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Dr. Curtius' Programm.

Erklärungen des Wirtschaftsministers vor dem Haushaltsausschuk.

Der Fortgang des Volksbegehrens.

Berliner Propaganda- Erlebnisse.

Die letzten beiden Sigungen des Reichshaushaltsausschusses wurden durch die allgemeine Aussprache über den Etat des Reichs. Nicht von den Erlebnissen bei der Verteilung von Flugblättern, wirtschaftsministeriums ausgefüllt. Der Berichterstatter Abg. von Raumer( DBP.) wies in seinem Bericht auf die Wichtigkeit bei Umzügen oder bei den überfüllten Massenversammlungen gegen der Aufgaben des Ministeriums hin, insbesondere mit Bezug auf die den Raubzug der abgesetzten Potentaten soll hier berichtet werden. Vorbereitung der Handelsverträge. Der Mitberichterstatter, Genoffe Ich will erzählen von den fleinen Abenteuern, die ich hatte, von Robert Schmidt lehnte die von anderen Seiten empfohlene Erfahrungen, die ich sammelte beim Friseur, in der Kneipe, in der Zusammenlegung mit dem Arbeitsministerium Untergrundbahn oder wo immer die Möglichkeit besteht, in divis ab. Dagegen müsse das Brantweinmonopol nicht im Fiduell einzuwirken auf den lieben Mitbürger und die liebe Mit­nanzministerium, sondern im Wirtschaftsministerium bearbeitet Lürgerin. werden. Gen. Schmidt bat um Auskunft über den Stand der Han­delsvertragsverhandlungen insbesondere mit Frankreich und Spanien . Biche man, wie es stets geschehe, zu diesen Verhand Jungen Vertreter der Industrie hinzu, so müßten unbedingt auch Arbeitervertreter gehört werden, denn es handle sich dabei um weitgehende Arbeiterinteressen. Große Probleme böte die Kohlenwirtschaft, die Verwertung der Kohle und ihre Auf lösung in andere Brenn- und Betriebsstoffe. Er frage, wie weit diehen seien. Wie stehe es mit der Möglichkeit einer Verbilligung diese Bersuche, die doch mit Reichsmitteln unterstützt würden, ge­erhöhungen erfahren hätten, ohne daß die Kohlenpreise dafür ver­antwortlich gemacht werden könnten. Die Kartellverordnung biete dem Minister die Möglichkeit, hier sehr energisch auf die Kartelle zu drücken, damit folche Konjunkturpreise verschwinden.

Lofals fizzen unsere Genossen mit den Wahllisten ihrer Bezirke und geben nach Feststellung der Zugehörigkeit den Abstimmenden eine Nummer mit, die dem Beamten das zeitraubende Nachschlagen erspart. Da zugleich die Eintragung in der Wählerliste der Partei vermerkt wird, ist der nun bald einsehende Schlepperdienst leicht zu organisieren. In einzelnen Bezirken Baumschulenwegs ist schon eine Wahlbeteiligung bis über 40 Proz. zu verzeichnen.

Eine Höchstleistung der Lügenflut.

Im Oranienburger Generalanzeiger" vom 10. März befindet fich eine Notiz, die die Eintragung in die Listen zum Voltsbegehren zum Gegenstand hat. In dieser Notiz wird erklärt, daß bei der Redaktion fortgesetzt zuschriften eingehen, die über die Auslegungs­termine der Einzeichnungslisten Auskunft begehren. In dieser Notiz heißt es: Wir wollen aber ihren Inhalt dahin zusammenfassen, daß die Frist zur Eintragung noch bis zum 22. März läuft, daß die Ein­tragung im Rathaus stattfindet und daß zur Eintragung niemand verpflichtet ist. Es ist unanständigste Journalistenübung, wenn fie ihren Abonnenten direkte unwahrheiten zur Kenntnis bringt. Die Redaktion des Dranienburger ,, Generalanzeigers" wird genau wie begehren vom 4. bis zum 17. März festgelegt ist. Diese Irreführung der Leser des Oranienburger Generalanzeigers" dürfte ihren Ursprung darin finden, daß fie voll Wut den Ansturm der begehrenden Bevölkerungsfreise sieht. Alle indirekte Sabotage wird nichts helfen, die Dranienburger werden ihre staatsbürgerliche Pflicht erfüllen. Die Frauen an der Arbeit.

des Kali und der Baumaterialien, die ungeheure Preiszeichnung geglückt ist, heißt es, dann kommt der Bolschewis, jede andere Redaktion wissen, daß der Termin für das Volks

Im Verlauf der Debatte, in der Redner aller Parteien das Wort ergriffen, erflärte Genosse Dr. Hilferding: Wir befinden uns nun schon seit sechs Monaten in der schwersten Wirtschaftsfrise, und noch fei bei weitem nicht alles geschehen, was nötig gewesen wäre. Das Ministerium jei offenbar der Ansicht, daß es sich um eine Reini­gungstrife handle, deren Ablauf man möglichst wenig hindern folle. Nach seiner Auffassung sei die Krise zu kompliziert, um sie mit einem Wort zu fennzeichnen. Es handle sich auch um eine inter. nationale Krise, so bei der Schwer und der Kohlenin dustrie, und diese sei mit nur deutschen Mitteln nicht zu be­fämpfen. Der zweite Faftor sei die Kreditfrife.

Die Reichsbank müsse sich durch die Kreditpolitik die Führung auf dem Geldmarkt sichern.

Gewiß ist es interessant und befehrend, sich mit Gesinnungsge nessen über die Aussichten vom Volksbegehren und Volksentscheid zu unterhalten. Viel wichtiger aber ist es, die Säumigen, Gleich­gültigen und Unerfahrenen aufzurütteln und Gegner zu bekehren. Kommt da am Sonntagabend meine Zimmerwirtin, eine famose, aber in politischen Fragen herzlich unbelehrte Handwerkersfrau, zu mir und zeigt mir aufgeregt ein Zeitungsblatt, das ihr in die sagt sie, dann fann man sich doch nicht einzeichnen. Wenn die Ein­Wohnung geflattert ist. Wenn das wahr ist, was da drinnen steht," mus mit Mord und Brand, und wir werden aus der Wohnung gejagt." Und während sie sich in Gedanken mit zerschlagenen Möbeln und zerrissenen Kleidern auf der Straße sieht, überreicht sie mir eine Propagandanummer des Aufrechten". In wohlgesetzter Rede lege ich los, mache meiner guten Wirtin flar, daß von Bolschewismus" gar nicht die Rede sei, und schildere thr an Beispielen die Habgier der Fürsten . Und ich berichte ihr, daß es sich bei dem fogenannten Aufrechten" um Offiziere und Junker handelt, die durch Wiederherstellung der Fürstenmacht nur selber wieder ans Ruder fommen wollen. ,, Und, liebe Frau Schulz, wollen Sie vielleicht Ihren Mann noch einmal in den Schützen­graben ziehen lassen?" Am Montag hat meine wirtin sich eingezeichnet.

Beim Friseur! Thema: Die Fürstenabfindung. Ein ganz Kluger meint: So schlimm ist die Sache gar nicht. Die Fürsten würden sich ja verhaßt machen, wenn sie die vielen Millionen und Ihr Diskont sei nach Möglichkeit zu ermäßigen. Gefeße seien in dieser alle die Schlösser und Güter einstecken würden. Die werden von Richtung versprochen, aber noch nicht eingebracht. Die Er port: förde rung, die angebahnt sei, sei eine Politik auf lange Sicht, allein verzichten" Na, da habe ich vom Leder gezogen. Der bei der es auf% oder 1 Broz. nicht ankommen dürfe. Das Bau fürstliche Menschenhandel im 18. Jahrhundert schien dem behäbigen programm der Regierung sei immer noch in der Schwebe. Es Spießer etwas weit hergeholt" zu sein oder nach ollen Kamellen" müffe in größerem Umfang gebaut werden. Die Hauszinssteuer allein zu riechen. Die Schilderung des Ankaufs von Neubabelsberg , Fia­zu riechen. Die Schilderung des Ankaufs von Neubabelsberg , Fia­genüge nicht zur Aufbringung der erforderlichen ersten Hypotheken. tow- Krojanke und anderem Großgrundbesiz durch die Hohenzollern Möglichkeiten zur Kreditbeschaffung böten sich schon heute. Das um nichts eder um wenige Pfennige hieß ihn schon aufhorchen; Reich müßte durch Ausgabe von Schazanweisungen, die für drei bis Wilhelm der Leyte aber mit seinen Publikationen in englischen fünf Jahre laufen, große Mittel mobilisieren. Auch eine rationelle Blättern und mit dem Pathé - Film, der englische Herzog von Ko­Bauweise sei sehr wichtig. Ein Abbau des Arbeitsmi: burg, die montenegrinische Stronprinzessin und die Mätressen des nisteriums dürfe nicht erfolgen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen würde das einem Abbau der Sozialpolitit gleichtommen. Ob das Ernährungsministerium jezt schon mit dem Wirtschaftsministerium verbunden werden könne, erscheine bei der Agrarfrisis zweifelhaft. Die Folgen der fehlerhaften Agrar politik zeigten sich in der Verschlechterung unserer Wirtschaftslage. Die Fertigstellung des autonomen Bolltarifs sei nicht so wichtig wie der Abschluß von Handelsverträgen, vor allem mit Frankreich , Bolen und der Tschechoslowakei . Die Sozialdemokratie halte am Grundsaß der Meistbegünstigung fest, trotz der anderen französischen Handelspolitik. Das Problem der Kartelle er­fordere eine Erweiterung der Kartellordnung.

Ein Kartellaufjichsamt sei zu schaffen, das alle Berfräge prüfen und bei Berletzung der Allgemeinintereffen Klagen vor dem Kartellgericht anhängig machen fönne. Sonst werde der ganze Preisabbau nur weiße Salbe

bleiben.

Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius beantwortete ausführlich die an ihn gestellten Fragen. Der Abbau in seinem Mini sterium sei zu radikai gewesen. Nachdem das Ernährungs und Landwirtschaftsministerium abgespalten war, betrug die Kopf zahl des Ministeriums 829, heute beträgt sie 342. Die Ein- und Ausfuhraufgaben feien allerdings inzwischen abgebaut, aber an deren Stelle ist die starke Belastung durch die Handelsverträge ge­treten. Mit der Wirtschaftsnot ist auch den binnenwirtschaftlichen Aufgaben erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, so auf dem Gebiete der Kreditpolitif, des Kartellwesens ufw. Alle Kräfte sind bis auf die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit angespannt. Sie reichen nicht aus, um die Aufgaben der unmittelbaren und der weiteren Zukunft sachgemäß zu lösen.

Bon Delegationen Z ம் ben Borbereitungen der Handelsverträge möchte er nach Möglichkeit ganz absehen. Wzan folche aber notwendig feien, müffe auch die Zuziehung von Arbeiter­vertretern ermöglicht werden. Die handelsvertragsver handlungen mit Frankreich haben schon zu weitgehenden Uebereinstimmungen geführt, wenn auch noch große Positionen offenstehen. Was die Verhandlungen mit Spanien anlangt, fo habe die spanische Delegation die ausführlichen Vorschläge der deut­ schen Delegation bisher noch nicht beantwortet. Bezüglich der Ver­handlungen mit Bolen müffe er betonen, daß die Ursachen für die ungenügenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Bolen bei der polnischen Regierung liegen. Er hoffe jedoch, daß eine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Polen noch im Laufe dieses Monats erfolgen werde.

Strelizers schlugen im holden Verein auch bei ihm dem Faß den Boden aus. Er wird sich eintragen!

Oft ist die Gleichgültigkeit ungeheuer. In einer Kneipe traf ich zwei alte Jungfern, die noch nicht ein einziges Mal gewählt haben. Hier zog eine fachliche Darstellung der verschiedenen Sorten von Auswertung. Sie zeichnen sich ein!

Unaufhörlich, bei jeder Gelegenheit muß diese Propaganda getrieben werden.

Selbstverständlich halten heute weder Nässe noch Kälte die Massen davon ab, ihrer republikanischen Pflicht zur Eintragung für das Volksbegehren zu genügen. Der persönliche Augenschein beweist die Zuversicht des Volkes auf den Ausgang des Boltsbegehrens ebenso wie die amtlichen Sahlen die günstigen Ergebnisse, die bis jebt zu verzeichnen sind, dartun. Man diskutiert sie überall: in den Cinzeichnungslotalen ebenso wie auf der Straße, beim Einkauf, im Heim. Auf dem Potsdamer Play entstand gestern abend beinahe eine Berfehrsstodung: hier, we die Völlischen ihre Domäne haben, entbrannte ein fleiner Strieg zwischen rechts und links, veranlaßt durch die goldleuchtende Wanderschrift über dem Café Josty:" Tragt euch ein zum Volksbegehren!" Wer denken kann und gerecht empfindet, folgt der stummen Mah­nung, wenn auch die Potsdämlichen im Chor ihr Wehe!" schrien und mit den Hieben drohen, die sie selbst verdienen.

In einer Einzeichnungsstelle in Baumschulen weg verläuft das Einzeichnungsverfahren des großen Ansturms wegen nach einer sehr empfehlenswerten Methode, die den Beamten ihre Tätigkeit sehr erleichtert. Im Vorraum des

nämlich die Krankenkassen, auch noch zu zersplittern. Es sei unver-| fennbar, daß hier entgegen allen versicherungstechnischen Zwed­mäßigkeitsgründen nur dem politischen Biel und dem Willen der Zechenherren auf Isolierung der Angestellten von den Arbeitern Rechnung getragen werden soll. Der rein politische 3wed ging aber den sämtlichen bürgerlichen Parteien über alle sach. lichen Argumente. Sie nahmen bedenkenlos die starke finanzielle Belastung der beiden getrennten Krankenkassen für die Knappschaft und den Bergbau, ebenso die Erschwerung eines Rififenausgleichs in den Kauf und stimmten geschlossen für die Trennung der Ringestellten und Arbeiter in der Knappschaftskrankenkasse. Die Unternehmer und die Gelben werden der Mehrheit des Sozialen Ausschusses für diesen Beschluß dankbar sein. Für die Sozialdemo fratie ist die Sache feineswegs erledigt.

Der neue Eugen Richter .

Zur Frage des Bauprogramms und der Baustoff. preise erflärte der Minister, daß zwischen seinem Minifterium und dem Arbeitsministerium feine reffortmäßigen Bedenken vor­handen seien. Man müsse versuchen, so rasch wie möglich aus der Wohnungszwangswirtschaft herauszu tommen und zu diesem Zweck die Mieten langsam steigern. Die Bautätigkeit müsse so sehr wie nur irgend­Endlich verfügt der deutsche Reichstag wieder fiber einen möglich gefördert werden. Aus der Hauszinssteuer stünden in diesem und Finanzpolitifer com Schlage Jahre für diese 3wede etwa 700 Millionen zur Verfügung. Er Etatsfritifer glaube nicht, daß der Baumarkt über diesen Betrag und die Mittel Eugen Richters. Wer ist der generelle Beherrscher des finanz­der privaten freien Bautätigkeit hinaus noch weitere Beträge tonfu- politischen Zahlenmeeres? Die deutschnationale Breffe fagt es uns. mieren fönne. Ueber 200 000 Wohnungen hinauszugehen, erscheinen einer Reichstagsübersicht der Süddeutschen Zeitung" ihm nicht möglich. Zum Schluß zitiert der Minister verschiedene Säße aus der Einleitung der Denkschrift des ADGB . über steht zu lesen: die Gemeinschaftsarbeit und schließt mit der Bemerkung, daß es fein Bestreben sein werde, im Sinne dieser Ausführun gen mit allen Wirtschaftszweigen und Berufsständen zusammen­zuarbeiten.

Konflikt bei der Knappschaftsberatung. Zerreißung der einheitlichen Sozialversicherung. In der Mittwochssigung des Sozialen Ausschusses des Reichs. tags fam es bei der Weiterberatung der Knappschaftsnovelle zu heftigen Zusammenstößen der Sozialdemokratie mit den bürgerlichen Parteien. Der Zentrumsabgeordnete Imbusch hatte unter der begeisterten Zustimmung des deutschnationalen Bechenbesizers Leopold den Antrag gestellt, die bisher einheitliche Krankenkasse der Knappschaft fünftig für die Arbeiter und die Ange­stellten in zwei völlig getrennte Organisationen 3u zerreißen, nachdem die bürgerlichen Parteien schon einige Zage vorher die Zulassung der Erfaßfaffen beschlossen hatten.

Die Redner der Sozialdemokratie Aufhäuser, Giebel, hoch und Janschet warnien eindringlich davor, den letzten Reft aner einheitligen Sozialversierung in Deutschland ,

99+

Der deutschnationale Dr. Oberfohren läßt sich nicht beirren. Er fißt seit vier Jahren im Finanz- und Steueraus­schuß und ist in dieser Zeit auf seinem Gebiet ein Fachmann ge woorden, wie es im alten Staate allenfalls noch der Assessor a. D. Eugen Richter war. So leicht macht man diesem Oberjohren fein I für ein 1 vor."

Wie man sich doch in den Menschen täuschen fann. Der Steuer­ausschuß des Reichstages hatte bisher immer nur die Unbe bolfenheit seines Borfizenden Oberfohren, der bei den Ab­ftimmungen oft nicht wußte, worum es fich handelte, zu bewundern Gelegenheit. Daß in diesem Oberfohren fich ein Eugen Richter ver berge, haite niemand geahnt. Aber danfen wir dem gütigen Ge­schid, daß es uns dieses neue Finanzgenie beschert hat.

Ablehnung des Hochbahnangebots.

Wie wir furz vor Schluß des Blattes vom Nachrichtenamt des Magistrats erfahren, hat die gemischte Deputation der Stadtverordnetenverfammlung das von uns bereits mitgeteilte n- gebot der Hochbahngesellschaft abgelehnt

T

In der Aula Kaiser Friedrich- Straße in Neukölln haben gestern die Frauen ihre Werbetätigkeit für das Volksbegehren fortgesetzt. Schon in den Einzeichnungslokalen konnte an allen Tagen eine sehr rege Tätigkeit der Frauen beobachtet werden. Unter den Versammlungsteilnehmern waren viele, die nicht den Reihen der Partet angehörten. Die Genossin Gertrud Hanna mies in leb haften Ausführungen, die von der Versammlung rege verfolgt wurden, die schamlosen Ansprüche der Fürften zurüd. Den Arbeits­lofen werden auf dem Lande sogar Hühner weggenommen, wenn fie Unterſtügung erhalten wollen. Die Arbeiterjugend umrahmte die prächtige Veranstaltung mit Rezitationen und Gesang.

In einer start überfüllten Versammlung, die in Lichtens berg in der Schulaula Marktstraße stattfand, sprach die Reichstags­Sie wandte sich in erster Linie an abgeordnete Genossin Burm. die Frauen und wies darauf hin, daß die Frauen zum ersten Male, feitdem ihnen politische Rechte zugewiesen seien, auch politisch zu handeln hätten und daß sie sich würdig zeigen müßten der politi schen Rechte, die ihnen durch die sozialistischen Parteien erfämpft wären. Diese Rechte befäßen sie nicht, wenn die Fürsten heute nocy die Herrschaft hätten. Der Kampf der Fürsten sei nicht bloß elit Kampf um ihr Eigentum, sondern ein Kampf um die Staats form. Dem Auslande erzählen mir dauernd, daß wir nicht in der Lage seien, die uns auferlegten Lasten zu tragen. Unsere Kinder schicken wir auf Ferien zu ausländischen Gastgebern und den Fürsten sollen wir die Forderungen bewilligen, die sie an uns stellen. Das wäre der reine Hohn. Starter Beifall belohnte die trefflichen Ausführungen der Rednerin.

Der Saal fonnte den Ansturm der Frauen Baumschulen wegs faum fassen. Viele Frauen sagten, was wieder die steten Mahnungen an sie rechtfertigt, sie wären zum ersten Male in einer politischen Versammlung. Es wurde so voll, daß die Männer draußen bleiben mußten. Genoffin Minna Todenhagen ging vom Geschichtsunterricht aus, der uns fo falsche Begriffe eingebläut hat, und den jetzt der Landbund mit Erfolg weiter anwendet. Auf dem Lande wird auf einem Flugblatt Wilhelm tatsächlich als armer Holzfäller gezeigt! Bismard ist nicht über juristische Zwirnsfäden gestolpert, als er seine Kollegen enteignete, und wie würde Macchia­ velli, der Lehrer der Tyrannen, lachen, daß man dem politischen Gegner Mittel zum Kampf geben will. Die Rednerin ging dann näher auf die Ansprüche der Fürschten" ein, die sich zum Teil auf die Einkünfte berufen, die aus dem Untertanen- und Totenschacher an England flossen. Ein Rechtsanwalt Stüppelberg aus Basel aber verlangt gar 436 M. jährlich für seine Frau, die als Freiin von Breitenbach Einfünfte aus Jagden und sonstigen ,, Gerechtsamen bezog. Ein Freiherr Schend von Schweinsberg begründet( es ift zum Kinderkriegen) seinen Anspruch auf 850 M. Rente damit, daß er von jedem Brauthuhn", das in seiner Gemeinde geschlachtet wurde, eine Abgabe zu bekommen hatte. Die lächerlichsten Ab­machungen aus der Wiener Bundesatte von 1815 werden zitiert, um dem Volte auch den letzten Groschen zu rauben. Die Versamm= lung unterbrach die Referentin oft mit stürmischem Beifall.

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Wieder Unterschlagungen in einem Bezirksamt. Berunfreuungen von Unterstützungen für Bedürftige. Beim Bezirksamt Kreuzberg ist man neuerdings wiederum Unterschlagungen auf die Spur gekommen, die diesmal das Unterstützungsamt betreffen. Als ehrenamtlicher Wohlfahrts tommiffar war hier der kaufmännische Vertreter Dürenhoff tätig, dem die Auszahlung der laufenden Renten und der Sonder­zuweisungen an bedürftige Einwohner des Bezirksamts Kreuzberg oblag. Erst jetzt hat man nun entdeckt, daß D. mindestens ein Jahr hindurch diese Beträge nicht ordnungsmäßig an die betreffenden Personen abgeführt, sondern sich größere oder fleinere Abzüge für seine eigene Tasche gemacht hat. Insgesamt dürfte sich die Summe der veruntreuten Gelder auf etwa 3000 M. belaufen. Diese Ziffer bedeutet erfreulicherweise feinen allzu großen Schaden, doch ist zu berücksichtigen, daß die Unterschlagungen zum Nachteile von Kleinrentnern, Witmen und Unterstützungs­bedürftigen verübt worden sind. Die Ermittlungen der Kri­minalpolizei, die von Kriminaloberinspektor linghammer ges leitet werden, dauern zurzeit noch an. Es scheint, daß Dürenhoff, der, wie nochmals betont werden muß, fein Beamter war, diese Berfehlungen aus einer gewissen Notlage heraus begangen hat.

Orkan in Hamburg.

Sturmfluten an der Nordseeküste.

Die Hamburger Seewarte gab gestern abend erneut Sturm­warnungen heraus und fündigte Nordwestffurm an. Nachdem am geftrigen Nachmittag die windstärke bereits eine Geschwindig­feit von 22 Metern in der Sekunde erreicht hatte, sprang der Sturm am Abend plötzlich von Südwest nach Nordwest um und ffieg in Böen auf reichlich 31 metern in der Sefunde( gleich 111,6 kilometer in der Stunde). Infolge der Sturmschäden wurde die Hamburger Feuerwehr von verschiedenen Seiten zu Hilfeleistungen in Anspruch genommen. So wurde fie nach dem Hauptbahnhof gerufen, deffen Mitteldach von 200 Quadratmetern Ausdehnung vom Sturm aufge­riffen worden war. In anderen Straßen hat der Sturm die Start­ftromleitung der Straßenbahn beschädigt, ein Gerüft umgeworfen, das Dach eines Neubaues abgededf, einen Schorn­ftein umgeweht, fowie zahlreiche Bäume gefnidt.

An der schleswig- holsteinischen Nordseeküste und in dem Gebiet der Elbe-, Wefer- und Emsmündung ist das Waffer start gestiegen, ist der dänische Dampfer Roma" vier Meilen westlich vom Wejer­so daß heute mit Sturmfluten zu rechnen ist. Bei schwerem Sturm feuerschiff in Seenof geraten. Der Schleppdampfer-See­falte" bemüht sich, das Schiff einzubringen.