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Das Volksbegehren in Berlin .

Besorgt rechtzeitig Eintragungsscheine. Recht unerquickliche Szenen spielten sich gestern oft in den Wahl. ämtern ab, die weder dem Publikum, noch den Beamten und Ange­stellten der Stadt erwünscht sind. Oft ist ein Umzug seit der letzten Wahl die Schuld. Sofern am neuen Wohnsitz die Wahlkarte des Betreffenden noch nicht vorliegt, darf man ihm dort keinen Ein­tragungsschein ausstellen. Das wird oft quittiert mit der Be­merfung man wolle nur fabotieren". Die Angestellten der Wahl­ämter find aber zumeist nur vorübergehend Eingestellte, die die Not der Zeit am eigenen Leibe spürten und deshalb in jeder Weise das Boltsbegehren unterstützen möchten. Rücksichtnahme auf die Ange stellten und Beamten dürfte also nur für die schnellere Abwicklung des Verkehrs dienlich sein. Die Tatsache der Nichteintragung verlangt eben viel Schreiberei, weil die gesetzlichen Vorschriften verlangen, daß jeder zur Zeit der Präsidentenwahl Wahlberechtigte an feinem einstigen Wohnort wählt oder dort den Ein­tragungsschein zu empfangen hat. Es ist deshalb festzustellen, daß jeder, der zur Zeit der Präsidentenwahl nicht an seinem jegigen Wohnort gewählt hat, sich einen Eintragungs schein von seinem damaligen Wohnbezirt zustellen lassen muß. Ferner melden sich jetzt viele zur Eintragung, die sich bis dahin wenig um die Wahlen gefümmert hatten und somit auch nie feststellten, ob sie überhaupt in der Wählerliste berzeichnet waren. Jezt müssen sie ihre Nachlässigkeit büßen, da sie nun die Scherereien mit dem Wahlamt haben. Auch diese Wahlberechtigten sollten sich jetzt rechtzeitig auf ihre Pflicht befinnen. Borbedingung ist dabei, daß sich jeder mit den nötigen Aus. meispapieren, aus denen Name, Geburtstag und Wohnsitz einwandfrei ersichtlich ist, bewaffnet. Ferner noch zur Beherzi gung, daß dieses nicht auf die legten Tage verschoben wird. Die Wahlämter sind schon jetzt mit Arbeit überlastet. Bon einem Amt des Ostens wird uns mitgeteilt, daß z. B. am Montag 300 Eintragungsscheine ausgestellt wurden und etwa 150 Personen vorläufig wieder zurückgewiesen werden mußten, weil sie das schon oben Erwähnte nicht beherzigt hatten. 3wischen 300 und 450 be­megt sich hier der tägliche Besuch. Auch soll man soiche Dinge nicht auf die letzten Tage verschieben, will man nicht Gefahr laufen, daß man infolge des Andranges die Eintragungsfrist ver­säumt. Jeder Wahlberechtigte hat das Recht und die Pflicht, sich einzuzeichnen. Nur soll er sich rechtzeitig um die Erledigung der Formalitäten fümmern.

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Lichtenberg .

Seit Sonntag ist hier eine stetige Zunahme der Einzeichnungs­begehrenden zu verzeichnen. Vor dem Einzeichnungslotal Gemeindeschule Siegfriedstraße 209 wird eine sehr geschickte und wirkungsvolle Plakatpropaganda der Parteien fehr geschickte und wirkungsvolle Plakatpropaganda der Parteien des Volksbegehrens betrieben. Auf einem Blafat ist ein geschwollener Aufruf Wilhelms des Fahnenflüchtigen aus dem Großen Haupt­quartier an seine Soldaten" abgedruckt, in denen er fie zur Pflicht ermahnt, und darunter steht: Sie taten ihre Pflicht. Was tatest Du? Du türmbest!" Die Einzeichnungsbeteiligung war hier in Anbetracht der Ungünstigkeit dieses Straßenzuges recht rege. Pfaffstraße 8/9, Gemeindeschule, ist die Orientierung sehr schlecht. Der Eingang zum Boltsbegehrzimmer liegt fast dunkel. Immerhin zeigt ein Bapplafat zur Not den Weg. Auch hier ist fteigende Beteiligung festzustellen. Gemeindeschule Kron prinzenstraße 10 herrscht ein sehr reger Betrieb. Das Lofal ift gut gekennzeichnet. Eine Steigerung des Eitzeichnungsbetriebs ist zweifellos festzustellen. In der Gemeindeschule Scharn meber Straße 17 herrscht Hochbetrieb. Im Verlauf von 1% Stunden murden rund 220 Einzeichner festgestellt. Das Einzeichnungszimmer liegt günstig zu ebener Erde. Hier hängt an der Eingangstür der Schule die Bekanntmachung über das Volksbegehren. Alles in allem: es geht auch in Lichtenberg unaufhaltfam vorwärts. Die Front gegen den Fürstenraubzug wird fein Terror und feine Sabotage mehr brechen fönnen!

Ertner und Umgebung.

Die Einzeichnungslisten liegen allein im Gemeindeamt zu Ertner aus. Kein Zettel oder Plakat ist dort angebracht, das darauf hinweist. Schließlich ist dies auch nicht in einem Ort von 6000 Ein­wohnern notwendig. Jeder weiß hier Bescheid, weiß, was der andere zu Mittag focht, weiß also auch, wohin er zu gehen hat, um seinen Namen in die Listen eintragen zu lassen. Gleich am Eingang, im Kassenraum, liegen die Listen aus. Der Raum ist nicht groß, vor dem Tisch, der das Heiligtum, in das sich nur beamtete Persönlich­feiten begeben dürfen, für das Publikum verschließt, haben unge­fähr zehn Personen Plaz. Es ist vier Uhr am Nachmittag. Der Raum ist überfüllt. Frauen, die gerade vom Einkauf tommen, warten, bis sie an der Reihe sind. Sie tragen Pakete mit Brot oder Krämerware, manche haben ein Kind auf dem Arm. Der Beamte ist sehr freundlich, er zeigt jedem genau und verbindlich, wo er sich eintragen muß. Nachher, am Abend, wird am Eingang zum Gemeindeamt ein Blafat angebracht, gleichfalls am Bahnhof. Die Resultate find günstig. Bis Mittwoch nachmittag haben sich 540. Per­fonen eingeschrieben. Man erwartet, daß die Zahl meit die 1000 übersteigen wird, da sich unter den bisher Eingetragenen viele Bürgerliche befinden, sogar Mitglieder der Rechtsparteien. Am Sonntag wird das Reichsbanner Umzüge veranstalten und für die Eintragungen werben. Nicht so günstig sind die Resultate in der 11mgebung. Fangschleuse und Gottesbrück haben feine eigenen Abstimmungslokale, man muß nach Grünheide gehen, man hofft, daß auch hier die Zahl der Einzeichnungen steigen wird. Jedenfalls müßte jeder sofort seine Pflicht erfüllen und nicht die Einzeichnung mit den Worten: Ich habe noch acht Tage Zeit" auf die lange Bank schieben.

Beleuchtet die Turnhalleneingänge!

Troß unserer wiederholten Mahnung, die Eingänge der Ein­zeichnungsturnhallen wenigstens notdürftig zu beleuchten, liegen eine ganze Anzahl der Einzeichnungsstellen in den Abendstunden stod= dunkel. Gestern ist es zu mehreren Unfällen after Leute gekommen, die in der ägyptischen Finsternis nicht aus noch ein mußten und auf den Treppen der Turnhalleneingänge hinstürzten. Rann man der Bevölkerung die Sache nicht ein wenig erleichtern? Die Untoften dieser Erleicherung wären lächerlich gering. Hoffentlich genügt dieser Hinweis, um endlich dem llebelstand der dunklen Ein­gänge abzuhelfen.

Seltsamer Unterricht.

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Man ist von den Gegnern in bezug auf die Sabo tage des Boltsbegehrens ja wirklich nicht verwöhnt wor­den, daß sie aber neuerdings ihre Propaganda in die Schulen verlegen, um die Kinder und damit auch die Eltern gegen das Boltsbegehren aufzubringen, stellt denn wohl doch ein Kuriosum bar. In der 174. Gemeindeschule, Schönhauser Allee 166a, brachte es so ein trefflicher dieser nationalen" Pädagogen fertig, den Kindern der Klasse 2D große Borträge über die Würde= losigkeit der Fürstenenteignung, die er einen glat ten Raub nannte, zu halten. Wenn wir zutreffend berichtet worden find, und wir haben nach unseren Informationen feine Beranlassung, daran zu zweifeln, bezeichnete dieser Lehrer in dem felben Zusammenhang die deutsche Republik als einen Raub­fta a t". Er erzählte auch, daß die Hohenzollern sich ihr Vermögen durch ihre Tüchtigkeit erworben hätten ,, soweit sie es nicht schon besaßen, als sie im 15. Jahrhundert in die Mark einzogen immer­hin eine fleine Geschichtsfälschung. Mit derselben Wahrheitsliebe und demselben Taft behandelte dieser Lehrer mit den Kindern poli­tische Tagesfragen schon vielfach, wobei sein besonderes Interesse dem Dawes Gutachten galt, über das er die Kinder einen Auf­jab(!) schreiben ließ. Sein spezieller Haß gilt selbstverständlich den

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Sozialdemokraten, von denen er Ehrenfache! be. Die Veruntreuungen beim Bezirksamt Kreuzberg .

hauptete, daß sie in erster Linie für ihre eigene Tasche arbeiten würden. Man sollte nicht nur die Fürsten enteignen. Ebenso wichtig ist, es, daß unsere Jugend von Erziehern solchen Geistes enteignet wird.

Beinflussung der Eintragung auf dem Lande. Uns wird geschrieben:

Auf dem platten Lande besteht verschiedentlich eine Ein­teilung nach Gemeinde- und Gutsbezirken. In einzelnen Fällen ist der Gutsbesitzer gleichzeitig auch Gemeindevorsteher. Im allgemeinen regelt fich auf den Dörfern die Eintragung zum Volksbegehren nach den Verhältnissen bei den letzten Wahlen. Die Zahl der Eintragungsstellen ist jedoch wesentlich niedriger als die der sonst üblichen Wahllokale. Zudem ist die Auslegung der Listen und die Bekanntgabe der Einzeichnungsstellen meistens sehr spät erfolgt. Bon verschiedenen sonst unbeteiligten Rittergutsbesitzern ist iegt aber feine Mühe gescheut worden, um diesmal für ihre Ange­stellten und Arbeiter eigene Einzeichnungsstellen ein zurichten. Man will dadurch natürlich nur eine Kontrolle ausüben und auf diese Weise die Beteiligung am Boltsbegehren illusorisch machen. Da es bei dieser gerechten Sache auf jeden einzelnen anfommt, muß für Abhilfe der Mißstände schleunigst Sorge getragen werden.

Deffentliche Kundgebungen

Tragödie eines abgebauten Beamten?

Zu den Beruntreuungen bei der Wohlfahrtskommission des Be­zirksamts Kreuzberg erfahren wir, daß der Vorsteher Mar Dyrenfurth gestern mittag in seiner Wohnung in der Alten Jakobstraße von der Kriminalpolizei festgenommen wurde. Er ist in vollem Umfange geständig. Wie er sagt, wurde er durch seine bedrängte wirtschaftliche Lage zu den Veruntreuungen veranlaßt.

Bis zum Jahre 1924 war der jetzt 61 Jahre alte Mann als Bureauhilfsarbeiter beim Magistrat beschäftigt, wurde dann aber abgebaut. Während seiner Bureautätigkeit hatte er hauptsächlich die Angelegenheiten der Wohlfahrtskommission bearbeitet und mußte da­mit gut Bescheid. So übertrug man ihm das Amt des Vorstehers, das er ehrenamtlich ausübte. Für seine Bemühungen, für Beleuchtung und Hergabe eines Raumes wurde er mit 25 Mart monatlich entschädigt. Außer dieser Arbeit be= tätigte er sich als Provisionsreisender, doch waren es immer nur furzfristige Stellungen, die ihm nur geringes Gehalt einbrachten. Um seiner Notlage ein Ende zu bereiten, veruntreute er nach und nach 3000 Mart, die sich aus kleinen Beträgen in Höhe von 3 Mart bis 20 Mart zusammensetzten.

für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten hatten hatte, weil sie in jenem Monat schon dem Hoſpital zugeführt

Heute, Donnerstag, den 11. März: Prenzlauer Berg ( 26. und 28. Abt.): abends Uhr bei Büttner, Schwedter Str. 23. Redner: Dr. Kurt Rosenfeldt, M. d. R. Schöneberg- Friedenau : abends 8 Uhr in Friedenau , Bürgerſaal des Neukölln( 97. Abt.): abends 7% Uhr im Lokal von Kren, Hermann­Rathauses, Am Lauterplay. Redner: Franz Künstler , M. d. R. Glienice( Nordbahn): abends 8 Uhr bei Bark. Abmarsch abends straße 178. Redner: Bezirksverordneter Willy Großmann. Glienice( Nordbahn): abends 8 Uhr bei Bart. Abmarsch abends 7.20 ab Bahnhof Hermsdorf. Redner: Bernhard Krüger .

Morgen, Freitag, den 12. März:

Miffe: dbends 7% Uhr in den Musiker- Sälen, Kaiser- Wilhelm­Mitte: dbends 7% Uhr in den Mufiter- Sälen, Kaiser- Wilhelm Straße 31. Redner: Dr. Siegfried Weinberg. Prenzlauer Berg ( 29. Abf.): abends 7% Uhr in der Aula der Senefelder Schule, Senefelder Straße 6. Redner: Stadt­verordneter Richard Krille.

Reichsadler", Königstraße. Redner: Reichsadler", Königstraße. Redner:

Staaten: abends 7% Uhr im Gasthaus Wolff. Redner: Stadtrat Hermes. Wannsee : abends 7% Uhr im Wannsee : abends 7% Uhr im Josef Ernst. Wilmersdorf : abends 8 Uhr im Biftoriagarten, Wilhelmsaue 113/114. Redner: Ministerialrat a. D. Faltenberg und Bohm- Schuch, M. d. R.

tamer.

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Clara

Lichterfelde: abends 7% Uhr in der Oberrealschule, Ringstraße, Ede Hindenburgdamm. Redner: Siegfried Aufhäuser , M. d. R. Neukölln( 94. Abt.): abends 7% Uhr im Rarlsgarten( Bergschloß­höhe), Karlsgartenstraße 6-11. Redner: Franz von Butt Baumschulenweg: abends 7% Uhr in der Aula des Lyzeums, Baum­Der schulenstraße. Redner: Erich Ruttner, M. d. L. Männerchor Oberspree leitet die Kundgebung mit Gesang ein. Grünau: abends 7% Uhr im Lokal Ehrhardt, Jägerhaus, Bahnhof­straße. Redner: Bezirksverordneter Hermann Lempert. Lichtenberg : abends 7% Uhr in der Aula der Mittelschule, Mart­straße 10/12. Redner: Dr. Kurt Löwenstein, M. d. R. Niederschönhausen: abends 7% Uhr im Schloß Schönhausen, Linden­straße 11. Redner: Karl Litte, Bezirksverordneter. Reinickendorf - Off: abends 7% Uhr im Restaurant Schüßenhaus, Residenzstraße 1/2. Redner: Ministerpräsident a. D. Fröhlich. Hermsdorf : abends 8 Uhr im Restaurant Bellevue, Am Bahnhof. Redner: Stadtverordneter Adolf Hoffmann .

Das abgelehnte Angebot der Hochbahn. Begründung der städtischen Beschlüsse.

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leber den Gegenvorschlag der Hochbahn haben die gemischte Deputation und der Magistrat gestern beraten.( Wie im Abendblatt bereits furz mitgeteilt mit dem Resultat der Ablehnung des Borschlags. D. Red.) Die Vertreter der Stadt waren einmütig der Auffassung, daß das Gegenangebot nicht annehmbar sei. Ueber den Betrag von 1100 m. 7% prozentiger Stadtanleihe für jede Aktie von 1000 m. fann die Stadt nicht hinausgehen. Dies Angebot bedeutet bei über 113 Millnonen Mart Aktienkapital einen Preis von rund 125 Millionen Mart, der mindestens bei der allmählichen Tilgung voll zu zahlen sein würde. Ihren eigenen Befiz fann dabei die Stadt, wenn sie sich nicht selbst betrügen will, nicht anders einsehen, als den privaten Befiz, den sie erwirbt. Dazu tritt die Uebernahme der mit 120 Proz. einlösbaren Obligationen der Hochbahn, also ein Betrag von weiteren 14,4 millionen. Insgesamt ist diese Last im Berhältnis zu der bilanzmäßigen Bewertung der Gesellschaftsaktiven so hoch, daß die städtischen Vertreter sie nicht verantworten fonnten. Das Angebot der Stadt erreichte, wie seinerzeit flargestellt wurde, die Grenze des für das städtische Interesse Tragbaren. Die städtischen Gremien haben anschließend über die Finanzierung und Führung der AEG.- Bahn verhandelt. Sie haben sich entschlossen, die Finanzierung nunmehr unabhängig von den Verhandlungen mit der Hochbahn vorzunehmen und sie ohne ausländische Anleihe im wesentlichen auf die Mittel der städtischen Werke, namentlich der Straßenbahn, zu stellen. Bon dem Ge­fambbetrag, der sich durch die Aenderungen beim Alexanderplatz auf 50 Millionen erhöht, werden je 10 Millionen aus den Ueberschüssen der Straßenbahn für die Jahre 1926 und 1927 entnommen werden, 5 Millionen aus den ellberschüssen der Elektrizitätswerte. Weitere 7 Millionen fönnen aus der soeben zum großen Teil untergebrachten sechsprozentigen Inlandsanleihe der Stadt von 1924 aufgebracht werden, Millionen find bereits aus dem Erlös der Beteiligung an der Reichsgetreidestelle beschafft. Die dann noch ungededten 16 Millionen werden aus den Zuschüssen und Darlehen der produktiven Erwerbslosenfürsorge aufgebracht werden. Gleich­Gleich zeitig wurde die Linienführung für die AEG. Bahn auch hinsichtlich ihres nördlichen Teiles gut geheißen. Die er­forderlichen Gemeindebeschlüsse sollen schon in der kommenden Woche gefaßt werden.

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Entgegen anders lautenden Nachrichten, die von einer anonymen Anzeige an das Bezirksamt Kreuzberg sprechen, ist festzustellen, daß die Beruntreuungen durch die Revision des zuständigen Sachberaters bei dieser Behörde herausgekommen sind. Dieser Beamte stellte bei Nachprüfung der in jener Wohlfahrtskommission geführten Listen über die Auszahlung von Unterstützungen fest, daß eine alte Frau im Dezember v. J. zu Unrecht Zuwendungen er­war, wo sie dann am 10. Januar gestorben ist. Bei Vorladung ihrer Tochter, an die laut Listenausweis das Geld gezahlt worden sein soll, ergab sich nun überraschenderweise, daß diese im Monat De­zember gar feine Unterstützung Dyrenfurth erhalten hatte. Nun schöpfte man im Bezirksamt Berdacht und ließ durch mehrere Beamte alle Unterstügungsfälle der legten Wochen bei den Empfängern nachprüfen, wobei fast überall Differenzen zwischen den in den Listen eingetragenen Be­trägen und den tatsächlich gezahlten Geldern zu ungunsten jener Unterſtügungsberechtigten festgestellt werden konnten. Nach den bis­herigen Ermittlungen ist Dyrenfurth allein verantwortlich. Nach dem bisherigen Stand der Untersuchung hält man es jedenfalls für aus­geschlossen, daß er etwa Mitschuldige hat. Das Bezirksamt Kreuz­ berg läßt zurzeit die Unterstügungslisten, sowie die Quittungen und Bücher der Kommission zunächst bis zum April 1925 zurüd einer Revision unterziehen.

Ebert- Feiern der Jugend.

Unser aller brennendes Interesse gehört dem Boltsentscheib. Selbstverständlich aber gedachte man trotz der packenden Ereignisse diefer Lage oft auch des Mannes, der mithalf, die Zeit herbeizu führen, in der das Volk selbst über sein Schicksal bestimmen fann und soll. Friedrich Ebert hatte seinen ersten Todestag, anschließend veranstaltete man überall Gedent feiern aus diesem Anlaß, fleine und große, schlichte und mehr fünstlerisch betonte, immer aber sehr würdevolle Feiern, in denen die Erinnerung an Ebert ein Bekenntnis der Treue zu seinem Werk war.

Auf dem Heidelberger Bergfriedhof hatte sich eine ftattliche Trauergeminde versammelt, in ihr auch mit ihren Fahnen viele deutschr Studenten. Als sie einen Kranz auf die Erde niederlegten, sprachen sie ein stilles Gelöbnis. Dem sei ent­

nommen:

Friedrich Ebert ist nicht tot. Friedrich Ebert lebt in uns. Wir deutsche Jugend und deutsche Studenten Leben ihn weiter. Wir tragen das Wir stehen als Lebendige auf seinem Grabe. schwarzrotgoldene Banner, das ihm entfiel, durch alle Stürme, durch alle feindliche Scharen zum neuen Morgenrot. Friedrich Ebert , du hast uns gelehrt, Bolf zu leben. Dein Herz war Bolt. Bolt gebar dich. Unterm Volt schläfft du. Nicht in falter Pracht­gruft des Marmors. In dem Herzen des Volkes stehen deine größten Denkmäler. Wir senken in Trauer unsere bunten Stu­dentenfahnen über dein Grab: Wir sind auch Volf. Wir wollen nicht nur Trauergemeinde sein, die bloß einen Kranz auf ein Grab niederlegte, wir wollen eine Wertgemeinschaft sein, die dem deutschen Geist an deutschen Hochschulen einen Weg bahnt zum neuen Staat des neuen Boltes, dessen Fundamente Friedrich Ebert herbeitrug."

Freudig gibt man diese Worte wieder. Biele, sehr viele sind an unseren Universitäten reaktionär, traditionsverdummt, volks­Mancher wächst da auch in der feindlich. Biele, aber nicht alle. studentischen Jugend heran, der zur Demokratie, zur Republik, zum Bolf hält. Mancher, in dem ein freier, willensunterstützter Geist, wie er in seiner Steigerung Ebert zur Führung befähigte, wirkt und lebt.

Diesen Geist lebendig werden zu lassen, versuchte hier in Berlin in einem anderen, ganz anderen Kreise und vor viel jüngeren Menschen noch Genosse Landgerichtsrat Dr. Seligsohn, der über den ersten Präsidenten der deutschen Republik vor Mit­gliedern der Deutsch - jüdischen Jugendkameradschaft" sprach.

Knader im Bezirksamt Reinickendorf .

Mit der Portolasse mußten sich Geldschrankeinbrecher begnügen, die in der vergangenen Nacht das Bezirksamt Reiniden­dorf in der Hauptstraße heimsuchten. Sie schlossen eine Hinter­tür mit einem Dietrich auf und erbrachen im ersten Stoď zwei Geldschränke. Die schwere Arbeit lohnte aber nicht recht. Die Verbrecher fanden nur die Portofaffe, die etwa 40-50 m. enthielt.

Der Prozeß Lühow.

Nach der vorgeftrigen Bause sollte gestern die erste Nebenklage ausgetragen werden: der Fall des angeblich mit 105 Schlä­gen geprügelten Sohnes des Großschlächters, der eigentlich das ganze Lüzow- Verfahren heraufbeschworen hat. Während der beiden letzten Verhandlungstage schien mitunter über dem Gerichts­faal Jo etwas wie die schwüle Atmosphäre eines mit sexuellem Unfug erfüllten Knabenalumnats zu liegen. Trotzdem erklärte auch gestern noch der größte Teil, nichts Unfittliches bemerkt zu haben. sonders belastend waren während der Voruntersuchung die Aus­fagen der Knaben F. und S. gewesen. Beide wollten besonders oft und hart gezüchtigt worden sein. Sie glaubten auch eine ganze Reihe Wahrnehmungen gemacht zu haben, die im Sinne der Anklage gedeutet werden konnten. In der Gerichtsverhandlung schwächten fie jedoch einerseits ihre Aussagen start ab, andererseits erschien ihre Glaubwürdigkeit in einem zweifelhaften Licht. Etwas Neues erfuhr Wie vorauszusehen, hat die gemischte Deputation und der man auch über Lühows Prügelsystem. Er bearbeitete in Magistrat Berlin einstimmig das Gegenangebot der Hochbahngesell- bestimmter Reihenfolge Gesäß, Oberschenkel und Waden. Der all­schaft abgelehnt. Es ist interessant, festzustellen, daß auf diese Tat- gemeine Eindrud ist, daß eine viel zu ungesunde Atmo­fache hin der Kurs der Hochbahnattien an der Beriphäre im Heim geherrscht hat; es wurde zuviel ge­liner Börse gefallen ist, was darauf schließen läßt, daß die prügelt und zuviel gefüßt. Jedenfalls war von dem Börse ihre Bewertung nicht so vornimmt, als ob eine dauernde modernen Landeserziehungsheim in dieser Anstalt feine Spur. siebenprozentige Berzinsung gesichert sei. Die Kurse sind wohl mit Absicht so in die Höhe getrieben worden, um von der Stadt für die Attien einen möglichst hohen Preis herausschlagen. Die Stadt aber, die Vertreterin der Allgemeinheit, sollte den Ertraprofit be­zahlen, der mit der Kurstreiberei erstrebt wurde. So begreiflich das Interesse der Stadt für die Hochbahnaktien ist, es findet seine Grenze an den Berpflichtungen, die die Stadt als Kaufpreis über­nimmt, wenn diese Verpflichtungen für die Stadt untragbar sind. Die Aktionäre verlieren durch die Ablehnung des loyalen Angebots der Stadt nur Geld. Das wird ihnen hoffentlich eine Lehre sein

Forman

Schnupfen

Wirkung frappant!