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Freitag 12. Februar 1926

Petjta

Unterhaltung und Wissen

Zwei Freunde.

Bon Cydia Seijulina.

das ist ein Bürschlein, das gerne etwas ristiert. Mit ihm zusammen zu arbeiten, das ist eine Freude! Und wie er nur fingen fann:

Wir Burschen, stachelhaarig wie die Igelein,

Gar locker sitzt im Stiefel unser Messerlein und gleich wird's lustiger: die gnädigen Frauen, die vorüber gehen, erschrecken, trotzdem gar kein Messerlein vorhanden ist, ge­schweige denn erst Stiefel. Auf den bloßen Füßen, die der Straßen­schmuß und der falte Wind ganz erhärtet hat, sieht man nur blaue Flecke und Kraßer.

Und wie anpassend er seine Gespräche zu führen weiß! Geht eine Dame in zierlichen weißen Schuhen vorüber: sofort wird seine Stimme leise, schmelzend:

helfen Sic doch, Madame, im Namen meiner Mutter bitte ich Sic! Den dritten Tag liegt sie schon frank danieder und find nod) drei Kinder da..."

Gibt sie nichts, dann ruft er ihr derartige Ausdrücke nach, daß sie trachtet, eiligst aus seiner Nähe zu fommen und ängstlich mit dem Auge nach der Seite schielt, ob niemand gehört hat, wie sie Betjfa befchimpft hat.

Kommt einer, dem man am Gewand und an der Freffe ansieht, er gehört zum Sowjetregime, dann werden ganz andere Manieren aufgesteckt. Deutlich und mit derber Stimme:

Helfen Sie, Genosse, nur für ein Stückchen Brot!...

Und fragt ihn jemand:

Wer bist du? warum bettelst du?" Sm nächsten Augenblick ist eine derartig schwungvolle Geschichte erfunden, daß der Frager ganz perpleg wird. In der letzten Zeit aber pflegt man feltener zu fragen: in den Kinderheimen gibt's feinen Plaß mehr und wo sonst follte man so einen Typ hinsteden?

Auch das Auge Betjfas ift eine Spezialität für sich. Und was es alles sieht! Alles auf der Welt weiß Betika. Bei den Mani­festationen, hinter der roten Fahne, ist er der erste. Und was er für Erklärungen zu geben weiß!

Den Genoffen Woromffy haben diese Schmutianer umge­bracht! Lenins   besten Genossen, den ersten Proletarier! Der Weiß­gardist Kerson hat die Mörder engagiert. Und irgendeine her. gelaufene Bande will noch Krieg anfangen! Sie sollen's nur ver­fuchen!"

Ueber alles ist er am laufenden, obwohl er mit dem Alphabet noch start auf Kriegsfuß steht.

Mit Petjta zusammen zu arbeiten ist eine Freude. Nur tommt es felten vor, daß er jemand mit ins Schlepptau nimmt, er läuft meistens allein feiner Wege. Schon lange hatte Andrejka versucht, mit ihm anzubandeln, jedoch vergebens. Erst vor einer Woche ist es ihm gelungen. Nun ist für Betjta der erste Genosse Proletarier Andrejta.

Es war ein Zufall, Betita ging auf den Martt, urr etmas ausfindig zu machen. Andrejta tamt ihm nach, Betika tft sehr flein. ron Buchs. Er sagt, er sei zwölf, aber man würde ihm faum neun geben. So flein und mager ist er. Er verlor sich sogleich unter den Leuten. Andrejfe fuchte und suchte, stieß um sich, mit Elbogen   und Kopf Dreimal ging er den ganzen Marfi ab, fonnte aber Petjta nirgends finden. Plötzlich hörte er Weiber freischen. Steht da eine Gnädige, beutelt an ihrem Kleid herum, zeigt die Tasche, die von oben angenäht ist: nur für eine Minute habe ich mein Bortemonnaie in diese Tasche gesteckt. In dieser Hand hielt ich die eingetauften Sachen und mit der anderen nahm ich das Taschentuch. Nur für eine Minute...! Mein Gott, wie ist denn so etwas möglich!..

Nur für eine Minute

Alle Borübergehenden blieben stehen.

,, Ja, wie kann man aber auch! In die Tasche stecken, so daß es hervorsicht! Das fordert ja geradezu zum Stehlen heraus! So dumm!"

"

Wie fann man aber auch Geld so verwahren!"

Fresse ist voll Blut! Du bist mir ein Mordskerl, das muß man schon sogen! Wer ist schuld daran? Warum wolltest du vom Markt davonlaufen? Hast nichts in der Tasche gehabt und mußt dich zu den anderen Gaffern dazustellen! Warte, ich will etwas zu essen taufen!"

Du

Als sie beim Bahnhof auf dem Gitter faßen, sagte Betika: Bei der Dummen habe ich in der Tasche reine gemacht. haft für mich ausgefaßt!" Dann lachte er hell auf: " Wozu bist du eigentlich gelaufen? Ich habe gestohlen und bin trotzdem frech herumgegangen.! Einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul!"

Von diesem Tage an gingen Andrejka und Betjta miteinander. Damals fauften sie sich noch Zigaretten und Sonnenblumenterne. Sie wollten damit einen Handel eröffnen, aber die Sache hielt sich nicht lange, denn Betjta riskierte zu stark Solange das Geid noch reichte, tranken sie Bier, aßen Zuckerwerk und Wurst. Aber das dauerte nicht lange, und sie mußten neuerdings betteln. Es famen recht düstere Tage. ( Schluß folgt.)

A

Bellage des Vorwärts

nete, sondern auch seinen vorsorglichen Bater zu beerben, der ihm die Kleinigkeit von zwei Millionen Sefterzen( 340 000 M.) hinterließ.

Es spricht für die außergewöhnliche Klugheit des jungen Mannes, daß er sich peinlich hütete, politisch für irgendeine Partei offen einzu­treten. In Rom   tobten zu jener Zeit die erbittertsten Kämpfe zwischen Sulla   und Marius, zwischen Patriziern und Plebejern. Er nahm für niemand Partei und zog sich unter dem Vorwande, in then seine Studien zu vollenden, nach Griechenland   zurück. Vor­sichtigerweise aber hatte er vorher alle seine Befizungen in Rom   zu Geld gemacht.

In Athen   treffen wir nun Atticus bei allerlei gewagten Spefu­lationen. Bor allem aber verpflichtet er sich die Leute durch die Gewährung von Darlehen zu mäßigen Jinfen. Die Stadt Athen be fand sich gerade in einer sehr schlimmen Situation. Sie hatte Dar­lehen aufgenommen, tonnte aber nicht zu der vereinbarten Zeit zu­rückzahlen; die aufgelaufenen Zinsen sollten zum Kapital geschlagen werden. Da griff Atticus ein. Sein Ansehen in der römischen Fi­nanzwelt genügte, um bei der von ihm durchgeführten Vermittlungs­aftion Athen   sehr günstige Bedingungen zu sichern. Athen   bekam flüffige Mitel zu Bedingungen, wie es ohne Atticus niemals mög­lich gewesen wäre. Er verzichtete nicht nur auf die ihm zustehende Provision, er ließ auch in den Teuerungszeiten auf seine Roften Ge treide unter die Bevölkerung verteilen und erreichte, was er wollte:

Der Direktor mit dem 8000- M.- Waschtisch die Dankbarkeit und fünftige Unterstüßung der Griechen.

-

ein Pfennig Lohaerhöhung ist für die Eisenbahn­verwaltung untragbar. Ueberhaupt, Leute, bei denen es auf einen Pfennig ankommt, brauchen diesen wahrscheinlich nur zum täglichen Leben. Dafür ist kein Geld übrig bei der deutschen Eisenbahn. Wie sollte es auch, wo doch die repräsentativen Pflichten der Herren Direltoren Millionen fressen.

Ein Stinnes im alten Rom  .

Die brennenden politischen Probleme der Gegenwart nehmen Wenn du das Geld in die Tasche gesteckt hast, dann hättest du vollauf unser Interesse in Anspruch. Vielen mag es deshalb müßig erscheinen, in eine Welt unterzutauchen, die längst vergangen und eben die Hand nicht fortnehmen dürfen, du Nachlässige!" zerfallen nur noch in der Historie lebt. Eine Zeit, die uns mit allen Nöten drückt, läßt wenig Gelegenheit, Streiflichter in das Mittelalter oder gar in das klassische Altertum zu unter­nehmen.

" Da muß man halt suchen!"

Suche!"

Andrejka drängte sich nach vorne! Ein düsterer Herr mit Schwarzem Hut verzog fein gelbes Geficht und fagte, auf Andrejka zeigend: Gerade die pflegen zu stehlen. Man müßte den Burschen durchsuchen. Alle diese Burschen müßte man durchsuchen!"

Haltet den Burschen! Geht in seinen Taschen nach!" Bleich wirst du sie haben! Die Burschen sind schon so in unserer Zeit: erst stehlen sie, dann bleiben sie am Platz stehen und warten, Eis man fie arretiert! So dumme Kerle wirst du wohl eher unter ben Erwachsenen suchen müffen!"

Andrejka blickte um fich, nach allen Seiten, und es wurde ihm aanz ängstlich zumute, obwohl er gar nicht gestohlen hatte. 3og fich zusammen und wollte unter den Ellbogen des düsteren Herrn ent­mischen. Der aber faßte ihn beim Hemdchen:

Bleib stehen! Warum willst du davonlaufen?" Und nun war Andrejka so dumm, sich verteidigen zu wollen, indem er um sich schlug. Da umringten ihn die Marktweiber und durchsuchten seine Kleider. Sie fanden natürlich nichts. Aber gezwidt und geschlagen hatten sie ihn ganz gehörig.

Die Sache verhält sich natürlich so, daß er schon 3eit gehabt hat, die Beute seinem Genossen zu übergeben!" Da fam irgendein Fräulein dazu, das mischte sich eilig und vor­wurfsvoll in die Sache:

" Sie haben fein Recht, das Kind zu schlagen! Miliz! Bache!" Sie haben fein Recht, das Kind zu schlagen! Miliz! Bache!" Aber vor der Miliz fürchtete sich Andrejka mehr als vor den Brügeln, und er hörte sofort auf zu winseln. Mit Gewalt riß er sich aus den Händen der Weiber los.

Und sie beginnen zu streiten und zu schimpfen, lassen Andrejla los, der gerade noch Zeit fand, davonzulaufen, che die Miliz am Blaze erschien, trotzdem ihm das Blut dick aus der Nase rann. Zwei Straßen lief er, wie in Sinnesverwirrung. Dann blieb er stehen, neben einem Gitter, um Atem zu schöpfen und begann zu weinen. Blut und Tränen vermischten sich und malten seine fleine Fresse. Run, man mag meinen oder nicht, aber essen muß der Mensch, und daran muß man auch denken. Und so stand er wieber auf und stolperte in der Richtung gegen den Bahnhof fort. Da holte ihn Betjta ein:

Ach, du dummer Kerl! Warte doch! Endlich habe ich dich ein­geholt. Wohin läufft du denn?"

Auf den Bahnhof!"

-

Und dennoch: die politische und wirtschaftliche Struktur der heutigen Welt ist etwas historisch Gewordenes. Wenn die Voraus fegungen der heutigen Welt in der Vergangenheit liegen, so er öffnet das Studium des Gewesenen erst das volle Berständnis für das Jeßt. Die Kenntnis der verschiedenen Produktionsepochen und der Bergleich mit der heutigen macht es möglich, Vorteile und Schäden gegeneinander abzuwägen.

Vergleiche werden immer hinten. Aber keine der vergangenen Epochen ist ihrem inneren Wesen nach dem heutigen Kapitalismus sc ähnlich gewesen, als die Antike, der das alte Rom   durch feine beispiellofe Entwicklung von der latinischen Bauerngemeinde bis zur alles beherrschenden Weltmacht seinen Stempel aufdrückte. Bar uns aber die politische Geschichte des alten Römerreiches bis in alle Einzelheiten befannt, so herrichte über die ökonomischen Verhältnisse Produktion, Handel, Geldwesen der Alten noch einiges Dunkel, bis Produktion, Handel, Geldwesen der Alten noch einiges Dunkel, bis es der italienische Professor Salvioli unternahm, in zehn jähriger mühevoller Arbeit den Schleier etwas zu lüften.*) Bem tam die grandiose Entwicklung des Römerreiches zugute? Die unaufhörliche Kette innerer Klassenfämpfe zwischen den aristo trotischen Rittern, dem Adel einerseits und den Plebejern, den zwar freien, aber besiglosen Bürgern andererfeits, ganz zu schweigen von den Sklavenaufständen, sind für die römische Republik sowohl als auch für das spätere Kaiserreich ein Merkmal nicht nur für die po Stellung der Patrizier. Salvioli vermittelt uns nun die litische, fondern auch für die alles überragende wirtschaftliche Kenntnis von einem altrömischen Geschäftsmann mit Namen Atticus, der ungefähr um das Jahr 60 v. Chr. lebte. Die Kennt nis feines Lebens ist geschöpft aus seinem Briefwechsel mit dem be­rühmten Redner Cicero   und aus seiner Biographie, die Cor. nelius Nepos geschrieben hat.

Atticus   entstammte dem Ritterstande, aus dem sich in der Hauptfache die Steuerpächter des römischen Reiches refrutierten. Cicero   nennt diefen Stand die Grundlage der übrigen Stände, die Zierde der Bürgerschaft, die Säule des Staates." Livius   war ganz anderer Meinung: Bo ein Staatspächter den Fuß hinsetzt, da ist es vorbei mit der Freiheit und dem Staatsrecht der Bundesgenossen. Wer will es Atticus verdenken, daß er in der Wahl seiner Eltern außerordentlich vorsichtig war? Er hatte das Glück, nicht nur durch Geburt einem bevorrechteten Stande anzugehören und alle Erzie­hung zu genießen, die einen Weltmann der damaligen Zeit auszeich. JosephSalvioli: Derkapitalismus im Alter tum". lleberlegt von Kautsky  . Verlag J. H. W. Dieß Berlin  . Intern.

Wisch dich abl Dir rinnen ja die Tränen herunter und deine Bibliothet Nr. 52.

Zu dieser Zeit starb ein Onkel des Atticus und vermachte seinem Neffen ein Bermögen von zehn Millionen Sesterzen  . Grundstücks­spekulationen auf römischem Gebiet wären für den Augenblick für Atticus   sicher von großem Erfolge gewesen. Der Bürgerkrieg in Rom   zwischen Marius und Sulla   warf ungeheure Mengen fonfis­zierter Güter auf den Markt. Doch Atticus hütete sich, hier aufzu­kaufen, denn er rechnete, und nicht mit Unrecht, auf einen baldigen Umschwung der Berhältnisse, der ihm mit tödlicher Sicherheit sein Bermögen gekostet hätte. Er wurde Grundbesiger außer halb Italiens  , er legte sein Gelb in Grundstücken an, die er in ,, ruhigen Gefilden", in Kleinasien  , in Epirus  , auf Zypern und in den Balkanprovinzen auftaufte. Durch diesen ausgedehnten, in der ganzen zur damaligen Zeit befannten Welt verstreuten Großgrundbesig schuf er sich seine überragende Stellung als Finanzmann.

In diesen Immobilen war jedoch nur ein Teil seines Vermögens angelegt. Den anderen" Teil verwendete er, um Steuern und Staats­ländereien zu pachten. Atticus war so ziemlich an allen Finanzope­rationen beteiligt, die die verbündeten Steuerpächter vornahmen. Hier haben wir bereits die antiken Vorbilder unserer modernen Trusts und Aktiengesellschaften. Wir wissen heute nicht, ob der biedere Atticus an der Spize dieser raffinierten Gesellschaften stand oder nur Teilhaber mar. Aber wir wissen, daß er mit diesen Gesellschaften, direkt oder durch Mittelspersonen, in Kleinafien und Griechenland  durch Wucherzinjen von 3 und 4 Prozent pro Monat Riesengeschäfte machte.

Dabei vermied er es, persönlich in Erscheinung zu treten. Als fluger Mensch vermied er das Odlum der Habgier und seine Biographen schlidern ihn als einen rührigen und fleißigen Menschen, der immer auf seiner Hut, ein faltblütiger und guter Rechner und großer Wucherer war. Seine Kundschaft war überall zu finden, in Griechenland  , Delos  , Mazedonien  , Epirus   und Ephesus  . Es ist eine Tatsache, daß seine Schuldner ihm wegen seiner ,, Anständigkeit" fogar Denkmäler jeten.

Atticus benutzte jedes Mittel, um Berdienste einzuheimsen. Ob es sich handelte um das Ausleihen von barem Geld, das megen feiner Seltenheit in hohem Kurse stand, ob es die Gründung von Fechterschulen war, in denen die Gladiatoren mit Eleganz und Grazie zu fterben lernten, oder ob es fich handelte um die Einrichtung von Schreibstuben, wo man Manustripte topierte: er war überall dabei. ,, Geld stinkt nicht!" hatte später einer der römischen Kaiser ge= sagt. Atticus dachte wenigstens schon vor ihm so. Denn nur aus der ganzen römischen Psyche der damaligen Zeit herous ist es zu ers flären, daß er zu dem gemeinen Mittel griff, finderlose Frauen, Witwen und mannstolle alte Jungfern zu beerben. Wie uns Sal violi berichtet, wurden diese Tugenden ganz allgemein geübt, auch von Cicero und dem späteren Augustus, die durch solche Le­gate fich Riefenverrögen zusammenliebten."

Und diefem bieberen Atticus   gelang es, als er sich in Rom  dauernd niederließ, sich mit dem Schein eines Bücherwurms und eines stillen Gelehrten zu umgeben! Je älter und je vorsichtiger er wurde, um jo mehr suchte er bei größter persönlicher Bedürfnislofig­feit seinen Befis abzurunden. Bald gehörten ihm Land- und Zins­häuser in Rom   und Neapel  , in den Badeorten Ostia  , Cuma, Antium und Bajä. Er schinderte die Aermften, die infolge des Mietswuchers um Land und Haus gekommen waren, und starb schließlich als der allgemein wegen seiner Verdienste" und seiner Freigebigkeit ge­lobte und geachtete Mann.

Das alles ist in dem außerordentlich interessanten Buche Salviolis zu lesen. Es liegt nun schon über zwei Jahrtausende zurück und doch wird vielen, die die Geschichte des Altertums nicht so genau fennen, manches bekannt vorkommen. Atticus erinnert uns an Stinnes; er war vielleicht flüger als dieser.

Etwas werden also solche Bergleiche immer hinten. Aber so ganz unrecht hat er doch nicht, der gute Ben Atiba, wenn er sagte: 0. M. Es ist alles schon einmal dagewesen!

Todesfallen des Meeres.

Die furchtbaren Orfane der legten Zeit haben wieder eine ganze Anzahl von Schiffbrüchen auf hoher See zur Folge gehabt, und so manches Brad schwimmt heute herrenlos auf der meiten Salzffut. Diese Brads find aber nicht nur die traurigen Ueberrefte einer Ratastrophe, fondern fie tönnen auch roieber die Urfachen neuer Katastrophen werden; sie sind die eigentlichen Todesfallen des Meeres, wie ein englischer Seeoffizier in einem Londoner   Blatt ausführt. Wenn diese büfteren Gespensterschiffe gesichtet werden, dann wird ihre Lage und genaue Beschreibung fofort auf draht losem Wege allen Schiffen in der Nachbarschaft mitgeteilt, und ebenfa macht der Kapitän in dem ersten Hafen, in dem er anlegt, den Behörden Mitteilung von seinen Beobachtungen. Die meteoro­logischen Stationen können dann mit einer gewissen Sicherheit nach den zahlreichen ozeanifchen Strömmingen angeben, nach welcher Rich­tung diese Brad's getrieben werden. Warnungen werden in die Schiffsfarten eingezeichnet und die vermutlichen Wege, die die herren­von diesen Brads ausgehen und die sie zu wahren Todesfallen machen, treten besonders start bei dichtem Rebel und schlechter Sicht lojen Schiffe nehmen können, werden angegeben. Die Gefahren, die hervor. Das verlassene Schiff, das zum Spiel der Wellen geworden ist, wird allmählich von dem Meer aller Masten und des ganzen Oberbaus entkleidet, und so bleibt schließlich nur noch der Schiffs­rumpf übrig, der an der Meeresoberfläche nicht mehr sichtbar ist. Bei schlechter Sicht stößt also der nicht gewarnte Seefahrer ahnungs­los auf das unter Waffer schwimmende Brad, und dadurch fann fein eigenes Schiff schwer beschädigt werden. Die Schiffsüberreste werden nicht selten in den verschiedensten Teilen des Ozeans ge­meldet, da sie von den Strömungen weit herumgetrieben werden, bevor sie auf eine Klippe auffahren oder völlig von den Wellen zer­brochen und verschlungen werden. Der Zusammenstoß mit einem solchen Brad ist aber viel häufiger, als man ahnt, die Ursache für den Untergang eines Schiffes, das feetüchtig mit trefflicher Be­mamnung und reicher Ladung den heimischen Hafen verließ. Aus folchem tragischen Borgang in der unermeßlichen Einfamkeit der Seewüfte laffen sich manche dunklen Schiffsichicfale ertlären, über die niemals genaue Runde zu uns brang, und das Opfer des Brads wird dann selbst zur Todesfalle und fordert neue Opfer.