Nr. rn ♦»z.�ahrgaag
1. Heilage des Vorwärts
Kunst- unö Schulüebatten im Rathaus
Di« Berliner Stadtverordnetenversammlung hotte gestern eine lange Sitzung, die reich an Erörterungen von Kulturfragen war. In dem Streit um die Kunstausstellung auf dem Wedding war der Deutschen Bolkspartei die Rolle einer Hüterin der Unkultur zugefallen. Ihren Versuch, die Aus. stellung als verhetzend zu denunzieren und den Magistrat gegen das Bezirlsamt Wedding aufzuhetzen, wies Genosse Flatau nach- drücklich zurück. In der Begründung einer sozialdemokratischen Anfrage wegen der Nichtbestätigung des Genossen Dr. Reiter, den das Bezirksamt Kreuzberg zum Direktor der Arndt- Realschule gewählt hatte, rechnete Genosse Dr. Witte mit dem Stadtrat Benecke ab. Herr Ben« ck e. der jetzt leider das Amt des Stadtschulrats als Platzhalter verwaltet, mühte sich erfolg» los, sich und den Magistrat zu verteidigen. Zu der aus dem Ausschuß zurückkommenden Borlage über die Schaffung eines Stadt- amtss für Leibesübungen begründete Genosse Dr. Loh- mann die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion, die für die Förderung der Leibesübungen jederzeit eingetreten ist. Den Kom- munisten S e l l h e i m, der sich in sinnlosen Angriffen erging, fer» tigte unser Genosse Dr. Kawerau ob. E» soll noch eine dritte Lesung stattfinden. « ?n der gestern abgehaltenen Stadtverordnetenversammlung ver- las der Vorsteher, Genosse Haß, zunächst eine Vorlage des Magistrats zur Kenntnisnahme, in der der Magistrat mitteilt, daß er allen Beschlüssen, die am vorigen Donnerstag in bezug auf die Durchführung des Volksbegehrens gefaßt wurden, beigetreten sei. Damit hat der Magistrat den Bemängelungen der Linksparteien an den Anordnungen und Unterlassungen des deutschnationalen Wahlleiters. Dr. Richter, stattgegeben. Bon unserer Fraktion ist folgender Dringlich. keitsantrag eingebracht: „Der Magistrat hat laut Zeitungsnachrichten zum Vertreter der Stadt Berlin� für den R« i ch s r a t Herrn Bürgermeister Dr. Scholtz gewählt. Diese Wahl in eine politisch« Körperschaft widerspricht der Ansicht der in ihrer überwiegenden Mehrheit republikanisch gesinnten Bevölkerung Berlins . Die Stadtverordnetenversammlung ersucht den Magistrat, diese Wahl so bald als möglich rückgängig zu machen." Die Rechte widersprach der Dringlichkeit, so daß der Antrag erst in einer der nächsten Sitzungen oerhandelt werden kann.— Zur Behandlung stand dann zunächst«in« Anfrage der sozial» demokratischen Frattion wegen der N i ch t b e st ö t i g u n g des Studienrates D r. Reiter als Direktor der Arndtrealschule. Genosse Dr. Wille zerpflückte die Angriffe, die seinerzeit gegen Dr. Retter von einem Teil der Rechtspresse vorgebracht wurden. Es ist festgestellt worden, daß diese Angriffe von dem Vorsitzenden des Elternbeirats der Arndtschule aus- gingen, und dieser Vorsitzende hat später zu Protokoll erklärt, daß er die Behauptung gegen Dr. Reiter nicht aufrecht- erhalten könne. Der Magistrat hat. aller bisherigen Uebung zuwider, ohne das zuständig« Bezirksamt Kreuzberg nach seiner Ktdlung� zu befragen oder zu benachrichtigen, dem Minister für Künst, Wissenjchast und Volksbildung die Nichtbestätlgung empfohlen. Rad) den Ausführungen des Genossen Dr. Witte hat der oolksparteilich« Stadtschul rat Benecke eine merkwürdige Rolle m der Angelegenheit gespielt. Jedenfalls steht ' unsere Fraktion auf dem Standpunkt, daß der Magistrat sofort die B« st 2 t i g u n g beantragen müsse.— Als Sprecher des Magistrats konnte Stadtschulrot V«necke nicht überzeugen. Nach längerer Aus» spräche war die Anfrag« erledigt.— Die Deutsche Bolkspartei hatte entdeckt, daß die vom Vezlrksaml weddlng veranstallele Sunstausstellung sin der Künstler wie Kollwitz , Baluschek , Groß, Dix u. a. die Schilderer des Großstadtelends, ausgestellt haben), geeignet sei, „dieBeoölkerungzuverhetzen". Der Magistrat wird ge- fragt, ob er ähnliche Ausstellungen in Zukunft zu verhindern gedenke.
Aus der Begründung des Volksparteilers Dr. Eafparl war zu ent° nehmen, daß ihn die ausgestellten Elendsbilder geärgert haben. Er war so gnädig, den Künstlern die Auswahl ihrer Darstellungs- gegenstände nicht übelzunehmen, vom Volksbildungsomt aber ver- langte er eine andere Betätigung als die Betreibung der„Volks- Verhetzung". Der Oberbürgermeister meinte, daß nach der Qualität der ausstellenden Künstler auch auf die künstlerische Qualität der Bilder und damit der Ausstellung selbst geschlossen werden könne. Auf jeden Fall ist es schwer, in öffentlichen Körperschaften über Kunstfragen zu debattieren. Im Namen unserer Fraktion hielt Genosse Alalau der anfragenden Volkspartei und im besonderen ihrem Herrn Dr. Caspar! den Spiegel vor. Es komme Ihm so vor, als ob Herr Dr. Cafpari der Sachverständige seiner Fraktion für Kunst moral und sittliche Entrüstung sei. Für uns ist es allerdings verständlich, daß der Fraktion der hundertprozentigen Reserveossiziere das, was ausgestellt war, unan- genehm in Erinnerung ist. Die Bilder von den Kriegsgreueln, vom Schlemmerleben der Etappenoffiziere, sind zwar von einer der Rechten unangenehmen Tendenz, ober die Volkspartei wird sich das schon gefallen lassen müssen. Dr. Caspari hat nicht mit einem Wort eine Kritik der ausgestellten Bilder versucht, dazu fehlt chm offenbar das Verständnis, sondern er hat in einseitiger Weise dem Voltsbildungsamt Wcdding die Absicht der Verhetzung unterstellt. Im gewöhnlichen Leben nennt man das Demo» g o g i e..Am 1k. Februar schrieb«ine Zeitung, die allerdings nicht zu den in der Ausstellung ausgelegten gehörte(Dr. Caspar! nannte die angeblich ausgelegten Zettungen der linken Parteien„schlechte" Blätter!):„3)ie auf idealistischer Basis aufgebaute Ausstellung ist ein Stuck lebendiger Kunst- g e s ch i ch t e____ I* Diese Zeitung war der— Lokal-Anzeiger.(Große Heiterkeit.) Ich frage Herrn Caspari, rief Genosse F l a t a«, ob der Lokal-Anzeiaer auch ein.schlechtes Blatt" � war, als er vor zwei Jahren die mehr als mangelhafte Amtsführung des damaligen Vorstehers Dr. Caspari guthieß. Im Schäneberger Rat- haus sind von dem dortigen doutschnationalen Bürger- meister schon eine ganze Anzahl von Kunstaussiellungen eröffnet worden, die die gleichen Bilder hatten als die auf dem Wedding gezeigten. Die Anfrage der Doiksparteiler hat keinen anderen Zweck, als in demagogischer, oerhetzender Weise da» Bezirksamt Wedding anzugreifen. Der volksparteilichen Fraktion riet Genosse Flatau, nach den Erfahrungen, die sie mit ihren bisherigen Sprechern und Führern gemacht habe, sich endlich einmal mtt der Wahrung ihres Ansehens zu befasien.(Lebhafter Beifall.) Nach weiteren Ausführungen der Stadtverordneten Hoff- mann-Gewinner(KPD .), und nachdem Stadtverordneter Dr. Caspari in ziemlich erregter Form bewiesen hatte, daß die Aus- führungen Flataus gesessen haben, war die Anfrage erledigt.— Die Versammlung wandte sich dann der Beratung der Vorlage be- treffend die Bildung eines Siadkamtes für Leibesübungen zu. Nach den Beschlüssen des Ausschusses sollen dem Stadtamt auch das Schulturnen und wettere Gebiete der Schultörpererziehung an- gegliedert werden. Genosse Dr. Lohmann: Bei der Frage der Bildung eines Stadtamtes für Leibesübungen mußte die sozialdemokratische Fraktion das FL r- und Wider sorgsam abwägen. Den. Sozial- demokraten ist dafür mongelhoste Förderung des Sportes und der Leibesübungen vorgeworfen worden, obwohl wir die einzig« Partei waren, Jue bei der Beratung des vorjährigen Etats die Schaffung eines Stadtamtes für Leibesübungen forderte. Wir er- beben fetzt aber Protest dagegen, daß man das Stadtamt mtt allerlei Aufgaben b e l a st e n will, die ihm nicht zukommen. Das Schul- turnen und das medizinisch« Bäderwesen gehört seiner ursprünglichen Bedeutung nach nicht in dieses Amt. Wir haben ein ausgezeichnetes Gesundheitsamt, dem wir seine Zuständigkeiten nicht nehmen wollen, und wir können auch die Erziehungsaufgabev der Schule nicht durchlöchern. Das ist auch die Stellung der berufenen Vertreter des Arbeitersports, die Loh- mann ausdrücklich mit der Abgabe einer dahingehenden Erklärung beauftragt haben. Jahrelang kämpft die Sozialdemokratie um das Stadtamt, und jetzt hat es den Anschein, als solle man wieder von vorn beginnen. Die Sozialdemokraten sind wohl für ein Stccktamt
m(vnkel Moses. Roman von Schalom Asch . Mascha irni» Charlie gingen von cmem Zauberpalast zum andern. Ihnen erschlossen sich die Geheimnisse Indiens , die Mysterien Aegyptens und die verborgenen Kräfte des weiten Zauberlandes Arabien . Sie glaubten, in der Zeit der Märchen von Tausendundeiner Nacht zu leben, da der Seeweg nach Indien noch nicht gefunden war, sie meinten, in den Zauber- ländern des alten Orients zu sein. Sie sahen die Tempel von China , die Tänze Indiens , und indische Prinzen weissagten ihnen ihre Zukunft, die Alodins aus Arabien «rgötzten sie mit ihren Zauberkünsten. Ueberall herrscht« die Pracht und der Glanz des geheimnisvollen alten Orients. Als sie die ZauberpalSste verließen, waren beide wie betäubt. Sie setzten sich auf zwei Pferde, die mit reichgestickten Mänteln bekleidet waren, wie die Rosse arabischer Scheichs. Große Edelsteine, helle Brillan- ten, rote Rubine, grüne Smaragde, blaue Saphire, von gefangenen Prinzessinnen und in der Schlacht gefallenen Kalifen erbeutet, waren auf die Manteldecken der Tiere auf- genäht. Die Pferde entstammten der edlen arabischen Rasse, der Bröl ein wehte aus ihren bebenden Nüstern, und Schaum lag auf ihren feingeschnittenen Mäulern. Ein Prinz und eine Prinzessin saßen Hand in Hand auf hen Rossen, Mascha und Charlie, und vor ihnen saßen andere Prinzen und Prinzes- sinnen: aber in dem reichgeschnitzten Wagen saßen sein« Königs- kinder und trieben die Pferde an. So sagte eines dem anderen nach, und dach konnte keines dos andere erreichen. Wohin reiten die Prinzen? Ins Traumland, in die ewige Freude, in die Jugend. Eine Minute dauert der Ritt. Die Pferde sind aus Holz, der Weg ein Kreis. Doch was macht das? Die Wirklichkeit dauert eine Minute, doch ewig ist der Traum. Und dann sitzen Mascha und Charlie in der Schaukel. Sie erhebt sich in die Lüfte, hoch und höher. Der weite Himmel enthüllt sich ihnen, und Coney Island mit seinen Millionen Menschen und das Meer von Wasser- und Menschenwogen siegt zu ihren Füßen. Sie steigen hoch empor— plötzlich fallen sie jäh in ein tiefes Tal kopfüber in einen Abgrund, Wasser zu ihren Füßen, den Tod vor Augen. Doch wieder schweben sie in die Höhe, doch, höher, vergessen das Leben, vergessen die Welt. Betäubt von solchem Zauberwesen, schweben sie auf ein- mal ig gelb-violetten Wottep« welche die Wunderstadt ein-
I hüllen, daß sie aussieht wie ein phantastischer Traum. Coney i Island ist zu einem Flammenmeer geworden. Lichtströme stürzen aus den Häusern, aus den Türmen, von den Dächern. Lichträder kreisen über den Türmen, jagen aus den Häusern hervor, schweben in der Luft: über der Welt scheint der Himmel näher herangerückt, das Licht der Sterne, der Pla- neten und Kometen näher gekommen zu sein. Coney Island hat sich in einen Traum, in eine Märchenstadt verwandelt. die aus den Kinderbüchern aufgestiegen ist. Die Kinderjahre sind wieder auferstanden, und alles ist wahr geworden. Alle Kindergeschichten haben sich als richtig erwiesen. Und die Menschen, die erwachsenen Menschen leben das Leben der Kinder, haben eine Kinderstadt aus den Märchenbüchern be- lebt und leben in ihr. Ueber Coney Island hängt rötsich- goldener Nebel, und alles schwebt in ihm. schwankt wie trunken hin und her, in der Betäubung des Traumes. Aus den Läden dringen Ströme von Licht, rote und gelbe. Die Läden sehen aus wie große Kinderhäuschen, und vor ihnen stehen große geschnitzte Puppen, halten Trom- peten in den Händen und blasen darauf. Eine große Puppen- dame, wie eine Königin in Gold und Silber gekleidet, steht vor der Puppenmusit und schlägt den Takt. Andere Puppen sitzen auf Puppenpferden und reiten, zwischen ihnen jagen Menschen hin und her. Die Menschen sehen aus wie Puppen, schwanken von einem hellerleuchteten Laden.zum anderen, nehmen sich dort, was sie wollen, essen, trinken, spielen, tanzen — das Licht strömt immer weiter auf die Straße, sie ist voll Licht, alles kommt in Bewegung, schwankt: es ist, als ob die Kinderwell zum Leben erwacht wäre, die Zauberwelt der Kinderjahre. Alles, alles, die ganze Well ist wieder Kind geworden— großes Kind. Wir alle spielen wie Kinder, haben uns wiedergefunden in der Kinderwelt, die Coney Island heißt. Als Mascha und Charlie im Omnibus saßen und heim- fuhren, erwachten sie erst allmählich aus dem Traum, in dem sie gelebt hatten, und erschienen sich wieder fremd. Mascha hatte dos Gefühl, als hätte ihr jemand eine Schlinge um den .Hals gelegt. Charlie schien es, als habe er den ganzen Tag Unsinn geredet. Wozu? Wofür? Und doch fühlten beide, daß sie etwas zusammen erlebt hatten, etwas, was sie für einen Augenblick einander sehr nahegebracht hatte und nicht mehr ausgelöscht werden konnte— die Erinnerung an einen an- genehmen Traum durchschwebte ihren müden Geist. Sie und alle Passagiere im Wagen warfen einen letzten Blick auf Coney Island . Bon weitem sah die Insel wie eine merk- würdig« Naturerscheinung, wie ein Wunder aus. Hohe,
Jeettag, 12. NSrz 7926
für Leibesübungen, aber sie wollen es nicht mit Aufgaben belasten, die es seinem eigenttiche» Arbeitsgebiet entfremden würden. Ge- nosse L o h m a n n brachte eine Reihe Abänderungsantrage im Sinne seiner Ausführungen ein.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)-- Der Kommunist Sellheim gebärdet« sich entsetzlich arbeitersport- freundlich und rempelte zum Gaudium der Rechten die Sozialdemo- traten an. Nach ihm brachte der Demokrat Zobel ebenfalls einige Abänderungsanträge ein.— Stadtmedizinalrat Dr. Drigalski ver- teidigte gegenüber Angriffen die Schl-ehung der Flußbadeansialtcn. Die Schließung sei durch Verschmutzung der Flußläuse begründet. Genosse Kawerau betonte gegenüber den Kommunisten, daß die SPD. niemals ein Stadtamt für Leibesübungen grundsätzlich abgelehnt habe. Wenn sich die Arbeitersportler nach einem Jahre die Funktionen des nach den Wünschen der Kommunisten ein- gerichteten und arbeitenden Stadtamtes bei Lichte besehen werden, wird Ihre Freude nicht gerade groß sein. Es wird vieles anders werden, als man jetzt erwartet, und es kann leicht ein großer Katzen- jammer kommen. Die Sozialdemokratie sieht diese angedeutete Ent- wicklung voraus, während sich Sellheim und die Kommunisten ledig- lich von agitatorischen Gesichtspunkten leiten lassen.—> Bei den nun folgenden Abstimmungen wurden die T n r n � hallen und die Schwimmbäder aus dem Bereich des Stadt- amtes herausgenommen, während Freibäder und Außen- spiel- und Sportplätze darin oerbleiben. Angenommen wurde ferner ein Antrag, die städttschen Anstalten während der Zeiten dem Stadtamt zur Verfügung zu stellen, in denen sie nicht vom Publikum benutzt werden. In die Verwaltung des S t a d t a m t e s sollen auch Vertreter der Arbeitersport- organisationen aufgenommen werden. Nach der Annahme dieser Bestimmung erklärte Zobel(Dem.) vor der Abstimmung über die Gesamtsatzungen, daß seine Freunde nunmehr kein I n t e r- esse mehr an einem solchen Stadtamt hätten: ss« be� antragten ein« dritte Lesung. Obwohl darauf das Gesamt- statut von Sozialdemokraten und Kommunisten ange- n o m m e n wurde und damit das Stadtamt gesichert war. stimmten die Kommunisten unter der glorreichen Führung ihres Herrn GoßmitderRechtenfürdiedritteLesung Wenn die Sportler und die arbeitende Bevölkerung nun wieder noch eine geraume Zeit ans das Stadtamt warten müssen, so können sie sich bei den.einzigen Arbeitersportfreunden", desi Kommunisten, dedanken. Wer weiß, wie die Anträge aus- sehen werden, die jetzt von den bürgerlichen Parteien gestellt wer- den? Das Ganze nennen die Kommunisten„Förderung der Leibes« Übungen— Hilfe für den Arbeitersport?"
Ter neue Bothmer-Prozeß. Im Laufe der gestrigen'Verhandlung kam es, als der Zeug«, Landgerichtsrat llngewitter, vernommen werden sollte, warum er die Tochter Rleks, Frau Jahns, in Polen nicht vernommen babe, zu sehr erregten Zusmvmenstößen. Staatsanwalt Gerlach:„Die An- geklagt« hat fa alles getan, um di« Vernehmung der Frau Jahns z« verhindern." Angeflcigte(auf den Tisch schlagend, erregt):„Das Ist eine Lüge!" Staatsanwalt:„Wenn ein« Arbeiterfrau sich so benehmen würde, so würde ich eine Ordnung? st rase be- antragen. Bei Ihnen verzichte ich." R.-A. Bahn:„Das ist s a die krasseste Klassenpolitik. Der Herr Tlaotsanwolt unterscheidet also bei den Angeklagten zwischen Arbetterfrauen und Gräfinnen. Offenbar will man bei der Gräfin die Behandlung wieder zur Anwendung bringen, die in der ersten Instanz bereits beliebt war." Ueber das Gesamtergebnis des gestrigen Tages ist folgende«'� mitzuteilen. Der Antrag der Verteidigung, den Lorsitzenden, Landgerichts- direktor Dr. Westerkamp, als besangen anzusehen, wurde abge- lehnt. Die Anklage wirft Frau Bothmer vier Betrugs sä ll« vor, begangen an dem Landrat Riek in Reppen, Rechtsanwalt Kümpf-Charlottenburg, Notar Beuthner-Berlin , dem Präsidenten Riek, und an der Frau Regierungsrat Meyer-Nowawes. Von diesen Personen hat sich die Gräfin auf einen gefälschten?Jrief der ver- storbenen Präsidentin Riek größere Summen verschafft. Unter anderem hat die Angeklagte sich für einen Grabstein der Präsidentin Geld verschafft, die erhaltene Summe von 4Ül> M. aber für sich verwandt. Bei der Vernehmung gibt Frau Bothmer zu, die Unter- schrist der katholischen Krankenschwester Hronima selbst geschrieben zu haben. Im Laufe des Rachmittags wurde Frau Landrat Jahns, eine Tochter des Präsidenten Riek, die sich zurzeit in Polen aufhält,
flammende Türme ragten einer neben dem anderen in die Höhe. Feuerspeiende Räder kreisten in der Luft und schweb» ten auf wunderbare Weise im Raum. Stolz und eigenartig schön, als wären sie nicht von dieser Welt, ragten die flammenden Türme über den flammendes Häusern empor, wie Türme helliger Göttertempel, die vom Himmel gefallen sind. Die Räder m der Luft der hellen Gassen, die flammenden Spitzen der Türme sahen aus wie Stätten der Götter, wie ein Mekka , wie ein Jerusalem . Ihr majestätischer, wundervoll-hciliger Glanz zog mächtig an, und jedermann segnete in seinem Herzen die heilige Wunderstadt Coney Island , dankte der heiligen Wimderstadt, die Millionen Menschen Freude, Sesigkeit und Spiel bringt... 11. Die Braut sagt nein. Maschas Eltern waren bereits unruhig, daß Mascha von ihrem Ausflug nach Coney Island noch nicht zurückgekehrt war. Es war schon spät, der Tisch zum Abendessen gedeckt. Die geschlissenen Gläser, welche Aarons Frau zum Schmuck der Wohnung gekauft hatte, seit es ihr gut ging, funkellcn im Glasschrank. Maschas Mutter Rosa saß ungeduldig am Tisch, klopfte bald mit der Gabel an einen Teller, bald rückte sie ein Besteck zurecht und murmelte dabei: „Da host du es, Coney Island ." Aaron stand ohne Rock am offenen Fenster und spähte ungeduldig nach Mascha aus. Die Unruhe seiner Frau machte auch ihn uervös. Obwohl es nichts Außergewöhnliche» war, daß Mascha sich verspätete, so regte es Maschas Eltern doch auf. Sie erregte jede Kleinigkeit, welche Mascha betraf. Es war dieselbe Unruhe, welche der Besitz eines Schatzes ver- ursachte. Aaron wandte den Kopf von, Fenster und brummte: „Rosa, laß mich in Ruhe, Rosa!" Die anderen Kinder waren nicht da, sie wohnten im Sommer auf dem Lande. Nur die Eltern waren mit Mascha in der Stadt geblieben wegen der Aussteuer. Es war kurz vor Maschas Hochzeit. In solchen Fällen sind die Eltern immer um die Braut sehr beunruhigt— und in diesem Falle war die Braut Mascha. „Wohin ist sie gegangen, Rosa?" Rosas Unruhe übertrug sich bereits auf Aaron. „Ich habe dir doch schon gesagt, nach Coney Island . Sie hat baden wollen." „Und mit wem ist sie denn nach Coney Island gegangen, Rosa?" „Was fragst du? Weißt du es denn nicht? Sie hat doch angerufen, daß sie mit Charlie nach Coney Island geht." ....(Fortsetzung folgt.) J MMUpPpi-M s-«--:*-■