm Haussystem hat nun eben seit rund 7% Jahren das Zeifliche gefegnet. Das ist eine Tatsache, der sich schließlich auch die Herren von ber Bergafabemie auf die Dauer nicht verschließen fönnen.

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Der König der Jongleure.

In her Scala ift Rastelli eingezogen, einer der ganz großen Artisten von Beltruf, die es nicht allzu zahlreich gibt. Raftelli ist der Jongleur der Jongleure, seine Kunst beginnt dort, wo die ber anderen aufhört. Benn irgendwo ein anderer auf einem Holz­ftäbchen, das er im Munde hält, einen Ball balanciert, so gilt das chon als Höchstleistung. Das ist aber erst die Grundlage der Rastellischen Kunst. Seine Hilfsmittel find die denkbar einfachsten: einige runde Holzstäbchen und ein paar einfache Gummibälle. Es heunt, als fragten die Bälle Raftelli erst, wie fie fallen, wie fie fich bewegen sollen. Manchmal hat man geradezu den Eindrud, als ob

fie, von seiner Geifter. oder Willenshand gelentt, in der Luft gehalten mürden. Sie friechen um seinen Körper herum, um den Kopf, Rücken, Beine, als wären sie dreffierte Tiere. Das Erstaunlichste an Raftellis Kunst ist, daß der Zuschauer feinen Augenblick auf den Gedanften fommt, daß etwas anders fallen oder rollen fönnte, als Raftelli es will. Raftellt ist Italiener , auf der Wanderfahrt seines Baters in Rußland geboren. Großvater und Bater waren, wie er, Jongleure. Das übrige Brogramm der Scala steht artistisch auf gleicher Höhe. Besonders zu erwähnen ist der gute Art das Charin Ribels Trio am fliegenden Trapez mit der gelungenen Chaplin­Parodie. Ferner eine Affengesellschaft von C. Rebs, die prächtig turnt, und der Löwen- Stetja von George Mard, eine Dressura fzene, die dramatisch aufgemacht ist, aber in der Wirkung durch über­triebene Darstellung etwas verpufft.

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Neue Kältewelle?

Jrren ist menschlich" lautet ein flassisches Wort und wir trren uns des Defteren. Besonders dann, wenn das Barometer unserer Tagesbehaglichkeit sich nach den unerforschlichen himmlischen Launen zu orientieren unterfängt. Es ist also nichts mit der abgestellten Bimmerheizung und auch die Uebergangsmäntel soll man nur ruhig wieder in die Mottentiste hängen. Wir haben uns auf eine Ab. schiedshymne des sterbenden Winters gefaßt zu machen. Also: Schon in der letzten Nacht ist der erste Frost eingetreten. Die Hoch­drudgebiete, die bisher noch in Schweden und Norwegen herrichten, haben sich allmählich in unsere Sphäre hineingezwängt und bringen uns durch Zufuhr falter Luftmassen eine neue Rälteperiode. Der Nachtfrost wird in den nächsten Tagen eine erhebliche Berstärkung erfahren. Es ist mit tiefften Temperaturen zu rechnen, ba das Hochdrudgebiet Mitteleuropa pon Norden und Often um­flammert. Das Wetter wird meist trübe und ungeflärt bleiben, mit nennenswerten Niederschlägen ist kaum zu rechnen. Im Gebirge werden Schneefälle erwartet, doch werden sie auch dort teine großen Formen annehmen. Alles in allem eine recht falte Beripeftive für die nächsten Tage, vielleicht auch Wochen. Und den ersehnten Früh­ling müffen wir uns für später auffparen.

Kautionsschwindler.

Ein Ausbeuter fremder Not.

Unter den Kleinen Anzeigen des Lofal- Anzeigers" fonnte man im Frühjahr 1924 ein Inferat lesen, in dem Herren gesucht wurden, die imftande wären, Buchstellen zu führen. Die Inserate waren von Herrn Direktor Albert Nad aufgegeben. Er hatte mit dem Deutschen Handwerkerbund einen Bertrag geschlossen, nach dem er sich verpflichtete, auf dem Lande Buchstellen einzurichten, in denen die Bücher der fleinen Handwerker geführt werden würden. Die

Rautionen der Bewerber sollten sicher deponiert werden. Abgebaute Beamte, Banfangestellte und Handelsangestellte meldeten sich in Mengen. Die Kautionen betrugen von 250 bis 1000 m.

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Mit den neu angeworbenen Angestellten es waren etwa 65­schloß der Herr Direttor einen Bertrag, der ihm, in Widerspruch zu feinem Bertrage mit dem Deutschen Handwerterbunde, due freie Berfügung über die Rautionsgelder geftattete. 21s aber dann der eine oder andere der Angestellten entlassen wurde oder gekündigt hatte und nun seine Stavtion zurüdverlangte, da war sie nicht zu erhalten. Das eigentümlichste bei der Sache war aber, daß bereits am 30. Juni 1924 ein Bewerber, der schlau genug war, das gemein gefährliche Treiben des Herrn Direftors zu durchschauen, eine ent­sprechende Eingabe an die Polizei gemacht hatte. Eroßdem dauerten die Anwerbungen weiter, bis fich endlich der Staatsanwalt einmischte. Herr Diretior nad ist 50 Jahre alt. Klein, wohlbeleibt, von imponierendem Aussehen, mit grauem foliden Bart und Mo nofel im Auge, machte er einen burchaus ehrfamen Eindrud Die Bewerber empfing er in einer elegant möblierten Siebengiminer­mohnung, beren Möbel längst verpfändet waren. Am Hause in der Aschaffenburger Straße prangte ein Schild: Deutscher Handwerfer bund

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Die erste Instanz hatte den Herrn Direktor wegen feines gemeins gefährlichen Treibens, dem die letzten Ersparniffe so vieler fleiner Beute zum Opfer gefallen waren oft mußten die Gelder erst zusammengeborgt werden, zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Herr Direktor beftritt aber die Be trugsabficht und hatte Berufung eingelegt. In der Berufungsver handlung aber beschränkte fein Verteidiger die Berufung auf das Strajmak. Herr Nad bestritt also nicht mehr die Tatsache des Be trugs. Der Angeflagte machte feine geistige minderwertig. teit geltend; er habe auch Inphus und Syphilis burd gemacht und fei nicht ganz auf der Höhe. Allerdings bestätigte feme Tochter, daß der Herr Papa überhaupt an Größenwahnideen leide und fich in Hochstapeleien und Aufschneidereien gefalle. So hat er einmal eine Operette geschrieben, zu deren Aufführung ein Theater gepachtet und 20 000 m. bet dem Unternehmen zugefeßt und der gleichen mehr Dinge getrieben. Aus den geringfügigften Anlässen heraus fonnte er Tobfuchtsanfälle bekommen und Selbstmordversuche begehen. Der früher jo imponierende Herr Direttor bat unter Tränen um mildernde Umstände und Bewährungsfrist zwei Mo nate faß er bereits in Haft. Das Gericht verurteilte ihn zu einem Jahr Gefängnis, rechnete ihm die zwei Monate Unter­fuchungshaft an und gewährte ihm für den Rest der Strafe Be. währungsfrist. Die Urteilsbegründung betonte zwar das gemein gefährliche Treiben derartiger Rautionsschwindler, glaubte aber bie geistige Minderwertigkeit des Herrn Direftors berücksichtigen zu

müffen.

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Wiener Restaurants der österreichischen Freundedhilfe.

In der schlimmsten Seit der Inflation, im Oktober 1923, murde die Schloßküche als ein Zeichen österreichischer Berehrung und Teilnahme von Frau Dr. Eugenie Schwarzwald aus Bien errichtet und die Einrichtung wurde von Berlin mit großem Ber ständnis aufgenommen. Seitdem hat dieses Wiener Komitee ſeine Tätigkeit noch bedeutend vergrößert und führt zurzeit fünf solcher Küchen, die zum Preise von 0,60 bis 0,90 mt. zwei bis drei Gänge guter warmer Wiener Küche Derabfolgt. Durch die stattgefundene Erweiterung ist die österreichische Freundschaftshilfe, die in diesem Jahre 3000 Personen fpeist, in der Lage, ihre Tätigkeit auf 10 000 erionen zu erweitern. Weiter ist sie bereit, die Ausgabe von Freifarten zu übernehmen. Ber 20 M. spendet, erreicht damit, daß einem bedürftigen Menschen einen ganzen Monat hindurch ein gutes warmes Mittagessen gesichert ist. Das ist eine sehr gute Form der Hülfeleistung für Greife, Jugendliche und Arbeitslose. Die Erweiterung ihrer Tätigkeit erflärt die öfter reichische Freundeshilfe damit, daß in einer Stadt, in ber es 230 000 Arbeitslose gibt, Einrichtungen, wo qußerordentlich billige warme Mahlzeiten hergestellt werden, durchaus notwendig erfcheinen. An meldungen erfolgen bei ber Direktion der österreichischen Freundes hilfe, Stadtschloß. Unter den Linden , Apothekenflügel; Telephon: Amt Merfur Nr. 2662.

Die Unregelmäßigteffen bei der Kranfenfaffe in Wannfee. Bie mitgeteilt, wurden vor einigen Tagen in der Gefchäftsführung ber Drtstranfenfaffe au Banniee große Unregelmäßigleiten festgestellt. Jegt ist über das Bermögen des deuticnationalen Geschäftstübrers diefer Drtetrantentafle, Bittor& mus! g. in Koblbasenbrück bei Botsdam auf dem Amtsgericht Potsdam das Konturever. fahren eröffnet worden.

Freimilch für Kinder Erwerbsloler. Das Hauptgefundheitsamt teilt mit, daß die Einzelheiten über die Art der Verteilung deme nachft von den Bezirksämtern befanntgegeben werden.

Auf dem Hochbahnhof Gleisdreied tam gestern vormittag beim Aussteigen aus dem noch fahrenden Zug der 19 Jahre alte Banf angestellte Baul Treuhold aus der Botsdamer Straße 2 zu Fall und geriet zwifchen Wagen und Bahnsteig Nach längeren Bemühungen wurbe der Berunglüdie geborgen und mit einem fchweren Oberschenkelbruch und inneren Verlegungen nach dem Moabiter Krantenhaus gebracht.