Sie Steuernot der Agrarier. Randbemerkuugeu zu einer Regieruugsantwort.
Die eigenartige ilntwcrt de» Reichsftnanzmlntst«. r t u ms auf eine sozialdemokratische Anfrag« über die Besteuerung des ostpreuhischen Grundbesitzes ist von uns bereits kurz gewürdigt worden. Genossin Annemarie Oe st reicher sendet uns dazu noch folgende interessanten Aussührungen: Ausfallend in der Entgegnung ist, dag bei den kleine n Besitzern unter 60 Morgen rein landwirtschaftliche Betriebe sich befinden, die Einkommensteuer zahlen: bis 400 Morgen sind dies 28 Proz. Dazu kommt die Tatsache, dag immer nach der Entgegnung jetzt. Im Jahre 1926, die Nachprüfungen der Betriebe über 400 Mvrgen in ihrer Gesamtheit n o ch nicht ab- geschlossen sind. Warum umgeht die Antwort die in meiner Anfrage gegebene Einteilung der Betriebe über 400 Morgen, von denen ich sagte, daß 80 Proz. und über 1000 Morgen', von denen ich sagt«, daß 90 Proz. keine Einkommensteuer zahlen? Wenn von den Besitzern über 1000 Morgen nur 10 Proz. Einkommensteuer zahlen, so beweist das die Richtigkeit einer alten Feststellung der Sozialdemokratie, daß Betriebe, die je nach der Bodenbeschaffenheit«ine gewisie Größe überschreiten, volkswirtschaftlich unrentabel sind. Da- neben haben wir z. B. in Ostpreußen 15 Proz. zu kleine landwirt- schaftlich« Betriebe, die durch Sabotage der Großgrundbesitzer noch immer nicht zu volkswirtschaftlich leistungsfähigen Betrieben ver- größert werden konnten. Hier muß Wandel geschaffen werden. In der CInkommensteuerfreiheit de« Präsidenten der Landwirtschafts kammer, Besitzer von 5000 Morgen, findet der Herr Reichssinanzminister feine Deran lassung zum Einschreiten. Es sei hierbei daran erinnert, daß Herr Dr. Brandes der Borsitzende der gleichen Landwirtschaftskammer(Königsberg ) ist, die anläßlich der Verbindlichkeitserklärung der Erhöhung der be- sammernswcrt geringen Landarbetterlöhne durch Schiedsspruch vom 6. November 1924 eine Entschließung faßte, in welcher sie dagegen protestierte,.daß staatliche S ch l I ch t u n g s i n sta n- zen auf die Gestaltung der Arbetterlöhn« einwir. fen*. Nun. dieser„sczial'denkende Herr gehört ja zu den Land- Wirten, die sich des Vertrauen» ihrer Standcsgenojsen ersreuen. den Steuerprüfungsstellen als.besonder» zuverlässiger' ausübender Sachvcrständigen-Gutachter empfohlen werden und den Herren Großagrariern als leuchtende» Vo r b i l d dienen. Der Herr Finanzmiuister hat offenbar nicht die geringste Per- anlassung genommen, die landwirtschaftliche Steuerveranlagung ganz allgemein nachprüfen zu lassen. Vielleicht Helsen da folgende spezielle Fragen: Ist dem Herrn Reichsfinanzminister bekannt, daß, se nachdem 500 0—6000 M. den Großgrundbesitzern eines Kreises als an- gemessen für ihren Haushalt steuerfrei gelassen wurde? Ist ihm bekannt, daß in einem Kreis ein Besitzer, der 4000 bis 5000 Morgen schlogfähigen Eichenwalde» hat. zirka 10000 M. Verlust«rrechnet. während ein a n d e r» r de« gleichen Kreises zirka 450 000 M. Einkommen oersteuert? Ist ihm aus einem anderen Kreis« bekannt, daß Pferde- v-rkäuse von zirka 20 000 M. nicht in der Deranlagung er- schienen?
Diese Beispiele lassen sich in allen Bezirken beliebig vermehren. Hot der Herr Finanzmwister wohl einmal Feststellungen unter- nehmen lassen, welches die Gründe dieser hohen Verschuldung der Großlandwirte sind? Ich denke hier außer a» Mißernten an die Finanzierung der verkrachten Landbundgenossenschaften, der Wahlen, wo die Beiträge pro Morgen eingezogen wurden, der Unterhaltung der nationalistischen Putschoerbände usw. Noch ein paar Worte über einen Vergleich des Einkommen- steueraufkommens in Stadt und Land in Ostpreußen. lltach Uebersichten des Reichsfinanzmimsteriums betrug die Zahl der Borauszahlungspflichten in Land- und Forstwirtschaft Ost' preußens 59 500 gegenüber 99 300 Einkommensteuerpflichtigen im Jahre 1922. Die Zahl der landwirtschaftlichen Einkommensteuer- zahler ist im Jahre 1924 um zirka 59 Proz. der Zahl von 1922 g«- funken. Die Zahl der gewerblichen und vorauszahlungspflich- tigen aber nur auf 71 Proz, Die Ziffern für die Einkommensteuer au« Lohn und anderen Einkommen betrugen in Königsberg in 1000 M des Jahres 1924 aus Lohnabzug au» anderer EinL-St. 1. Quartal.... 2971 8944 2.».... 4018 4561 S...... 5442 4883 <-..... 6711 4607 3n keinem anderen?l nanzbezirk ist das Sieueraufkommen der folgenden Quartale so stark hinter dem ersten Luorkol pmuS- geblieben. In den stark industriellen Bezirken log das Aufkommen der Einkommensteuer der Selbständigen — trotz der Krise der In. dustrie'— über dem des ersten Quartals. Diese neun industriellen Bezirke brachten im ersten Quartal 33.3 Proz.. Im letzten 43,8. da gegen Ostpreußen tm ersten Quartal 3.6 Proz., im vierten nur 1.9 Proz. des Gefomtaufkommens der Einkommerssteuer der Selbst- ständigen auf. In den drei typisch städtischen Landesfinanz- bezirken(Berlin , Unterweser. Unterelb«)' entfallen an Einkommen- st euer für Selbständige auf den Kopf der Bevölkerung zirka 8M Um einen indirekten Schluß der Verteilung der Einkommensteuer zwischen Stadt und Land in Ostpreußen zu finden, kann man diese Zahlen für Königsberg zugrunde legen. Es würde dann für die Stadt Königsberg ein Steueraufkommen der Selbständigen von rund 2195000 M. für das vierte Quartal 1924 sich ergeben. Da» würde bedeuten, daß ein Achtel der Bevölkerung der Provinz Ostpreußen , nämlich die Stadt Königsberg. 47.6 Proz. des Aufkommens an Einkommensteuer des ganzen Bezirke» Ostpreußen im vierten Quartal 1924 aufgebracht hat. Zahlen, die zum Nachdenken reizen. Wie schrieb doch die Zeitung„Deusscher Bauernbund' zu diesem Neujahr: .Im Bollbewußssein unserer Verantwortung gilt heute dos harte Wart:.Der schamlos« Vorkriegsstand einer völligen De- freiung von der Einkommen st euer eines großen Teiles, vielleicht der überwiegenden Mehrheit de» Großgrundbesitze» ist wieder hergestellt, während die Lauern zahlen." Auch ein großer wirtschaftlicher Erfolg der deutschnationalen Regierung Neuhaus— Schlieben— Schiele— Könitz!
Zeit im Winkel. Nur ungern und selten duldet die wohlgeordnete Geradlinigkeit der Berliner Straßenzüg« Gassen und Winkel— wo sie aber zu finden sind, birgt sich zuweilen eine recht bemerkenswerte Kleinwelt dahinter, Werke der Kunst oder geschichtliche Erinnerung wie in der Altstadt, Kleinwelt des Fleißes, der Arbeit und auch bis zum letzten ausgebeuteten Mierskasernentum wie allenthalben, wo der Stadt Atem und Raum zu eng und karg bemessen ward. In diese Kleinwelt der Arbeit, in die Welt der kleinen viel- geplagten Leute brennt hell die Fackel einer unruhig flackernden Zeit hinein und läßt un» in einem starken Abbild die ganze große Welt und die Zeit an sich schauen und erkennen. Viel Arbeitsmenschen. viel tausend Arbeit suchende gehen täglich die kleine, schmale Gasse im Südosten der Stadt, hinein in einen Winkel und heraus aus einem abgelegenen Reiche, wo früher einmal der Pulsschlag der Arbeit reg« und gesund ging— die Wusterhausener Straße zum stattlichen S p r e e h o s. der zu all feinen reichen Betrieben auch den Metallarbeiternachweis beherbergt und— das schafft und vervollkommnet ein ganz lebendiges Bild unserer Wirtschoftskreise— die Gewerkschaft der Bekleidungs- arbeiter zu Gast hat. Zweitausend Menschen der Arbeit und große Betriebe von der Zigaretten- bis zur Moschinen- fabrik— für uns ist das ein« bunt und reich belebte Kleinwclt. Aber sehen wir näher zu, dann steigt ein Großes, ein Gewaltiges vor uns auf, wo eine weite und breite Häuserfront in blaugrün und gelb ein« wirklich schön« Stätte des Fleißes umkleidet. Da lebten denn auch Gasse und Winkel davon, die kleinen Händler, die emsigen Gastwirte und was alles Brot aus Händen der Broterwerbenden nimmt.— Und heute? Stille, recht still ist es im stolzen Gebäude geworden. In einem Betrieb, der fünfhundert Menschen beschäftigt. wird drei Stunden gearbeitet— aber die armen und gedrückten Menschen, die Arbeit suchen, strömen herbei einen ganzen langen Tag und In lhren blossen Gesichtern ist alles andere, nur nicht Freud « zu lesen. Leer, fast verödet sind die Gassstuben, die Straßen- tzändler predigen vor Ohren, die taub sein müssen, niemand macht Geschäfte, denn jeder ist froh, wenn es nur noch zum nackten Leben überhaupt langt. Da» ist die böse Zeit, die hier laut er. aber leider noch zu wenig vemehmbar spricht als in den munteren Straßen de» Verkehrs. Und kein Mensch weiß, wie lange da, noch dauern kann, jeder aber fragt den anderen danach und keiner findet Antwort. Fast scheu und gebeugt schleichen wir mit den vielen die kurze, schmale Gasse zurück und lassen uns von der sorglosen Ge- fchwätzigkeit der Köpenick «? Straße ablenken. Ablenken? Wenn das so leicht wäre, denn auch hier fragt ein Wie-longe-noch, auf das un» die Antwort gar nicht gut und freudig dünken will. hvadesperre süülich der Spree . von heute ab. Da« Polizelpräsidimn teilt folgendes mit: Bot einem Hunde in Neukölln , der in den Tierhort des Deutschen Tierschutzverein» gebracht wurde und dort verendete, ist omtstierärztlich und durch Unterfirchung des Gehirns in der Tierärztlichen Hochschule Tollwut festgestellt worden. Der Polizeipräsident hat daher von sofort ab die Hundesperr« über die folgenden Stadtteile von Groß- Berlin verhängt: Die südlich der Spree gelegenen TeU« der Bezirke 1(Mitte ) und 2(Tiergarten), die Bezirke 6(Äreuzberg), 9(Wilmersdorf ) mit Ausnahme von Gnxnewald-Forst, den Orts- teil und die Gemarkung Dahlem (zum Bezirk Zehlendorf gehörig), die Bezirke 9(Schöneberg ). 12(Steglitz ), 18(Tempelhoff, 14(Neu kölln ) und 15(Treptow ) mit Ausnahm« der Ortsteile Oberschöne- weide und Wuhlheid«.— Ja dem gesamten Sperrbezirk müssen alle Hunde fe st gelegt, angekettet oder eingesperrt werden. Aus der Straße sind sie mit einem Maulkorb zu versehen und an der Leine zu führen.
Auf der Laudstraße überfalleu and deraubt. Auf seinem Wagen wurde der Kutscher Franz Pczewozy au» der Hermonnstratze, der bei einer LebensinIUclgroßhandluiig in Neukölln angestellt ist, überfallen und beraubt. P. hatte gestern auswärtig« Kundfchast bedient und 120 M. eingezogen, die er in einer umgehängten Ledertasche bei sich trug. Als er abend kurz vor 7 Uhr auf dem Rückwege von Buckow das Krankenhaus ein Stückchen hmter sich heute, traten drei unbekannte Männer auf der Chaussee dem Fuhrwerk in den Weg. Während einer dem Pferde in die Zügel kiel und es festhielt, stiegen die beiden anderen rechts und link» auf den Bock. Einer versetzte dem Kutscher einen Faustschlag, der andere bedrohte ihn mit vorgehaltenem Revolver. Sie entrissen ihm die Geldtasche, sprangen ab, ergriffen die Flucht. Der Beraubte benachrichtigt« das 218. Revier in Neukölln , aber die sofort auf. genommenen Ermittelungen blieben erfolglos. Z�ünf Jahre VerständigungSarbeit. Gestern konnte die.Bereinigung der Freunde von Religion und Bölkerfrieden' auf ein fünfjährige» Be- stehen zurückblicken. Am Abend hatte sie in der Aula der Bismarck- Schule, Sybelstraße, eine Jubiläumsfeier veranstaltet, in der Genosse Pfarrer Bleier die Festansprache hielt. Nach einem kurzen Rück- blick auf die bisherige Tätigkeit der Bereinigung sprach Blcicr über ihre Tendenzen. Ueberpartellich und frei von Dogmen jeder Art wolle sie den Glauben an die Wirksamkeit van Ideen im Menschen erhalten. Der Mensch brauche Ideen, eine ideenlose Welt sei hohl und ohne Möglichkeit der Weiterentwicklung. Revolutionen sind an diesem Mangel zu Grunde gegangen, verheißungsvolle Ansätze Im Keim erstickt worden. Darauf sprach Blcler über die nächsten Auf- gaben der Bereinigung, die hauptsächlich darin beständen, gegen �5 tjurfenabfindung zu kämpfen. Musikalische und rezita- torische Darbietungen umrahmten die Feier. Musiklehrer Franz spielte auf der Orgel dl«.Morgenstimmung' von Grieg und den Schlußchor aus der 9. Sinfonie von Beethoven . Irene Triesch sprach Klopfstock. Goethe und Schillers.Lied an die Freude�, Elisabeth Böhm sang.Den Wanderer' und„Wanderers Nachtlied' von Schubert und Handels.Largo'. Eine eindrucksvolle Feier, die den Geist, der in der Vereinigung herrscht, voll zum Ausdruck brachte. Der Kampf um die Demokratie. Der dritte.Aufbau'abeich der Freunde der.Sozialistischen Monatshefte' galt dein Thema.Parlamentarismus. Dik- tatur oder Wirtschaftsdemokratie?' In der ieyr interessanten, doch wenig fruchtbaren Diskussion kamen die Ver- n-etcr aller drei politischen Ziele zum Wort. Das einleitende Referat hielt Oberregierungsrat Dr. Hans Simons, der das Für und Wider der parlamentarischen Denwkratte mit einiger Skepsis abwog. Als wichtigstes Moment bezeichnete Simons den präzise definierten Verzicht auf den geistigen wie auf den verfassungsmäßigen Absolutismus. Diese klare Linie der Demokratie muß in unserem Bekenntnis zu ihr das Entscheidende sein. Die Diskussion eröffnete Genosse Dr. Kaliski, der unter teilweisem Widerspruch sein oft propagiertes System der Arbeitskammer(Wirt- schaflsdcmnkratie) erörterte. Die Reichstagsabgeordnete Frau Dr. B äu m e r sprach als Parlamentarierin und ging kritisch aus die Darlegungen von Simons und insbesondere Koliskis ein. Nach Prof. Nelson, dessen antidemokratisches Programm der Führer- auslese bei der Mehrheit doch einiges Kopsschütteln auslöste, sprach Ernst Mcv er, Staatsraismilglied und Kommunist, und begründete in dialcttisch gewandter Art sein Diktaturvotum. Genosse Prof. Schmidt und Genosse Abramowitsch antworteten den Geg- nern der parlameniarischen Demokratie, wobei Abramowitsch gegen die sowjetrussische Diktatur zu Felde zog. Weiterhin sprachen der
Abg. Ivos(Ztr.) und Polfzeiprässdent Dr. Friedensbnrg. Frtsdensdurg bemerkte, daß die Anhänger der Demokratie den real»' tionären Gegnern die Wege für ihr- Machinationen erst durch ihr Mißtrauen ebneten, weil ihnen einzelne» Stückwerk mißfall«. Zrauenkunft. Der letzte.Funstabend für die Leserinnen und Freunde der Frauenwelt' fand� in der akustisch nicht sonderlich vorteilhaften, aber sonst sehr schönen Stadthalle in der Mostertraße statt. Nach d-m Verlauf der bisherigen vom B e- zirksbildungsausfchuß der SPD. veranstalteten Kunst. abend« durfte man mit großen Erwartungen diesem Abend entgegensehen. Den hohen Erniarwngen entsprach im Wesentlichen auch der Verlaus des Abends selbst, Frauendichtungen und Frauentompositipnen war er gewidmet. In Interesse tieferen Verständnisse» und der Kunsterziehung überhaupt, wäre ein« andere Einleitung zum Thema..Frauenkunst' notwendig gewesen, als die, die man von Dr. Felix Günther zu hören bekam. Als Be- gleiter am Flügel aber bot er ebenso Meisserl'ches wie in ihren Liedern Else Jansen, mit ihrem Vwlinlpies Carola Zellenka, mit melodiösen Flöten Alfred Lichten st ein, mit herrlich unpathetischer Vprachkunlt Ida O r l o f f s. Das Pro- gramm war im ganzen schön, sehr schön sogar, und der reiche Beifall, der den ausübenden Künstlern dafür gezollt wurde ebenso verdient wie die dankbare Zustimmung, die die Genossin Klara Böhm- S ch u ch für ihre sehr feinsinnige und kluge Ansprache fand. Sie sprach den Frauen de» Proletariats, die die Alltogsnot aufreibt und sich gerade deswegen nach besreienden, schönen Stunden in Gesilden der Kunst, der Natur, der Schönheit überhaupt schncn, wahrhaft aus bedrängtem Herzen. Genossin Todenhagen sprach am Schluß sicherlich im Namen aller, als sie den Künstlern für die schönen Stun- den dankte. Ein großer Vachstuhlbrand kam gestern nacht kurz nach 12 Uhr In Lichtenberg in der Herzbcrgstraße 128—124 zum Aus- bruch. Auf dem Dachstuhl des Fabrikgebäudes der Firma S l« m e n s u. Co. war aus bisher noch unbekannter Ursache Feuer entstanden, das mit großer Schnelligkeit um[ich griff. Auf den Alann Großfeuer eilten sechs Löschzüge an die Brandstelle. Fast drei Stunden lang mußte aus zwei ö- und zwei E-Rohren Wasier gegeben werden, ehe die Hauptgesahr beseitigt war. Kurz nach 2 Uhr tonnten vier Löschzüg« abrücken, wichrend zwei Lösch- zöge noch bis nach 4 Uhr mit der Ablöschung und den Auf- räumungsarbeiten beschäftigt waren. Eine Brandwache blieb zu- rück. Der Dachstuhl ist in größerer Ausdehnung ein Opfer der Flammen geworfen. Der Schaden soll durch Versicherung ge- deckt sein. Leim Aufspringen ködlich verunglückt. Heute morgen, kurz vor VÄ Uhr, versuchte der 39 Jahre alte Schlosser Wilhelm Gabriel aus der Zorndorfer Str. 10 vor dem Hause Greifs- walder Straße 201 auf einen Triebwagen der Straßenbahn- linie 63 in Richtung Känigstor aufzuspringen. Er kam zu Fall und geriet unter den Anhänger. Passanten und ein gerade an- wesender Kontrolleur bemühten sich um den Schwerverletzten und befreiten ihn aus seiner entsetzlichen Lage. Mit einer Kraftdroschke wurde G. nach dem Krankenhaus am Friedrichshoin gebracht, wo der Arzt ober nur noch den inzwischen«ingetretenen Tod fest- stellen konnte. Im..Ihealcr am Weinbergsweg' residiert setzt mst Gesang und Tanz.Dt« Königin oer Rocht'. Franz H o f e r schrieb ein Abenteuer aus der Zirkuswelt. aber so, wie er's tat. gelang es ihm nicht, einem aufnahmewilliaen Publikum Tränen des Leids und der Freude zu entlocken. Trotzdem wurde man irgendwie beim Spiel der sehr verschieden begabten Darsteller gepackt. War es, weil dies Stück einfach so entsteht, daß die Kulissenpracht, das Rückwärtige des Scheinglonzes, der das Publikum so oft be- zaubert, dem Zuschauer zugekehrt ist? Das Spiel war meist
Routine, die Sprache fast durchweg Klischee, ober gerade deshalb stimmte das Menschliche, das Echte, das wider Willen gleichsam hin und wieder noch zum Dirrchbruch kam, nachdenklich. Auch im Bor- stadtcheotrr bestehen Beziehungen zur großen Kunst, die letztlich nur edelgesormtes Leben uns Erleben ist— dann nämlich, wenn man vergißt, die große Kunst zu»machen'. Eine Probeabstimmimg für oder gegen den Alkohol fand auf Veranlassung der Reichshauptstelle gegen den Altoholismus in einem Teile von Hannover-Nord statt. Durch etwa 100 freiwillige Helfer wurden den Einwohnern AlljnmmungszeUel in die Häuser gebracht, auf denen gefragt wurde, ob aas Gemeindebestimmungsrecht zur Verminderung oder Vermehrung der Gastwirtschaften eingeführt werden und auch zur Festsetzung der Polizei st unde dienen solle. Nach wenigen Tagen gingen die Helfer mit lirnen in die betreffenden Hausholtungen und ließen die Zettel hineinstecken. Zur Kontroll« des Verfahrens waren die Zahlen der Stimmberechtigten vorher listenmäßig genau festgestellt. Es wurden 10 607 Stimmen abgegeben. Es stimmten mit „ja' 3367 Männer und 8893 Frauen, mit»nein' 076 Männer und 953 Frauen. Ungültige und unbeschriebene Stimmzettel gaben ab 674 Männer und 744 Frauen. Bon den Abstimmenden waren also 79 Proz. für und 21 Proz. gegen da» Gemeinde- bestimmungsrecht. Ein Erfolg, der um so bemerkenswerter ist, als die Gegner des Gemeindebestimmungsrecht» während der Abstimmungszeit eine sehr stark« und kostspielige Gegenpropaganda betrieben haben. Der prügelnde Seelsorger. Die Beichtkinder der Johannis- pfarre in Osnabrück hatten eine unbändig« Angst, bei dem Pfarrer die Beichte abzulegen, besonders fürchteten seine sehr strengen auferlegten Bußen die jungen Mädchen. So beichtet« in der vorigen Woche auch ein 18 Jahre alte» Mädchen seine Sünden, und da sie wahrheitsliebend toar, oerschwieg sie auch nicht, daß sie mit einem jungen Burschen einer anderen Konfession ein Liebes- Verhältnis unterhalte. Der Geistlich« war wegen dieser schweren Sünde entsetzt und bestellte dos Mädchen in sein« Wohnung Nach- dem er die.Sünderin' dort wieder die ewige Verdammnis prophe« zeit hatte, nahm er mit den Worten»Um dein« Seele zu retten, muß da. Fletsch gezüchtigt werden' einen derben Stock zur Hand und ichlug so heftig auf dos Mädchen ein, daß dieses wsolge schwerer Verletzungen nach dem Kranken- haus geschafft werden mußte. Gegen den„strengen' Seelsorger ist Anzeige bei der Staatsanwaltschast wegen Körperverletzung erstattet, desgleichen fft er von der vorgesetzten Behörde fernes Dienstes enthoben worden.
Groß-Serliner parteinachrichtea. 88. Mt. Licht«»r»t>». Ächtung! Di« Adteilung-vettmnnilm,« findet nicht Di«n»taa. sondern erst am Mittwoch, den 10. abend« in der Echule Roonstraße statt. Wichtige Tageeordnung.
Sport. vieaer— paoliao. Am 12. Acbrnar. Wie bekannt, haben die Unternehmer de» Sroßkampfta«e» Breitensträter— Diener nach der Ertrankung Breiten» sträiers sofort zwei Vertreter nach Paris geschickt, um den baskischen Holzfäller P a o l i n o gegen Franz Diener zu verpflichten. Tele» graphische Meldungen au» Frankreich besagten, daß Paolino in Paris nicht angetroffen wurde Dt« Unterhändler haben sich dann sofort weiter nach dem Trainingequartier La Guerch« in Marsch gesetzt. Ein letzte« Telegramm aus Frankreich meldet, daß Pooflno gegen Diener kämpfen will und bereits engagiert ist. Die Unternehmer geben bekannt, daß der Vorverkauf(ohne Auf- schlag!) wieder eröffnet fft. Der Kampftag ist auf den letzten Termin, Freitag, den 12. Februar, verlegt worden.