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1« Heilage ües Vorwärts
vieastag, 25. März 1926
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Hat man diese Alten vergessen in der Hast des Alltags? Weiß man es nicht, wo die Not in grauen Stuben hockt, aus leeren Ecken. schwarzen Mäulern ungeheizter Oefen grinsend? 0, man denkt an sie, wirkt für sie, unermüdlich helfend, das Aeußerst» fernzuhalten. Es sind runde Summen, die aus dem Säckel der Stadt und de« Staates in die zittrigen Hände gelangen, abgesehen von den Renten, dem Zehrpfennig eines arbeitsreichen Lebens. Viel zu wenig ist es, au to unendlich viele aufgeteilt Und wenn dann auch für die allerbefcheidensten Ansprüche gesorgt Ist, wenn e» dazu langt, immer wieder den grollenden Magen zu befriedige», selten reicht e, für Heizung und für Licht. Vle Helme entstaaöea. vor etwa zwei Jahren, in den Nöten der JnflaSonsfolge», ent- standen die Rentnerheime, erst wenige, dann mehr, eins oder zwei im Bereich der Bezirksämter, und dehnten sich unter dem steigenden Zuspruch. An«inen Raum, in dem die Bezirksämter je ihr« ersten Schützlinge sammelten, ist längst eine Flucht von Zimmern ange» schlössen worden, denn aus den ersten 20, 30 sind 100, 120 geworden. Verschieden ist ihre Geschichte, wie sie geworden sind, gleich waren überall die Schwlerigkeilen. Räume zu heimischen Stätten zu wau- deln, wohltuende wohnlichkelt hineinznzanbern. Zu dem von der Nachlaßverwaltung gestellten Mobiliar, Tische, Stühle, Sofas, Bil> der, kam da ein Sessel, dort Blumen und Geschirr, für die Küche Töpfe und Löffel hier, von Prioathand gespendet. Rührig sind über» all Hilfsbereite tätig, die in einem selbstlos gewählten Pflichtentreis nicht müde werden, immer neu» Mittel und Möglichkeiten für An- nehmlichkeit und wohliges Behagen ihrer Pfleglinge zu schaffen, Sonderwünsche erfüllen ju können. Wie beleben sich die zerfurchten Wangen der Bet'euten, wenn sie erzählen von den überraschenden Zugaben zu Wärme und Licht, von Richtigkeiten im Lichte de» All- tag«, die an diesen Stätten zu Ereignissen wuchsen. Sie erzählen, wie man zu dem programmäßigen Kakao einmal belegte Brote, dann ein Würstchen, dann wieder Gebäck gereicht hat. Man entsinnt sich schlichter Feiern diesem oder jenem zu Ehren; eine goldene Hochzeit in solcher Gemeinschaft, im vergangenen Jahre abgehalten, ist immer noch, noch lange wohl Gesprächsstoff für die Abendstunden. Sie haben schon alle ihre Erlebnisse, die Heime und die Menschen als ihre Gäste— auch unfreundliche. Es kommt aber selten vor, daß Zwietracht den Ton stört, den gleiches Wünsche» i» gegenseitiger Rücksichtnahme gestimmt hat.
Gespräche aus vergangeuer Zeit. Wen» es< Uhr ist, sind die Pünktlichen schon da, st« suchen dann und bedächtig ihren Stuhl, ihr Sofaplätzchen, legen die Hände i» Schoß und warten auf den Nachbar für die Abendstunden. IDenn es 5 Ahr ist, haben sich die lisch«»msäumt mit plaudernde» Alten, weißen, grauen. In wenigen Händen klappert noch da» Strickzeug zu den stockenden Reden, mit denen man Zueinander dt« Brücke schlägt. Da ist ei» Alter, mit wallendem Weißhaar, mit flinken Auge» im«ingefallenen Gesicht,«r weiß viel zu erzählen für den kleinen Kreis, der sich um chn schließt. Do ist ein ganz Alter. neunundachtzig, er liest Gedichte. Gedichte,»ach sreudezlllernde» Stunden erdacht, von schaffensfreudigen Händen säuberlich geschrie» den— lange ist es schon her und der Hauch einer fremden Zeit weht au» ihnen. So wunderlich zeitsremd all die gebückten Gestalten an- muten, so zaubern auch ihre Reden Gestalte» und Dinge voll fremder Eigenart de, längst vergessenen herbei. Man hört förmlich den guten alten Omnibus durch die holprigen Straßen Berlins klappern; die Hasenheide wird wieder zum Ausflugsort, der die Berliner des Sonntags vor die Stadt lockt«, funzlige Lampen beleuchten trüb« winklig« Straßen mit niedrigen Häusern und dunklen Höfen, ein« Zeit wacht au«, wo noch Taler. Groschen und Dreier das Wort führ- ten, Geschehnisse werden lebendig, von denen sie in ihren Kämmerchen und Stube» träumen. Das sind meistens die Frauen, die solche Schätze der Erinnerung ausbreiten— und da sie in der Ueberzahl sind, schaffen sie diese Atmosphäre, dt« ihnen für die Abendstunden die Wangen rötet.-- Ach, damals! Wo sich, wie in den meisten Heimen, ein Rauchzimmer befindet, lagern dick« Wolken über den weißen Köpfen, Tabakdüft« verbreitend. Weise Fürsorg« hat dieses Zimmer mit kleinen Tischen ausgestattet, so für drei, vier Mann zu einem soliden Dauerskat. Wenn auch die Karten nicht mehr— wie damals— auf den Tisch krachen, wenn auch die Finger nicht mehr so recht die Karten halten wollen, von vier bis neun, unent- wegt— Grand— achtzehn, zwanzig, zwei— Eichel sticht— sind die Tische besetzt, die Karte» i» Bewegung. die Tasse Kakao als hähepoatt. Wenn sich dt« Tür zum Nebenraum öffnet, wenn dann durch de» Tabaknebel eine Frauenstimme ruft:.Wichelm, komm!"' dann ist es halb sieben, dann gibt es Kakao, guten Kakao, mit Milch sorgfältig zubereitet. Noch einmal:.Wilhelm T heißt soviel, daß der duftende Trank schon in den Taste» dampft..Romme gleich!— Sie geben, Herr B.!' Herr B. gibt, Herr O. gibt nochmal. Willem gibt dann auch noch schnell— und mittlerweile ist dann der schön« Kakao kalt geworden. Was sind auch die paar Stunden, wo man die Sorgen eines langen Tages bei so einem richtigen Grand mit Vieren ver- gessen machen kann..Sie spielen aus, Herr Nachbar!� Vielen anderen, besonders den Damen, ist der dampfende, schön gesüßte Kakao bedeutend lieber. Vorsichtig wird er getrunken— nur nicht zu hastig, keine zu großen Schlucke, damit die eine Taste für das mitgebrachte magere Brot reicht. Wen» die leeren Tasten verschwun- den sind, von manchem sehnsüchtigen Blick hinausgeleitet, nimmt
man schnell die gewohnt« Beschäftigung wieder aus. je noch»er- anlagung, Lust und Gelegenheit. Sie kennen sich alle, die an diesen Stätten als Gäste einkehren, denn mit wenigen Ausnahmen findet man sich allabendlich zusammen, zu denselben Gruppen und Grüpp- chen. wie am Vorabend, immer mit demselben Nachbar zur Linken, mit derselben Nachbarin zur Rechten. Bleibt der eine Platz mal leer, dann tauchen zögernd Vermutungen auf: er hätte doch sicher etwas gesagt— sie ist doch sonst schon immer um fünf da, und gesagt hat sie doch auch nichts— Vermutungen, die sich mit der eigenen Un- sicherheit für das Morgen kreuzen. Wie können aber dam, die Alten aufgebrocht zürnen, wenn so ein Vermißter doch noch spät erscheint. Die Anteilnahme am Leid des anderen ist hier die Medizin, die das eigene Leid stillt, zumal auch hier— gerade hier, wo man sich nicht mehr gegen das Schicksal auflehnen kann, die Charakterunterschiede die Rolle für diese Gemeinschaft diktieren. » Wie unendlich wohl wt es doch, alles hinausreden zu können, was der graue Kummer da drinnen täglich zusammenballt, um auch Platz zu haben für dos zagende Lächeln, da» io de» Abenstunden einer von de» Starken hineinlacheu will.
Kleinstaötifthes.
Genau so lächerlich wie wir den Provinziale» finde», erscheine» wir ihm. Die Kleinstadtdom« fühlt sich in der Mode von gestern, die wir dem Augenblicksgeschmack entsprechend umgemodelt haben, äußerst wohl und freut sich, wenn sie uns kurz berockt und behaart daherkommen sieht. In diestr Beziehung Ist ihr« Logik ein« weitaus gesündere! Der sehr kurze Rock deutet auf Jugend und ihr gebühret er mit Stecht— in Gottes Nomen lastet ihn noch jene trage«, die sich au»„wirtschaftlichen' Gründen ebenfalls dazu zähle« müsten— ober damit Schluß! Dasselbe Gesetz gilt für den Bubikops. Die Jugend(ernfchließllch der obenerwähnten Muß-Jungen) steht mehr oder minder schön damit aus und es besteht letzten Ende» immer noch die Mögllchkett, wem, es dem Herrn Bräutigam nicht gefallen sollte, den Haaren chre normale Länge wieder zu geben. Nach all dem getrauen sich die„Unbefugten' schon garnicht mehr und unter- lasten es wolstweislich. Ansonsten haben sich die Kleinstädter aller- ding» die meisten unserer Lasterchen angeeignet, vor allem natürlich den Shimmy, wobei die Kavaliere mit stabilen Schuhfohlen den Trommler kräfttgst unterstützen— die Mädels rauchen, trinken ein Likörchen und kokettieren bisweilen. Letzthin machte ich ein„Der- gnügen' mit: Das war— für mich wenigstens— wirklich ein Vergnügen. Für den Provinzialen gibt es da zweH Hauptfreuden. Den Tanzsaal und das Bierfüfett. evtl. noch den Schießstand. Was an einem solchen Abend an Wärme absorbiert wird, davon kann sich der Großstädter überhaupt keinen Begriff machen. Da ist erstens die Jugend: Sie-tanzt und tanzt— natürlich im Schweiße chres Angesichtes; dann der Vater, er trinkt und trinkt— und schwitzt und erst der Onkel, der trinkt und schießt und schwitzt teils deswegen, teils dieferhaid. Und nur die Ballmutter, die treue Seele, die einer braven Kluck« gleich als Einzige am leeren Tische ausharrt, sie tanzt nicht, sie trinkt nicht, sie schießt nicht— und sie schwitzt dennoch. Bei ihr ist'» wiederum die Festesfreude mit allen vorhergegangenen Erregungen und nicht zu allerletzt das Festtagsgewand, das wohl der Zeiten Sturm getrotzt, aber dennoch hier und da ein wenig knapp geworden ist. Mit hochgeröteten Wangen wacht sie ängstlich darüber, daß da» Töchtertein nicht allzuviel und dann möglichst auch mit dem Richtigen tanzt. Dos zärtliche A neinanderschmiegen muß zu einem ersprießlichen Ende führe«—, nur unter dieser Voraussetzung duldet sie überhaupt diese Verrenkungen. Sinnenreiz, Nervenkitzel, und wie die schönen Sächelchen alle heißen mögen, sind für die gute Dame Blech, und Blech— ist wertlos! Ist da» wirklich nicht ein gesunder Standpunkt? Eine überraschend« Ausklärung fand«in angeblicher Hausdieb- stahl in Schönebera. Ein Kaufmann zeigt« vor einigen Tagen an, daß ihm leine Wirtschafterin davongelaufen sei und ihm einen großen Posten Ware gestohlen habe. Die Beschuldigte wurde ermittelt und vorläufig festgenommen. Sie gab zu, daß sie den Schreibtisch auf- geschlossen und 6 0 Mark herausgenommen habe, weil sie auf eine andere Weise ihren Monatslohn, der soviel betrug, von dem Arbeitgeber nicht habe bekommen können. Den Warendiebstohl
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Die Beziehungen zu der Restaurateursfrau, welche an ihn Ansprüche wegen ihrer Kinder gestellt hatte, hatte Onkel Moses selbstverständlich abgebrochen. Er begann, sein Heim zu lieben, hing an seiner Frau und wurde ein durch und durch moralischer Mensch. Er liebte die Reinheit seines Hauses und konnte gar nicht mehr verstehen, wie er einmal hatte anders leben können; wenn er seines srüheren Lebens gedachte, so schüttelte er sich wie in der Erinnerung an einen bösen Traum. Ja. Onkel Moses begann, seinen Angestellten und allen seinen Landsleiter Moral zu predigen. Allmählich wurde er eine Art Richter und Patriarch unter seinen Lands- leuten. Sie vertrauten ihm die intimsten Geheimnisse ihres Lebens an und fragten ihn um Rat. Onkel Moses wurde aufgebracht, wenn es Ereigniste unmoralischer Art gab, rief den Schuldigen vor sich und sagte ihm seine Meinung. Er stiftete Frieden zwischen Eheleuten und ermahnte sie, es künftighin zu keinem Zwist mehr kommen zu lasten. Und jeder Frau, der er Moral predigte, sah er tief in die Augen.. * Onkel Moses kam zeifig aus dem Geschäft heim. Er konnte es im Geschäft nicht aushalten, seit Maschas Stunde näher kam. Zu Haufe traf er Aaron und Rosa, welche, seit Mascha schwanger war, die Herren in Onkel Moses' Hause geworden waren. Es war geradezu ein Wunder, wie sehr sich das Der» hältnis des stets verprügelten Juden zu dem allmächtigen Onkel geändert hatte, seit seine Tochter dessen Frau geworden war. Der ehemalige Arbeiter hatte nicht nur sede Furcht und jeden Respekt vor dem Hausherrn verloren, sondern Aaron fühlte sich bald mehr Herr im Hause, als der Onkel selbst. Und über Rosa war über diesen Punkt gar nicht erst zu reden Seit ihr Maschale den Onkel geheiratet hatte und seit ihr Maschale in andere Umstände gekommen war fühlte sie sich nicht nur als Herrin im Hause, sondern begann sich auch in geschäftliche Angelegenheiten einzumischen, und wurde ein sehr wichtiger Faktor in dem diplomatischen Koro« im Geschäfte des Onkels. Roch ehe Onkel Moses Zeit gefunden hatte, sich niederzusetzen und nach Mascha zu fragen, begann Rosa bereits ihr beliebtes Thema, mit welchem sie in der hetzten Zeit den Onkel unaufhörlich belästigte: „Der Schnorrer ist wieder dagewesen, der galizisch«
Schmierfink. Er hat nach dir gefragt. Ich versteh« nicht, Moses, warum muß der gerade Hausadministrator sein? Was ist das, bist du denn mit ihm oerheiratet? Oder hast du dich mit ihm verschwägert, daß du ihn bei dir halten mußt?" � „Schwiegermutter, lasten Sie mich in Ruhe. Was macht Mascha. Hat sie etwas gegessen? Ist Doktor Goldstein hier gewesen? Ich wünsche, daß er jeden Tag kommt. Haben Sie gehört. Schwiegermutter— jeden Tag!" „Schwiegervater," Onkel Moses wendete sich zu Aaron , „rufen Sie ihn an, den Doktor." „Wozu brauchen wir den Doktor? Sei nicht närrisch, Moses. Mascha geht es gut, quäle sie nicht mit Doktoren. Doktor Goldstein wird schon kommen, wenn man ihn braucht." „Rein, ich will, daß er jeden Tag herkommt," sprach der Onkel halb zu sich und giny auf den Fußspitzen die Treppen empor, wo sich das Schlafzimmer befand. Doch bald blieb er mit freudiger Miene auf de? Treppe stehen und stammelte in freudigem Schreck: �Langsam. Mascha, please, lauf nicht;" ohne e» zu wol- len, breitete der Onkel unruhig die Arme aus, als wäre er bereit für jeden Zufall. Mascha kam die Treppe hinab. Sie war nicht so vor» sichtig, wie es der Onkel wünschte. Seinen fragenden, freu- digen Blick beantwortrte sie nicht. Ohne chn anzusehen, ging sie weiter ins Eßzimmer ihrer Eltern. Onkel Moses ging ihr nach und sprach hinter ihr her: „Mascha, mein Kind, wie geht es dir heute? Ich habe Doktor Goldstein rufen lasten." Jbch brauche keinen Doktor. Dater, setz' dich dort weg!" .Liebste Mascha, was liegt dir daran?" „Lleane. quäle mich nicht!" ein Blick traf ihren Mann. „Setz dich da weg!" Gehorsam setzte sich der Onkel weg. Auch Mascha hatte sich geändert, feit sie geheiratet hatte. Der Onkel schien ihre ganze mädchenhafte Zärtlichkeit aus- gesogen und etwas von seiner männlichen Brutalität in sie eingehaucht zu haben; dies war an ihrer beiden Gesichtern zu erkennen. Ebenso wie in des Onkels Gesicht menschliche Hilflosigkeit strahlte, so war in dieser Zeit in Maschas Gesicht die mädchenhafte Zärtlichkeit gänzlich erloschen. Sie war stärker und voller geworden wie eine schöne reife Frucht; doch ihre Augen blickten schreckhaft, als hätte sie Angst vor etwas, das in ihr entstand; ihr Gesicht aber schien bereit zum Schutze ihrer selbst. Ihre große, starke Erscheinung und ihr entschiedener Blick Drückten Herrschaft aus.
Die Schwangerschaft vertiefte und verstärkte noch den Eindruck ihrer gebieterischen Herrschaft, den sie um sich ver- breitete, den Ausdruck einer schwangeren Stammesmutter, welche weiß, daß sie Leben auf die Welt bringt. Onkel Moses hatte, seit sie schwanger war, Ehrfurcht und Achtung vor ihr, wie vor etwas Religiös-Geheimnisvollem. Mysteriösem. Ein unbegreiflich zärtliches Gefühl gegen sein eigenes Fleisch und Blut, gegen sein zweites Ich hatte ihn ergriffen, welches in tiefer Verborgenheit in dem Mädchen lag, das sie in sich barg und dem sie Leben schenkte; aber auch eine geradezu religiös-mystische Furcht, vor dem, was jetzt in Mascha vorging, vor dem Unverständlichen, Unbe- wußten, das in ihr entstand, vor dem Wunder Gottes, der durch sie Leben schuf. Das hatte Onkel Moses schwach gemacht und ihn unter- tänig zu ihren Füßen gezwungen. Das und noch etwas. Onkel Moses hatte eine große Sehnsucht nach Reinheit, seit er Mascha geheiratet hatte. Es war. als hätte er sich von allen häßlichen Empfindungen gereinigt, die ihm aus seinem früheren Leben geblieben waren. Und Mascha, die junge, unschuldige Mascha, welche er erzogen und zu seiner Frau gemacht hatte, Mascha, war für ihn das Symbol der Reinheit. In ihr hatte er sich von seinem ganzen häßlichen und sündhaften Leben gereinigt. Nicht nur sie selbst, auch das Zimmer, in welchem sie wohnte, die Gegenstände, wi lche st« berührte, die Kleider, welche sie trug, sie erweckten in ihm die Empfindung der Reinheit. Diese Berührung mit der Reinheit hatte ihn angesteckt: er war erpicht auf Sauberkeit und hatte Sehnsucht danach. Das war es. was ihn zu Maschas Diener, was ihn schwach und menschlich machte. Doch ein ganz anderer Trieb jagte Mascha. Auch sie war mit etwas in Berührung gekommen— und die Folgen waren ganz andere. 2. Jede Berührung, jede gewaltsam abgerungene Zärtlichkeit. rief bei ihr zunächst Ekel und dann Gleichgültigkeit hervor. Sie tat alles, was von ihr verlangt wurde, weil es ihr schien, daß sie damals, als sie zum Onkel gegangen und ihn gebeten hatte, sie zu heiraten, sich zu allem einverstanden hatte; und sie hielt sich für ein Opfer. In der ersten Zeit nach ihrer Hochzeit lag noch ein stiller Leidensschein auf ihr — der Schein eines Opfers, der sie edel und schön machte. Doch der Onkel zerriß nach und nach diesen Heiligenschein und verlöschte ihn.(Fortsetzung jolgt.)