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Sonnabend
27. März 1926
Unterhaltung und Wissen
Das Lesen.
Bon Anton P. Tschechom.
Im Rabinett unferes Borstehers Iwan Petrowisch Semipalatom saß der Theaterunternehmer Galamidom und unterhielt sich mit ihm über Spiel und Schönheit unserer Damen von den Brettern.
„ Nein, da bin ich anderer Meinung," sprach Iwan Petrowitsch ,
mährend er Anweisungen unterschrieb, Sofja Jurjewna ist cin startes, ursprüngliches Talent! So lieb, wissen Sie, so grazios so entzückend...!"
Iwan Petrowitsch wollte fortfahren, brachte aber vor lauter Begeisterung fein Wort mehr heraus und lächelte nur, lächelte so mohlgefällig breit und füßlich, daß es dem Theaterunternehmer selber ganz süß im Mund davon wurde.
" Ich schätze an ihr, eh, eh... die Fülle der Gefühle und das Beben der jungen Brust, wenn sie Monologe spricht... das lodert, das lodert nur so! Bitte, fagen Sie ihr, daß ich in solchen Momenten - zu allem bereit bin zu allem.
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Eure Exzellenz, geruhen Sie gütigst die Antwort zu unterschreiben auf die Eingabe der Polizeiverwaltung von Cherson be züglich...
Semipalatom erhob sein lächelndes Gesicht und erblidte vor fich den Schreiber Merdajem. Merdajem stand, die Augen weit aufgeriffen, ehrerbietig vor ihm und schickte fich an, ihm ein Papier zur Unterschrift zu unterbreiten. Semipalatom runzelte die Stirn: die Boefie war just auf ihrem Höhepunkt von der Prosa unterbrochen
worden.
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,, Damit brauchen Sie mir doch nicht gerade jetzt zu kommen," ( prach er,„ Sie sehen doch, ich unterhalte mich. Ein schrecklich un Sie erzogenes Bolt, ohne alles 3artgefühl. Da, Herr Galamidom fagten, Gogolfche Inpen gäb' es bei uns nicht mehr... und nun bitte hier! Mas, ist das etwa fein Typus? Schmierig, die Ellbogen durch, schielt fämmt sich nie... Und sehen Sie einmal, wie er schreibt! Weiß der Teufel, was das heißen sol! Ungrammatisch schreibt er, ohne alles Berständnis... wie ein Schuster! Sehen Sie nur!"
Tja," brummte Galamidow, nachdem er einen Blick aufs Bapter geworfen: In der Tat... Sie lesen wohl nur wenig, Herr Merdajem."
„ So geht das nicht, mein Lieber!" fuhr der Vorsteher fort, ich muß mich ja schämen Ihretwegen. Wenn Sie wenigftens lesen mollien, mas
Lesen macht da viel!" sprach Galamidom und seufzte ohne jeden ersichtlichen Grund: Sehr viel!" Lesen Sie nur, und Sie werden fofort merfen, wie sehr Ihr Gesichtskreis fich weitet. Bücher fönnen Się ja überall befommen. Von mir, zum Beispiel... Ich bin mit Bergnügen bereit. Gleich morgen bring' ich Ihnen welche, wenn Sie's wünschen.
Bedanken Sie sich, mein Lieber!" jagte Semipalatom.
Merdajem verbeugte fich fchwerfällig, bemegte die Lippen, brachte aber feinen Zon zustande und ging.
たい
Den nächsten Tag besuchte uns Galamidom in unserer Amtsstube mit einem Bündel Bücher. Und von diesem Augenblic an datiert unfer Elend. Niemals wird die Nachwelt Semipalatom sein leichtfertiges Eingreifen verzeihen. So etwas verzeiht man ja ſchließlich einem jungen Menschen, aber einem alten, erfahrenen Wirklichen Staatsrat nie.
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Kaum war der Theaterunternehmer da, so wurde auch schon Merdajem ins Kabinett gerufen.
„ Da, mein Lieber, lesen Sie!" sagte Semipalatom und reichte ihm ein Buch: Lesen Sie's aufmerksam..."
Merdajem nahm das Buch mit zitternden Händen entgegen und ging zum Kabinett hinaus. Er war bleich. Seine schielenden Aeuglein liefen unruhig umher und schienen bei den Gegenständen rings Hilfe zu suchen. Wir nahmen ihm das Buch ab und blätterten es vorsichtig durch.
Es war der Graf von Monte Christo".
Wider seinen Willen vermagst du nichts," sprach seufzend unser alter Buchhalter, Prochor Ssemjonitsch Budjilda." Gib dir halt Mühe, nimm dich zusammen... fang vorsichtig an, immer nur ein wenig auf einmal; und derweil vergißt er's wieder, so Gott will, und du tannft es werfen. Sei nur nicht ängstlich... Und, die Hauptfache lies und laß dich nicht ein damit! Lies und laß dich nicht ein auf ihre Gescheitheiten!"
Merdajem schlug das Buch in Papier ein und setzte sich hin, um zu schreiben. Aber es ging nicht mit dem Schreiben diesmal. Seine Hände zitterten, und die Augen schielten, eins zur Decke hinauf und
erläßt... Ich versteh nicht zu lesen. Tag und Nacht lese ich, ohne zu schlafen, ohne zu essen... Meine Frau hat mir vorgelesen und sich halb zu Tode dabei geschunden, aber Gott straf mich, ich fann nichts verstehen. Um Gotteswillen, helfen Sie mir!"
Budjilda erkühnte fich mehrere Male, Semipalatom damit zu fommen, aber der winkte nur ab, wollte nichts hören, und hielt uns allen, indem er mit Galamidom durch die Amtsstuben stolzierte, unsere Unbildung vor. So vergingen zwei Monate, da nahm die
Geschichte ein Ende mit Schrecken.
Eines Tages tam Merdajem mie gewöhnlich zum Dienst, aber statt sich an sein Bult zu setzen, fiel er mitten in der Amtsstube auf die Knie, fing an zu weinen und sprach:
Berzeiht mir, rechtgläubige Christen, ich habe Papiergeld ge
fälscht."
Kaiser- Wilhelm- Gedächtnisspende.
TRANSPOR
MOBEL
MEBEL- WAGEN
PRAMA
MO TRANS
Beilage des Vorwärts
daß das Kind nur auf dem Bauche liegen tonnte; Rüden und Gesäß waren von der Krankheit bereits völlig zerstört." Ich begreife augenblicklich den graufigen Sinn nicht; nur als grammatikalisches Gebilde memoriert mein Gedächtnis den Satz, genau so halbbewußt, ich seinen Inhalt. wie ich augenblicklich sehe und höre. Aber dann, ganz jäh, erfasse
baren Krankheiten behaftet sind, sehe andere sich schlaflos vor Hunger Und nun höre ich das Kind, nein, Kinder stöhnen, die mit furchts auf engem Lager wälzen, dente, daß vielleicht gerade jetzt in einem
feuchten, übervölferten Kellerlech wieder ein neues Wesen in die Welt tritt. Und vielleicht ist, wie auf dem Zille- Bild, eine andere Mutter, bei der es bald wieder so weit ist, mit dem Vorjährigen unterwegs, nach dorthin, wo es doch nicht so talt fein fann, da ja die Fische das ganze Jahr dort leben. Irgendwo zieht vielleicht auch ein Mensch eben gedankenvoll einen festen Strick durch die Hand, und wartet dann noch bis morgen, bis nach dem Arbeitsnachweis, weil er noch ein leztesmal auf das Glück" hofft.
Das ganze Grauen der Welt ist auf mich losgelassen, ist gegen märtig, als Wahrheit, nicht mehr als Traum. Nur die Menschen, die um mich herumfizen, sind schemenhaft geworden, aber auch sie sehe und höre ich noch klar und deutlich, wenn auch nur im Unterbewußtsein.
Diese Stunde ist stärker als ich. Was wir am Tage totarbeiten und totscrgen oder totvergnügen und totschwazzen, um nicht wahnfinnig zu werden, zwingt sie mich zu begreifen, hier in meiner roten Polsterecke, die mich jetzt wie ein Schraubstod festhält. Ich sehe durch eine gläserne Welt Verbindungslinien gezogen zwischen scheinbar Zusammenhanglosem, und ich muß, muß sie sehen, fann sie nicht, wie bei der täglichen Zeitungsleftüre, von der nächsten fetten leberschrift verdecken lassen.
Meine Fahrt ist lang. Immer Neues wird lebendig, und ich fann mich nicht betrügen, daß das Grauen, das ich durchlebe, nur ein Mitternachtssput sei.
„ Umsteigen!" ruft der Schaffner. Irgendwie wird das Bewußt: sein in mir ausgelöst, daß ich hier aus dem Zug heraus muß Meine Beine scheinen beim Aufstehen Blei. Das Innere des Wagens ist etwas ähnliches wie ein Bilderbogen. Das Pärchen fizt schon wieder oder noch immer mit den Taschenspiegeln in der Hand.
Ueber die Sahara heult der Samum, der glühende Wüstenwind. Der Scheich Akbar ibn Said jagt über die Ebene, sein Kamel schreit, lauter als der Sturm, der von feine naht; der Geifer spritzt beiden aus dem Munde. Der Mann schlägt finnlos mit den Fäusten auf das schreiende Tier; das Kamel rennt, rennt, stolpert, stürzt, der Mann in hohem Bogen über dasselbe in den Sand, etwas Weißes, Kleines fliegt mit Der Mann redt sich noch einmal in die Höhe; da sieht er, wie eine riesige, zum Himmel gierende gelbe " Na, bringt Ihr mir meine Abfindung?" Wand den Samum vor, neben, über sich, es donnert und schlägt; Klar! Wa bringen die Unterschriftslisten vom Bolfs- reißt ihn nieder, läßt ihn erftidend gurgeln, vorbei. bejehren!"
Darauf ging er ins Kabinett, ließ sich vor Semipalatom auf die Knie nieder und sprach:
„ Berzeihen Sie mir, Exzellenz; ich habe gestern ein fleines Kind in den Brunnen geworfen!"
"
Er schlug den Boden mit der Stirne und schluchzte. Was soll das heißen?" fragte Semipalatom verblüfft. ,, Das, Exzellenz," sprach Budjilda mit tränenden Augen und trat vor:„ Das soll heißen, er ist vom Berstande gekommen! Hinter sonnen hat er sich! Das hat ihr sauberer Galamidow mit seinen Erfindungen angerichtet. Gott sieht und weiß alles, Eure Exzellenz.
Wenn Sie's aber nicht hören wollen, so brauchen Sie mich ja nur zu entlassen. Lieber Hungers sterben, als so etwas auf seine alten Tage erleben." Semipalatom erbleichte und schritt auf und nieder durch die
Stube.
,, Galamidom wird nicht mehr empfangen," sprach er dumpf. ,, Und Gie, meine Herren, beruhigen Sie sich. Ich sehe jetzt meinen Irrtum
ein. Ich danke dir, Alter!"
Und von da ab gab's bei uns dergleichen nicht mehr. Merdajem erholte sich zwar wieder, aber etwas biieb doch nach. Heute noch fängt er an zu zittern und wendet sich ab, wenn er ein Buch sieht.
( Aus der Sammlung Russische Erzähler", überfekt und herausgegeben von Leopold Weber , mit besonderer Genehmigung des Kunstwart- Berlages Georg D. W. Callwen, München , entnommen.)
Nächtliche Heimfahrt.
Bon Trude E. Schulz.
Die Uhr an der Untergrundbahn zeigt kurz vor Mitternacht.
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Nach einer halben Stunde scheint die Sonne mie stets auf das endlose totenstille Sandmeer. Unter dem Sand, ruhen Mann und Ramel. Alles ist leer. Alles? Da regt sich ein weißer Fled, em weißes Tuch, ein weißes Kleid um einen schmalen braunen jungen Körper.
hat keine Eltern, man weiß nicht einmal ihren Namen und nant Das ist ein Mädchen aus einem Araberstamme im Norden: St sie Pilota", die Schmächtige"; man brauchte sie zum Flechten ber Matten und zum Wasserschöpfen. Eines Tages fam der Scheich Atbar ibn Said mit seinem Stamm aus dem Süden. Es begann ein furchtbarer Kampf um die Dase an den sechs Dattelpalmen", Schließlich zog Akbar ibn Said meiter, verlangte aber als Friedenspfand die fleine Pilota, und man gab sie ihm, froh, des stärkeren Gegners ledig zu fein.
Der wilde Scheich Akbar ibn Said nahm Pilota vor sich auf fent gesprochen. Dann trennte er sich eines Abends von seinem Stamm Ramel; 12 Tage lang ritten fie und noch hatte er fein Wort zu ihr und ritt ein Stück in die Wüste. Als er feine Kameraden nicht mehr sehen konnte, stiegen sie ab, und der Scheich Akbar ibn Said zwang das Mädchen, vor ihm im glühenden Wüstensand den„ Lanz an die Sonne" zu tanzen. Da tanzte die kleine braune Pilota mit bloßen Füßen und Armen den Tanz an die Sonne", und löste ihre schwarzen Haare, und die Spange ihres Kleides flirrte im Rhythmus der Bewegung. Sie vergaß den Mann und ihre Not, sie tanzte nur inbrünstig und schön und dachte an nichts als an die Dase an den sechs Dattelpalmen". Er aber glogte auf sie, die Finger trampften, sich und sein Atem ging schwer.
Und plötzlich hebt sie die Augen, und sieht ihn, und schreit, und hebt weiter die Augen, und sieht eine fleine gelbe Wolke am Horizont und weiß: Das ist der Samum, der glühende Wind der Wüste, der alles erschlägt mid gleich begräbt, und schreit wieder.
Da sieht Scheich Akbar ibn Said die Wolfe auch; er wird bleich, stürzt zu dem Kamel, wirft die kleine Pilota auf den Hals des Tieres, springt ihm auf den Rücken und
Nun liegen schwere Massen Sandes auf dem Scheich Akbar ibn Said und dem Kamel, und die fleine braune Pilota steht allein und
das andere ins Tintenfaß. Am anderen Tage fam er mit vermeinten Müde und fröftelnd warte ich auf den Zug. Mein Gehirn nimmt einsam mit wirren schwarzen Haaren, bloßen Füßen und Armen in
Augen ins Amt.
Biermal hab ich's angepact," sprach er.„ Aber verstanden habe ich rein gar nichts... lauter ausländisches Zeug..." Fünf Tage später, als Semipalatow durch die Schreibstube ging, blieb er vor Merdajems Pult stehen.
Nun, haben Sie gelesen?" Jawohl, Exzellenz." Was haben Sie denn gelesen, mein Lieber?" Nun, erzählen
Ste mal!"
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Merdajem hob den Kopf und bewegte tonlos die Lippen. Ich hab's vergessen, Exzellenz..." sprach er endlich. „ Das heißt, Sie haben nicht gelesen, ch cheh... oder unaufmerksam gelesen! Automatisch! Das darf nicht sein! Lesen Sie's noch einmal. lleberhaupt, meine Herren, empfehle ich's Ihnen. Belieben Sie zu lesen, alle zu lesen! Nehmen Sie, da von den Büchern bei mir am Fenster! Paramonow, gehen Sie und holen Sie sich ein Buch! Podchodzem, mein Lieber, gehen nur auch Sie! Smirnow auch Sie! Alle, meine Herren, bitte!"
Alle gingen, und jeder holte sich ein Buch. Nur Budjilda wagte es, zu protestieren. Er fuchtelte mit den Händen, schüttelte den Kopf
und sprach:
Mich aber entschuldigen Sie schon, Exzellenz. Lieber geb' ich's Amt auf. Ich weiß, was von all diesen Kritiken und Erfindungen kommt. Da ist mein ältester Entei, der heißt nun seine eigene Mutter ins Gesicht eine Närrin, und die ganzen Fasten hindurch schlemmt er Milch. Entschuldigen Sie gütigft!"
„ Sie begreifen rein gar nichts," ſagte Semipalatom, der dem alten Manne all seine Derbheiten nachsah.
Aber Semipalatom irrte sich: der Alte begriff's wohl. Nach einer Woche schon nahmen wir die Früchte dieser Leserei wahr. Bodchodzem, der den zweiten Teil des Ewigen Juden " las, nannte den Budjilda einen Jefuiten; Smirnom begann im angetrunkenen Zustand zum Dienst zu kommen. Auf feinen aber wirfte das Lesen so nerheerend mie auf Merdajem. Er magerte ab, fiel zujamunen, fing an zu trinken..
Prochor Sfemjonitsch!" flehte er Budjilda an:" Ewig werde ich Gott für Sie beten! Bitten Sie Seine Exzellenz, daß er's mir
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sich rasch ein bißchen der Nachtruhe vorweg, auf die es noch eine ganze Weile warten muß. Dann steige ich ein vornehm, zweiter Klasse. Das darf man fich aber nach fünfzehnstündiger Arbeit schon leisten, besonders, wenn man noch einen dreiviertelstündigen Heimweg vor sich hat. Die roten Polster nehmen mich freundlich auf. Ich lehne mich bequem in eine freie Ecke, und während meine Augen mechanisch die übrigen Anwesenden registrieren, verarbeitet mein Kopf die Reden, die ich eben in der Verjammlung hörte. Zu Hause werde ich dann nur noch den Bericht niederzuschreiben haben.
Aber die Mitfahrenden sind nicht nur da, sie sind auch laut. Es ist ja immerhin ein erfreuliches Zeichen, daß fast alle lachen. Meine beiden Nachbarn zum Beispel über die großartig tomische Rede, die der X., mit dem sie wahrscheinlich eben zusammen waren, gchalten hat über das Thema:" Soll man Damen in der Bahn seinen Platz anbieten, wenn sie jung oder alt, hübsch oder häßlich, einfach oder elegant angezogen sind?" Der X. meinte, daß man es nie tun solle, daß man sich aber jedesmal auf andere Weise drum drücken müsse. Die Beiden sinden das famos und lachen recht herzlich darüber. Ich bin wohl zu müde dazu.
Mir gegenüber fizen zwei Damen, auf die es zwerchfellerschütternd wirli, daß jemand die Schnitzel nicht in reiner Butter bratet. Talg war es, Talg," schluchzt die eine lachend und wirft den Kopf beinahe auf die Knic. Und außerdem ist es sehr erheiternd für sie, daß die Toni immer wieder Krepp marofeng" mit Krepp georgette" verwechselt. Toni ist eben schrecklich dumm.
fie billig gepukt, fehr jung und so betrunken, daß sie von ihm wie An einer Haltestelle steigt ein Pärchen aus: er solide Eleganz,
ein Kleiderbündel geschleift werden muß.
.Die bringt er jeßt nach Hause," sagt eine Freundin mit Betonung und stubbst ihren Freund mit dem Ellenbogen. Morgen früh wird sie sich schön wundern," tichert der fröhlich, und dann ziehen wie auf Verabredung beide ihre Taschenspiegel heraus und betrachten sich sehr andächtig darin.
Und während ich das alles halb wachend und halb träumend sehe und höre, fällt mir ein Satz ein, den eben eine Versammlungs rednerin sprach. In dem Krankenhause lag in der Kinderabteilung für Geschlechtskrankheiten ein bildschönes Kind ohne jedes Zeichen der Krankheit. Aber als mir fragten, ob das Kind nur deshalb hier fei, meil seine Eltern und Geschwister wegen Geschlechtskrankheit im Krankenhause wären, beckte der Arzt das Bett auf. Da sahen wir,
der riesigen gelben Flut und tanzt mit ergebenem Lächeln und ge senkten Augen. Sie tanzt den Tanz an die Sonne". Biele, piele Male. Bis fie dann hinsinkt, und die Geier und die Hyänen kommen und immer näher und näher kreisen.
Biel später fand man ihr Skelett, und noch heute singt man in den nordarabischen Dasen in einer uralten monotonen Melodie nachts, menn die Feuer lohen und alles vor den Zelten träumt, von dem„ Tanz an die Sonne" der kleinen braunen Pilota.
Wieviel Pole gibt es? Es handelt sich nicht um den alten Biz, daß außer dem Nord- und Südpol auch in Thüringen noch ,, a Pol da' ( Apolda ) sei, sondern um die Tatsache, daß es auf der nördlichen Hemisphäre tatsächlich fünf Bole von größter Wichtigkeit gibt. Dac ist außer dem eigentlichen geographischen Bol zunächst der Kältepol".. Er liegt weit entfernt vom geographischen Nordpol in dem sonst unbedeutenden Ort Werchojanst in der Provinz Jakutsk in Bentralsibirien, wo die tiefsten Temperaturen bis zu mehr als 60 Grad Celsius unter Null beobachtet wurden. Troß dieser niedrigen Wintertemperaturen gibt es in seiner Umgebung Wälder, auch läßt der kurze aber warme Sommer den Anbau von Getreide zu. Daneben gibt es den Magnetischen Nordpol", ungefähr 2 200 Kilometer südlich vom geographischen Nordpol in etwa 70 Grad nördlicher Breite. Er wurde 1831 von Roß am Westrande der Halbinsel Boothia entdeckt, nahe der Südgrenze des arktischen Archipels. Dann gibt es jenen wichtigen Bunft, den man den Windpol der nördlichen Arktis nennen fönnte. Er ist zwar noch nicht definitiv festgelegt, doch ist er zweifellos auf Grönland zu suchen, das einen Mittelpunkt der atmosphärischen Borgänge und Störungen im Nordpolargebiet darzustellen scheint. Endlich ist nach der Eispol oder Bol der relativen Unzugänglichkeit zu nennen. Die leßtgenannte Bezeichnung stammt von dem Forscher Stephansson, der 1920 in einer Veröffentlichung der Amerikanischen Geographischen Gesellschaft einen überaus interessanten Artikel: Das Gebiet der größten Unzugänglichkeit in der Arttis" veröffentlichte. Stephansson legte diesen Punkt dadurch fest, daß er das Gebiet, bis zu dessen Grenze Schiffe vorgedrungen sind, in der Karte eingetragen hat und durch Einzeichnung von Linien in gleichen Abständen innerhalb dieses Gebietes schließlich zu einem Bunkt gelangte, der von allen bisher erreichten Stellen am weitesten entfernt ist, und infolgedessen sehr wohl als Bol der größten Unzugänglichkeit bezeichnet werden fann,