Str. 87 43. Jaheg. Ausgabe A nr. 44
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Sonntag, den 21. Februar 1926
Hunderttausend Kameraden beim Bundesfest.
or zwei Jahren ist die erste überparteiliche Organisation zum Schutz der Republif ins Leben gerufen worden. Sie entsprang ganz naturgemäß der Initiative einiger farblickender und energischer Sozialdemokraten, wie überhaupt das Reichsbanner seinen Vorläufer in den mutigen Sá.( Sicherheitsabteilungen) hat, die die bayerische Sozialdemokratie in der schlimmsten Zeit des Münchener Putschismus ins Leben ge rufen hatte.
Die Uebertragung dieses bayerischen Vorbildes auf das ganze Reich und auf überparteilich republita nische Grundlage erwies sich als eine der nüglichsten Taten seit dem Kriegsende. Der Gedante fand lebhaften Anflang auch in bürgerlich- demokratischen Kreisen und, obwohl zunächst nur zögernd und vereinzelt, sogar beim Zentrum, vor allem in den Windthorstbünden. Der Aufruf zur Gründung des Reichsbanners wirfte auf Millionen von Republikanern, namentlich bei der Jugend und auf dem Lande, wie ein auf rüttelndes Signal. In Scharen strömten die Republikaner zur neuen Organisation und bewirkten allein durch ihren Zusammenschluß eine sofortige und fühlbare Ernüchte rung bei den Rechtsverbänden aller Art, die bis dahin das rung bei den Rechtsverbänden aller Art, die bis dahin das Feld allein beherrscht hatten und deren Uebermut infolgedessen feine Grenzen mehr fannte.
Innerhalb kürzester Zeit war die immer frecher gewordene Propaganda für die kaiserlichen Farben Schwarz- Weiß- Rot zu rückgedrängt durch eine intensive, begeistert durchgeführte und begeisternd wirtende Propaganda für die Farben Schwarz Rot Gold, für die Farben der Republit. Was das Reichs. banner im ersten Jahr seines Bestehens allein auf dem Ge biete der Popularisierung der republikanischen Flagge geleistet und erreicht hat, fann nicht hoch genug gewertet werden. Nur grundsägliche Steptiker, die die ungeheuer praktische Bedeutung sogenannter Aeußerlichkeiten" verkennen, werden dieses Verdienst des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold nicht würdigen
fönnen.
fabrern, die den ganzen Weg per Rab zurückgelegt haben, ver. treten. Ferner ift Magdeburg , in dem im vorigen Jahr die erfte Gründungsfeier ftattgefunden hat, mit etwa 150 war rotgoldenen Fahnen vertreten.
Die Ankunft der Oesterreicher.
Der Platz vor dem Hauptbahnhof in Hamburg i festlich geschmüdt und wird durch viele hundert Bolizeibeamten abge sperrt, so daß sich der Anmarsch der Kameradschaften ungestört vollin dem prachtvoll und wirkungsvoll geschmückten Gewerkschaftshaus. ziehen tann. Das Hauptquartier der Festleitung befindet sich Hier fommen die Kameradschaften zusammen, um sich ihre Quartiere anweisen zu laffen. Bereits in den frühen Morgenstunden feßten die Anmärsche ein. Mit dem Berliner Frühzug, der gegen Mittag eintraf, tam der Borsitzende, Oberpräsident Hörfing aus Magde. burg mit dem Bundesschazkanzler Crohn und anderen Bundesbe amten an, die vom Bundesvorstand Hamburg festlich begrüßt wurden. Im Laufe des Nachmittages und Abenos, tamen die übrigen Kameradschaften teils in Sonderzügen oder den fahrplanmäßigen D- 3ügen an. Für nachmittags hat die Volksfürsorge den Bundes vorstand und die Leiter der Gaue zu einer Besichtigung dieser großartig am Alfterufer gelegenen Zentralverwaltungsgebäude, das großen deutschen Volksversicherungsanstalt eingeladen. In dem übrigens die einzige schwarzrotgoldene Fahne am Alfterufer zeigte, wurden die Gäste empfangen und durch sämtliche Räume geführt. Giner der wichtigsten und wirkungsvollsten Augenblice war es, als bahnhof, begrüßt von den brausenden Hochrufen der Menge und abends der Ertrazug mit den österreichischen Kameraden im Haupt Hochrufen bewillkommneten die österreichischen Brüder. Auf dem von den Weisen eines Mufitforps, einlief. Tausende von Heil- und Blaß vor dem Bahnhof sprach Bundeskanzler Crohn den Billtommsgruß. Darauf erwiderte Präsidialmitglied des österreichischen republikanischen Schußbundes, Pichler, der auf die Einheit von Deutschland und Desterreich hinwies. Wir wollen zurüd zum Reich, wir wollen zu der deutschen Republik und zum deutschen republikanischen Bolt und in diefem Sinne grüßen wir Sie und banken Ihnen allen für den herzlichen Willkommensgruß! Dar auf ertönte die ergreifende Weise des österreichischen Arbeiter. liedes. Nach der Begrüßungsfeier marschierten die Desterreicher in ihre Quartiere ab.
Vorwärts- Verlag 6. m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenste.3 Boftichedtonte: Berlin 87 536 Banffonts: Bank der Arbeiter, Angeftelten und Beamten, Ballfte. 65: Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Bindenfte. B.
Ergebuiffe der Untersuchung im Landtagsausschuh.
Fünf öffentliche Sigungen hat bisher der Ausschuß des Breußischen Landtages zur Untersuchung der Beziehungen zwischen Fememördern, deutschnationalen Abgeordneten und Arbeitgebern abgehalten. Als seinerzeit der Barmat- Ausschuß feine 54 Sigungen begann, da stand es für die Moralisten der Rechtsparteien bereits fest, daß Barmat ein Schieber und jeder seiner persönlichen Freunde ein forruptes Individuum war. Noch ehe jedoch der Femeausschuß des Landtagsausschusses es auch nur auf fünf volle Verhandlungstage gebracht hat, glaubt die Rechtspreffe ihren Freunden versichern zu fönnen, die Untersuchung stehe vor dem Fiasko. manche Ergebnisse der Zeugenvernehmung der Reaktion derart Ist es wirklich so? Oder sollten nicht vielmehr schon jetzt unbequem fein, daß man lieber schleunigst Schluß machen und die öffentliche Aufmertfamteit an andere Dinge fesseln, fie von dem Standal ablenten möchte, der in dem Sizungszimmer des Landtags offenfundig wird?
Gründungsbeschlusses seine Aufgabe etwas inapp gefaßt. Um Gewiß, der Ausschuß hat durch die Formulierung seines Doppelarbeit zu vermeiden, hat er von vornherein seine Arbeit auf einen ganz kleinen Teilausschnitt aus dem Treiben der reaktionären Feme und ihrer Hintermänner beunter die Lupe nehmen, von dem man weiß, daß er irgendwie schränkt. Wie leicht hätte man es, wollte man jeden Agrarier die Schwarze Reichswehr begünstigt und mit besonderem Schneid jene Kommandos" unterstützt, deren ruchloses Treiben Fememörder, deutschnationale Abgeordnete, Arbeitgeber ein Schmach fled am fulturellen Leben des Volkes ist. Schulz- Behrens Bengen abzufchweifen. Das übrige Material diese Themenstellung verhindert, allzu weit von dem Fall bleibt der großen Untersuchung im Reichstag vorbehalten, die demnächst beginnt. Was aber schon jetzt bekannt wird und nur sozusagen als Abfallprodukt der Untersuchung herausfommt, das ist allein schon wert, als Rennzeichen einer durch Krieg und Inflation verwilderten Moral, im Lager der Unternehmer, eines fleinen rechtsgerichteten Flügels der chriftlichen Gewerkschaften und der rechtsgerichteten Barlamentarier der Nachwelt erhalten zu bleiben.
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Bor Jahresfrist fonnte das Reichsbanner in Magbe burg, in der Stadt seiner Geburt und am Sig seiner Bundesleitung, den ersten Jahrestag feines Bestehens feiern. Dieser Tag gestaltete sich zu einer mächtigen Heerschau und lenkte die Aufmerksamkeit auch des Auslandes auf das Bestehen einer organisierten freiwilligen Schußtruppe der Republit. Seitdem hat es an örtlichen Tagungen ähnlicher Art nicht gefehlt und fcher Ministerpräsident Otto Braun , preußischer Bohlfahrts Teilbilder, die zeigen, wie ungeachtet aller Klagen über die
fast jede größere Stadt im Norden und Süden, im Westen und Often des Reiches hat mächtige Rundgebungen des Reichs
banners erlebt.
find in Hamburg eingetroffen Reichstagspräsident 28 be, preußi Sur Tellnahme an der zweiten Bundesfeler des Reichsbanners
minifter Hirtfiefer, Oberpräsident horsing, Reichstags
abgeordnete Sollmann, Haas, Ministerpräsident a. D. Bud, Reichstagsabgeordneter Graßmann, Borsitzender des ADGB. ,
und Dr. Struwe. Um 8 Uhr 34 min. lief der endlos lange Nachdem aber diese erste Arbeit der Propaganda ihre Berliner Zug, ber ungefähr tausend Kameraben brachte, ein. volle Wirkung getan und die Reichsbannerbewegung ihre Wur- Eine Demonstration von ungeheurer Bucht und erschütternbem zeln fast in jedem deutschen Dorfe geschlagen hat, hat die Ernst fand auf dem Platz der Republik in Altona zu Ehren des Bundesleitung des Reichsbanners die Kameraden aufgefordert, preußischen Ministerpräsidenten Braun statt, der in Altona Quartier der Not der Zeit entsprechend, ihre auswärtigen Veranstaltungenommen hat. Durch eine etwa 1½ Rilometer lange Fadelträger. gen einzuschränken und ihre materiellen Kräfte für den reihe schritt der preußische Ministerpräsident Braun, begleitet von zweiten Bundestag aufzusparen, der heute in Samdem Reichstagspräsidenten Löbe und dem Oberpräsidenten Hörfing burg stattfindet. Der Erfolg dieser Parole tommt am zu dem Rathaus. Dort versammelten sich sämmtliche Fackelträger deutlichsten in einer einzigen Zahl zum Ausdrud: Hundert zu einem Lichtermeer. tausend Kameraden sind in der alten Elbestadt aus ellen deutschen Gauen, einschließlich Deutschösterreichs, ausammengeströmt und demonstrieren für die Republik , für den Einheitsstaat, für soziale Gerechtigkeit und für den Frieden. Ihnen gilt der Gruß der gesamten deutschen Sozialdemokratie, die mit dem Reichsbanner millionenfach verknüpft ist und die feine Erfolge als die eigenen feiert. Frei Heil!"
B
Das Heer der Republik.
Hamburg , 20. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die zweite Bundesgründungsfeier des Reichsbanners Schwarz Rot- Gold, die am 20. und 21. Februar in Ham burg stattfindet, ist zweifellos die großartigste und mächtigste republikanische Rundgebung, die der deutsche Nordwesten an der Waffertante bisher gesehen hat.
Nicht weniger als 20 Sonberzüge aus allen Teilen des Reiches sind vom früheren Morgen bis in den späten Abend nach Hamburg gerollt, darunter drei Sonderzüge aus dem Gau Magdeburg, drei aus Hannover , einer aus Berlin und einer auch aus Desterreich. Ferner find Sonderzüge gekommen aus Braunschweig , aus Kiel , Rostod, Holstein und Flensburg . Damit nicht genug, sind eine große Anzahl Dele gationen des Reichsbanners aus allen Teilen des Reiches ge tommen, so aus München , Nürnberg , Hof i. Bayern , Weiden in Bayern , Dresden , Görlig, Breslau , Stuttgart , Halle, Leipzig , Chemniß, Rönigsberg i. Br., aus dem öftlichen Westfalen. Wie im vorigen Jahre haben es sich auch eine große Anzahl von Reichsbannerfameraden nicht nehmen lassen, sowohl zu Rad wie zu Fuß nach Hamburg zu kommen. So find aus Haßfurt a. M. zehn Reichsbannerkameraden 10 Tage lang zu Fuß nach Hambarg gegangen. Andere sind aus dem Gau Magdeburg auf Laft autos herangelommen. Der Gau Magdeburg ist allein mit 300 R a b.
Bom Altan des Rathauses hielt
Ministerpräsident Braun
eine Ansprache an die Bersammelten, die in der Erklärung gipfelte, daß das Reichsbanner nunmehr das Stadium der Ver. teidigung überwunden habe und zur Offensive gegen seine Feinde übergehen müsse, die noch viel bescheidener werden müßten, als bisher
Es gelte für die deutsche Republik die Köpfe und die Herzen des deutschen Boltes zu erobern.
Hier muß die freie deutsche Republik so feft verantert werden, daß die Frage, ob Republik oder Monarchie, überhaupt nicht mehr gestellt werden kann. Der heutige zweite Bundestag ist eine wichtige Etappe zu dem großen, dem einigen großdeutschen Baterland. Braun schloß mit einem dreifachen begeistert aufgenommenen Fret Heil."
Nach ihm sprach der Reichstagspräsident 28 be, der seine Republit. In den Vororten fanden nunmehr 10 großartig verlaufene Worte austlingen ließ in einem Frei Hell" auf die großdeutsche Bersammlungen statt, in denen die aus allen Gauen Deutschlands herbeigeeilten Kameraden gefeiert wurden.
Die Besatzungsstärke im Rheinland .
Brüssel, 20. Februar.( TU). Amtlich wird gemeldet: Bor der Räumung betrug die Zahl der Besakungstruppen 73100 Fran30fen, 12000 Engländer und 14000 Belgier. Seit dem 1. Februar ift die Truppenzahl uuf 59000 Franzosen, 7600 Engländer und 7500 Belgier reduziert worden.
Heute wissen wir aus den Verhandlungen, daß an allen Eden und Kanten Geheimfonds vorhanden sind, aus denen ben Zeugenaussagen im Landtagsausschuß nur interessante die Reaktionäre ihre finanzielle Unterstützung beziehen. Dar über wird noch viel zu sagen sein. Borläufig ergeben sich aus
Ichlechte Wirtschaftslage manche Kreise aus dem Vollen Schöpfen können.
Durch vertrauliches Bettelschreiben gründeten die Unter nehmer den„ Arbeitszeitfonds". Er betrug etwa 250 000 m. ie wurde er verwandt? Herr v. Bengen legte ein überaus beredtes Schweigen an den Tag, als ihm vorgehalten wurde, daß 196 000 Mart davon allein an jenen Herrn Karl Erd mann für seine literarische Propaganda gezahlt wurde. Er bestritt nicht, daß das mit der Bespigelung von Kommunisten Bureau des Oberstleutnants Kienzl aus der gleichen Geld und mit der Bildung nationaler" Betriebszellen betraute quelle Unterstüßung erfuhr. 3000 Mart wurde den nation nalen Arbeitervereinen geschenkt. Die 5000 Mart, die Behrens und Meyer für Schulz verwandten, waren ebenfalls bereits aus den Büchern der Arbeitgebervereinigung gestrichen, als unter dem Druck der öffentlichen Kritik die Rüdzahlung erfolgte.
Kleinere Fonds finden sich überall, wo eine so ,, nationale" Sache gepflegt wird, daß man über sie nicht gern spricht. Herr v. Oppen hat solche Fonds, der deutschnationale mener hat einen, überall stehen die Gelder zur unbeschräntten Berfügung. Die evangelisch- soziale Schule zu Spandau stellt sich eben alles als eine solche Sammelstelle dar. Ueber der Verwendung dieser Gelder schwebt dasselbe Schweigen, das eine deutsche Justiz über die Fememordprozesse legt.
Sollte das wirklich nur Zufall sein? Oder sind nicht in vielen Fällen die Empfänger die gleichen Personen reise, wie diejenigen, in denen terroristische Gedanken und Pläne gepflegt werden? Die Lager der Putschisten waren es ja, in denen der Fememord verübt wurde. Es brauchte desnicht Fememördern, sondern nur Freunden der nationalen wegen längst nicht jeder ein Fememörder zu sein, und man fann daher sehr wohl unter Eid aussagen, daß die Gelder Bewegung zuflossen. Wo sich die Kreise der Nationalisten von denen der Freunde der Geheimorganisation unterscheiden, das ist oft beim besten Willen nicht immer erkennbar. Und noch weniger läßt sich in der Regel feststellen, an welcher Stelle die nationalistische Romantit sich zu jener strupelfreien und rücksichtslosen Feindschaft gegen den politisch Andersdentenden verdichtet, die die Atmosphäre des Fememordes entftehen läßt.
Schlimmer müssen die Zustände, die sich in der Femeuntersuchung herausstellten, auf die politischen und sozialen