Briands fünftiger Kurs..
Minifter Malvydas rote Tuch für die Reaktion.
Paris , 10. März.( Eigener Drahtbericht.) Bon dem neuen Ministerium Briand läßt sich einstweilen nur das eine sagen, daß die Schnelligkeit seiner Konstituierung einen Reford darstellt. Briand , der offensichtlich in erster Linie von dem Gedanken beherrscht mar, so rasch wie möglich nach Genf zurüdzukehren, hat bei der Auswahl seiner Mitarbeiter auf jede politische Dosierung verzichtet. Er hat, wie bereits gemeldet, im ganzen nur drei Portefeuilles neu bejeßt. Aber auch diese Modifitation gibt über die politische Beschaffenheit des neuen Rabinetts nur geringen Aufschluß. Briand hat sich zwar der ausgesprochen fartellistisch gerichteten Mitglieder des ge ftürzten Minifteriums entledigt, ihre Nachfolger aber haben der Freude der Reaktion über die Ausschiffung der als herriotistisch" verschrienen Chautemps, Renoult und Daladier einen starken Dämpfer aufgefeßt. Die neuen Minister Maloy und Lamou reug waren in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende und Berichterstatter der Finanzfommiffion, wenigstens in der ersten Phase des parla mentarischen Kampfes um die Sanierungsmaßnahmen, die schärfsten Gegner der Regierungsvorlage, und menn fie auch zuletzt sich zu einem Rompromiß mit Doumer bereitgefunden haben, so hat doch das von ihnen gezeichnete Gegenprojekt der Kommiffion das mit den finanziellen Konzessionen des Herrn Doumer start vorbelastete Kabinett Briand zu Fall gebracht. Malvy besonders, den seinerzeit Clemenceau gleich Caillaug durch den Senat wegen angeblichen Hochperrats zu langjähriger Verbannung hatte ver. urteilen lassen, ist für die gesamte Rechte ein rotes Tuch, und seine Betrauung mit dem Ministerium des Innern dürfte die Reaktion dem neuen Kabinett Briand faum versöhnlicher stimmen. dings wäre es verfehlt, daraus auf einen ausgesprochenen Lints furs des neuen Ministeriums schließen zu wollen. Denn die Berufung Berets zum Finanzminister ist ein unzmeideutiger Beweis dafür, daß Briand für das auch in den nächsten Wochen noch immer im Vordergrund der politischen Debatte stehende Finanzproblem auf die Unterstützung der gemäßigten Mittelgruppen zählt.
Die tschechische Koalition wankt.
Aller
Aufgaben des Reichsinnenministers.
Programmreden im Reichstag.
Der Reichstag beriet gestern über den Haushalt des Minister überhaupt nicht geantwortet. Wie steht es mit dem Aus Innern.
die Erhöhung einiger Ausgaben für wissenschaftliche und fünftlerische Berichterstatter Abg. Schreiber( 3.) Der Ausschuß beantragt 3mede, ferner mehrere Entschließungen zur Berwaltungsreform, und zur Bereinfachung der Verwaltung, zur Unterſtügung der notleiden den Künstlerschaft, zur Förderung des Turn- und Sportwesens und an Stelle der Technischen Nothilfe eine andere Sicherung der Notstandsversorgung, vor allem durch ein wirksames Schlichtungs- und Schiedsverfahren und durch den Abschluß von Notstandsverträgen bei besonderer Sicherstellung der Arbeits- und Existenzbedingungen der mit lebenswichtigen Arbeiten Beschäftigten und schließlich die Beseitigung aller verfassungswidrigen Hemmungen bei der Durchführung des Boltsbegehrens.
gibt von seiner grundsäglichen Einstellung zu den Arbeiten feines Amts folgende Darstellung: Das Ziel fei, den Staat zu feftigen auf der Grundlage der Berfaffung. Daraus ergebe sich auch das Problem des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern. Berfassungsgemäß sei Deutschland ein Bundesstaat. Föderalismus und Unitarismus feien teine Gegenfähe. Die Staatlichkeit der Länder fei historisch gegeben, fie müsse sich aber eingliedern in das Energiezentrum des gewesen, wie jetzt. Bei den jeßigen Umschichtungen in der Welt. Reichs. Nie zuvor sei eine solche Zusammenfassung so notwendig muß jedes Land ins Hintertreffen geraten, das nicht alle seine Kräfte immerlich zusammenfaffe. Das Unglück von 1918 habe uns erst äußerlich, aber noch nicht innerlich zusammengeschlossen. Ohne zwingende Notwenditeit dürfe die Verfassung nicht geändert werden. Die republikanische Staatsform fei gesichert, aber sehr langsam entwickelten sich alle Deutschen zu Staatsbürgern. Bei der Kritik des mentarismus haben, daß wir ihn in Zeiten der Not bekommen hätten Parlamentarismus vergißt man, daß. auch Monarchien den Parlaund daß er ungeheure Aufgaben zu lösen habe. Die Abgeordneten müßten sich als Vertreter des Volkes und weniger als Bertreter der Parteien fühlen und in enger persönlicher Fühlung miteinander arbeiten. Es tomme nicht auf die Reform des Wahlrechts, sondern auf die Tätigkeit der Abgeordneten an. Der Bedarf an Regierungsfrisen sei gededt.( Sehr richtig!) Ohne Treue der Beamten zu dem Staat sei eine Festigung der Staatsautorität nicht möglich. Dazu gehöre ein gutes Funktionieren des staatlichen Organismus.
Ein Ausgleich zwischen den Infereffen von Reich, Ländern und Gemeinden und eine Vereinfachung der Verwaltung fei notwendig.
Den Sozialdemokraten wird sie läftig. Prag , 10. März.( Eigener Drahtbericht.) Die in der tschechoflomatischen Regierungsmehrheit, der sogenannten„ allnationalen Roalition", bestehenden Gegensäge beginnen wirksam zu werden. In einer Konferenz der tschechoslowakischen sozialdemokratischen Barteiinstanzen wurde hervorgehoben, daß die Agrarpartei die innerpolitische Lage durch ihre ultimative Forderung nach festen ( statt der gleitenden) Getreidezöllen außerordentlich verschärft hat und daß Ministerpräsident Swehla immer mehr unter den Einfluß Festigung des Staatsgefühls, Kulturpolitik zu treiben, das fejen die der Rechten gerate. Hinter dem Rücken der tschechischen Sozial- großen Aufgaben des Innenministeriums. Nach dem Rückschlag des demokraten verhandelt er mit den slowakischen Klerikalen fulturellen Lebens durch den Krieg müßten jetzt alle Zweige der über deren Eintritt in die Regierung. Lebhafte Klage wurde dar. Wissenschaft, der Erziehung und der geistigen und körperlichen Bilüber geführt, daß der agrarische Unterrichtsminister die fortschritt- dung, aber auch die internationalen wissenschaftlichen Beziehungen lichen und sozialistischen Beamten aus dem Unterrichtsministerium gesundheitsamtes, die vom Reichstag planmäßig gefördert werden gefördert werden. Hierhin gehören auch die Arbeiten des Reichsbeseitigt und die Reform des Schulwesens auf Wunsch der müßten. Der Alkoholverbrauch muffe energisch bekämpft, eine wesentKleritalen hintertreibt. Es wurde darauf hingewiesen, daß die liche Einschränkung des Altoholverbrauchs erzielt werden. Eine reaktionäre nationaldemokratische Partei diese Borgänge Ueberzahl von Schantstätten fei vom llebel, die Konzessionierung mit Freude begrüßt und daß auch die tschechischen Nationalsozialisten neuer Schantstätten müsse schärfer gehandhabt werden. Immer immer mehr einem Bürgerblod zuftreben. Infolgedeffen wird größere Teile der deutschen Jugend erkennen, daß Turnen und Sport im Parlament mit der Möglichkeit eines Austritts der tichechi geeignetere Mittel zur förperlichen und fittlichen Ertüchtigung find, schen Sozialdemokraten aus der Regierung gerechnet, modurch die als Shimmy und Jazzbandtänze.( Beifall.) Regierungstoalition ihre Mehrheit verlieren würde. Man spricht daher von der Möglichkeit einer Demiffion des Kabinetts und der Ausschreibung von Neuwahlen. Allerdings ist auch damit zu rechnen, daß noch im letzten Augenblick die jetzt drohende Parlamentstrije vermieden wird.
Durch französische Polizisten. München , 10. März.( WTB.) Zu der Blättermeldung, daß in München ein Delegierter der Bank von Frankreich und ein franzö fischer Polizeiinspektor von Budapest kommend eintrafen, um auf. zuklären, ob das für die falschen Tausendfranknoten verwendete Papier aus München stamme ober durch eine Münchener Persönlichkeit beschafft worden sei, wird von maßgebender Stelle bestätigt, daß die franzöfifchen Persönlichkeiten in München ein getroffen find. Sie haben der Polizeipirettion ihre Wünsche bezüg lich der Erhebungen vorgetragen, denen entsprochen werben wird. Dagegen seien die Angaben, in welcher Richtung die Er.
hebungen angestellt werden sollten, unrichtig. Im gegenwärtigen
Zeitpunkt fönne aber hierüber nichts gesagt werden.
Die Verschiebung der Druckplatten. Budapest , 10. März.( WTB.) Auf eine ihr in der Frankfälschungsaffäre gemachte Anzeige hin nahm die Polizei den Studenten der Medizin Wladislaus Szenden in Gewahrsam, der bei feinem Berhör geftand, im Jahre 1923 von einem Befannten ein nerfchloffenes Batet zur Aufbewahrung erhalten zu haben. Als die Frankfälschungsaffäre bekannt wurde, öfnete er aus Neugier das Batet und fand darin zwei Frantflische es, die er bei einem Freunde in der Provinz deponierte. Darüber, von wem er die Klischees erhalten und wenn er sie weitergegeben hat, verweigerte Szenden jede Auskunft.
Barmat im Lazarett. Korrespondenz BS. teilt mit: Julius Barmat ist am geftrigen Mittwoch vormittag vom Untersuchungsgefängnis nach der Cha rité übergeführt worden, wo ihn Beh. Rat Kraus einer eingehenden Untersuchung unterzog. Die Feststellungen des Geh. Rats Kraus werden der Kammer im Laufe des Donnerstag über. mittelt werden. Julius Barmat wurde nach der Untersuchung wieder nach Moabit zurückgebracht, wurde aber hier in das Laaarett des Untersuchungsgefängniffes eingeliefert, während er bekanntlich bisher in einer Belle untergebracht war.
Winzer und Weinsteuer.
Im Reichstag ausschuß für die Notlage der Winger erklärte ein Vertreter des Finanzministeriums, daß die Reichs. regierung unter feinen Umständen in eine völlige Aufhebung der einsteuer einwilligen könnte, weil da durch der Fonds zur Unterstügung der Winzer, der aus Mitteln Der Beiniteuer gespeist wurde, wegfallen würde und eine andere Möglichkeit, Mittel für diese Zwecke bereitzustellen, der Regierung nicht verbleibe.
Der frühere Breslauer Bürgermeiffer Dr. Hans Trenfin ift in der vergangenen Nacht im Alter von noch nicht ganz 60 Jahren gestorben. Als aufrechter Demofrat von mahrem, fozialem Empfinden genoß er auch in der Arbeiterschaft viele Sympathien
Es ist zu hoffen, daß die Aufnahme in den Bölferbund die geistige Zusammenarbeit mit anderen Nationen fördert und auch das fulturelle Schicksal unserer deutschen Minderheiten erleichtert. Dem Reiche liege jebe fulturelle Unterdrückung der in feinem Staatsgebiet wohnenden Minderheiten fern. Der Minifter versicherie zum gebiet wohnenden Minderheiten fern. Det Minister versicherte zum Schluß, daß er seine ganze, Kraft in den Dienst dieser Arbeit stellen werde.( Beifall.)
Abg. Sollmann( Soz.):
Benn wir uns die für den Kulturetat vorgesehenen Summen im einzelnen ansehen, dann finden mir, daß die Ausgaben für Ruldafür mur 18 Millionen eingejezt. Was will das bedeuten gegenturzwede noch außerordentlich gering find. Im ganzen find über einem Gesamtetat des Reichs von 9 Milliarden Mart!( Hört, hört! bei den Soz.) Das ist die gleiche Summe, die die Reichswehr für Kraftwagen und Pferde braucht. Für die Technische Nothilfe find 2 850 000 m. eingefeßt, für das Reichs gefundheitsamt nur 1330 000 m. Zur Förderung der Bolksgefund heit sollen 500 000 ausgegeben werden, dagegen braucht die Reichsmarine für Pferdehaltung und Kraftwagen 650 000 m.!( hört, hört! bei den S03.) Wir unterstreichen alles, was der Minister über die Förderung der Wissenschaften gefagt hat. Im Gegensatz dazu die Förderung der Wissenschaften gesagt hat. Im Gegensatz dazu steht aber die Tatsache, daß die deutschen Hochschulen noch immer einen ganz entschiedenen und brutalen
alien char after tragen.( Sehr wahr! bei den Soz.)
Unter den 31 000 Studenten der preußischen Universitäten befinden sich im ganzen 425 Kinder von Arbeitern.( Hört, hört!) Raum 1,3 Proz. der deutschen Studenten enfftammt der deutschen . Arbeiterschaft! Aus den Kreisen der selbständigen Gewerbetreibenden fommen 8327 Studenten! Das macht den Klaffencharakter der Universitäten ganz deutlich, die doch aus den Mitteln des ganzen Boltes unterhalten werden. Wir haben vom Minifter nur allgemeine Andeutungen über die Berwaltungsreform gehört. Aehnliche Worte hat im vorigen Jahre auch der damalige Minister Schiele ausgesprochen. Ich hoffe, daß nunmehr diese Bersprechungen Wirklichkeit werden, und daß die Vorlagen vor den Reichstag kommen. Wir erwarten auch, daß endlich die Forderung verwirklicht wird, die wir schon in der Nationalversammlung erhoben haben, nämlich die Schaffung einheitlicher Grundlagen für die Laufbahn aller Reichsbeamten.
Im Ausschuß hat der Minister Richtlinien für seine Beamten politit vorgelegt, denen wir zustimmen fönnen. Heute hat er sich nicht ganz so flar und energisch wie damals ausgesprochen. Ich würde es bedauern, wenn von der ersten Frische und Energie schon einiges abgeblaßt wäre.( Ruf lints: Er ist schon zu lange Miniſter!) Auch nach seiner Auffassung sollen die Beamten sich mit dem Staat immerlich verbunden fühlen. Sch glaube, daß die Beamten, die noch immer, 7 Jahre nach der Umwälzung, tein inneres Berhältnis zu dem Staat, der. fie bezahlt, gefunden haben, dem Gepanten des Berufsbeamtentums den stärksten Schaden zufügen. Der Minister sollte seinen guten Worten nicht nur im Reich, sondern auch in den Ländern Nachdrud geben.
Wir müssen vom Reichsminiffer des Innern verlangen, daß er feinen Einfluß auch auf die politiche Gewalthandhabung in den Ländern geltend macht.
führungsgefeg zum Artifel 48 der Reichspertönnen wir uns unter feinen Umständen einlassen. Es sind schon fassung? Auf eine weitere Hinausschiebung dieses Gefeßes titels 48 die Wahlreform dem Bolt aufoftroniert werden solle. por Monaten Gerüchte aufgetaucht, daß auf Grund des. A ra Wir haben jeg ernste Mitteilungen erhalten, wonach noch immer in maßgebenden Kreisen mit diesem Gedanken gespielt wird.( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Bir ersuchen den Minister, flar und unzweideutig sich zu dieser Frage zu äußern.
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Wir laffen feine Zweifel darüber, daß wir die Aufzwingung einer Wahlreform auf Grund des Artikels 48 geradezu als verbrecherischen Aft, als eine Revolution von oben ansehen und dagegen die entsprechenden Maßnahmen auch außerhalb des Parlaments ergreifen werden. ( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich erwarte, daß der Minister in einer offiziellen Erklärung diese Pläne weit von fich meist und ich hoffe, daß er das auch im Namen des Reichs tanziers und des Reichspräsidenten tun wird. Gegen eine Neueinteilung der Wahlkreise und technische Berbesserungen mera den wir uns nicht wenden; aber wir werden alle Mittel anwenden, um zu verhindern, daß man Millionen das Wahlrecht nehmen will. Wir dürfen auch keine Berringerung der Zahl der Mitglieder des Wir halten die Kritik an dem jetzigen Wahlrecht für übertrieben. Reichstags anstreben. fleinste Parlament. Die Berringerung der Abgeordnetenzahl würde Deutschland hat von allen Ländern das zur Ueberlastung der Abgeordneten führen, die jetzt schon viel arbeiten. Das wäre auch eine Sparsamkeit am falschen Plaz. Bet Reichstag nur eine Ausgabe von 6½ Millionen. dem Gesamtetatoon 7 Milliarden erfordert der des Parlaments sprechen, nicht den Wut finden, über den Abbau Es ist fennzeichnend, daß alle die Herren, die soviel über den Abbau der Bielheit der deutschen Parlamente zu reden. Diefelben Leute, die den Abbau der Volkskammer verlangen, fordern ein neues Oberhaus, also ein neues Parlament, wie es die Deutschnationalen in ihrem Antrag tun. Sie wollen damit wieder das alte preußische Herrenhaus aufleben lassen. Dieser Antrag bea deutet eine Kampfanfage gegen die Demokratie, einen Versuch, den Grundgedanken der Demokratie, wonach die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, zu durchlöchern.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die monarchistische Opposition hat begannen, fich auf dem Boden des heutigen Staates zu stellen. Es kommt ihnen viel weniger auf die Staatsform, als auf den Staatsinhalt an. Sie wollen darin die Herrschaft der Besitzenden stabilisieren. Diese Entwicklung zur Anerkennung der Staatsform ist natürlich, aber man täuscht sich doch sehr darüber, wenn man glaubt, daß die Massen allein die formelle Demokratie und die republikanische Staatsform erstreben. Es kommt für Sie darauf an, in diesem Staat den entscheidenden Einfluß zu gewinnen.
Mit Scheinrechten und Scheindemokratie geben die Maffen fich nicht zufrieden. Die deutsche Republik fann im zwanzigften Jahrhundert nur als Soziale Demokratie bestehen. Solange die Klaffenunterschiede da sind, folange gibt es eine Bolts gemeinschaft nur in der Theorie( Sehr richtig bei den Goz.) Auch in den Schichten der katholischen Arbeiter gewinnt die Era fenntnis immer mehr an Boden, daß der Mammanismus und Kapitalismas im fchärfiten Widerspruch zur fatholischen Weltauf fassung steht. In der Westdeutschen Arbeiterzeituna". dem Hauptorgan der katholischen Arbeiterschaft, ist das wiederholt scharf zum Ausdrud gefommen. Geistliche haben dort ausgeführt, daß sie bisher zu menig gegen den fapitalistischen Geist getan haben. Diese Töne sozialer Kritif merben nicht wieder perstummen, sondern ihren Einfluß im Parteileben ausüben. Um die Entscheidung zwischen Kapitalismus und Sozialismus fann fich auf die Dauer feine der Parteien herumdrüden, sie müssen Stellung nehmen für oder gegen die soziale Demokratie.
Zu der Frage: Unitarismus oder Föderalismus sagen wir, daß die je gige Gliederung des Reichs so unnatürlich mie möglich ist und daß sie nicht für alle Zeiten so bleiben fann. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die deutsche Landkarte fortwährend verändert. Wir hatten schon 289 selbständige Staaten, nach den napoleonischen Kriegen war ihre Zahl auf. 39 gesunken, der Krieg von 1866 hat Kurhessen und Hannover beseitigt, nach dem Jahre 1918 haben sich die Thüringischen Staaten zusammen geschlossen. Es ist außerordentlich erfreulich, daß die Deutschen , die ihre innenstaatliche Selbständigkeit verloren haben, sich sehr schnell damit abfanden. Wir werden alle Entwicklungstendenzen fördern, die zum deutschen Einheitsstaat führen. Wir mollen nicht warten, bis Kriege und revolutionäre Ereignisse staatliche Beränderungen schaffen, sondern die sollen durch den Willen des Volkes erfolgen. Die Grenzpfähle in Deutschland sind nicht vom Bolle, sondern von den Dynastien aufgerichtet worden. Seit dem Sturz der Dynastien haben die Grenzpfähle in Deutschland nichts mehr zu suchen. Im Einheitsstaat der Demokratie wird sich aber auch erst die Selbstverwaltung der Gemeinden herausbilden. Heute fehlt as beides, die starke Staatsgewalt und die Selbstverwaltung. Der Dichter der deutschen Republit, Ferdinand Freiligráth , hat dem deutschen Volte das Ziel gewiesen, ein Reich der Freiheit aufzubauen. Diefe Aufgabe steht noch vor uns, und wenn wir für die soziale Republik fämpfen, so geschieht das in dem Glauben an das große demofratische und soziale Deutschland der Zukunft.( Lebhafter Beifall bei den Soz.)
Abg. Berndt( Drat.) vermißt in der Ministerrebe eine Be gründung für die Verzögerung des Reichsschulgesetes und die Betonung des Wortes christlich". Wir verlangen den 18. Januar als Nationalfeiertag und die Wiedereinführung der schwarzweißroten Fahne. Die jetzige Reichsverfassung bedürfe dringend einer Revifion in föderalistischem Sinne. Der Reichspräsident müſſe die ihm zukommende einflußreiche Stellung erhalten. Der Reichsrat muß zu einer Art Oberhaus ausgestaltet werden. wir fimmen der Forderung zu, daß sich jeder Beamte innerlich mit dem Staate verbunden fühlen und den Symbolen der Republik die schuldige Achtung erweisen müsse. Die Forderung aber meisen mir zurüd, daß jeder Beamte Anhänger der republikanischen Staatsform sein solle. Wir wollen die Weimarer Verfassung nicht durch Gewalt, sondern mit den in der Berfassung selbst gegebenen Mitteln ändern.
Abg. Freiherr v. Kardorff( D. Bp.) wendet sich gegen den Plan, den Reichstag aufzulösen um ein neues Wahlrecht zu schaffen. Das würde e glatter Verfassungsbruch sein. Die Gewalt des Reichspräsidenten müsse nach amerikanischem Muster erweitert
werden.
Abg. Bert( Komm.) führt aus, daß die Sabotage des Boltsentscheids über die Fürstenenteignung fortgefekt werde. Der bayerische Innenminister habe eine fommunistische Broschüre für die Fürstenabfindung verboten, weil darin das alle Hederlied zitiert wurde.
Abg. Pehold( W. Bgg.) bezeichnet es als eine Selbstverständlichkeit, daß die Beamten sich auf den Boden der gegebenen Tat fachen stellen, aber man sollte von ihnen nicht verlangen, daß sie
Dieser Einfluß ist ja leider noch sehr gering, er ist umgekehrt vielfach noch viel stärker. Der bayerische Minister des Innen hat gegenüber den Kommunisten ausgeführt, daß eine Bartei, die zugestandenermaßen ihre Ziele durch Hochperrat zu erreichen fuche, an den Vorrechten des Staates nicht teilnehmen fönne. Damit wird also eine große Partei außerhalb des Staates gestellt. Ein solcher Standpunti widerspricht der Reichsverfassung. Auch in anderen Ländern kommen solche Dinge vor. In Tübingen ift ein. Student der Philosophie wegen der Einladung zu einem Sen Hohlchulen leider noch Leute, die es an der nötigen fommunistischen Vortrag auf zwei Jahre von der Universität pere.Hochachtung vor dem heutigen Staatswesen fehlen lassen. wiesen worden.( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auf eine Gegen 7 Uhr wird die weitere Beratung auf Donnerstag Reihe von Fragen, die wir im Ausschuß gestellt haben, hat der nachmittag 1 Uhr vertagt.
auch tepublitaner denken. Es gebe unter den Lehrern an