Dienstag
9. Februar 1926
Unterhaltung und Wissen
Der Bauer und die Generäle.
Bon M. J. Saltykow- Stichedrin ( Uebersett von Hans Ruoff )
Es waren einmal zwei Generäle, die waren so leichtfinnig, daß sie binnen furzer Zeit, wie das so in Märchen vortommt, plöglich fich auf einer unbewohnten Insel befanden.
Die Generäle hatten ihr ganzes Leben lang in einer Regiftratur gedient; dort waren sie geboren, erzogen und alt geworden, infolge deffen verstanden sie von nichts etwas. Sie fannten nicht einmal irgendwelche Redensarten außer:" Nehmen Sie die Versicherung meiner vorzüglichen Hochachtung und Ergebenheit entgegen."
Die Registratur mar aufgelöst worden, da man sie nicht mehr benötigte, und die Generäle hatte man entlassen. Sie wurden außeretatsmäßig, ließen sich in Petersburg in der Podjatscheſtaja nieder, ein jeder in einer eigenen Wohnung; jeder hatte seine Köchin und bezog feine Penfion. Plöglich aber befanden sie fich auf einer unbewohnten Infel; fie wachten auf und gewahrten, daß fie beide unter einer Bettdece lagen. Zunächst begriffen sie selbstverständlich gar nichts und begannen miteinander eine Unterhaltung, als wäre nichts mit ihnen vorgefallen.
„ Ein fonderbarer Traum hat mir heute geträumt, Em. Erzellenz, sagte der eine General, es war mir, als lebte ich auf einer unbewohnten Insel...."
Als er dies gesagt hatte, sprang er plöglich auf. Auch der andere General sprang in die Höhe.
„ Mein Gott ! Was ist denn das? Wo sind wir denn?" stießen beide mit entsetzter Stimme hervor.
Und fie begannen einander zu betaften, um festzestellen, ob denn in der Tat dieser Vorfall sich mit ihnen nicht im Traume, sondern in Wirklichkeit ereignet habe. So sehr sie aber auch sich zu überzeugen bemühten, daß dies alles nichts als ein Traumgeficht sei, so mußten sie doch zu der lleberzeugung gelangen, daß Dies traurige Wirklichkeit war.
Auf der einen Seite erstreckte fich vor ihnen das Meer, zu der anderen Seite lag ein fleines Stüd Land, und hinter dieſem erftredte sich wiederum grenzenloses Meer. Da brachen die Generäle zum erstenmal, seit die Registratur geschlossen worden war, in Tränen aus.
Sie betrachteten einander und sahen, daß fie mur Nachthemden anhatten und daß ein jeder einen Drden am Halse trug.
Wie schön wäre es, wenn wir jetzt Raffee tränken!" jagte ber eine General; als ihm aber einfiel, was für ein unerhörter Borfall sich mit ihm ereignet hatte, da brach er zum zweitenmal in Tränen aus.
Was wollen wir denn nun tun?" fuhr er unter Tränen fort, wenn wir jetzt einen Bericht schreiben würden, was hätte das für einen Rußen?"
Ich weiß etwas," antwortete der andere General, gehen Sie in der Richtung nach Often, Exzellenz, ich will nach Westen gehen, und gegen Abend wollen wir uns wieder an diesem Blaze treffen. Bielleicht werden wir irgendetwas finden."
Nun überlegten fie, wo Osten und wo Westen fel. Es fiel ihnen ein, daß ein Borgefeßter ihnen einmal gefagt hatte: Benn du Often finden willst, so stelle dich mit den Augen nach Norden, und rechter Hand wird das Gesuchte liegen." Sie begannen Norden zu suchen, stellten sich so und wieder anders, probierten alle Himmelsrichtungen durch; da fie aber ihr ganzes Leben lang in der Registratur gedient hatten, so fanden sie nichts.
Ich weiß etwas, Em. Erzellenz: Sie gehen nach rechts und ich nach lints; fo wird es beffer gehen!" sagte der eine General, der außer in der Registratur auch noch in der Schule der Militärtantonisten als Lehrer für Schönschreiben gedient hatte und folglich etwas flüger war.
Wie gefagt, so getan. Der eine General ging nach rechts, und da sah er, daß da Bäume wuchsen und an den Bäumen allerhand Früchte hingen. Der General wollte wenigstens einen Apfel erreichen, aber fie hingen alle fo hoch, daß er hinaufflettern mußte. Er verfuchte es aber es fam nichts dabei heraus, er zerriß sich mur sein Hemb. Darauf gelangte der General an einen Bach und sah darin Fische schwimmen ,, es mimmelte mur so von ihnen, ganz wie in der Anlage auf der Fontanta in Petersburg .
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Wenn ich doch so einen Fisch fangen und mich mit ihm nach Haufe begeben tönnte!" dachte der General und verzog vor lauter Appetit das Gesicht.
Darauf betrat der General einen Wald, dort aber pfiffen bie Rebhühner, schrien Fasanen und liefen Hafen umher. Gott ! Soviel Eßbares! Soviel Eßbares!" fagte der General, der bereits fühlte, daß es ihm vor Hunger übel wurde. Es war nichts zu machen, er mußte mit leeren Händen an den verabredeten Platz zurückkehren. Als er hinfam, wartete der andere General bereits auf ihn.
" Run, wie steht's, Ew. Exzellenz, haben Sie irgendetwas
gefunden?"
,, Ja, ich habe hier eine alte Nummer ber Mostauer Nach richten" gefunden und sonst nichts!"
Da legten sich die zwei Generale schlafen, da fie aber einen leeren Magen hatten, schliefen sie nicht ein. Bald beunruhigte sie ber Gedanke, wer nun statt ihrer die Pension in Empfang nehmen werde; bald wieder mußten sie an die Früchte, Fische, Rebhühner, Fasanen und Hafen denken, die sie am Tage gesehen hatten.
Wer hätte denken fönnen, Ew. Erzellenz, daß die menschliche Nahrung in ihrer ursprünglichen Form umherfliegt, im Wasser schwimmt und an Bäumen wächst?" sagte der eine General.
Ja," antwortete der andere General, offen gestanden habe auch ich bis jetzt gemeint, daß die Semmeln in der Form entstehen, wie man sie am Morgen zum Kaffee reicht."
Wenn also folglich jemand zum Beispiel ein Rebhuhn effen will, so muß er es zuerst fangen, töten, rupfen und braten aber macht man das alles?"
wie
,, ie aber macht man das alles?" wiederholte der andere General wie ein Echo.
Sie verftummten und gaben sich Mühe einzuschlafen; aber der Hunger vertrieb ihnen hartnädig den Schlaf. Rebhühner, Trut. hähne und Ferkel flimmerten nur so vor ihren Augen, faftig, leicht geröstet, mit Gurten und Salat garniert.
Jetzt wäre ich, glaube ich, in der Lage, meinen eigenen Stiefel aufzueffen!" fagte der eine General
Auch Handschuhe sollen gut schmecken, wenn man sie lange getragen hat!" feufzte der andere General.
Pläglich blickten die zwei Generäle einander an: in ihren Augen leuchtete ein unheilverkündendes Feuer, fie fletschten die Zähne, und
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Annunzi
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Beilage des Vorwärts
Mussolinis Brandrede. Unter dem Protektorath
AUF
ZUM BRENNER
Mussolini
Wir kennen die Weise, wie kennen den Text: So hat einst mit gepanzerter Pfote Unser Erbmonomarch, Wilhelmus der Zwote Der Diplomaten Konzept verklext. Wie heute- damals: ein Beifallssturm, Ein Monstreorchester klatschender Hände. Wir aber denken still an das Ende... Was blieb von allem? Ein zitternder Wurm! Jeht schäumt der„ Duce" in Redegischt, Er trägt die Fahne über den Brenner...
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ein dumpfes murren entrang fich ihrer Bruft. Langsam trochen fie aneinander heran und gerieten plötzlich in tierische But. Bett federn flogen durch die Luft, es ertönte ein Kreischen und Stöhnen; der General, der auch Lehrer für Schönschreiben gewesen war, biß seinem Kameraden den Orden ab und schluckte ihn sofort himunter. feinem Kameraden den Orden ab und schluckte ihn sofort himunter. Aber der Anblic fließendes Blutes schien beide zur Vernunft zu bringen.
Der Herr behüte uns!" fagten fie beide zugleich, auf diese Weise würden wir ja uns gegenseitig auffressen." Wie wir mir hierher geraten sind! Wer mur ber Schurke ist, der uns diesen Streich spielte!"
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Wir müßten uns durch irgendein Gespräch die Zeit vertreiben, Ew. Exzellenz, sonst fönnte es zwischen uns noch zu einem Mord tommen!" sagte der eine General.
Beginnen Sie!" antwortete der andere General. Wie denten Sie zum Beispiel darüber, warum die Sonne zuerst aufgeht und dann untergeht, nicht umgefehrt?" ,, Sie sind ein sonderbarer Mensch, Ew Exzellenz! Auch Sie selbst stehen doch zuerst auf, gehen ins Departement, schreiben bort und gehen erst dann schlafen, nicht wahr?"
Barum aber sollte man nicht folgende Gruppierung gelten laffen: zuerst gehe ich schlafen, habe verschiedene Träume, und erst dann stehe ich auf?" Hm!.. Ja... Als ich im Departement diente, ba dachte ich offen gestanden stets folgendermaßen: Jeßt ist es Morgen, dann wird es Mittag sein, dann wird man das Abendessen auf den Tisch bringen und dann ist es Zeit zum Schlafengehen!" Aber die Erwähnung des Abendessens ließ beide in Behmut versinken und brach das Gefpräch gleich zu Beginn wieder ab. Ich habe von einem Arzt gehört, daß der Mensch sich lange Beit von seinen eigenen Säften ernähren kann," begann von neuem der eine General.
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Wieso denn?"
Folgendermaßen. Unsere eigenen Säfte bringen wiederum andere Säfte hervor, diese bringen ihrerseits Säfte hervor und das geht so weiter, bis schließlich alle Säfte ausgehen
,, lind was tut man dann?"
,, Dann muß man irgendeine Nahrung zu sich nehmen Pfui!" ( Schluß folgt.)
( Meist leuchtet der Fünfminutenbrenner Am hellsten auf, bevor er erlischt.) Es kündet das Ende der Diktatur Sich an durch solche Rodomontaden.
Der Kenner fieht hier nichts als den Schaden Ja Mussolinis Gehirnstruktur.
Und folgert kühl aus dem Redefchwall Aus der gemimten Cäsarenpose
Als einzig fichere Diagnose:
Hier kam der Knall schon vor dem Fall! Mich. von Lindenheden.
Der Kropf in der Tiefebene. Ueber die legten Entstehungs Schilddrüse - schwebt ursachen des Kropfes- der Bergrößerung der Schilddrüse schwebt trog aller Bemühungen der Forschung noch ein geheimnisvolles Dunkel. Man hat zwar mit unbestreitbarem Recht für das gehäufte Auftreten von Kropf in bestimmten Gegenden dem Jodmangel in der Nahrung und in der umgebenden Natur die Schuld zugeschrieben; aber keine der vielen Theorien hat eine restlos befriedigende Auf flärung ergeben. Weder ist das Trinkwasser( Kropfbrunnen) noch die Bodenbeschaffenheit, noch ein ansteckender Erreger mit Sicherheit für diese Erkrankung verantwortlich zu machen. Allerdings ist es auffällig, daß der Kropf vorwiegend eine Erkrankung der Gebirge ist. Tatsächlich sind die Alpen , Karpathen, Schwarzwald , Riefengebirge usm., aber auch in gleichem Maße viele der außereuropäischen Ge birgsgegenden Kropfherde ersten Ranges. Dagegen wurde bisher die Tiefebene als im wesentlichen fropffrei angesprochen. Dieser An nahme ist jetzt nun ein Danziger Arzt auf Grund seiner Beob achtungen an einheimischen Bewohnern seiner Vaterstadt und ihrer Umgebung entgegengetreten. Er konnte mit Hilfe der dortigen Schulärzte bei zirka 15 Broz. der Schulkinder erhebliche Bergrößerungen der Schilddrüse feststellen; in den höheren Lehranstalten war fogar hat dort einen Kropf. Der Danziger Arzt hat den Eindruck, daß die der Prozentjaß noch höher. Also jedes fünfte bis sechste Schullind Bergrößerung der Schilddrüse besonders nach dem Kriege erheblich zugenommen hätte und macht hierfür die ungünstigeren Berhältnisse ( schlechte Ernährung, beengte Wohnung, übergroße Klaffen, mangel. hafte Körperpflege) verantwortlich. Seiner Ansicht nach vermag der geschwächte Körper des Kindes die dargebotene Jodmenge nicht in der erforderlichen Weise der Nahrung zu entnehmen und daher rühre die Zunahme der Kropfbildung. Glücklicherweise pflegen aber die Bergrößerungen der Schilddrüsen in der Tiefebene- im Gegensat zu den endemischen Kröpfen des Hochgebirges nach Beendigung der Schulzeit allmählich von selbst zu rerschwinden. Unterstützt wird diese Selbstheilung durch ausgiebige Körperbewegung im Freien, durch Sonnen- und Luftbäder, durch Aufenthalt an der See usw. Bei hohen Graden von Kropfbildung wird man allerdings mit diesen Maßnahmen nicht ausreichen und wird dann doch versuchen, mittels fleiner Jodgaben dem Jodhunger des Körpers beizukommen.
Die Kosten der Entdeckung Ameritas. In Palos ( Spanien ) wurden die Rechnungsbücher der Firma Pinzon gefunden, die die Entdeckungsreisen des Kolumbus finanzierte und ihm die Schiffe zur Verfügung stellte. Demnach kostete die entscheidende Reise, die vom August 1492 bis zum März 1493 dauerte, 22 000 Pejetas, d. h. taum 35 000 Schweizer Frant. Kolumbus felbst bezog nicht mehr als 1600 Pejetas Jahreseinkommen.
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