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rung in bie Wiederaufbaugebiete Frankreichs und Belgiens abgeschoben werden konnte. Wurde so doch eine Menge effender Mäuler im Lande weniger, floß doch so regelmäßig ein gewiffer Geldstrom von auswärts ins Land der weiß roten Grenzen. Die nationalistischen Drahtzieher versuchen freilich, das heulende Wirtschaftselend und den Hunger des zu bedenklichster Untätigkeit verdammten Broleten durch nationalistische Formeln und religiöse 3e remonien zu beschwichtigen, indes, so sehr gerade die polnische Volkspfyche auf derartige Dinge reagiert: die breite Maffe der Bevölkerung steht heute diefem Treiben seiner Schreier sehr uninteressiert und sehr ungläubig gegenüber. Beiter: Posen liegt in der Mitte zwischen Barschau und Berlin . Die politisch wirtschaftliche Drientie rung geht, es liegt nahe, von Kongreß- Bolen aus. Schuhe und Textilwaren lommen von Warschau und Lodz . Die gleichen Schuhe und Textilwaren, die früher in der preußischen Beit in und um Posen selbst gefertigt wurden. Reisende Männer und Frauen überschwemmen das Land. Der Anzug, den der Bofener Pole trägt, das weite Kleid, die bunte Schürze für die Bäuerin um Schrimm und Schroda : sie werden nicht mehr in Posen gefertigt, Kongreß- Bolen ist ihre Heimat. Also schlendern auch die Posener Schneider und Schufter arbeitslos mit den Händen in den Hosentaschen in den Straßen umher.

Aber nicht nur die Ware fommt aus ehemals russisch polnischen und galizischen Gebieten: auch Menschen tommen von dort ins Bofener Land. Viele, allzuviele. Sie fetzen sich an die Stelle der ausgewanderten Deutschen und finden auch, sehr zum Berdruß der eingesessenen Bevölkerung, in den behördlichen Bureaus und den sonstigen behördlichen Arbeitsstätten häufig leichter Arbeit und Brot gebende Be­schäftigung als diefe. lleberhaupt find in der Stadt Posen Klagen der Art nicht selten, daß nur das aus dem ehemaligen Kongreß Polen stammende Bevölkerungsgros hundertpro­zentige Polen enthält, und daß andererseits das Randgebiet, also die Woiwodschaft Bosen noch immer als nicht ganz waschecht, als preußisch infiziert angesehen wird. Diese an gebliche Zurüdfegung hat eine gewisse Bitterfeit wach werden laffen, die es im Bunde mit der schlechten Wirtschaftslage und der daraus refultierenden umfangreichen Arbeitslosigkeit zu­wege brachte, daß man in Bofen teineswegs mit den neuen Staatsdingen recht zufrieden ist.

Zu denen, die durch den neuen Zustand start beein trächtigt und dezimiert wurden, gehören die Juden. Sie waren im Bezirk Bofen befanntlich früher außerordentlich zahlreich. Der int polnischen Nationalismus liegende Anti­femitismus hat auf die Handel treibende jüdische Bevölkerung fo ftart eingewirkt, daß diese, ob deutsch oder polnisch, am stärtften, abwanderte. Ein großer Teil davon ging nach Berlin und nach schlesischen Mittelstädten. Fast verschwunden ist natürlich auch die vor dem Kriege in voller Blüte ge­standene deutsche Gewerkschaftsbewegung: nicht beffer ging es unferer Parteibewegung, die gleichfalls feinerzeit hier sehr ansehnliche Ziffern aufmies. Mit dem Niedergange und der Einflußlosigkeit des Deutschtums wäre eine rein deutsche sozialistische Bewegung von vornherein ein belanglofes Gebilde geworden. An die Stelle der früheren deutschen Sozialdemokratie ist die polnische, die PPS., getreten. Doch läßt deren Stärfe im Vergleich zu den frühe­ren Ruständen noch sehr zu wünschen übrig. Es wird eben auch für die den sozialen Gedanten vertretenen Organisatio nen in der heutigen Woiwodschaft Posen noch gar mancher Mühen bedürfen, ehe fie den Einfluß erreicht haben, der der Klassenstärke ihrer Anhänger zufommt.

Ini übrigen ist zu hoffen, daß durch das Zustande tommen besserer Beziehungen zwifchen Deutschland und Polen sich auch die Lage des Deutschiums in der Wojmodschaft Bosen allmählich bessern wird. In den unteren polnischen Bevölkerungsschichten ist die nationalistische Welle zudem längst abgeebbt.

Das sterbende Podium.

Eine zeitgemäße Betrachtung von Reji Langer. Dem eifrigen Lefer unferer gewaltigen Tagespresse wird es vielleicht feit einiger Zeit doch schon aufgefallen fein, oder er merkt es auf diese Zeilen hin, daß der Konzertanzeigenteil von dem statt. lichen Umfange von fünf bis acht Seiten auf das Nichts von einer aber gar einer halben Seite zusammengeschrumpft ift. Und auf dieser tummeln fich auch faft nur ein paar ruhmfüchtige ausländische Namen, die ihr gutes Geld deutschen Agenten und ihre Billetts deutschen Freibergern zur Verfügung stellen. Von den bewährten alten Bodiumsfämpen findet man nur äußerst selten noch einmal eine bescheidene Annonce, die uns an Namen erinnert, die wir schon gestorben glaubten. Es gab doch einstens eine ganze Reihe nur der Halbbühne verschriebener Künstler aller Gattungen. Ich beklage nicht, baß manch ein Tenor, der fein feftes Theaterengagement fowieso hat, nunmehr nicht mehr von seinem Kothurn heruntersteigt und die Schar seiner jetzt bubigetopften Anhängerinnen ganz unge­Schminkt und aus nächster Nähe mit dem Schmalz seiner Kehle be­glückt. Oder etwa, daß eine wild um fich retitierende höhere Tochter mit ihrem Lantenanhang die Berliner Kritit vors Forum ruft, um fie nachher stundenlang mit schlechtgetauter Literatur zu öben. Aber ich lehe viele Berufene" und ebenso viele Auserwählte" um die Bafis trauern, und zu deren Sprecherin mache ich mich. 3ft wirklich die Podiumskunft ein so unwichtiger Kunstzweig ge­wesen, daß man ihn fang und flanglos eingehen laffen foll? Gab es nicht viele Dinge in Mufit und Literatur, die das Eindimensionale ber Halbbühne direft verlangten? Und ist der Rundfunt, der ja nun als Totengräber hierbei fungiert, ein vollgiltiger Erfag dafür? Be. fonders in feiner so oft bemerkten Kunst- und Literaturfrembheit? Gewiß ist es ein sympathischer Gedanke, daß nun das berühmte alte Fräulein da draußen in Lichterfelde nur den Kopfhörer zu nehmen braucht, um für ganze 2 M. monatlich ihr Kunstbedürfnis am Abend oder auch zu anderer Tageszeit ihren Wissensdrang zu befriedigen. Aber gerade dieses alte Fräulein war es, das den Bodiumstünstlern die Bläze tatsächlich ablaufte, wenn es auch nur für den Wert einer einzigen Mart mar. Und wie begeistert fonnte fie sein, wenn aus des berühmten Raphfoden Munde ihr" Goethe erklang oder wenn fie nachher fonstatieren konnte, daß Wilhem Busch es hinter den Ohren hatte.

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Soll man den nachschaffenden Künstler nun gar nicht mehr sehen? Kann sich der Mensch wirklich und in jedem Falle auf das rein Bhonetische einstellen, bas, zum Schmerz sei's gefagt, manchmal recht unmöglich in ber drahtlosen Wiedergabe erscheint. Und wenn das der Fall sein sollte, dann erblüht der neuen weltbewegenden Funt tethnit die Berpflichtung, fich der reinen Podiums. tünstler in viel großzügiger Form anzunehmen, als es bisher geschieht. Die Republik muß ja auch die fiegreiche Garde des vormaligen Kaiserreichs pensionsweise mitschleppen. Vielleicht schafft der Rundfunk diefen Abgebauten neue Möglichkeiten. Bielleicht bereitet er auch-, vermöge feiner großen Organisation dürfte das ein Leichtes fein diefen feinen Stieftindern Veranstaltungen, bei denen das Publikum nicht nur Hörer, fondern auch Seher ist, viel leicht fombinlest er. Es würde seiner Popularität nur dienlich sein. Morituri te salutant!

Nationale Gefahren.

Wozu die deutschnationale Presse schweigt.

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Die Tägliche Rundschau", zu 30 Proz. deutsch volksparteilich, zu 70 Proz. deutschnational, beschäftigt sich mit der Frage der polnischen Landarbeiter. Sie for dert, daß mit der Einrichtung des polnischen Wanderarbeiter wesens Schluß gemacht werde. Man fulle nicht immer von den billigeren polnischen Arbeitskräften reden, fondern zu einer großzügigen Siedlungspolitik im deutschen Osten übergehen.

Es ist eine Tatsache, die auch der Täglichen Rundschau" nicht unbekannt sein dürfte, daß der oftelbische Großgrund befiz, der sich besonders national gebärdet, nicht nur in ständig zunehmendem Maße polnische Banderarbeiter auf feinen Gütern verwendet, sondern auch polnische Arbeiter dauernd ansiedelt.

Die Tägliche Rundschau", die nur zu 70 Broz. deutsch­national ist, schlägt Lärm. Die deutschnationale Barteipreffe aber schweigt. Für sie eriftiert die Befahr für die nationale zusammenfeßung der Bevölkerung des deutschen Ostens nicht. Die Deutsche Tageszeitung" aber fördert das Banderarbeiterunwesen, indem sie Anzeigen veröffentlicht, die dem Menschenschmuggel nach Deutschland dienen. Die nationale Gefahr tommt also aus den nationalen ejahr kommt at Kreisen.

Wulle berichtigt...

... aber für Aufklärung sorgt er nicht.

in ber Affäre der Fälschunger hechoslowatischer Roter war unb den Hauptanteil an der Nie de richlagung der Affäre hatte.

Bei der Darlegung der Fälschung tschechoslowakischer Noten in den Jahren 1920 bis 1923 hob Dr. Benefch insbesondere hervor, daß die Falsifikate tschechoslomatischer Hundertfronennoten im Jahre 1920 in der Ungarischen Lithographischen Anstalt in Budapest her­gestellt wurden, daß die Bestellungen durch gewisse ungarische militärorgane erfolgt sind, daß die Herstellung der Hundert fronennoten- Klischees in der Druderei von Bettig auf Aufforderung zweier ungarischer Offiziere erfolgte und daß auch die Spur der Hauptschulbigen in der Affäre der tschechoslowakischen 500- Kronen noten- Falfifitate im Jahre 1921 in Wegelsdorf nach Budapest führte.

Die gegenwärtige Franfenfälscheraffäre habe auch diese Ana gelegenheit in neuem Lichte gezeigt. Daher habe die Regierung am 17. Januar um Erledigung ihrer unbeantwortet ge­bliebenen Noten von 1922 und 1923 erfucht. Die ungarische Regierung antwortete am 28. Januar, daß die angeordnete Unter juchung infolge Mangels an Beweisen eingestellt wurde.

Dr. Benesch erklärte: Mit Rücksicht auf die neuen Umstände erwarten wir, daß bie ungarische Regierung ohne äußeren Drud auf die Erweiterung der Untersuchung und der Anklage auch auf halten wir uns unser Vorgehen vor. unsere Affäre besorgt sein wird. Falls dies nicht erfolgt, be= Die ungarische Regierung wird sicherlich begreifen, was fie uns, ihrem Prestige und der Rechtsordnung in ihrem Staate fchuldig ist.

Zur politischen Seite der ungarischen Fälscheraffäre bemerkte Dr. Benesch, vom Standpunkt der auswärtigen Politit stelle sie den Ausdrud der feindlichen Orientierung dar, welche den Rechtszustand in Mitteleuropa nicht anertenne und gegen die Konsolidierung der Verhältnisse gerichtet sei. Dies fei der Friedenspolitik. gefährlich. Die Fälschungen sollten Frant Herr Reinhold Mulle, M, d. 2., beehrt uns mit einer Bereich und die Nachbarn Ungarns schädigen. Die gefälschten Gelder richtigung. Er wendet sich gegen unsere Notiz, die sich mit der sollten zur Propaganda gegen die Nachbarn dienen und zu solchen Sammlung von Ruhrhilfsgeldern durch die Deutschvölkische Freiheits - innerpolitischen 3weden, welche einen Eirfluß auf die internationale Lage und insbesondere auf die partei im Jahre 1923 befaßt. Er erklärt:

,, Es ist unwahr, daß von den auf unser Ruhrhilfskonto im Jahre 1923 gesammelten Geldern auch nur ein Pfennig für die Deutschvölkische Freiheitspartei im Jahre 1923 verboten war, hat einen anderen als den angegebenen Zwed verwandt worden ist. Da fie als solche überhaupt teine Sammlung für die Ruhr hilfe veranstaltet oder veranstalten fönnen.

Es ist unwahr, daß der unterzeichnete Abgeordnete Reinhold Bulle ein Konto bei einer Bant in der Mohrenstraße gehabt. Bahr ist vielmehr, daß der ehemalige Botenjunge Feige ( nicht Feigl) von uns wegen verschiedener Unredlichkeiten ent­uns wegen verschiedener Unredlichkeiten ent­laffen ift."

Mit dieser Berichtigung ist natürlich gar nichts aufgeklärt. 3war hatte man ein Bostichedtonto, aber man fammelt nicht! Belcher Widerspruch. Der entlassene Feige hat sich erboten, zu beeiben, daß die gesammelten Gelder zu Gehaltszahlungen ausgegeben wurden. Warum gibt Herr Wulle ihm nicht die Gelegen heit, eine solche Aussage vor Gericht zu machen. Die Berich tigung allein genügt faum. Lag die Bank vielleicht in der Tauben straße und nicht in der Mohrenstraße?

Aus dem Prager Parlament. Präsidiumswahl- Benesch Rede- Mißtrauensantrag. Das Abgeordnetenhaus des Prager Parlaments wählte mal n. petr( tschechischer Agrarier) mit 159 Stimmen gestern zum Präfi denten. Auch einige Deutschbürgerliche stimmten für ihn. Auch einige Deutschbürgerliche stimmten für ihn. Unter den vier Bizepräsidenten ist auch ein Deutschbürgerlicher. Malypetr erklärte, daß er die Wahl annehme, und versprach, genau ben Ge. feßen entsprechend vergehen zu wollen. Darauf gab in Beantwor ting der Interpellation der Koalitionspartelen in der Angelegenheit der ungarischen Frankenfälscheraffäre Außenminister Benesch einen Ueberblick über die Entwicklung der Affäre.

Er verwies auf den politischen Charakter der Affäre, so. wie auf ihren Zusammenhang mit den früheren

Lösung der Königsfrage entgegen den Berpflichtungen Ungarns haben. Diese Aktion hatte ihre Agenten auch in Desterreich und allerdings ein Intereffe daran, daß über das Wesen der Ursache die Bayern . Der Minister sagte schließlich: uns wird diese Krink cus unserer ruhigen Friede tsarbeit nicht aufscheuchen. Wir haben ungarische Bevölkerung, welche teine Schuld hat, sowie die inter­rationale Deffentlichkeit in formiert werden. In unseren Be ziehungen zu Ungarn hatten wir und werden wir die Friedens. linie einhalten, bereit, heute und morgen, oder mann immer, mit ihm einen mitteleuropäischen Garantiepaft unter der Aegide des Völkerbundes abzuschließen und jederzeit Beweise dieses Willens zu geben. Wir woller die Affäre nicht ausnutzen. Wir werden uns nicht in sie einmischen. Wir wünschen nur deren unparteiische Unterfuchung, öffentliche Aufklärung und die Be­ftrafung der Schuldigen. nach den Ergebnissen werden mir unser Borgehen zur Sicherstellung der durch die Fälschung unserer Gelder bedrohten Interessen ein richten. Bir reservieren uns in dieser Angelegenheit auch das weitere Vorgehen auf dem internationalen Forum, ins besondere zur Erreichung von Garantien, unabhängig von diesem Falle gegen ähnliche Affären in der Zukunft. Wir wenden uns in dieser Angelegenheit an andere Regierungen und werden gemeinsam mit ihnen versuchen, Anträge zu stellen, wie in 3u­funft durch internationale 3ufammenarbeit joldhe Affären verhindert werden können."

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Das Versprechen des Ministerpräsidenten. Die deutschen Sozialdemokraten haben beantragt, den Minister. präsidenten Schwehla zu einer Erflärung darüber zu veranlassen, marum er feine 3usage vom 10. Juli 1920 nicht eingehalten habe, daß nämlich die Sprachenverordnung vor ihrem Infrafttreten dem Verfassungsausschuß vorgelegt werden würde, um die Frage der Sprachenverordnung so zu lösen, wie fie den Lebens­bedürfnissen der Minderheiten entspricht.

Die Deutschbürgerlichen haben, unterstüßt von den Sozial­demokraten und den Kommunisten, einen von mehr als 100 Abgeord neten unterzeichneten Antrag überreicht, der Regierung wegen Ber legung des international verbürgten Sprachenschutzes der nationalen Minderheiten das Mißtrauen aus Organzusprechen.

Fälschungen tschechoslowakischer Noten. als Beweis dieses Zusammenhanges betrachtet der Minister einer seits die Tatsache, daß Nadossy das untersuchende

Stück zehn Pfennig.

Ich habe einen guten Freund, der als Schriftsteller bereits einen recht geachteten Namen hat. Ein Novellenbändchen von ihm ist sogar mit wunderschönen Illustrationen eines unserer befanntesten Gra phifer erschienen. Von diesem Freund bekam ich fürzlich einen außer ordentlich freudigen Brief. Ich habe nun doch wieder ein möbliertes Bimmer gefunden, trotzdem wir doch ein faum drei Monate altes Baby haben," schrieb er mir. Und außerdem teilte er mir mit, daß er jegt bei einer Erportfirma als Rorrespondent für Englisch , Frans zösisch und Italienisch angestellt sei. Spanisch und Russisch lerne er noch, da er das ebenfalls für seinen neuen Beruf brauche. Natürlich antwortete ich hm ebenfalls fehr entzückt, gratulierte ihm zum möblierten Zimmer und zum festen Einkommen und äußerte die An­ficht, daß seine neue Tätigkeit ihm wohl faum noch Zeit für feine Schriftstellerei lasse. Aber schließlich sei das lebendige Leben ja auch vielleicht besser und wertvoller als die Beschäftigung mit dem toten Wort. Diese dumme Phrase schrieb ich nicht etwa aus Bosheit, sondern weil ich wirklich sonst nichts zu sagen wußte Mein Freund aber antwortete mir, freundlich und buldsam wie immer: Ach nein, meiner Muse bin ich trotzdem nicht untreu geworden. Ich könnte gern wieder zwei Bändchen Gedichte und einen Novellenband heraus geben; aber es findet sich augenblicklich fein Berleger dafür."

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An diesen Briefwechsel mußte ich denken, als ich fürzlich durch ein großes Warenhaus ging und dort einen Tisch mit Büchern fah, zu zehn Pfennigen das Stüd, das halbe Dußend wie Orangen" für fünfzig Pfennige. Das war nicht etwa Schund, fiel mir ein schauerliche Schmöker mit grellen Titelbildern, die gab's nebenan, und ein Buch davon foftete soviel wie hier sechs Lyritbände. Denn nichts anderes war es, was sich hier türmte, als Lyrit, Lyrit, Lyrit. Bekannte Namen waren dazwischen, die man in allen modernen Antologien findet, auch in Tageszeitungen bisweilen oder in perio. bijchen Zeitschriften. Und wenn einer von ihnen gerade feinen fünfzigsten Geburtstag feiert auch folche gab es darunter fo find die Beitungen feines Ruhmes voll und hier lagen nun seine gehefteten Werke, fünf verschiedene Bände fand ich heraus, das Stüd für zehn Pfennige. Andere Bücher wieder waren von unbekannten Berfaffern. Leise, stille Berse las man da oft, schön und zart, die aber die laute Jazzmusit des Lebens überschrien hatte, die auch hier vorübertofte, und vom Nebentisch, in Form gepreßt, herüberplärrte: D Eva, o Eva".

Und andere Hände noch griffen nach den Büchern, verarbeitete und glatte, aber fast alle waren mager, sehr mager. Der Bücherberg wurde zusehends fleiner. Und wenn die Verfasser all dieser Gedichte gefehen hätten, wie begierig ihre Werte hier gekauft wurden, so hätten sie sich sicher darüber gefreut, und fein einziger von ihnen hätte sich wohl darüber befümmert, daß man nicht mehr dafür zahlte als für schlechte Orangen. Nur das Blinken in den Augen hätten sie geschen und das Bie schön der fleinen Näherin gehört. Da ist es dann fein Wunder, wenn jedes Buch von ihnen nicht Trude E. Schulz. mehr als zehn Pfennige einbringt.

Eine neue ,, Wafferpest"? Die als Wasserpest bezeichnete Wasser­pflanze ist bekanntlich vor vielen Jahren aus Nordamerika bei uns eingeschleppt worden und hat sich zeitweilig in den Flüssen und Seen fo start vermehrt, daß schwere Stockungen im Schiffsverkehr, Ber­ftopfungen von Schleusen und andere Schädigungen recht häufig waren. Seit längerer Zeit ist diese Kanabische Wasserpest( Elodea canadense) auf ein erträgliches Maß zurüdgegangen. Neuerdings wird nun aus Westdeutschland gemeldet, daß sich ein neuer Ein­bringling in den Gewässern breitmacht. Es ist ein auf der Wasser. oberfläche schwimmender Wasserfarn"( Azolla carolinea ), dessen Heimat in wärmeren Zonen zu suchen ist. Diese den Aquarien­liebhabern wohlbefannte Schwimmpflanze vermehrt sich auffallender. weife auch bei uns im Freien sehr rasch, verdrängt die bekannte Bafferlinfe und überzieht die Gewässer mit einer diden, für Wasser­pögel undurchdringlichen grünen Dede. Gewisse Kreise befürchten, daß durch den Wasserfarn eine ähnliche Safomität wie durch die Bafferpest hervorgerufen werden könnte. So schlimm dürfte es indessen nicht werden, da Azolla auf die Bafferoberfläche angewiefen ist, also nicht das ganze Gewässer durchsetzen kann, wie es bei Elodea der Fall ist.

Auswanderverbot in Estland . Im legten Sommer wanderten aus Estland Männer und Frauen in großen Scharen nach Brafilien aus. Brasilien erschien ihnen als ein Wunderland, wo das Geld spielend zu gewinnen und das Leben angenehm sei. Ende des Jahres trafen von einer Reihe ausgewanderter Esten Bittschriften an die estnische Regierung ein. Der Staat möge ihnen helfen, in die alte Heimat zurückkehren zu können. Viele baten um das Reisegeld, bas fie bei ihrer Rückkehr abverdienen wollten. Gleichzeitig schilderten fie bie grenzenlose Not und Ratlosigkeit im fremden Lande, wo fein Efte Arbeit oder Unterkunft mehr finden könne. Zum Teil sei ihre Lage verzweifelt, da sie weder die Landessprache noch Deutsch oder Englisch verstunden und zugrunde gehen müßten. Die estnische Re­gierung hatte erst eine öffentliche Warnung an alle Auswander

wanderverbot.

Aber wie fam das nur? Bar es diefer gewaltige Bücherturm, dieser anklagende Ball, der nun doch erfolgreich fämpfte? Ebensoviel Menschen fast wie um den Tisch für billige Grammophonplatten hatten sich hier um die Lyrit verfammelt, ein fleines Fräulein, viel leicht hatte sie Garn oder Band und Futterstoffe für ihre Schneidereiuftigen erlaffen und, als dies erfolglos blieb, ein ſtrenges Aus­gefauft, blätterte in den staubigen Bändchen mit vorsichtigen Finger­pigen und hauchte manchmal leise: Wie schön". und türmte fich fechs Bändchen auf, und legte zwei mieber weg, fünfzig Pfennig find heute doch schon viel Geld, und holte sich die zwei wieder. Am Abend hat sie dann wahrscheinlich darüber gebeugt gefeffen, ein bißchen zu tief, weil ihre Augen noch von der Näherei meh taten, und noch öfter gefeufzt: Wie schon", und vielleicht hat sie darüber vergessen, daß am nächsten Morgen ihr Tag schon vor sechs Uhr wieder beginnt, und ist viel zu lange aufgeblieben, bis ihr Kopf froer und müde herabfant und die Augen fein einziges Wort mehr aufnehmen

fonnten.

Die Tanzgruppe des Reuflichen Staatsthealers unfer Yvonne Georgi wird die blerte anzmatince der Bolts bubne E. B. befreiten. Dicle findet am Sonntag, den 28. februar. im Theater am Bülowlab ftatt. Ginlaßkarten 1 Mark in den Vorverkaufsstellen der Boltsbühne E. V.

übungen im Staller riedrich Museum( Borderasten) Museumsführungen. Sonntag, den 21., 10 Uhr vorm., finden amtliche Dr. Gbelof und in ufeum Bring Albret Stroke 7 ( Troja) Dr. Unverzagt ftatr Jalakfarten: 50 1. fub rov Beginn der übringen am Gingang der genannten Museen in beschräni.es Anzahl erhältlich.