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7. Seilage ües Vorwärts

dkenstag, Ib. Februar 1H2b

mr\\mr Was das für Leute sind, die am frühen Morgen schon, wenn sich die Stadt noch verschlafen die Augen reibt, sich an die Gitter des großen Hauses da in Altmoabit drücken? Das sind Justitias tägliche Gäste, die Auhörer. Don sieben oder halb acht an warten die ersten und ihre Zahl schwillt mst den Bewegungen des Zeigers. zum Häufchen, zum drängelnden Haufen. Ein weiser Ratschluß hat denen, die da ungeladen gekommen, eigene Zugänge bestimmt, die sich für den eilenden Passanten schämig in den Boden hinein ver- kriechen; in der Straße Altmoabit und der Turmstraße. Es ist aber da noch einer, zu dem man über die breite Freitreppe gelangt: der öffnet sich aber seltener für die Einlaßheischenden; wenn es aber der Fall ist, dann gibt es um jeden Zentimeter vorwärts eine lebens' gefährliche Balgerei. Das ist der Zuhörerzugang zum Schwurgerichts- saale, der sich in eine Ecke des großen Hauptportales verkriecht. vor Sem Tore. Geduldig warten nun Morgen für Morgen einige Hundert, zusammengeballt, auf den Augenblick, wo Justitia vom Schlaf erwacht, und sich die ersten Tore zum Vorraum offnen. Dann gibt's ein Drängen und Puffen, das einer verdienstvolleren Angelegenheit wert wäre. Drinnen schieben sie sich über die Treppen und bauen sich vor neuen Zugängen auf. Wo zwei stehen bleiben, hängen sich vier, fünf, noch viel mehr, viel, viel mehr an, es sind nur wenige. besonders bevorzugte Säle, wo sich sehens- und hörenswerte schicksalsschwangere Zugstücke für diese Augen und Ohren abspielen. Man erkennt leicht, wes Geistes Kind die sind, die sich hier vor den Zugängen zu den Gerichtssälen zusammendrängen. Das Gros der Zuhörer, junge Menschen, die sicher noch nicht viel selbst verdientes Geld, redlich verdientes Geld in der Tasche trugen, ist hier zu Hause. Sie kennen alle Gänge, sie wissen Bescheid, wo die dicksten Sachen verhandelt werden, sie kennen die Eigenart der Iustizbeamtn, wissen genau, ob sie da mit Humor, dort mit Frechheit oder Bescheidenheit o erreichen, daß sie noch schnell in den schon gefüllten Zuhörerraum schlüpfen können. Man sieht es in vielen Gesichtern, daß chre Träger auch schon jenseits der Zuhörerschranke als Akteure gestanden haben. Sie führen das Wort, wenn es sich um das hier bevorzugte Gespräch:.Recht, Gesetz, Strafe", handelt. Da sind Frauen, denen die ewigen Kochtopfsorgen zu langweilig geworden sind, die viel lieber in.den Abgründen menschlicher lleidenlchast, menschlichen Laster», schauen wollen: da sind unreife Dengel. kaum der Schule entwachsen, die hier eine Fortsetzung von Karl May , von Rick Karter oder sonst einen' Schundhesthelden erwarten. Dazwischen einzelne Wenige, die den Freund, den Bekannten auf der Zeugenbank oder auch auf der Anklagebank sehen möchten. Eine bunte Gesellschaft, die hier aus dem Schicksal anderer köstliche Unterhaltung, so ein bißchen prickelndes Wohlgesühl schöpfen, um sich ein Innenleben zu

erzwingen, das ihnen der Alltag nicht bescheren will. Können sonst Menschen zu dem Schauspiel, wo Ringende, die strauchelten, vollends zertreten werden, wo der Zynismus von Verbrechern sich wie ätzende Säure in das denkende Hirn frißt? O, wie taubensriedlich sehen sie alle aus. wenn sie die Zuhörerbänke drücken, sie haben Freude im Herzen, denn sie wissen, draußen irren noch einige Dutzend Neu- gieriger auf Treppen und Gängen herum, huschen leise da hinein. dort hinein, natürlich, wo nichts los ist, wo einige Kraftfahrer oerknackt werden. Das ist doch nichts, dazu setzt man sich doch nicht hierher. Hier unten, hier kommen die dicken Sachen, da bekommt man was zu hören Es geht schon los. ?m Gerichtssaal. »Also die Cache Straßmonnl* Der Justtzrat hat e» gerufen, der Amtsmann hat gehört. Straßmann kommt. Zwanzig Augen entkleiden den Angeklagten bis auf sein Vorleben. Ganz genau wird er laxiert, und über den suchend vorgebeugten Köpfen schwebt die Frag«:.Was ist das nur für ein Fall?" Die Anklage wird ver- lesen, und ausatmend hören sie:.Betrug.".Sie sind vorbestraft?" .Fünf Jahre Zuchthaus , vier Jahre Zuchthaus, fünf Jahre, sieben Jahre." Das ist Sache, da gibt es Bewegung im Zuhörerraum. Am liebsten möchte man Beifall klatschen, aber muckmäuschenstill muß es hier hinten sein, sonst steht man bald wieder draußen, und das wäre doch jammerschade, wo es hier.richtig" ist. Aber ein Wispern hebt doch an:.So ein feiner Pinkel und sowat läuft frei rum?".So'n richtijet Jalgenjesichte hat a aba, Junge, Junge, den fein Knast!" Und weiter geht es, während der An- ? geklagte sich zur Anklage äußert, während jede seiner Bewegungen, einer Gesten von den gierenden Augen oerfolgt werden:.Wat hat a lesacht? wat, det ie allet unwahr? nu kiken Sie sich det un- schuldije Gesichtekin an." Augen und Ohren arbeiten, nur nicht»

verlorengehen lassen, nur nicht den dramatischen Höhepunkt ver- säumen. In jedem neuen Zeugen, der da kommt, der gleich mit seinem Eintritt Sympathie oder Antipathie in die Mienen zaubert und neuen Anlaß zum leisen Meinungsaustausch gibt, wittern sie ein neues Senfaliönchen, und feine Aussagen begleiten geflüsterte Gutachten..Nee, so ein Schas!".Nu sehn Se sich an, sieht der nich aus, als wenn er nicht bis dreie zählen kann, und so schnüffelt a in andere Leute ihren Kochtopp..Ja, ja, die Sorte, det sind die Richtijen!" Was die Worte nicht sagen, das sprechen die Augen, das liest man aus einem zusammengezogenen Mund, aus zu- sammengekniffenen Augen, wie auf einer Rennbahn, wie im Kino. Das Häßliche im Menschen sonnt sich hier zur Gebärde. Ein Film nach dem anderen rollt sich gemächlich ab, bis es mal stoppt.Zch beantrage Ausschluß der Oessenllichkeit." Der Justizwachtmeister unterstreicht Antrag und Genehmigung heftig, so daß die Hörenden unwillig zögernd, schnell noch ein Wort erhaschend, das Feld räumen. Draußen können sie schon freier ihrem Herzen Luft machen: So'ne Jemeinhelt, und wo't so schön wird, müssen wa raus!" Da draußen lösen sich dann hinter fettigem Butterbrotpapier, von schmatzenden Lippen geformt, die Urteile, um die drinnen der Richter mit Paragraphen und menschlichem Empfinden ringt. Hier wird noch einmal Gericht. gehalten über die, die schon.angenommen" ? laben, die schon das zermürbende Frage- und Antwortspiel hinter ich haben. Hier draußen warten sie geduldig, auch wenn eine Mittagspause die»schöne Unterhaltung" stört. Schwurgericht. Da» ist lebensgefährlich, sich in diesen quirlenden Strudel der drängenden Menschen zu begeben, wenn man noch unten steht und es schon acht Uhr ist, dann ist es zwecklos, sich und seine Kleider in Gefahr zu begeben, denn die Trepp«, die da hinaufführt, ist schwarz von dichtgedrängten Menschen. Wer hinkommt, glaubt einen Platz im Himmelreich erworben zu haben so sehen sie aus, auch so andächtig, wenn sie einen guten Platz gefunden haben, möglichst ganz vorn, wo man alles, aber auch alles hören und sehen kann, denn mancher Zeuge, mancher Angeklagte und auch mancher Staats- otuoall ninnnt zu wenig Rücksicht auf die braven Zuhörer, und spricht viel zu leise. Kribblig vor Erwartung möchten sie wissen, was ge- spielt wird und sie erfahren es bald..Kindsmord"..Ol" während von irgendwo ein leises Schluchzen, ein. Stöhnen in den Saal ge> atmet wird. Bekannte aus der Straße der Angeklagten und Zeugen habsn sich eingesunden, suchen, wo die anderen da vorne sitzen. Sehn'se, det da is mein Bruder und det da, sehn'se die olle Frau, da, daso mit den jrünen Hut, det is meine Mutta, und det da, is die Mutta von'n Angeklachten, sehn'se bloß, wie die arme Frau heult die arme Frau* erklärt eine Eifrige denen,, die es hören wollen. Vorn tut sich ein Abgrund auf, aus dem die Scheußlichkeiten an das Tageslicht gezerrt werden und hier hinten rutschen sie aus ihren Stühlen: immer mehr immer mehr, wir verttagen's schon, und sie können nicht genug bekommen! * Ist da» Reden und Feilschen um die Tat, um das Schicksal de» anderen so viel wert, daß sie müßig dahocken, immer noch da hocke/» wenn draußen das Getriebe de» Werktags flutet?

DieGrüne Woche " am Kaiserdamm. Da» Berliner Messeamt hat. wie bei früheren Derel? staltungen, auch diesmal besondere Erleichterungen für den Besuch dl/ .Grünen Woche Berlin 1926", die am Sonnabend, dct» 29. Februar, vormittags 19 Uhr, im Funkhaus und in der alten AutoHalle am Kaiserdamm zur Eröffnung gelangt, geschassen. Der Eintrittspreis zu der Ausstellung und ihren Nebcnveranstaltungen ausgenommen das in der neuen AutoHalle stattfindende Reit- und Fahrturnier beträgt 1,50 M. Für alle diejenigen Besucher, die die Einlaßkarte im Vorverkauf bei einem der Berliner Verkehrs- Unternehmungen erwerben, ist in diesem Preis das notwendige Fahrgeld bi»zum Ziel« einbegriffen. Gleichgültig, welches Verkehrsmittel benutzt wird, ob Hoch- und Untergrundbahn. Stadt-, Ring- und nähere Vorortbahn und Straßenbahn der Linien 53, 72, 75 und 93. überall sind an den Schaltern oder bei den Schaffnern gegen Entrichtung von 1,59 M. in den Tagen vom 29. bis 28. Fe- bruar Einlaßkarten zur Ausstellung zu haben, denen ohne jeden Auf- schlag die Fahrkarten(3. Klasse) oder Fahrscheine für die Hin- und Rückfahrt beigegeben sind. Besucher der.Grünen Woche", die bei

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GnKel Moses . Roman von Schalom Asch .

Nicht die persönlichen Bedürfnisse trieben Onkel Mose » zur ewigen Jagd nach Geld. Er selbst hatte sehr geringe Lebensbedürfnisse. Für sich selbst brauchte er gar nichts. Es machte keinen Unterschied für ihn. in mos für einer Wohnung er wohnte, in was für einem, Bett er schlief. Noch jetzt hatte er oft Sehnsucht danach, in einer Herberge zu schlafen, und das helle Zimmer mit dem weichen Bett und den graziös geschnitzten Möbeln, auf die er sich nicht ordentlich hinzusetzen traute, machte ihm eigentlich gar keine ,zreude.... Noch jetzt ging er oft zur Lunch, zeit niit seinen Arbeitern in einen billigen L'.mchroom und schlang dort stehend, in Eile, sich drängend. San'wich, eine Suppe oder eine Tasse Kaffee hinunter: mit den Eeschästsleutcn in einem vornehmen Restaurant zu essen, hatte er nie recht Lust, nicht deshalb, weil er etwa geizig gewesen wäre, sondern weil er an das erbärmliche Leben, in welchem er den größten Teil seiner Tage verbracht hatte, mehr Sm c wohnt war und daran mehr Freude hatte als an dem reichen I eben. Etwas anderes als das Geld war es. was ihn im kalten Winter so zeit'g aus dem Bette trieb, damit er nur ja der erste im Geschäft sei und sehen könne, ob die Arbeiter zur rechten Zeit zur Arbeit kämen: etwas anderes als das Geld war es auch, was ihn beweg, in den heißen Sommermonaten in der Stadt zu bleiben. Obwodl er sehr unter der Hitze litt. welche aus seinen dicken Körper schädlich einwirkte, wollte er doch nicht in eine Sommerfrische fahren, sondern stand in s.nnem Geschäft zwischen den Haufen staubiger Kleider, atmete schwer und fächelte mit dem steifen Hut sein erhitztes Gesicht. fuhr sich mit einem Toschentuch über den von der Hitze roten, schütter behaarten Kopf und wollte sich nicht einmal auf Sam verlassen, dem er doch sein Bertrauen schenkte. Es war nicht das Geld, es war etwas mehr als Geld es war. als fei er ein Sklave seiner unerschöpflichen Energie geworden, die ihn wie e'ne Teu'elsmacht oorwärtstrieb. deren Befehlen er blind gehorchen mußte. v Denn On"el Molcs hatte niemanden, für den er arbelten und dem er fein Geld hinterlassen konnte. Onkel Moses war Witwer. Er hatte wohl Kinder, aber nicht von seiner Frau. fondern von der Frau eines anderen Mannes, und wußte dabei nicht einmal, ob diese Kinder sein« eigenen waren.... Jedenfalls liebte er sie nicht. Das mar so gekommen. Als Onkel Moses noch ssmg war und den Lunchroom gegen ein Geschäft mit zurückgesetzter Männerkleidung vertauschen wollte, hatte er die Tochter �nes Kompagnons geheiratet. Diese Heirat war mehr aus geschast-

lichen Gründen als aus Liebe erfolgt. Onkel Moses wußte in seiner Jugend nichts von Liebe. Er war von seinen Plänen und Geschäften so in Anspruch genommen, dag er für derlei Dinge keine Zeit fand.... Seine junge Frau aber, welche aus Galizien stammte und zur Sentimentalltät neigte, ein schwächliches, zartes Geschöpfchen, hatte ihn wirklich lieb. Nicht ihn persönlich sie hätte jeden Mann, der sie heiratete, lieb gehabt, weil sie dazu geschafsen war, zu lieben, zu ver- göttern und zu dienen, wen es auch sein mochte.... Sie blickte zu ihm wie zu einem Gott empor, hatte Ehrfurcht vor seinem breiten Mannesnacken. Furcht vor seinem ernsten. sorgenvollen Anttitz und bewunderte seine Energie und seine Tatkraft. Doch er sah sie nicht. Er hielt sie für einen Gegen- stand.... Ost, wenn sie bei Nacht neben ihm lag, hatte sie Sehnsucht nach Liebkosungen, nach Zärtlichkeiten. Sehnsucht danach, sich an ihn anzuschmiegen, gestteichelt, wie ein Kind verzärtelt zu werden: doch er lag da. den schweren Könier zur Wand gekehrt, entweder laut schnarchend oder mit Ge- danken an seine Unternehmungen beschäftigt. Sein Kopf war stets voll von Röcken, Hosen, Westen, Knöpfen, Leinwand. Tuch er dachte immer nur an diese Dinge und sab nicht um sich. Forderte die Natur ihr Recht, so tat er seine Pflicht, grob und ohne Senttment, wie man sein Mittagsmahl einnimmt. den Mund abwischt und sich vom Tisch erhebt.... Die junge Frau aber hatte Sehnsucht noch Liebe, nach Zärtlichkeit und Wärme... Das hotte er nicht und konnte es nicht geben. Er verstand ihr Verlangen nicht und wunderte sich. warum sie keine Kinder batte. Als er einmal bei einem seiner Freunde, einem älteren Manne, bei der silbernen Hochzeitsfeier mar und sah, wie die Kinder den Eltern eine Torte mit bren- nenden Kerzchen brachten und ihre Freude teilten, da kam er böse nach Hause und whr seine Frau brummig an: Kinder.... Warum hast du keine Kinder?... Geh zu einem Arzt!" Doch die Frau hatte keine Sehnsucht nach Kindern, sondern nach Liebe, und der Durst muh Liebe verzehrte sie. Von Tag m Tag wurde sie schwächer und kränkelte immer mehr. Onkel Moses hatte großes Mitleid mit ihr. Sein Leben machte ihm keine Freude mehr. Wenn er einmal mit guten Freunden ausging, um den Abend in lustiger Gesellschaft zu verbringen. machte er sich Vorwürfe, daß er seine Frau allein zu Hause gelassen hatte. Er ließ seine Gesellschaft im Stich und eilt« heim; doch seiner Frau konnte er nichts geben. Er wußte nicht, warum sie kränkelte, und da er ratlos war, schrie er sie an: Was ist dir? Warum gehst du nicht zum Arzt? War» um bist du krank?" Schon einige Jahre vor dem Tode der Frau hatte er

keine Frau mehr.i... Das war der Anlaß, daß er häufig darüber nachdachte und begann, den Frauen nachzusehen.... An einer jungen Frau in einem jüdischen Restaurant, in welchem er den Lunch zu nehmen pflegte, fand er Gefallen. Sie war brünett und hatte schmale, schwarze Augenbrauen: ihm gefielen die schwarzen Härchen, welche wie Schläsenlocken an ihrem Wangenansatz sproßten. Als er sie einmal sah, wie sie hinter dem Büfett in einer weißen Bluse und einer Schürze mit den Schlüsseln klapperte und dem Kellner Befehle erteilte. da erinnerte sie ihn an den jüdischen Hausfrauentyp in der alten Heimat, und er begann mit ihr zu kokettieren, über- häufte sie mit Aufmerksamkeiten und bat sie, mit ihm zusammen auszugehen. Alles wunderte sich über Moses Melnik; doch der fühlte sich sehr wohl mit dieser Frau, die ganz zu ihm paßte. Ihr Mann merkte, was vorging und merkte es auch nicht in jedem Fall tat er, als wüßte er nichts. Onkel Moses lebte mit der Wirtin des jüdischen Ltinchrooms heimlich zusammen, und sie hatte jedes Jahr ein Kind, das auf seine Rechnung ging.... Er selbst wußte nicht, ob es seine Kinder waren oder die Ihres Mannes.... Der Mann kam von Zeit zu Zeit, um von Onkel Moses mit der Drohung eines Skandals Geld zu erpressen, und Onkel Moses gab es ihm. Dieses Ge- schäst oertraute er Sam an, der ihn auch stets von allen Sorgen auf diesem Gebiete befreite und alles ohne Aufsehen arrangierte". Daß Onkel Moses mit einer anderen Frau lebte, gab seiner eigenen zarten Frau vollends den Rest. In kurzer Zeit starb sie, ohne ihm ein Kind zu hinterlassen. So hatte Onkel Moses eigentüch keinen Leibeserben. Die Kinder der Frau des Gast- wirtes gehörten offiziell diesem, und Onkel Moses war gar nicht sicher, ob es seine Kinder waren.... So lebte Onkel Moses zehn Jahre lang als Witwer. Alle Leute sagten, er sei noch ein junger Mann, und in seinem Geschäft gab ein Schadchen dem anderen die Türklinke in die Hand. Onkel Moses dachte nicht daran, zum zweiten Male zu heiraten. Er brauchte das nicht. Seine heimlichen Beziehungen zur Frau des Gastwirts hielt er weiter aufiecht. Doch als er sich den Fünfzigern näherte, fühlte er eine gewisse Einsamkeit und die Sehnsucht nach Familie. Seine geschäftlichen Energien be- gannen ein wenig zu erlahmen, er hatte nicht mehr die gleiche Lust wie früher, neue Häuser zu bauen oder neue Unter- nehmungen zu gründen, begann sich mit den alten Geschäften zu begnügen und bekam Sehnsucht nach einem warmen Heim, nach Kindern, die ihm gehörten, mit denen er an Feiertagen in der Schul' beten und sich vor seinen Bekannten zeigen könnte.... So dachte er viel ans Heiraten und ließ sich Partien antragen. (Fortsetzung folgt.)