fehlt in der Statistik das Vahr 1922? Wohl, um den Abstieg von 748 bewaffneten Ueberfällen im Jahre 1921 aus 97 im Jahre 1923 wirkungsvoller zu gestalten. Wer glaubt, daß solche Statistiken dazu geeignet sind, das Nationalgefühl zu heben, der täuscht sich wirklich. Der normale Italiener fühlt nicht das mindeste Bedürfnis, fein eigenes Land als eine Räuberhöhle dargestellt zu sehen, die nur durch eine in keinem anderen Lande der Welt benötigte Polizei gebändigt und verwertet werden kann. Eine solche Taktik mag Wasser auf die Mühle dieser Polizei bringen, aber wahrhaftig nicht aus die des nationalen Selbstgefühls. Wü persönlich glauben nicht, daß es den fremdsprachigen italienischen Staatsangehörigen schlechter geht, als den italienisch sprechenden Nicht-Faschisten. Jtalianisiert werden ist nicht schmerzlicher als f a s ch i st i e r t werden. Darin kann das ganze nichtfaschistische Italien dem Südtirol die Bruder- Hand reichen. Eines sollte der Faschismus doch endlich ein- sehen: man kann nicht das eigene Boll im eigenen Lande demütigen und entmündigen, um es im Ausland zu erhöhen und ihm eine imperialistische Mission zuzusprechen. Man mache sich nur die Jämmerlichkeit der Rechtspflege klar. Seit dem 4. November sitzen Z a n i b o n i und E a p e l l o und 12 sogenannte Komplicen im Gefängnis, darunter zwei Frauen. Gegen alle soll wegen Verbrechens gegen die Sicher- heit des Staates vorgegangen werden. Alles, was man Zaniboni zur Last legt, ist von dem Polizeispitzel Quaglia ausgeführt worden; gegen Capello liegt überhaupt nichts vor. Alle diese Menschen— natürlich mit Ausnahme des Quaglia, der sich auf höheren Auftrag berufen könnte— behält man im Gefängnis, obwohl z. B. Capello Diabetiker ist und sicher weit weniger„Haft- fähig" als seinerzeit Marinelli, der nach der Amnestie die Klinik verließ, um sofort die Oberinspektion über das Der- waltungswesen der faschistischen Partei wieder aufzunehmen. Die heutige Rechtsvraxis bedeutet tatsäcklich den Abbau eines geschichtlichen Ruhmestitels Italiens . Die gesamte be- griffliche Grundlage des öffentlichen Rechts und des Privat- rechts, sowie die unentbehrlichen Garantien der prozessualen Regeln sind in Italien zuerst formuliert worden. Merkt man denn gar nicht, wie das faschistische Regime in ganz Europa . in der ganzen Kulwrwelt den italienischen Namen herabsetzt durch die tragische Farce des Matteotti- Prozesses und durch die Posse des Attentats? Es heißt, daß Mussolini der Lächerlichkeit des Kaniboni« Prozesses durch eine Amnestie vorbeugen werde. Das macht sich großmütig und erspart einen ungeheuren Skandal. Es fällt einem da der Schulaufsatz des kleinen Mädchens über den Löwen ein:„Der Löwe ist großmütig und gelb". Unsere Löwen haben eine gelbe Großmut, in der Farbe der Streik- breche? und der Rechnungsträger.... 5s ist keiner öa! Der Rechtsausschuh des Reichstages berät über den An- trag auf Enteignung der Fürstenhäuser. Der Antrag ist von den Kommunisten gestellt. Er soll begründet werden. Der Vorsitzende fragt nach der Wortmeldung für die Begründung. Es ist keine Wortmeldung da. Es ist nur e i n Kommunist im Ausschuß. Er schweigt. Der Sozialdemokrat Rosenfeld begründet den Antrag. Der einzige, der letzte Kommunist oerschwindet. Es kommt zur Abstimmung. Zur Ab- stim�tung über den kommunistischen Antrag. Wo sind die Kommunisten? Es ist keiner da. Man setze den Fall, die Sozialdemokraten im Rechts» ausschuß hätten einen Antrag gestellt, wären vor seiner Be- gründung davongelaufen, und hätten die Begründung den Kommunisten überlassen. Man setze den Fall, von ihnen wäre bei der Abstimmung keiner da gewesen. Man setze den Fall, die„Rote Fahne" hätte darüber ge- schrieben. Sie hätte geschrieben: Eine Führerclique sabotiert den Kampf um die Fürstenenteignung! Diese Schurken sind
Fürstenknechtet Sie haben sich gedrückt, well sie infamen Arbeiterverrat begehen wollen! In fetten Lettern hätten wir über der„Roten Fahne" gelesen: Die Sozialdemokraten end- gültia entlarvt! So wäre es gewesen, wenn man den Fall setzt, unsere Abgeordneten hätten so leichtfertig ihre parlamentarische Pflicht erfüllt wie die kommunistischen . Es war aber der andere Fall. Es waren die K o m- m u n i st e n, die so gehandelt haben. Gestern ging es im Rechtsausschuß des Reicbstages um die Enteignung der Fürsten . Wo waren die Kommunisten? Es war keiner da. flusstbuß für nationale Aufklärung. Ans dem FemeanSschusi des Landtags. Der Ausschuß des Landtags zur Untersuchung der Beziehungen Deutschnationaler zu den Fememördern entwickelt sich immer mehr zu einem wirtlichen Ausschuß zur nationaler Aufklärung. Langsam zwar, aber sicher enthüllen sich die Fäden, die zwischen organisiertem Unternehmertum über die freundwilligen deutschnationalen»Gewerkschafter" zu den Putschorganisationen laufen. Dr. M e i ß I n g e r, der durch seine Aktennotiz berühmt ge- wordene Syndikus der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände. spielte zwar gestern im Untersuchungsausschuß eine merkwürdige Rolle. Arrogant und empfindlich, wenn eine Frage der Abge- ordneten das heilige Geschäftsgeheimnis der Arbeit- geberpolttik bedroht«, war er auch sonst verschlossen und sagte nur, was er mußte. Obwohl etwa zur gleichen Zeit, nämlich Im Juni vorigen Jahres, der Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften sich gegen die Beibehaltung der Technischen R o t h i l f e ge- wandt hatte, glaubte er nicht mit Unrecht in den Behrens und Meyer Leute zu finden, von denen er auch ein« andere„ge- werkschaftliche" Meinung über diese Frage hören konnte. Behrens hatte allerdings bestritten, daß bei der Zusammenkunst im Weinlokal am 9. Juni l92ä überhaupt von der„Teno" die Rede gewesen sei. Dies« Gegenüberstellung vollkommen entgegenge- letzter Aussagen zeigt, daß nach einer so langen Zeit Irrtümer Uber tatsächliche Begebenheiten leicht vorkommen können.>„.ilen ahnlichen Widerspruch muß man in einer anderen Angelegenheit verzeichnen. Nach Angabe des Dcutschnationalen Meyer hat dieser unmittelbar bei der Aufnahme des Darlehens seinen Kollegen Behrens verständigt, daß er das Geld für den Feme - mörder Schultz in Anspruch nehme. Behrens will aber erst viel später, nämlich nach Ablauf von zwei Monaten, erfahren hoben. daß das Geld überhaupt für Schultz in Betracht kam. Diese und ahnliche Widersprüche lassen immer stärker die Vermutung austauchen, daß es nicht allein die blinde Hand des Zufalls war. dl« da» sür„Kartoffelschulden" besttmmte Geld der Arbeitgeber in die chände des Schultz kettete. Es gehören ja nur ganz wenig« Irrtümer dazu, um ein« solch« Darstellung«nt- stehen zu lassen, die immer mehr, je länger man darüber redet. wie eine kühne Gedankenkon struktur, nicht aber wie ein nackter Sachoerhalt sich ausnimmt. Die Geheimnis» lrämerei, mit der zum Beispiel der Abg. Meyer die Spender des ominösen Ausschusses für nationale Austlärung»er- schweigt, kann doch nur den Schluß zulassen, daß es auch hier manches zu verdecken gibt, was die Beziehungen zu reaktionären Organisationen aufklären könnte. Deutschvölkisch« beschweren sich über«in« ,.F« st st« l tu n g" des»Sozialistischen Pressedienstes", der erklart hat, daß die Be- Ziehungen der Fememörder bis weit in die Reihen der Deutsch - nationalen hineinreichen. Im Ausschuß aber wachen die Vertreter der Deutschnationalen und der Deutschen Boltspartei darüber, daß ja kein« Frag« gestM wird, die über den eng gesteckten Rahmen des Berhandlungsthemas hinausgehen und die Fäden entwirren könnten, die von den reakttonoren Politikern zu den reaktionären Geheimorganisationen lausen. Dies« Bestrebungen zur Verheimlichung sprechen mehr, als lang« Zeugen- aussagen!
Die Reichsfinanzen im Faoaar. Besitzstcucrermäsiigung aus Ueberschüffe« der Masse«- steuern. Die Einnahmen des Reiches an Steuern, Zöllen und Abgaben im Januar bieten ein verhältnismährg günstiges Bild. Es sind ins- gesamt 6S4 Millionen Mark aufgekommen. Aber es zeigt sich gleich. wohl der Einfluß der Wirtschaststrise. denn der Januar 19S5 brachte über 100 Millionen mehr, chinzu kommt noch, daß sich im Mönch Januar verschieden« Zahlungstermine häufen, so daß die Ergebnisse der nächsten Monate weit ge- ringer sein dürsten. Am beachtenswertesten ist das Auskommen der Lohnsteuer mtt 105 Millionen Mark. Es weist gegenüber dem Dornwnch nur«in« Senkung von 8 Millionen auf. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Ertrag der Lohnsteuer zum großen Teil noch aus dem Dezember stammt. Daher konnte sich«inersetts die neu« Ermäßigung(Existenzminimum 100 Mk. statt 80 Mk.) vom 1. Januar ab nur in geringem Maße auswirken und daher haben andererseits Erwerbslosigkeit und Kurz» arbeit den Lohnsteuerertrag noch nicht zu stark beeinflußt. Immerhin mußte man auch sür den Dezember mtt einer durch- schnittlichen Erwerbslosenzifser von 1 Million rechnen, wozu noch die gleiche Zahl an Kurzarbeitern hinzukommt, die ebenfalls für die Lohnsteuer vollkommen ausfallen. Die Zahl der Lohasteuerpslich- ligen Hot sich also schon im Monat Dezember um mindest«»» 10 Proz. verringert, so daß der normale Ianuarettrag mindesten, IIS Milli- onen betragen hätte. Aus der Umsatzsteuer sind rund 40 Millionen Mark, aus Zöllen und Berbrauch» steuern rund 10 Millionen Mark mehr aufgekommen als im Bormonat: bei der Umsatzsteuer sind hierin die letzten Viertelsahrszahlungen für das Jahr 1925 ent- halten, bei den Zöllen die halbjährlichen Abrechnungen aus dem Zollagerverkehr. Au» ähnlichen Gründen sind bei der E i n k o m- men- und Körperschastssteuer 150 MWonen mehr aufgekommen als im Dezember, da hierin ebenfalls die im Januar fälligen Bierteliahr» Zahlungen entHallen find. Di« Beurteilung des letzten Monatsergebniste» im vergleich mit den bisher abgelaufenen 10 Monaten des Rechnungsjahre» 192S/2S wird durch nachstehende Uebersicht erleichtert. Das Aufkommen betrug in Millionen Mark: «ugu« ISN 4- Cntrtt» «.} Jannat ISN di»— �weniger» Zmwar 1928 ae« 5?orani-1iI. Vraz. Vr», fflt 10 Monat« LobnNeuer...... 105 ,« 1 207 20-f 207 Umsatzsteuer..... 146 22 1 198 19-1-8 Beiördeiungösteuer... 24 4 282 4+ 13 Zölle u. Verbraiiitiistenern 199 29 1 649 27+ 9.9 Masienbelastung.... 464 70 4 330 70+ 320 Besitzbelastuna.... 200 80 1 616 80— 14 Gesamtertrag 664— 6 946—+ 306 Diese Uebersicht zeigt zunächst, daß der prozentual« lliUeil der Massenbelastung an dem Gesamterträge der Reichssteuern sowohl im Zanvar als auch im Durchschnitt der lehle« 10 Monate 70 Prozent erreicht hat. Sodann geht vor allem daraus hervor, woher dl« Ueberschüsie der Reichskasse stammen. Obgleich der Voranschlag durch eine zweimalig« Aenderung dem tatsächlichen Eroebni» Immer mehr angepaßt worden ist, ist er gleichwohl von der M a s s« n b e- lastung noch um 320 Millionen Übertrossen worden. Di« Besitzbelastung jedoch ist um 14 Millionen dahinter zurückge»- blieben. Die Schliebensche Ihesanrieruagspolittk bestand also in der-' Ansammlung von lleberschüssen an» der Massenbelastung und nicht au» der Besitzbelostung. Nicht di« Wirtschaft, sondern di« Arbeiter« schoft hat Grund, den deutschnationalen Finanzminister deswegen anzuklagen. Nun will der neue Finanzminister Dr. Aeinhold die Ueberschüsie seines Vorgängers zu Steuerermäßigungen be» nutzen. Er will also die Mehrerträge der Massenbelastung der Wirtschaft in Form von Sleuererleichleruagen zuleiten, aastall damit die 7kot derjenigen Opfer der wirtschaslskrise zu lindern, die dieje Ueberschüsie talsächlich ausgebracht haben.
Nunösunktheater unö Voltsbühne. Die Funkstund« beabsichtigt imGroßenSchauspielhaus ein eigene» Rundfunktheater einzurichten, dos nicht nur den ongeschlosienen Hörern dramatische Werk« vermitteln will. sondern gleichzeitig auch sür«inen ganz billigen Preis dem all- gemeinen Theater Publikum zugänglich gemacht werden soll. Es steht noch nicht fest, ob dieses Theater ein eigenes Ensemble erhält, es slloen aber Gastspiel» anderer Bühnen dort stattfinden. Gegen diese Pläne hat die Berliner Voltsbühne sowie die beiden Zentralen der großen Besucherorganisationen, der Verband der Deutschen Bolksbühnenvereine und der Bühnenvolksbund ein« gemeinsame Eingabe an den preußischen Minister für Wissenschast. Kunst und Dolksbildung gemacht. Darin wird der Minister, dessen Zu- stimmung die Rundsunkgesellschaft für die Einführung neuer Unter- nehmungen bedarf, ersucht, Einspruch dagegen zu erheben, da die Durchführung dieser Pläne«ine Bedrohung des Berliner Theater. wesens und vor allem der soziol-lulturellen Theaterpfleg- der Besucherorganisationen bedeuten würde. In der Eingabe wird darauf hingewiesen, daß bei der Der- Pflanzung anderer Berliner Bühnen in das Große Schauspielhaus angesichts der ganz anderen akustischen und sonstigen Derhällnisse des Riefenroumes nur minderwertige Leistungen zustande kommen würden und es ratsamer wäre, wenn der Rundfunk seine Aus- nahmen unmittelbar in den Theatern vornehmen würde. Insbesondere wird auf die Gefahren hingewiesen, die ein Rund- funktheaterbetrieb für die regulären Theater hervorrufen würde. Nicht nur. daß die Theater in ihrem Betrieb gestört würden, es müht« auch durch die Unterbietung der sonstigen Berliner Ein- trtttspreise eine verderblich« Konturrenz entstehen. Ganz besonders für die Besucherorganisationen. die gegen mäßiges Entgell auf gemeinnütziger Grundlage die Massen zur ernsthaften Kunstpfleg« erziehen. Der Minister wird deshalb ersucht, den Plan des neuen Rund- funltheater» nicht zu genehmigen oder wenigstens gewisse Siche- rungen zu schaffen, die di«.Gefahren de» Unternehmens herab- mindern. Als solch« werden vorgeschlagen: 1. Der, Leitung des Rundfunktheater» einen Ausschuß mit entscheidender Stimme bei. zuordnen, dem neben Vertretern des Staate» auch Dertreter der Berliner Bühnen und der Besucherorganisationen angehören. 2. Das Rundfunktheater ist gebunden, seine Preise nach den im»«rliner Theaterleben allgemein üblichen Grundsätzen«inzurichten und soll nicht Mittel des Rundfunk, zu einer Herabdrückung der Preis« de- nutzen, die sür die berufenen Organe der Th-aterpslege verderblich würde. Ueber diese Borschläge der Besucherorganisationen hinaus er. scheint e» un« zweckmäßlg. daß die Teilnehmer de» Rund- sunt», etwa nach den Grundsäßen der Volksbühne, zur M j t« i r-
k u n g herangezogen werden. Insbesondere die Arbeiterschaft hat ein großes Interesse daran, daß sie durch ihr« Vertrauensleute den berechtigten Wünschen der Masse gehörigen Nachdruck verleiht. Ein unbekannter Srief üer.Mouche' über Heines Tod Die grausige Matrotzengruft, in der Heine jahrelang dem Tode entgegenstechte, ist verklärt durch die Lieb« und Sorgsall eines ge- hcünnisvollen Frauenwesens. das der schwerkranke Dichter in stam- melnden Briefen und glühenden Gedichten verherrlicht Hot. Er nannte sie noch dem Zeichen ihre» Siegels—„Mouche": st« selbst nannte sich Elise Krinitz , später Camille Sölden und war wahrschein. (ich als Kind�der Liebe in einem Prager Palais geboren. Ihr oben- teuerliches Schicksal, dos sie nach Poris führte, verstrickte sie in mancherlei Liebesaffären. So ist sie auch dem jungen Prager Dichter Alfred Meißner , der«in Freund Heines war, nahegetreten, und in seinem Nachlaß wurde«in interesianter Brief von ihr aufgesunden. d«n Erich Locwenthal jetzt zum erstenmal in der„Literarischen Well" veröffentlicht. Sie wendet sich am 2. Mörz 1556 an Meißner unter dem Eindruck von Heines Tod. denn sie fühll„in diesem Augenblick, wo mich ein unersetzlicher Berlust bctrossen, dos innige Bedürfnis, niit Dir, der ihn! auch geliebt, mit Dir. einem der wenigen Menschen. die ihn wahrhaft gekannt und gewußt, welch ein Göttersohn in der ganzen Bedeuiung des Wortes er war, mich einig« Augenblick« zu unterhalten'"„Mittwoch vor acht Tagen." schreibt st« weiter. „haben wir ihn nach Mont Martr« zu seiner kühlen Ruhestätte be- gleitet, und jetzt kann ich Dir nur noch über seinem Grab die Hand reichen. Zlch— mehr als mein Leben liebte ich diesen Sterbenden! Ich war ihm nahe— wie der Schmerz dem Tod« nahe ist. Trostlos hat mich der seinige gelassen! 14 Tage sind es heute, daß ich zu ihm ging, hoffend, ihn besser als den Tag vorher zu finden— denn es ist merkwürdig, wie bei solchen Krankheiten langer Dauer man sich selbst täuscht. Seit drei Tagen litt er an heftigem Erbrechen. doch da er zuweilen ähnliche Krisen, wenn auch nicht so anhaltender Art, hatte, dachte ich immer, trotz der innern Angst, welche mich zuweilen befiel, diese wäre ebensolch«ine Krise, durch die unge- beuren Dosen Morphine, welche er zuletzt nahm, hervorgebracht. Böller Hossnung, ihn wiederzusehen, ihn, den Freund! eilte ich zu ihm, und klingelle sehr saust, um, im Fall er schlies. ihn nicht zu wecken. Ach— den Gedanken an seinen Tod hatte n i e mein Herz gesaßt. Es war surchtbar, als ich das Wort hörte, und erst begriis ich es nicht. Mir war, als waren di« Menschen aus einmal mahn» sinnig geworden. Doch zuletzt begriss ich alles! Und ich begriss auch. daß er von seinen achtiährigen Qualen endlich befreit. Er hatte mich einmal gefragt, ob ich den Mut haben würde, ihn nach seinem Tod« zu sehen— und da trat ich herein, kniet« neben der teuren. teuren Leiche und küßt« ihr die schon marmorkalt« Wange. Denselben Morgen um 5 Uhr war unser Hein« gestorben. Oh nein— nicht gestorben, nur zurückgekehrt zu dem sonnigen Olymp— sein wahre» Vaterland! Ach! so sckön wie dies« Leiche habe ich nie das Leben gefunden. Er schlief so sonst und mtt solch einem stolzen, edlen Ausdruck auf den Zügen! Es schien ihm alles so gleich geworden! Ach— mir wurde es bei diesem Anblick— so sterbewohl! Nun ist es aus. Doch ich fühle mich überwälligt von Kummer, fast täglich
sah ich ihn in den letzten Zeiten seines Lebens. Er hatte mich so lieb, er spielle mit mir wie mit einer Puppe; ach. nun höre ich nicht mehr die süßen Wort«. Seine arme Frau hat er verlosten, auch mich— mich, deren einziges Glück war. zu seinen Füßen zu liegen und mir einzubilden, ich sei seine Sklavin.. Au» l»' mit dem Varon! Aus Wien wird geschrieben: Wenn noch jemand an den demotratisch-republikanischen Grundfesten Oesterreichs gezweisell haben könnte— Wien liefert den schlüssigen Gegenbeweis. Der Adel ist geletzlich abgeschcsst. Schön. Aber kann das Gefetz in die Kasseehäuser, kann es zu den Droschken. chauffeuren vordringen? Kann es eine alle Tradition erschüttern? Eine bange Frage.... Roch vor zwei Iahren war jeder, der mit dem Kutscher Dme» renzen irgendwelcher Art hatte, zuerst ein„Baron" und erst im wetteren Verlaus der gemütlichen Unterhaltung ein„nötiger Vettel- bua". Aber Baron war er hast! Dieses Wort:„Der Herr Baron werden schon wisien" ist ausgestorben. Kein Kellner, kein Kutscher , kein Dienstmann odell-inen mehr In langen Wiener Togen hat memand, auch in den dramatischsten Augenblicken nicht. Jjerr Baron zu mir gesagt. Ueberhaupt. man kommt sich schrecklich«nt- titelt vor. Ein einzigesmal, als«in Schornsteinseger, sprich Rauch» angkehrer, aus der Straße vers-hemstch mit seinem schwarzen Be- seh an mich anstreifte, rief er begütigend:„Obacht. Herr Direktors" — Dom Baron zum Direktor— welch ein Sturz! M. Pr. Radiolechaische» von der Kölner Frelhettsseier. Da, geglückte Experiment, die Besreiungsseier Köln» in der Mitternacht de» 1. Februar durch andere Sender verbretten zu lasten, hat auch zu einigen interessanten Beobachtungen geführt. So wird au, Schweden berichtet, daß dort die Feier im ganzen Lande ausgczeich- net zu hören war, indesien hörte man die schwächeren Staiionen mit kürzeren Wellen besser als die starken, di« auf langen Wellen senden. Die meisten Hörer in Schweden haben den Hamburger Sender gehört, ohne irgendwie durch Störungen behelligt zu wer» den, auch über Berlin , Breslau . Münster und Königsberg war die uebertragung tadellos. Dagegen klagen Hörer, die Königswuster» hausen aufgenommen haben, daß atmosphärische und Telegraph» störungen den Genuß zettweise stark beeinträchtigt haben. Und ein Hörer in Wärmland, der mehrer« Stationen ausnahm, berichtet, daß die kurzwelligen merkbar bester zu hören waren. Bieleseld ohne Lkadllheoler. Di« Bielejelder Stadtverordneten. Versammlung lehnt« die Borlage des Theaterausschusies. welche die Rückkehr von der zehnmonatigen zur achteinhalbmonatigen Spiel- zeit und den Abbau der Großen Oper, sowie die Herabsetzung de» städtischen Zuschusie» aus höchsten» 300 000 Mark vorsah, mit sämt- lichen bürgerlichen gegen di« sozialdemokratisch«, und tommunisti- scheu Stimmen ab und beschloß die völlig« Schlleßung de» Theater «. Für die Erhaltung der Baulichkeiten und an Vensionsgeldern für städtische vrchestermttglieder ha: die Stadt 114 000 Mark zu.zahlen. Z« der Stetfllchea fcnislMWlefliet WHg-SHSrecht-Sfr. 7».it,«in««u»ti«lluva .Italienische«rchtteN»r,«tq»»n,e, h«»».rock" er. öffnet. Sie ist Sei freie« eintritt werktäglich von S bis 9 Uhr geöffnet.