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Die Geldgeber der SR".

Landbund und Industrielle.

Der Fememorduntersuchungsausschuß des Preußischen Landtages   setzte am Donnerstag in öffentlicher Verhandlung unter dem Vorsiz des Abg. Brandenburg( S03.) seine Untersuchungen mit der nochmaligen Bernehmung des Kriminal­tommissars Dr. Stumm fort. Dieser Zeuge soll sich zunächst gemäß einem Beweisantrage Riedel( Dem.) darüber äußern, ob Feme  mörder innerhalb der Schwarzen Reichswehr  ( S. R.) und ob die G. R. durch Geldmittel, Sachunterſtüßungen usw. von In­dustrieverbänden, dem Reichslandbund und leitenden Mitgliedern der Arbeitgebervereinigung unterstützt worden sind. Der 3euge

bekundet:

Der größte Teil der von der S. R. benötigten Gelder wurde vom Landbund aufgebracht.

Der offiziell in der Leitung des Reichslandbundes tätig gewesene jetzt verstorbene Major Hagemann war der Verbindungs­mann zur S. R. An erster Stelle hat sich der Rittergutsbesitzer v. Oppen für die Beschaffung der Gelder betätigt. Die Geldmittel find ihm, wie er felbft erklärt hat, reichlich zugekommen. Die vernommenen Zeugen haben fast übereinstimmend ausge­sagt, daß das Geld pom and bund, von der Landwirtschaft und der Industrie gemeinsam aufgebracht worden sei. Für die Industrie tam namentlich die Zweigstelle Emaillier- Werke" der Firma Hugo Stinnes   in Hamburg   in Frage. Wenn man die in

Vor den Toren.

Das Volksbegehren in der Umgebung Berlins  .

neben anderen

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Daß das Volksbegehren sich in den westlichen Vororten durchaus nicht überall der größten Beliebtheit erfreut, erscheint fast diejenigen, selbstverständlich. Hier wohnen die unter den Fürsten   zu Titeln und Orden kamen; hier wohnen auch die Leute, die in der Monarchie sich's immer wohl sein lassen konnten, und die stets wußten, wie man sich Beziehungen nad) oben" verschafft. Jetzt kann's ihnen daher auch recht sein, wenn den Fürsten   wieder zu Macht und Einfluß verholfen werden würde, wenn ihnen das Bolt ein Milliardengeschenk machte. Handelt es sich darum, die ungeheuren Summen auch aufzubringen, werden fie sowieso schon verstehen, sich zu drücken. Wir fennen die Mentali­tät dieser Herrschaften, wir werden so leicht nicht ändern. Im Rate haus Nikolassee   ist vom Volksbegehren nicht viel zu merken. Dagegen prangt im Eingangsflur zwischen zwei anderen Wappen­schildern noch der Reichsadler der Monarchie mit 3epter, Reichsapfel und Krone! In Wannsee   muß man zur Einzeich nung ebenfalls ins Rathaus gehen. Hier sind Markierungen deute lich fichtbar angebracht. Es ist nach Arbeitsschluß, eben fommt ein altes Arbeiterehepaar. Nach wenigen Minuten schon verlassen beide wieder das Lokal, strahlend vor Befriedigung. Na, vielleicht

war mit Bedacht gewählt, weil hier der Knall unter der Ueberdachung am stärksten sein mußte. Außerdem ist es auf dem Mittelwege unter der Hochbahn immer ziemlich dunkel. Auch das kam den Verbrechern zugute. Das Publikum, das um die Abendzeit in dieser Gegend immer sehr zahlreich verkehrt, war vor Schreck einen Augenblid fast gelähmt. Die einen dachten an eine Gasexplosion, die anderen an Handgranaten. Alles stob auseinander, flüchtete unter dem Hoch­bahnbogen weg, weil man fürchtete, daß das. Gerüst gesprengt sei und mit der schweren Last herunterkommen werde, und suchte zum größten Teil auf den Fluren der benachbarten Häuser Deckung. Zwei Schupowachtmeister, die zufällig etwa 20 Schritte von dem ein paar Schritte auseinander liegenden Knallstellen, und fanden Laden entfernt auf der Straße standen, liefen sofort nach den beiden, hier die Reste der Kanonenschläge, angebranntes Papier und Bind­faden. Als das Publikum sah, daß sich nichts weiter ereignete, faßte es auch wieder Mut und fam nach der Stelle zurück. Der ganze Vorgang spielte sich in wenigen Minuten ab. Unter den ersten, die auf der Straße wieder heraustamen, befanden sich auch Sinall beinahe betäubt gewesen waren. Erst auf der Straße sahen sie, der Juwelier Bonned und seine Angestellten, die von dem doppelten als sie sich umwandten, daß die Schaufensterscheibe ein großes Loch hatte und daß die beiden Schmuckstücke verschwunden waren. Die anderen Auslagen waren mit Glassplittern besät. Ein Kriminalbeamter, der ebenfalls in der Nähe war, nahm mit den beiden Schupobeamten sofort die Ermittelungen auf, die heute fort­gesezt werden. Bisher ist noch niemand ermittelt worden, der auch nur einen der Verbrecher gesehen hätte. Der Stein, das Papier und und der Bindfaden wurden beschlagnahmt und sollen im Hofe des Polizeipräsidiums ausgestellt werden. Der bestohlene Juwelier hat Schmuckstücke eine Belohnung ausgesetzt. Mitteilungen zur Aufklärung an Kriminalkommissar Moriz im Zimmer 62 des Polizeipräsidiums.

Inflationsgeld im Jahre 1923 durch die Firma Stinnes eingezahl Freie Sozialistische Hochschule auf die Festnahme der Verbrecher und die Wiederbeschaffung der

ten Gelder in Goldmark umrechnet, fommen etwa 5000 M. heraus, die an die S. R. gezahlt wurden. Der Direktor der Emaillier  - Werke Laur gab über seine Verbindung mit der S. R. vor dem Polizei­präsidium folgendes an: Im Jahre 1922 bestand, wie aus allen Beitungen ersichtlich war, die Gefahr eines Poleneinfalls in

Sonnabend, 13. März, 71, Uhr abends, im Sitzungssaal des ehem. Herrenhauses, Leipziger Str. 3, Vortrag des Genossen Prof. Dr. E. Lederer- Heidelberg  :

Oberschlesien   und anderen Gegenden Ostdeutschlands  . Da Die Krise des britischen Weltreichs"

Rüstrin nur etwa 80 Kilometer von der Grenze entfernt liegt, be= mächtigte sich der Bevölkerung Rüftrins eine außerordentliche Nervosität. Mir wurde bekannt, daß Selbstschußorganisa­tionen gebildet wurden, und ich stellte mich in Küstrin   zur Ber­fügung.

Man nahm mich bei der K- Truppe bereitwilligst an.( K- Truppe ist das Arbeitskommando.) Die Leiter diefer Truppe in Küftrin waren Major Buchrucker und Oberleutnant a. D. Schulz. Zur finanziellen Unterstügung der Truppen fühlte sich das Emaillier­mert moralisch verpflichtet. Die Zahlungen gingen teilweise an Buchrucker und Schulz. Ueber die gesamte Zusammenarbeit mit der S. N. wurde die Remmandantur unterrichtet. Der Beuge Kriminalfommissar Dr. Stumm zählt dann die einzelnen Einzah lungen für die S. R. auf, die in Inflationsgeldern geleistet worden find. Es handelt sich um Millionen- und Milliardenbeträge. Der Zeuge verweist darauf, daß bei der Bant für Textilindu­strie ein Bahlmeister der Truppe des Schulz am 15. September 1925 ein Konto eröffnet habe unter der Bezeichnung Wehrfreis­fommando III. Dort zahlten Herr v. Oppen, die Landbund gesellschaft Westhavelland   und Oberleutnant Oppermann ein. Bon den betreffenden Konten liegen Abschriften vor, aus denen sich die Truppen im einzelnen ergeben. Es handelt sich um Posten, wie 21 Milliarden aus Frankfurt   a. D., 17 Millionen aus Stolt, 8 Mil­liarden aus Berlin  , 100 Dollar Schaganweisungen, wofür über 14 Milliarden erlöst wurden. Am 20. Ottober sind 25 milliarden eingegangen. Bei der Bank Burchardi u. Cy. find ebenfalls Bahlungen für Oberleutnant Oppermann erfolgt. Da die Bank in Konturs geraten ist, sind die Bücher von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Aus dem eisernen Bestand der Zitadelle Spandau  foll Oberleutnant Schulz mehrere Zentner Schmalz und andere Lebensmittel erhalten haben.

Von den Deutschen   Werten hat Schulz Origieß- Pistolen erhalten. Schulz verfügte über eigene von seiner Organisation ge­faufte Laftkraftwagen. Die Ergänzung der Bekleidung erfolgte meiſt aus den Beständen der Reichswehr   in Spandau  , ob mit oder ohne Bezahlung ist nicht festgestellt. Generaldirektor Stier  hat 1923 bis zum Rüstriner Putsch 40 Zivilanzüge geliefert an Mit­glieder des Zentralverbandes der Landarbeiter, die Schulz zu ihm fchickte. 1924 hat Stier dann die Lieferung der Deutschen Tracht" aufgenommen und 6000 Anzüge geliefert.

Die Mitglieder der Schwarzen Reichswehr haben Empfehlungs­fchreiben von Abgeordneten, wie Wulle, Kube usw., bekommen, auch von Oberstleutnant Ahlemann. Bon Senden war Berwalter des Klosters Zehdeniz a. d. D. Von dem Gute Merow hat Umhofer den Stahlhelm organisiert. Der Feldwebel Bander war Flurschutzbeamter auf dem Gute, ebenso waren die Gebrüder Klap proth auf einem Gute untergebracht. Thiel und Büsching waren beim Landbund eingestellt.

Berichterstatter Abg. Kuttner( S03.) richtete dann einige Fragen an den Zeugen. Aus der Befragung ergibt sich, daß Hauptmann a. D. Stier der Sohn des Kleiderfabrikanten ist, bei dem Schulz die An­züge bestellt hat. Ob sich an der Finanzierung außer Zaur aud der Generaldirektor Minoug beteiligt hat, ist dem Zeugen nicht bekannt. Auf Weiterbefragung des Zeugen durch den Abg. Dr. Badt( Soz.) macht der 3euge Ausführungen über

die Arbeitskommandos( A.-K.),

die zur Sammlung und Ablieferung der zerstreuten Waffen lager bestimmt waren. Schulz, der Leiter eines solchen A.-R. in Rüftrin, benutte diese Berhältnisse, um sich durch Zusammenstellung jolcher Arbeitstommandos aus zuverlässigen Leuten eine er gebene Truppe zu schaffen. Er vergrößerte diese Arbeits­fommandos über Gebühr, so daß z. B. auf der Zitadelle Spandau  3000 Mann in folchen Arbeitskommandos vereinigt waren. Wenn irgendwelche Kontrollbesuche stattfanden, so sollen die überschüssigen Leute in den Kasernen usw. verstedt worden sein. Darüber werde Regierungsdirektor Dr. Weiß genau aussagen tönnen. Von der Berbergung von Waffen beim Hofprediger Bogel   und Rittergutsbefizer Rähne ist dem 3eugen, nichts bekannt. Abg. Riedel( Dein.) stellt fest, daß im Mai 1922 etwa 33 Mil lionen für die Schwarze Reichswehr   vom Landbund zur Verfügung gestellt worden sind. Damals habe der Dollar auf 280 bis 300 Gold­mart gestanden. Es wäre also ungefähr eine Million Goldmart gegeben worden.

Abg. Obuch( Komm.): Was hat die Untersuchung über die Zu gehörigkeit von Fememördern zur Schwarzen Reichswehr ergeben? 3euge: Die unter dem Berdacht von Fememorden bisher verhafteten und verfolgten Perfonen gehören jämtlich der Schwarzen Reichswehr an. Teils war der Fememord ein örtliches Unter­nehmen, teils find dieselben führenden Personen an mehreren Orten in Fememordangelegenheiten aufgetaucht, wie Büschung und Klapp­roth.

Abg. Obuch( Komm.): Lag nicht eine einheitliche Führung der Schwarzen Reichswehr vor? Haben Sie von einem Oberleutnant Graf Pfunder gehört, der die Beisungen von Schulz zur Ver­wendung der Fememörder erhielt?

Beuge: Jawohl.

Beiter befundet der Zeuge auf Befragen, es sei ihm betannt, daß der Landbund eine besondere Umlage erhob, um die Gelder für Major Hagemann, dem Berbindungsmann des Landbundes zur GR., zu beschaffen. Anhaltspunkte, daß die Gelder des Land­bundes für Mordtaten der SR. benutzt worden seien, habe er bis­her nicht. Abg. Badt( S03.) verweist darauf, nach der Denkschrift des Reichswehrministers Schulz feine dirette Berfügungs gemalt über die Arbeitskommandos hatte, sondern sich mit dem Behrtreistommando III in Verbindung setzen mußte. Der Zeuge erklärt hierzu, daß seine persönlichen Erfahrungen dahin gingen, daß Schulz über die Arbeitstrupps direkte Befehls­gewalt hatte. Dem Range nach höhere Offiziere hätten sich willig Den Berfügungen des Schulz untergeordnet. Die Berhandlungen dauern fort.

Eintrittskarten zum Preise von 50 Pf. im Bureau des Bezirksaus­schusses, Lindenstr 3, 11. Hot 2 Tr, Zimmer 8, in der Vorwärts­Buchhandlung, Lindenstr. 2, im Zigarrengeschäft Horsch, Engel­ufer 24/25, im Tabakvertrieb GEG., Inselstr. 6, beim Verband der graphisch. Hilfsarbeiter, Alte Jakobstr. 5 und in den Vorwärtsspedit.

können wirs den Fürsten   doch noch mal heimzahlen," sagt der Mann, der so müde und abgemagert aussieht, daß man seinen Wunsch schon begreifen kann. Dann erzählt er vieles aus der Ge­schichte seiner" Sozialdemokratischen Partei, die in dem ja auch nicht gerade profetarischen Wannsee   durchaus nicht sonderlich schwach vertreten ist. Aber es ist in diesen Villenvorständen auch nötig, daß unsere Parteigenossen auf dem Posten sind. Denn die Leute in den Billen zwischen den großen Gärten, Barts und Seen machen nicht geringe Anstrengungen, ihre 3ofen, Köchinnen, Hausmädchen, Gärtner und Diener in ihrem Sinne zu beeinflussen. Einen aus­gezeichneten Eindruck, nicht nur in organisatorischer Beziehung, jon­dern auch hinsichtlich des erfreulich starken Besuchs macht das Ein tragungslokal 3 ehlendorf, Anhaltiner Str. 4. In den Abendstunden will sich die Tür faum schließen. Arbeiter, Arbeiter­frauen, Kleinbürger, Beamte sie alle tommen, ihr Tagewert durch die Beteiligung am Boltsbegehren zu frönen. Das Licht im 3immer ist etwas trübe, aber das macht nichts. Für diese Sache würden alle ihre Namen selbst im Finstern schreiben, leuchtet doch jetzt endlich auch das Licht der Aufklärung über die Fürstenschande durch alle Finsternis, die die Lügenpresse der Reaktion stets zu verbreiten verstand.

Südliche Vororte.

In Briz steigert sich die Zahl der Einzeichnungen von Tag zu Tag. Während nur in den ersten Tagen durchschnittlich 300 bis 350 Ginzeichnungen am Tage vorgenommen wurden, hat sich die Zahl in den letzten Tagen bis über 500 erhöht. Von den Genossen wurden sehr viele Einzeichnenden beobachtet, die bei den lezten Wahlen sich noch zu den Rechtsparteien zählten. Insgesamt haben sich in Briz 2261 Wähler eingezeichnet. In Budow, schon mehr eine Landgemeinde, ist der Verkehr in dem Einzeichnungs­lofal fehr rege. Auch hier ist die Durchschnittsziffer der Ein tragungen von 30 auf 50 täglich gestiegen. Die Bartei hat hier eine gute Werbetätigkeit entfaltet. Für die Insassen des Krankenhauses in Budow besteht auch Einzeichnungsmöglichkeit am Vormittag. Gesamteintragung 214. In Rudow   ist die Beteili­gung trog der sehr scharfen Propaganda von rechts ebenfalls sehr rege. Die Wahlziffer der beiden Parteien bei der legten Stadt: verordnetenwahl ist schon jetzt erreicht. Tagtäglich steigt die Durch schnittsziffer. Insgesamt haben sich schon 268 eingezeichnet. Bor allem wird in diesen Orten rege Werbetätigkeit der Laubenkolonisten und Siedler bemerkt.

Die Gegner des Boltsbegehrens arbeiten mit allen Mitteln, um den Erfolg zu hintertreiben. So erschien am Dienstag gegen 6 Uhr abends in der Arminius- Markthalle in der Turmstraße eine Frau, die dort die Leute ansprach und sie aufforderte, sich in ihre Listen einzutragen, dann könnten sie den Gang zum Einzeich­mungslokal ersparen. Es sollen tatsächlich einige Leute dieser Gaunerin ins Barn gegangen fein. Es ift ganz selbstverständlich, daß jeder, der seine Stimme gegen den Fürstenraub abgeben will, sich persön lich im Einzeichnungslokal einfinden muß, um dort seinen Namen einzutragen.

Wildwest in der Danziger Straße.

Der Einbruch mit Kanonenschlägen.

Der raffinierte Anschlag, der gestern abend furz vor Geschäfts­schluß auf den Juwelenladen von Bonned in der Schönhauser Allee   45 derübt wurde, ist auch heute noch nicht weiter aufgeklärt. Die Verbrecher haben ohne Zweifel sich das Schaufenster vorher genau angesehen. Seit pier Tagen waren außer anderen Schmuck­und Wertsachen zwei besonders kostbare Paar Ohrringe ausgestellt, ein Baar Hängeohrringe im Werte von 30 000 m. und ein Paar Boutons, die 15 000 m. fofteten. Die Hängeohrringe trugen zwei mittlere Brillanten von zusammen 7 Karat und darunter mehrere kleinere Brillanten, die zusammen 3 Karat wiegen. Die beiden mitt­leren Brillanten der Boutons wiegen zusammen 4,6 Karat und die fleineren zusammen 2 Karat. Alle Steine haben einen modernen tunden Schliff und einen bläulichweißen Glanz. Diese beiden Stücke haben ohne Zweifel die Verbrecher angelockt. Nur sie hatten sie mit den Etuis aus der Auslage durch das zertrümmerte Schaufenster herausgerissen und mitgenommen.

Zur Ablenkung des Publikums dienten, wie wir heute früh schon mitteilten, zwei Kanonenschläge, die turz hinterein­ander fielen. Den gewaltigen Knall benutzten die Einbrecher, um das Schaufenster mit einem schweren Stein, den sie in einen Lappen ein­gewickelt hatten, zu zertrümmern. Der Krach der Kanonenschläge mar so start, daß die Leute im Laden von Zertrümmerung der Scheibe nichts hörten, zumal da die Umwicklung des Steines das Geräusch des Wurfes start dämpfte. Das freisrunde Loch mißt etwa 30 Zentimeter im Durchmesser. Es liegt gerade in der Höhe der ausgestellten Ohrringe. Der Verbrecher, ber den Stein warf, brauchte nur rasch durchzulangen, um sich in einem einzigen Augen­blick der beiden Schmuckstücke zu bemächtigen. Bevor das Publikum sich von dem ersten Schred erholt hatte, fonnte er mit der Menge, die auseinanderstob, verschwinden. Wie die Kanonenschläge an der Echnur angezündet und fallen gelassen worden sind, hat nach den bisherigen Ermittelungen niemand gesehen. Ob ein Feuerwerker" oder zwei tätig maren, läßt sich nicht sagen. Die Stelle unter dem Hochbahnbogen gerade gegenüber dem Juwelierladen

Zur Abwehr von Ausschreitungen. Die Schuhpolizei in besonderer Bereitschaft. Der Polizeipräsident teilt mit:

,, Ungeachtet meiner Warnungen Dom 6. Februar stören in letzter Zeit radaulustige Elemente, darunter auch Angehörige des Roten Frontkämpferbundes   und des Roten Jung­sturmes in Gruppen und einzeln die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit durch Ueberfall auf andere Denkende und Beamte der Schußpolizei in einer Weise, die nicht geduldet werden kann und mir zu folgenden weiteren Maßnahmen Veranlassung gibt: Die Schußpolizei wird, gegebenenfalls unter vorübergehender Hintan­schung anderer Aufgaben, bis auf weiteres in besonderer Bereitschaft gehalten, und ständig werden starte Strei fen auf Kraftwagen die betroffenen Stadtteile durchfahren; zahl­reiche Kommandos zu Fuß und zu Rad werden unterwegs sein. Das Stoverbot bleibt selbstverständlich bestehen und wird, cbenso wie das Verbot des Waffentragens bei Ver­anstaltungen unter freiem Himmel und geschlossenen Räumen, streng durchgeführt. Gegen Zuwiderhandelnde und Ruhe­störer wird mit rücksichtsloser Energie vorgegangen. Sie werden festgenommen, in das Polizeipräsidium eingeliefert und ihrer ge­richtlichen Strafe zugeführt."

Der neue Bothmer- Prozeß.

Wegen schwerer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug hatte sich heute die Gräfin Ellinor v. Bothmer vor dem Potsdamer Schöffengericht zu verantworten. Neun Beugen sind geladen, darunter der frühere Potsdamer Staatsanwalt D. Pezinger, der nicht erschienen war und angibt, tranf zu sein. Die Berteidigung haben Rechtsanwalt Bahn und Brandt­Berlin übernommen. Die Berteidiger brachten einen Ablehnungs­antrag gegen den Vorsitzenden ein und begründen den Antrag dahin, daß der Vorsitzende gegen die Angeklagte voreingenommen sei. Die Differenz des ersten und zweiten Urteils spreche dafür. Auch sei die Angeklagte vom Vorsitzenden in der ersten Berhand­lung mit Frau v. Bothmer" anstatt mit Frau Gräfin" angeredet worden. Darauf wurde um 10 Uhr die Verhandlung vertagt, um über den Antrag der Verteidigung Beschluß zu fassen.

Bom Gerüft geftürzt. Heute vormittag gegen 10 Uhr stürzte der 30 Jahre alte Maurer Bruno Kneiding aus der Borussia­straße 50 vom Gerüst in der Königgräger Straße 118 aus beträcht licher Höhe ab. Er blieb bewußtlos liegen. Ein Wagen des Städtischen Rettungsamtes brachte den Berunglückten nach dem Urbanfrankenhaus, wo ein schwerer Schulterbruch und innere Verlegungen festgestellt wurden.

Rechtskräftig gewordene Handelsverbote. Der Polizeipräsident teilt mit: Im Monat Februar 1926 sind folgende Handelsverbote rechtskräftig geworden: 1. Kaufmannsehepaar Friß und Anna Schadewitz, Berlin  , Eldenaerstraße 9, wegen Hehlerei; 2. Mol­fereibefizer Hermann Spefowski, Berlin  , Schwedter Straße 34a, wegen Nahrungsmittelverfälschung; 3. Schankwirt Rudolf Hölzig, Berlin  , Warschauer Straße 48, zurzeit Biegenhals, Kreis Beeskow- Storfom, wegen fortgesetter Hehlerei. Wegen Verstoßes gegen die wirtschaftlichen Bestimmungen sind 109 Berwarnungen erteilt worden.

Ein erledigter Hungerkünstler. Herr Jolly, der Hungerkünstler, hat bekanntlich Nachfolger gefunden. Diese Hungerschauveran staltungen treten fast epidemisch auf. So hungern augenblicklich bret, pier Leute sportlich in Berlin  . Nichtsportlich hungern allerdings weit mehr. Einer dieser Herren, Eric, der sich in der Linden­passage in einem Glaskasten versiegeln ließ, ist gestern Nacht nach fiebentägigem Hungertraining aus seinem mageren Gefängnis aus­gebrochen. Gegen Mitternacht vernahm der Manager des Eric ein beftiges Klopfen an den Glasscheiben und rief sogleich von der nächsten Rettungswache einen Arzt an. Nach Deffnung des Glas­tastens wurde Eric gründlich untersucht und eine vernachlässigte Ballenblasenentzündung festgestellt. Der Manager schrie 3eter und Mordio und auch Eric protestierte heftig, der Arzt jedoch ordnete die sofortige Unterbrechung des Hungersports an.

Der Kirchenaustritt in Berlin   wie überhaupt in einer Großstadt ist für den Arbeiter schon deswegen immer mit Schwierigkeiten verbunden, weil der Weg zum Amtsgericht und die Abfertigung dort so viel Zeit in Anspruch nimmt, daß immer so ziemlich ein Tageslohn dafür eingebüßt wird. Aus diesem Grunde ist eine Ein­richtung fehr zu begrüßen, die die Arbeitsgemeinschaft der frei­geiftigen Berbände der deutschen   Republi!, Ortsgruppe Berlin  , ge­troffen hat und durch die der Kirchenaustritt gegen eine sehr mäßige Gebühr in den Abendstunden durch einen Notar vorgenommen wird. Diese notariellen Sprechstunden finden jeden Dienstag und Freitag, abend von 7-8 Uhr, in den Räumen des Vereins der Freidenfer für Feuerbestattung E. V., Berlin   NO. 18, Friedenstr. 60( Baden) statt. Wie wir hören, sind diese Sprechstun den schen von vielen Tausenden besucht worden.

Das Seminar für Bodenreform( Berlin   NW. 23, Lessingstr. 11) Der Arbeitsleiter, Direktor erfreut sich einer regen Teilnahme. Mar Knorr, läßt es sich angelegen sein, hervorragende Männer der Bragis zum Worte tommen zu lassen. Am 12. März, abends 8 Uhr, spricht Stadtrat Möllenhoff, Frankfurt   a. d. D., aus seiner praktischen Erfahrung über mittelbeschaffung für den Wohnungsbau und Kulturaufgaben ohne Be­Am darauf folgenden Freitag, den Taftung der Arbeit. 19. März, abends 8 Uhr, spricht der zweite Vorsitzende des Bundes Deutscher Bodenreformer, Geheimrat Erman, über das Boden­reform gefeß. Gäfte haben zu diesen Vorträgen unentgeltlich Zutritt.