Eigene Zehlee. Die verzögerte Völkerbundsanmeldung und ihre Folge«. Im„Berliner Tageblatt" bemerkt Theodor Wolff zu den Versuchen, außer Deutschland auch Polen , Spanien und Brasilien einen ständigen Sitz im Völkerbundsrat zu verschaffen, daß das erste Kabinett Luther nicht ganz schuld- los an dieser Entwicklung sei. Hätte man sofort nach Locarno die Anmeldung Deutschlands vollzogen, dann„hätte niemand es gewagt, einen Mißton in die glückliche Locarno - Harmonie zu bringen". Man habe aber gehofft, die Deutsch - nationalen für den Völterbundseintritt doch noch gewinnen zu können und habe„der deutschnationalen Treibereien wegen den günstigsten Augenblick versäumt". Das ist durchaus richtig. Ergänzend muß hinzuge- fügt werden, daß die Treibereien der Bayerischen V o l k s p a r t e i, die noch während der Locarno -Debatte jenen Zusatzantrag auf Verschiebung des Eintritts Deutsch- l-.nds in den Völkerbund einbrachte, dem Luther zunächst sogar zustimmen wollte, die dilatorische Taktik der Reichs- regierung mit verursacht haben. Damals haben wir Sozialdemokraten— übrigens ohne darin von der demokratischen Presse unterstützt zu werden— diese Taktik entschieden bekämpft. Wir haben die lächerliche Behauptung angegrissen, daß man erst die(für einen be- stimmten Termin so wie so fest zugesagte) Räumung der Kölner Zone abwarten sollte ehe man sich in Genf anmelden ließ. Es ist von uns damals, im November, nicht einmal, fon- dern drei- und viermal verlangt worden, daß man die Tagung des Völkerbundsrats im Dezember benutze, um die For- malität der Anmeldung zu erfüllen, damit schon im Januar, wie ursprünglich geplant, eine Vollversammlung einberufen werden könne, auf der sich Deutschlands Eintritt vollzogen hätte. Wir haben nachdrücklich gegen jede Verschiebung protestiert, die keinerlei Vorteile mit sich bringe, während man nie wissen könne, was in drei Monaten alles geschehen könnte. Die rechtliche Grundlage für die Anmeldung war ja durch die Reichstagsbeschlüsse über Locarno , insbesondere durch die Ab- lchnung des bayerischen Derschiebungsantrags, ohne weiteres gegeben. Wir warnten umsonst und fanden nickt einmal bei den Demokraten und dem Zentrum die nötige Unterstützung. Die überkluge Haltung des Reichskabinetts, dessen Weisheit letzter Schluß stets darin besteht, die anderen„zappeln" zu lassen, fand den Beifall aller bürgerlichen politischen Strategen. Aber die anderen„zappelten" gar nicht. Gerade sie hatten ja Interesse daran, Zeit zu gewinnen, um uns in einer weniger günstigen Atmosphäre mit unerwarteten Ansprüchen überraschen zu können. Jetzt haben wir die Bescherung. Die Versuche, auch Polen . Spanien und Brasilien ständige Rats- sige zu verschaffen, sind durchaus unfair und werden Hassent- lich scheitern. Aber für Deutschland ist es jedenfalls keine an» genehme Situation, daß es sich überhaupt dagegen wehren muß und sich Gegner im Völkerbund macht, noch ehe es dann sitzt. Dos alles kommt davon, wenn man auswärtige Politik um jeden Preis mit deutschnationaler Unterstützung oder gar nach bayerisch-volksparteilichen Ratschlägen machen will und sozialdemokratische Mahnungen unbeachtet läßt. Ob diese neue Lehre wenigstens fruchten wird? �nör6 Tarüieus WieSerkehr. Als Abgeordneter in Belfort gewählt. Paris . 15. Februar.(Eigener Drahtbericht.) Die Ersatzwahl der Kammer, die am Sonntag in Belfort stattgefunden hat, hat dem ehemaligen Abgeordneten T a r d I e u, einen der Mitarbeiter Elemenceaus, im ersten Wahlgang den Sieg gebracht. Der Wahl- kreis war bisher im Besitz der Radikulsozialen gewesen. Er er- hielt 983?, sein radikaler Gegner nur«217 Stimmen. Gegen- über der Hauptwahl am 24. Mai 1924 beträgt der Gewinn, den die Reaktion zu erzielen vermocht hat, rund 2190 Stimmen, die radikal- sozialistischen Stimmen sind um 2800, die sozialistischen um etwa 400 zurückgegangen. Dagegen hat eine Rachwahl zum Senat im Departement SeineetOise das Kartell reüssieren lasien. Dort wurde mit Unterstützung der Sozialisten der radikalsoziale Kandidat im dritten Wahlgang mit 950 Stimmen gewählt. * Die Wahl Tarbieus bedeutet für die Linke eine ernste War- nung, zumal der Bezirk von Belfort einen stark proletarischen Einschlag hat und bisher fast immer einen Kandidaten der Linken gewählt hatte. Tardieu hatte stch nach seiner Niederlage im Mai 1924 verärgert von der Politik gänzlich zurückgezogen, sein General- ratsmandat niedergelegt und das Erscheinen seiner Zeitung«Echo National' sofort eingestellt. Er hat nun den Zeitpunkt sür günstig erachtet, wieder auf die polittsche Bühne zu treten und die starke Mehrheit, die er erhielt, verleiht dieser Rückkehr einen aufsehen- enegenden Charakter. Da die Rechte keinen überragenden Führer besitzt, dürfte Tardieu sehr bald wieder eine hervorragende Rolle im Parlament spielen. E» wird sich bei der noch immer ausstehenden Locarno -Debatte im Palais Bourbon zeigen, ob der geistige Bater des Bersailler Diktats weiter an der Gewaltpolitik von 1919 festhäll oder ob er stch der ollgemeinen Entwicklung angepaßt hat. Denn gerade Tardieu ist dafür bekannt, daß er stets anders kann, je nachdem, wie er aus seiner jeweiligen Stellungnahme seinen per- sönlichen Ehrgeiz befriedigen zu können glaubt. Umgekehrt ist die Wahl eine» Radikalen im Departement Seins- et-Oise, da» zuletzt nur durch Senatoren des Nationalen Blocks ver- treten war, ein wichtiger Erfolg de» Linkskartell». Es hieß, daß Millerand dieser Wahl mit besonderem Interesse entgegensah, weil er bei den nächsten ollgemeinen Wahlen dort zu kandidieren gedachte, falls die Staatsentscheidung am Sonntag zugunsten der Rechten ausfällt. Run dürfte er stch nach einem anderen Wirkungs- kreis umsehen. Neuer Niickzug vor flbü el Krim ! «vor einer neue« Offensive der Rifkabylen. pari», 15. Februar.(Eigener Drahibericht.) Roch Meldungen, für die«in« offizielle Bestätigung allerdings noch aussteht, sollen die Franzosen unter dem Druck der bevorstehenden Offensive AbdelKrimsdie Stellungen bei dem Massiv von Biban«, das im Zentrum der französischen Front liegt und schon im vergangenen Jahre den Ausgangspunkt der ersten Angriff« der Riftruppen ge- bildet hat. geräumt hoben. Auch von der spanischen Front wird eine Wiederaufnahme der militärischen Aktivität des Gegner» gemeldet, dessen Bemühungen zunächst darauf gerichtet zu sein icheinen, die Stämme, die stch im Herbst den Spaniern Unterwersen wußten, wieder erneut zum Anschluß an Abb el Krim zu zwingen. Wiederaufnahme de, Prozesse» Aeichpielsch? Die„Rote Fahne " teilt heute mit. daß der Vater de» am 25. August 1917 zum Tode verurteilten Oberbei�ers Max R e i ch p i e t s ch aus Anraten der kommunistischen Reichstags- und Landtagsfraktion die Wieder- mitnahm« des Lersahreus beantragt hat.
Der Mann im Glaskasten. Der Raum ist so klein, daß darin nur ein Bett, ein Tisch, drei- hundert Seltersfloschen und ein paar Zigarettenschachtcln Platz haben. I o l l y, der junge Mann, der einen Weltrekord im Hungern aus- stellen will, kann in seinem Glaskasten nicht einmal Spaziergänge machen. Er liegt im Bett mit sorgfältig frisiertem Haar, lila Schlaf- anzug, das Haupt malerisch auf sein« Hand gestützt, in einer Pose, die Ueberlegenhett und gleichzeitig Resignation in sein selbst- gewähltes Schicksal ausdrückt. Jolly will sechs Wochen hungern, in dieser Zeit nur von Zigaretten und Mineralwasser leben. Und um seinen Heroismus noch zu betonen, unternimmt er diese Uebung in einem Restaurant in der Friedrichstraße. Sein Glaslasten steht m einem kleinen Raum neben dem Speisesaal. Man hört das Klappern der Bestecke und das Rufen der Kellner. Um das Glas- haus drängen stch die Ereignisse, ein Beamter der Wach- und Schließ- gosellschaft sorgt dafür, daß der Glaskosten von der Menge nicht ein- gedrückt wird. Hin und wieder spricht der Manager einige er- klärende Worte. Lolly sei erst 24 Jahre all, in Erfurt geboren und sei bereit» mehrmal» als Hungerkünstler vor die Oefsentlichkeit getreten. Drei Wochen hätte er schon in dem Glaskasten ausgehalten. allerdings am Ende jeder Woche sei er unter Kontrolle rasiert worden. Ader dieses Mal verzichte er darauf! nicht einmal wolle er den Kasten verlassen, selbst sein gepflegtes Aussehen opfere er seinem Beruf. Man staunt Jolly an und schaudert leise bei dem Gedanken, daß stch der schöne Mann am Ende seiner Hungerperiode in ein wilde» Wald- und Wiesengenie verwandelt haben wird mit langwallendem Bart- und Haupthaar. Fünftausend Zigaretten hätte er mitgenommen, fährt der Manager fort, Eau de Cologne , mit dem er sich wasche, einen Lautsprecher, einen elektrischen Heizapparat, einen Ventilator und ein paar Bücher. Und schon drei Tage vor der Versiegelung hat Jolly das Essen eingestellt, um seine Der- dauung zu regeln. Und der junge Mann liegt da und läßt sich be- wundern, er blättert gelangweilt in einem Scottschen Roman und posiert die Haltung elne« Filmlord». Warum aber die ganze Uebung, besonder» in einer Zeit, da Tausende unfreiwiig hungern müssen? Warum diese Demon- stration? Soll sie vielleicht mit schöner Gest» zeigen, daß Hunger nicht weh tut. daß wette Beoölkenmgsschichten sich da« Essen ab» gewöhnen könnten, oder bedeutet st« einen besonder» verscknerten Anreiz zum Essen für di«, die da, Geld dazu haben? Ein rikkfichtsioser herrenfahrer. Mzu energischer Selbstschutz des Publikum». Durch rücksichtsloses Fahren brachte in der Rocht zu Sonntag der Kaufmann Rudolf Karstens aus der Prager Straße zwei Menschenleben in schwere Gefahr. Er kam mit seinem Auto, da» er selbst steuerte, gegen iVt Uhr in schneller Fahrt aus der Wilhelm- straße her in die Kochstraße und bog links in' die Friedrichstraße ein. Hierbei geriet der Wagen zum Teil aus den rechten B ü r g e r st e i g und riß zwei Personen um. E» waren der Maler Felix Zoller au» der Hauptstraße zu Schvneberg und di« Artistin Melonita Dahlöff aus der Schlüterftroße in Charlottenburg . Auf die erregten Zurufe der Passanten hört« der Herrenfahrer nicht, sondern fuhr nach der Ziinmeisiroße zu weiter. Die beiden an- gefahrenen Personen wurden«in Stück weit m i t g e s ch l e I f t. die Artistin nur wenige Meter, der Maler jedoch bis zur Zimmer- straße. Hier erst wurde Karstens durch ein ihm entgegenkommendes Auto zum Holten gezwungen. Wie durch ein Wunder sind Zolle? und die Dahlöff mit leichten Verletzungen davongekommen. Sie konnten, nachdem sie auf der Rethrngsstelle verbunden worden waren. in ihre Wohnungen entlassen werden. Schlimmer erging es dem rücksichtslosen Fahrer, den die empörten Passanten vom Wagen holten und verprügelten. Erst das herbeigerufene Ueberfallkommondo Linden befreite ihn und brachte ihn ebenfalls zur Rettungsstelle. Nach Feststellung semer Personalien mußte er in seine Wohnung transportiert werden, da er so zerschlagen war, daß er seinen Wagen nicht selbst heimwärt» lenken konnte. Todesopfer einer Hasoergistung. Ein« Mutter mit Ihren zwei Kindern erstilkk. Ein erschütternder Unglücksfall trug sich in der Nacht zum Sonn, tag in Berlin-Buckow zu. Als der Wagenwäscher Kurt Ba- sch i n au» der EHousseestr. 53 morgen» um 8)4 Uhr von der Ar- beit helmkehrte, strömte ihm beim Oefsnen der Wohnungstür ein starker Gasgeruch entgegen. Er fand seine 30 Jahre alte Ehefrau Ida und seine beiden Söhne, Knaben im Alter von zehn und zwei Jahren, anscheinend tot in ihren Betten auf. Di« sofort herbeigerufene Feuerwehr stellte Wted«rb«lebung»ver- suche an, die bei den beiden Knaben er f o l g l o« blieben. Frau Boschin kam wieder zu stch und wurde in da» Buckower Kranken- hau» eingeliefert Hier starb sie jedoch auch gleich nach der Aufnahme. Wie die Kriminalpolizei feststellte, handelt es stch um einen Unglücksfall, der Gashahn in der Küche war nur zur Hälfte geschlossen._ Siedelungsarbeit ist �ugenöjchutz. In einem Lehrgong zur Ausbildung und Weiterbildung von Iugendpflegern und Jugendpflegerinnen, der in Berlin vom Haupt- ausschuß für Leibesübungen und Jugendpflege veranstaltet wurde, sprach u. a. auch der Berliner Stadtrat Genosse Wutzky. Er be-- handelte die Beziehungen zwischen Siedlung und Jugend und zeigte, daß sür die Jugendpflege di« Wohnungsoerhällnisse von höchster Wichtigkeit sind. Bon einer rechten Wohnung müssen wir— führte er au,— fordern, daß sie ein wirkliches Heim für die Familie ist, eine Stäit« des Behagens und eine Quelle der Voltskraft. In Wirtlichkeit lebt aber die Mehrheit des Voltes in Wohnungen, die dieser Forderung Hohn sprechen und die Volksgesundheit auf» schwerste schädigen. Das großstädtisch« M i et k as e r n e n» len d bat sich ungehemmt ent- wickeln können, weil die Beschaffung von Wohnhäusern den Speku- lanten überlassen wurde. Erst die Zeit nach dem Kriege brachie eln tatkräftiges Eingreifen de« Staates, ober was durch die Sünden der Vergangenheit verdorben wurde, ist so rasch nicht zu bessern. Di« EtiÜcguna der Bautätigkeit durch den Krieg hat noch zu einer Verschärfung des Wohnungselends geführt, weil der Wohnungs- mongel zu noch schlimmerer Zusammendrängung in den Wohnungen nötigt«. Auf die Schädigung der Voltsgesundheit durch die Ueberfüllung der Wohnungen hat die All- gemeine Ortskrantenkasse Berlin wieder in ihrem letzten Jahresbericht hingewiesen, der die Ermittelungen über die Wohnungs- Verhältnisse der erkrankten Mitglieder veröffentlicht. Wenn diejer Steigerung des Wohnungselcnds nicht endlich Einhalt ge- boten wird, dann sind, erklärte Genosse Wutzky, die Aufwendungen für die Wohlfahrtspflege nutzlos verton. Und dann ist. betonte er, auch die Jugendpflege in der Hauptsache zum Sch*i» tern verurteilt! Di« Jugend kann nicht gedeihen, wo die Woh- nung nicht von der Sonne durchstrahlt wird. Der Redner erörterte dann die neueren Bemühungen, die Stadtplanung nach sozialen Ersordernlssen zu ge- stalten. Trennung der Industriebetriebe von den Wohngegendcn. Einschränkung der Wohnbauten, auf möglichst wenig Geschosse, Schaffung durchlüftbaier und besonnter Wohnungen, Beseitigung der Hinterhäuser— das sind die wichtigsten Gesichtspunkte für die neue Stadtplanung. Auch für reichliche Grünslächen, für eine genügend« Zahl von Spiel-, Sport- und Erholungsplötzen muß gesorgt werden. Die vor kurzem in Kraft getretene neue Bauordnung für Berlin und der jetzt fertig vorliegende neue Bauzonenplan
r da» ganze Stadtgebiet werden wenigsten» die Außenbezirk« nor r engen Bebauung bewahren, die wir im Innern der Stadt haben. Vom Stadtinnern bis zu den weitest entfernten Außenbezirken sind fünf Bauzonen nacheinander angeordnet, in denen die Höhe der Ge- bäude von fünf Geschossen bis zu zwei Geschossen abnimmt und der zur Bebauung zugelassene Grundstücksteil von sechs Zehntel bis zu einem Zehntel sich verringert. Ganz draußen wird die Bebauung io locker und luftig sein, daß dort Siedlungen nach Art oer Gartenstädte entstehen. Besonders ihnen wird die Nach- barschaft der vorgesehenen großen Grünflächen und der gesicherten Dauerwaldungen zugute kommen. Zum Wiedcrausbau unserer Dolkskraft ist, schloß Stadtrat Genosse Wutzky, die Sanierung der die Volksgesundheit zerstörenden Großstadt unentbehrlich. Ohne gesunde Wohnungen können wir es nicht erreichen, daß wir eine gesunde Iugcndheranwachsensehen. Lebhafter Beifall dankte dem Redner.
5ür Volksentscheid und Jürftenenteignung. In Boumschulenweg sprach gestern Reichstaaspräsident Genosse L ö b e: Schon machen sich die Königstreuen in ollen Landen bereit, allgemeine Landestrauer anzulegen, und in den Kirchen wird man sie singen hören: Leise zieht durch mein Gemüt trauriges Ge- läute. Die Republik ist auf und daran, ihr Versäumnis nachzuholen. zu tun, was die Hohenzollern 1866 ihren eigenen Kumpanen getan, als sie die hessischen Lande in die Tasche steckten, und eine Bresche in die bürgerliche Rechtsordnung zu schlagen, die von altersher ein- gepökelt Krieg und Revolution gut ausgehalien hat. Daß die Fürsten stch zur Klage entschlossen haben, beweist nur, daß sie endgültig ihre Hofsnungen auf Wiedererlangung der politi- Shen Macht begraben haben. Das ist das einzig Gute an der sfäre. Run aber wird aus ihrem Zivilprozeß der erste h i st o r i- sche Prozeß der Republik . Wae die Hohenzollern vorhaben, sieht man aus folgendem: In der Grernmark liegt ein Gut von 100 000 Morgen, Krajanke-Flatow, das dem Prinzen Friedrich Leopold gehörte. Der Herr war zu seiner Erholung— denn seine Leute hotten viel zu pflügen und zu ernten — zu Flirt und Spiel In der Schweiz . Das Gut verwahrloste so. daß der Staat sich der Verwaltung annehmen mußte. Trotzdem haben deutsche Gerichte dem Prinzen das Land zugesprochen. Daß die Gelder sür den Kauf dieses Gutes vcrbüraterweise au» der Staatskasse in die Privatschatulle gewandert sind, tst für das Kelchs« (tericht unerheblich. Denn damals herrschte der preußische König noch o absolut, daß auch solche Schiebungen von Gott begutachtet wurden. Wäre der letzte Vergleich zustand« gekommen, hätten die Hohen- zollern insgesamt 184 Millionen Goldmark eingeheimst. Wie oft aber deutsche Richter mit diesen Ausbeutern auf die Jagd gegangen sind, da» kann man!?tzt sehen. In Thüringen waren die Fürsten abgefunden. Die Richte? sagen, das sei„wider die guten Sitten" geschehen:« muß mit dem Blute de» Volke» bezahlt werden. Dw Mecklenburger Russengeneral bekommt laut Rechts» autachten für jedes Jahr Krieg gegen Deutschland zwei Millionen Belohnung. Und woher stammt da» Geld? Ein Herzog von Braun- schweig, Karl Wilhelm Ferdinand , verkaufte 4300 seiner Landes- kinder als Soldaten an England. Er bekam 51 Taler pro Kopf Werbegeld und 30 Kronen Entschädigung für jeden Toten. Drei Verwundete rechneten immer für einen Toten. So verschacherten damals deutsche Fürsten insgesamt etwa 250 000 Kinder ihres Landes für die berühmten 30 Silberlinge. II 000 von ihnen sahen die Heimat nicht wieder, und ihr Fürst tat das Geld für ihr« Treue w seinen Beutel. 1918 hatten wir keine Zeit, mit ihnen abzurechnen. Sie liefen zu früh davon. Jetzt muß die Eegenrechnung aufgemacht werden. so groß, daß olle ihre Goldmillionen nicht reichen. Nicht August de? Starke hat Sachsen beackert, sondern Arbeit des Volkes. Nicht die Prinzessin von Montenegro hat Mecklenburg entwässert, sondern schwielige Bauernfäuste, di« Väter derer, die man skrupellos ent- eignet hat an Gut und Leben. Es gibt kein Zurück mehr. Die Versammlung, die so stark besucht war, daß nicht alle Platz' tn dem Saale fanden, bewies, wie einmütig das Volt hinter der Parole:„Keinen Pfennig den Fürsten !' steht. Sie dankte dem Reichstagspräsidenten Genossen Lobe, indem die Teilnehmer ihn unter Beijallsbezeugungen zum Auto geleiteten.
Straß enbahnzusammenstoß in Köpenick . Heut« morgen kurz vor 7 Uhr stieß ein Triebwagen der Linie 86 infolge Wofogen» der Bremse auf den Anhöngewagen der Linie 87. Der Vorderperron de, Triebwagens wurde vollständig zertrümmert und der Beiwagen schwer beschädigt. Vier Personen wurden dabei verletzt. Durch den Vorfall entstand eine Verkehrsstörung von längerer Dauer. Die beschädigten Wagen mußten abgeschleppt werden. ver Kursus.Arbeiterbilduugslchole». Der Kursus de« Genoflen Horlttz über Grundlagen der«rbeiterbildung finde! nicht statt in der Zeit von Ssi, bis S Uhr abend», sondern von 3 bi»»'/, Uhr tn WilmerS- dorj, Oberreullchule asx Seepark Ecke Hindeuburg- und Augustaftrah«. Sport. Die weltmeisterschasteu im Eislauf. Im weitwen Verlaus des Sonnabend-Abendprogramms fanden im Rahmen der intwnationalen Weltmeifterschasten Damen-Einzel- laufe und Tanzkonkurreuzen statt. Im Anschluß hieran trafen sich in der Eisarena der Wiener Eislausverein und der Ver» Ilner Schltttschuklub zum 4. Internationalen Eishockey, von etwa 5000 Zuschauern stürmisch begrüßt. Nach hartem Kamps auf beiden Seiten gingen die Mannschaften mit 1: 1 in die Halbzeit. Das Spiel endete unter größtem Beifall mit 3: 3 unentschieden. Am Sonntagnachmittag trat der Wiener Eislaufoeretn gegen S la v i a- P r a g zum 5. Internationalen Eishockey an. In der ersten Hälfte des Spiels wird aus selten Slavlas alles daran gesetzt, den Wienern einen Sieg so schwer wie irgend möglich zu machen. Dennoch können die Wiener zweimal erfolgreich schießen und mit 2: 0 in die Halbzeit gehen. Die Gegner trennten sich schließlich mit 8:0 sür Wien . Den Höhepunkt der Weltmeister- schasten bildet« der Sonntagabend. Parterrcräume, Ränge und oberste Galerie waren üb erfüllt. Schätzungsweise wohnten etwa 6500 Personen der Veranstaltung bei. Als Ereignis de» Abends stieg das 6. und letzte, mit großer Spannung erwartete Eishockey- t u r n t e r zwischen dem Canadian Student» Hockey Club (Paris ) und dem Berliner Schlittschuhtlub. Nach den Erfolgen an den Vortagen wurde mit einem entscheidenden Sieg der Pariser Mannschaft als Weltmeister gerechnet. Dies« Erwartun- gen sollten ober durch das Spiel der Berliner , die sich in ihrer Jjorm selbst übertrafen, getäuscht werden. Die' Berliner beginnen sofort mit heftigen Angriffen und verlegen den Hauptkampsplatz in die Nähe des französischen Tores. Nach ganz kurzer Zeit gelingt es Holmquilt, das erst« Tor zu schichen. Da» Spiel wird schneller und die Pariser oersuchen mit aller Macht auszugleichen, was auch nach kurzer Zeit gelingt. Holsboer, der durch sein flottes Vorwärts- drängen glänzt, ruft wahre Beifallsstürme hervor und bringt da» französische Tor dauernd in Gesahr. Bei Halbzeit ist dw Stand 2:2. Im zweiten Teil des Kampfes werden die Berlinw noch besser und Molander gelingt es, nach einem fabelhaften Durchbruch das dritte und Siegestor für Berlin zu schießen. Alle Versuche dw Pariser , einen Ausgleich zu schaffen, scheiterten an dem Widerstand der Berliner , so daß das Spiel mit 3: 2 für Berlin abgepfiffen wird. Berlin (B. S. E.) rangiert an erster Stelle, es folgt Canadian (Paris ) und als dritter der Wiener Eislaufoeretn.
Paosino, der spanisch« Schwergewichlsboxmelstw. hat sich m seinem Kampf mit Diener eine Verletzung der linken Hand zugezogen, die nach ärztlichem Befund in einem Bluterguß auf dem Handrücken und einem wahrscheinlichen Anbruch des dritten Mittelhandknochens besteht. Paolino wird deshalb in den nächste» drei Wochen weder trainieren noch kämpfen. Der Kampf um die Europameisterschaft gegen Erminio Spall«(Italien ) soll am IS. Mai in Barcelona ausgetragen werden.