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Mittwoch

24. März 1926

nagmulan

Unterhaltung und Wissen

Bauerntanz. Bon Paul Zech .

Mit gedunkelten Goldfarben floß das Gesicht bes Herbstes ba­hin. Bon Norden tam der dide Frostwind und hatte sich schon auf den Hügeln heiser gebellt. Aus den Mooren löste sich die Nacht, trieb Nebel vor sich her und war da, ehe die Dinge es ahnten.

Manches Mal sehte der Wind ein paar Atemzüge aus. Die Stille laftete schwerer, als das niedrige Zelt der Nachtwolten. Eine Wild ente flog.fo tief, daß sie das Geftrüpp pfeifend hart streifte. Das Geflump der Zwergbirken nahm Tierformen an. Im dichten Nebel wandelte fich alles zu Gespenstern. Da trieben selbst die schweren, mit dem Boden urfest verwachsenen Steine ungeschlacht wie Wale auf der braunen Flut des Krautes.

Mit dem Wind, der sich tief aus der Brust heraus wieder in ein offenes Orgelbrausen hob, fetzten die Regenpfeifer ein und dehnten das schwermütige Lied der Einöde bis an das Meer hin­auf. Die Erde lag breit hingeftredt auf den diden Fellen des Mooses und blinzelte aus schmalen Lidspalten nach dem ersten Stern.

Am Rande des Dorfes, im letzten Haus, das so früh schon ein Richt an das Fenster stellte, schrie ein Mutterschaf kläglich nach der Gabe des Abendheus. Von den Gräbern her strichen die Brand enten heran in fünffacher Rette. Man sah die dünnen Schnüre eugenblidsturz über den Dächern, den Rauch wie mit einer Schere scharf zerschneidend.

Und dann war der Mond plötzlich da, jener mit dem roten ver. foffenen Gesicht des Landstreichers. In den großen Weiten der Nacht war er nur alleine Herr und schnauzte mit dem Wind und pustete den Häusern den Rebel bis unter das Dach.

In einer solchen Nacht tamen wir von Jassata mit müden, blutig gepeitschten Pferden und mußten im Dorf Quartier machen. Es war gut, daß nur der Baumeister Grigoriem, den ich in der Grenzstadt erst persönlich fennengelernt hatte, mit mir die Reise magte. Zu dreien oder gar vieren hätten wir in dem verflucht engen Rusten diese neun Stunden Fahrt nicht ausgehalten. Die Haut, wo man saß, wurde pelzig und durch die vom frummen Sigen abgeklemmten Muskeln rieselte in einem fort ein stechender Krampf. Da half mur, daß man sich von Zeit zu Zeit lang hin streckte, oder die Gliedmaßen weit auseinander bog.

Wiſſen

Arbeits Los

101.J

Der Saufbold von Kutscher tannte sich in den Häusern, die eins genau wie das andere trogig hingeblodt standen in der Schwärze God hull des Nachthorizontes, faft ebensogut aus wie in den heimatlichen Hütten. Er meinte: daß in der Nacht nur der gut sehen könne, der auch in der Nacht geboren sei. Genau so wie er in solch einer Stunde bei Vollmondschein, fünf Atemzüge nach dem ersten Eulen schrei. Er raffelte jedoch erst fünf Türen ab. In einem Bauwert endlich, das zwei Fenster Front mehr wie die anderen Häufer hatte und zwei hohle Baumstämme als Futterkrippe vor der Tür, er. fuhren wir bald die gaftliche Bärme einer Herberge..

Die Pferde wurden im Echuppen, der in einem rechten Winter zum Hause stand, untergebracht. Es war ein findlich primitiver Bau, die Wände schilfgeflochten und mit Torf verpicht und das Dach aus Birkenreißig mit einem fetten Aufwurf aus Moos. Es drückte eine ftidige Hize in den Stall, wo die Pferde nur fnapp aufrecht stehen konnten. Ein halbes Duzend von diesen zottigen Eteppengäulen lag da schon zusammengepfercht. Unsere drei Füchse biffen und stießen sich bis zur Rüdenwand vor und fanden endlich ein Lager von faum quadratmetergroßem Umfang.

Der Kutscher schaufelte mit der Tranfunzel zwischen den Pferde Leibern und schüttete einen Sad Riedgras, gemischt mit Eichelnüffen, vor. Er begehrte, bei den Pferden schlafen zu dürfen. Der Wärme wegen. Nur einen Schnaps mußten wir ihm noch ausschütten.

In der Herberge wartete man auf uns schon mit dem Tee. Es war da ein niedriger Gastraum, quadratisch, mit Bänken rings herum. In der Mitte stand ein fubischer Block von Lehmofen. Die Sizewellen wirbelten mit ekelhaftem Gestank dicke Wolken von Rauch und Staub hoch.

In der Fensterede stand eine Art Tonbank mit dem Tecfeffel und den Schnapstrügen. Bir li.ßen uns Moosbeerensaft in den Tee schütten und Brot und Räuchersisch geben.

teilten vier Fächer den Raum, und jedem Abteil lagen verschieden große Zigaretten. Mit einem feltsen Grinsen hielt mir der Kerl den offenen Raften hin, nidte und tie: bis ich mir eine von der längsten Gorte nahm und anbrann

Jetzt famen wir auch langsam inn Gespräch, und dabei beugte er den Oberförper über die Tonbant mir herüber. Jedes feiner Worte schwebte auf einer ftinfichten te von Alkohol. Es sei heute ein fetter Markt in der Kreisstadt geten, meinte er. Die Bauern und Fischer hätten gut vertauft. Under, der hier durch das Dorf gelommen war auf der Rüdfahrt, sei gefehrt und habe ein nettes Stüd Geld springen lassen. Nun würdeute abend ein fleiner Tanz fein für die Einheimischen. Das ist meinmal Gesetz so nach den Markttagen.

Da stieß auch schon ein fleiner Tru junger Menschen mit ver haltener Luftigkeit herein. Die Mädchhockten sich auf die Bänke an der Fensterwand und die Burschen men gegenüber Platz. Bandaschta sprang von dem Baurter plöglich fort und ge­fellte sich den Mädchen zu, die in einent ficherten und nach den jungen Männern schielten..

Der Baumeister sagte zu mir: meinst du, mein lieber Reisebruder, wollen wir hier unten nochne Stunde bleiben? Ich bin nämlich zu neugierng, wie diese puppen tanzen." Wir rückten jetzt noch dichter an die Tonbank an, und der Baumeister framte die Zigarrentasche aus und gab at dem Wirt eine von den Hollandschen, der folch ein Kraut in fein Leben noch gar nicht geraucht haben möchte. ( Schluß folgt.)

Die Vorläufer der Tranfaharabahn.

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Der Wirt schielte aus blutunterlaufenen Augen auf unsere neuen Schafspelze, die wir anbehielten, obwohl uns die Haut unter diesen Wollpanzerungen brannte wie von Tropensonne grell beflammt. Bon Erna Büsin Er hatte einen fuchfigen Schnurrbart fauſtdid zwischen Kinn und Nase. Der Mund wulstete hingeduckt hinter dem fett- und speichel­triefenden Haargeſtrüpp.

Unsere Augen, von dem scharfen Wind auf der Fahrt faft blind gebissen, fanden sich nicht so schnell zurecht in dieser Räuberschenke. In der Kreisstadt war fie als Spelunte berüchtigt. Die meisten Fuhrwerte jagten vorüber und machten achtzehn Meiler weiter erst Raft.

Bir sahen jetzt nur den von Dampf umkräufelten Teekessel, die braunen Töpfe vor uns und das Brot, das schon did Schimmel

hatte.

Nach einer Beile ging der gelbe Mond eines Frauengesichtes hinter der Tonbank auf. Auf den Wangen dieser Frau, von einem unbestimmbaren Alter, lagen dunkelrote Flecken, wie von einem ungeschickten Pinsel breit hingetupft. Der Wirt stieß diesen felt­samen Fleischklumpen dauernd in die Seite, bis er nach vorn tam und sich zu uns auf die Bank setzte. Jetzt sah ich das Geficht deut. licher und in ein paar findhaft offenen Augen hinein. Es war die Tochter diefes wulftigen Barbaren. Und auf Befragen erfuhr man, baß fie knapp über zwanzig Jahre im diesseitigen Leben stand.

Ja: im diesseitigen". Das betonte fie.

Sie füllte sofort neuen Stoff in unsere Töpfe und sagte, daß bald die jungen Leute zum Tanzen fämen. Ob wir uns auch darauf freuten? Dabei ließ sie den Blick nicht von meinem Freund Bau­meister, der auch ganz still dasaß und sie anstarrte. Nun sah ich auch deutlicher den Raum aus dem Rauch tauchend. Er war so groß, daß hier gut zwanzig Leute fizen fonnten. Und in der Ecke lagen auch schon drei Kerle auf dicken Wolfsfellen und schnarchten. Das Birtsmädchen hieß Wandaschka; das erzählte sie nach einer Weile dem Baumeister. Und da gaben sie sich ganz einfach die Hände, rückten aber noch nicht zusammen. Von beider Augen ging eine Schrante aus, fast eine Mauer. Von mir noch uner­flärlichen Kräftekreisen auferbaut.

Die Hige wirkte mächtig auf meine Schlafgefühle. Ich pulverte mich mit Beerenschnaps auf. Ich verschlang in einemfort Brot und Fisch. Das nahm den Wirt für mich ein. Unter mühseligen Arm­nerrenkungen holte er aus einem Bandschrank eine Holzkifte mit echten Zigaretten. Es war ein schönes Stüd, dieser Zigarettenfasten. Feuerrote Birke mit Perlmutter und Silber ausgelegt. Innen zer­

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Wir leben im Zeitalter der angewandtetechnik und die Sahara ist franzöfifches Rolonialland mit dieser Aählung nennt man die Erfolgsmöglichkeit und die Ursache für die fte Durchquerung der Sahara im Automobil. Das Mutterland i feine Kolonien recht nahe haben, das heißt, sichere und schnelerkehrsmöglichkeiten müssen erschloffen werden. Und so baute in infreich Herr Citroën die Wagen, die, nebenbei bemerkt, mit einemtaschinengewehr aus­gerüstet waren, für die Sahara . In der Verbung von Raupe und Automobil fand er die glückliche Lösung. DRaupen richten den Weg zu, während sie darüber fahren. Sie eben für die Wagen ein Hintergestell, das sich jeder Erdoberfläche zupaffen vermochte. Die Raupen ersetzten und das ist die ge Lobpreifung, die ihnen in Anbetracht ihrer Aufgabe zuteil mer tann den Fuß des Dromedars. Die Fahrt war forgfältig fins fleinste hinein vorbereitet, durch Einrichtung von Wachen, ührerbereitschaften, Material- und Berpflegungsdepots, als sie vo uggurt aus durch die Sahara angetreten wurde. Beseelt von diSchwarm für die wagemutigen Kreuzfahrer( es steht einem natih frei, über diese Herrschaften seine eigene Meinung zu haben), rgiegestrafft durch das Bewußtsein: gang Frankreich fieht aufns, machten sich G. M. Haardt und L. Audouin Dubreuil auf Weg. In dem Buch Die erſte Durchquerung der Satin Grunewald 1924, find die Erlebnisse der beiden senden tagebuch mäßig aufgezeichnet.

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In einer dieser reifweißen Nächte der Sah, die für jeden Europäer, der sie zum ersten Male erlebt, etmanfaßbares find, wurde die Reife am 17. Dezember angetreten. Ingenieure und die Fahrer sind erstarrt und von Frostschauern gittelt fragen sie einander:, Sind wir wirklich Sahara - Reisende?" geht durch das Tal des Wadi Mya über das Plateau von Tademach In Salah. Die Lichtfülle ist ungeheuer, das Mondlicht ist fahm Tageslichte gleich. Die Beleuchtungseffekte find also die den schönsten bei diesem neuen Eroberungszug gegen die Wüste. Er wahrlich nicht leicht. Erdspalten halten die Fahrt auf, die Rauwagen müssen über Felsen hinwegtlettern, man stößt auf Wanderen, von denen eine gerade drauf und dran ist, ein ganzes Fort aufeffen. Kamel­leichen liegen auf den Wegen, man geht auf den Spu Verdurfteter. zur Sicherstellung der Expedition find an allen ten von Be: deutung Soldaten der Sahara , Eingeborene, aufgest Bon Beruf find fie eigentlich gelernte Begelagerer, Karawane uber, zurzeit gefallen sie sich in der Rolle eines französischen Untnen. Diejen Legten Umstand nehmen die beiden Expeditionsleiter zerordentlich wichtig. Für das Gelingen ihrer Mission war es ja auch,

# bi/ Bellage

des Vorwärts

சம் 06

Nimmt kein Ende die Not? Will sie sich zwingen nicht laffen? Hunger schleicht durch die Gaffen, Und es rufen die Massen: Gebt uns Arbeit und Brot!"

Aber der Schrei verhallt.

Weil sich die Ohren verschließen

Jenen, die schwelgend genießen. Darf sie das Elend verdrießen, Subs Wenn lockend die Jazzband erschallt?

sonst aber tut man wohl gut, die vielen Lobeshymnen über Unter­tanentreue usw. als ein Privatvergnügen der Schreiber zu betrachten.

Am 21. Dezember treffen die Reifenden in In Salah ein, dieser großen Dase der Wüste mit französischem Fort und anderen bei eifigem Wind, wird durch die Ebenen des Tidikelt nach dem Errungenschaften europäischer Zivilisation. Am 24. Dezember nachts, Hoggarmaffio aufgebrochen. Jegt gilt es, das Land der Furcht zu durchqueren. Auf ihrer Fahrt werden die Reijenden mit den Tuaregs, den verschleierten Kriegern der Wüste, bekannt. Die Tuaregs führten untereinander Kämpfe, ihr Bolt fennt daher Freie und Unterworfene. Die Freien sind stolze Menschen, fie find geeignet den Europäern noch manche Rätsel aufzugeben. Bei einigen Stämmen ist das Mutterrecht maßgebend. Nicht alle Tuaregs haben sich herbet­gelaffen, Frankreichs Macht anzuerkennen. Der Gesichtsschleier ver­birgt die Mienen dieser Söhne der Wüste, ihre Augen verraten nichts und sie schauen die Raupenwagen an, als feien fie alte Bekannte. Einbrud hinterläßt nur die weiße, fraushaarige Floffie, welche die Saharadurchquerer als Glücksbringerin auf ihrer ganzen Reise mit­fchleppten. Ein solches Tier hatte man vordem im Lande der Schrecken noch nicht gesehen, man hielt es für ein Schaf aber einen Wüstenfuchs und es entpuppte sich als Hund.

Als die Berge des Hogger fleiner werden, gilt es das Tanesruft, das Land des Durstes, zu besiegen. Es erschauert ein jeder, der einmal mit ihm Bekanntschaft machte. Diese Strecke, fie beträgt 400 Kilometer, gilt als die Einöde der Welt. Man hält an der alten Qual der Tageshitze zu entgehen. Ein Eingeborener spielt den Gewohnheit fest, fährt in der fühlen Nacht, um der unerträglichen Führer. Aber er tann die Entfernungen nur nach der Schnelligkeit der Kamele berechnen. Bei dieser Art der Orientierung muß er gänzlich versagen. Es ist ein unabläffiges Nachprüfen mit dem Kompaß erforderlich. Die Raupenwagen müssen turnerische Leistungen vollbringen und die Insassen der Wagen denken an alle die unge­zählten Wanderer, die verkamen, die verdurfteten, an die vielen Karawanen, die im Wüstensand ihr Grab fanden. In Tanesruft geht alles fpurios unter. Auch unsern modernen Wanderern setzt ein Samum schlimm zu. Am 1. Januar geht's durch die Steppen des Sudan , die mit Kram- fram befäet find, dem Dorn, dem man nicht. entgeht. Die Fahrer verſtändigen sich, wie verabredet, durch eine Rakete und verursachen einen Steppenbrand. Er wird zu einem ungeahnten Schauspiel, denn er freibt die Tiere zur Flucht und in Todesangst jagen fie in Rudeln, Freunde und Feinde.

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Am 7. Januar ist das Ziel erreicht, Timbuktu , die Großstadt des

Sudan . Die ganze Stadt ist aus Tob, aus an der Sonne getrockneten Biegeln gebaut. Sie lebt vom Salzhandel, ist angefüllt mit ur­fprünglich gebliebenem Leben. Den beiden französischen Ingenieuren gelingt auch die Rückfahrt mit einem Halt im Mittelpunkt des Hoggar, dem Lande des Schreckens.

Ihre Lat ist von bleibender Bedeutung. Eines der fünf Auto­mobile, der ,, Goldfäfer", steht jetzt im Armeemuseum des Invaliden­demes in Paris . Kommende Generationen werden dereinst diesen Wagen als einen Vorläufer der Transjaharabahn betrachten. Denn wenn wir nicht mehr sind, werden die Menschen, hoffentlich nicht als Kolonialpolitiker, fondern als freie Weltbürger, sie besiegt haben, die Wüste.

Wie hoch reicht die Luft? Ein im Verlaufe des Trainings für die Ueberfliegung des Mount Everest aufgestellter Höhenrekord von mehr als 12000 Metern lenft die Aufmerksamkeit aufs neue auf die Frage der Höhe der unsere Erde umgebenden Luftschicht. Diese Frage dürfte allerdings nicht endgültig lösbar sein, da bei der ganz allmählich sich verringernden Luftdichtigkeit in größeren Höhen­schichten der Uebergang von der Luft in den Aether faum zu präzi­fieren sein wird. Andererseits läßt sich aus den Gleichgewichts gesehen zwischen Anziehungskraft und Fliehkraft der Erde jene obere Grenze der Atmosphäre berechnen, die nicht überschritten werden kann. Danach würde an den Polen eine Höhe von etwa 4% Erdradien, am Aequator eine solche von 6% Erdradien die Grenze bilden, vorausgefeßt, daß die winkelgeschwindigkeit der Rotation oben und unten gleich ist. Diese Höhen von 28 000 bis 42 000 Kilometern sind jeglichen direkten Messungen unzugänglich. Aus Polarlichtmessungen wissen wir jedoch, daß die Atmosphäre in einer Höhe von 500 Kilometern noch solche Dichte hat, daß sie zu Leuchterscheinungen Anlaß geben kann. Der Beginn des Aus­leuchtens niedergehender Sternschnuppen liegt in Höhen von 200 bis 300 Kilometern, so daß man als ziemlich sicher annehmen kann, daß sich in jenen Höhen noch verhältnismäßig starke Spuren irdischer Atmosphäre befinden.