Einzelbild herunterladen
 

Nr. 15943. Jahrg. Ausgabe A nr. 81

Bezugsvreis:

Bentlid 70 Biennig, monatite 8.- Reichsmart voraus zahlbar. Unter Rreuaband für Deutschland , Danzig Saar - und Memelgebiet, Defterreich. Litauen . Luremburg 4,50 Reichsmart, für das übrige Ausland 5,50 Reichsmart pro Monat.

-

Der Borwärts mit der Sonntags beilage Bolt und Reit mit Sieb. luna und Kleingarten fowie ber Beilage Unterhaltung und Billen and Frauenbeilage Frauenftimme erfcheint wochentäalid aweimal Sonntags und Montags einmal.

-

Telegramm- Adrese:

Sozialdemokrat Berlin

Morgenausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

10 Pfennig

Anzeigenpreise:

Die einfaltige Nonpareille Beile 80 Bfennia. Reflamezeile 5.- Reichsmart. Kleine Anzeigen bas fettaebrudte Wort 25 Bfennta ( auläffa awet fettaedrudte Worte). jedes weitere Wort 12 Bfennig. Stellengefuche bas erfte Wort 15 Bfennia, fedes weitere Bort 10 Bfennig. Worte über 15 Buch ftaben aählen für awei Worie. Arbeitsmarkt Reile 60 Pfennig. Familienanacigen für Abonnenten Beile 40 Bfennia.

-

Anzeigen für bie nächste Nummer müllen bis Uhr nachmittags im Sauptgeschäft. Berlin SW 68, Linden Rrake 3. abaegeben werden. Geöffnet von 8% Ubr früh bis 5 Uhr nachm.

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292–297.

Dienstag, den 6. April 1926

Im Geiste Giacomo Matteottis!

Oster- Kundgebung der Sozialistischen Arbeiterpartei Italiens .

Der Borstand der nach der im November erfolgten Auf-| und über die täglichen Brobleme der Außen, 3nnen, löfung der alten Unitarier- Partei neugegründeten Sozia listischen Arbeiterpartei Italiens und die ihr angehörenden Abgeordneten haben in Rom am 30. und 31. März eine Tagung abgehalten und dabei folgende Kund gebung erlassen:

" Nach dem Prozeß von Chieti ist das faschistische Regime über­zeugt, daß damit ein Abschnitt seiner Erifteng ebenso wie ein Abschnitt der Existenz der Oppositionsparteien abgeschlossen und besiegelt worden ist. Demgegenüber legen die Leitung der Sozialistischen Arbeiterpartei sowie die ihr ange­schlossenen sozialistischen Abgeordneten Wert darauf, folgendes festzustellen:

Gerade dieses jämmerliche Justizschauspiel und fein Abschluß sowie die Untersuchung durch den Staatsgerichtshof haben dem italienischen Bolt alles restlos bestätigt, was es über die Kriegsmethoden des Fascismus gegenüber seinen politischen Gegnern durchschaut und gemeint hatte. Troß der un­ermüdlichen Forderung des Aventin ", dem die Zukunft einft dafür danken wird, daß er tapfer die ungerstörbare fitt. liche Leidenschaft eines großen Boltes verkörpert hat, sind durch den Prozeß von Chieti

die Forderungen der Gerechtigkeit nicht erfüllt worden. Dagegen bleibt dle leuchtende und fledenlofe Gestalt von Giacomo Matteotti fortan der feierlichen Dankbarkeit des Well­proletariats geweiht. Diese Gestalt wurde zwar nach dem Tode und troß des Todes sogar im Gerichtssaal durch die verbreche. rische, wenn auch vergebliche und ohnmächtige Berleumdungs. mut feiner Gegner verfolgt, aber sie hat sich, gerade durch bie Tatsache des ungefühnten Marigriums,

zu einem unvergänglichen Symbol des fittlichen und mensch­lichen Proteftes erhoben,

des Proteftes gegen alle Schuldigen und Lobredner des Mardes, ber damit zu einem politischen Regierungsmittel ge. worden ist.

Aber der Kult des Märtyrers darf sich nicht auf eine mnftische Lnd tatenlose Verehrung beschränken. Die Tatsache selbst des Mar. tyriums muß uns veranlassen, unermüdlich auf alle Ziele zu schauen, die sich der Tote geſtedt hatte und für die er sich geopfert hat.

Der Golgatha- Weg der arbeitenden Klassen

ist mehr denn je die schmerzliche Realität, die die Welt bebrüdt und die teine fich auf den Sozialismus berufende Bartei jemals

vergessen fönnte.

Die verzweifelten Bedingungen, die der Regierungskontrolle unterworfenen Presse auferlegt sind, die Aufhebung der Bersammlungs- und Roalitiosfreiheit, nichts von alledem vermag unsere Partei oder sonst eine Bartei von der Bür. gerpflicht zu entheben, teine Anftrengungen zu fcheuen. Zu diesem Siel muß vor allem an die Mitarbeit der Jugend

appelliert werden, an die neue Generation von Hand- und Kopf

arbeitern. Damit sie sich selbst und sodann das Land über

die immer dunkleren Rätsel der italienischen Berfaffung

Steuereinigung in Paris . Bertagung der Kammer.

Paris , 5. April. ( Eigener Drahtbericht.) Am Sonntag morgen wurde die Finanzvorlage zur Deckung des Budgetzwölftels nach erfolgter Einigung zwischen Rammer und Senat ver­atschiedet. Die Raminer nahm das Gefeß mit 365 gegen 145 Stim­men, der Senat mit 220 gegen 16 Stimmen an. Die Sozialisten ftimmten für das Gefeß.

Die wesentlichste Meinungsverschiedenheit zwischen Rammer und Senat bestand über das Betroleum- und Zucker- Einfuhrmonopol. Die Rammer hatte schließlich den Vorschlag gemacht, durch ein Sendergefeß das Bettoleummonopol ipäter zu regeln und das Sudermonopol fallen au laffen. Der Senat nahm diese Eini gungsformel an, forderte jedoch eine Herauffeßung des Tabat. preises. Die Finanzvorlage soll der Staatstaffe noch im laufenden Jahre rund 5 Milliarden Franken neuer Einnahmen geschaffen. Der Finanzminister glaubt, das Budgetdefizit so beheben und das Gleich gewicht herstellen zu können.

Die Kammer vertagte fich nach der Berabschiedung der Finanzvorlage auf den 20. April in der Erwartung, daß der Senat bis dahin die Beratungen über das eigentliche Budget für 1926 abschließen wird. Die Beratungen follen am 12. April im Plenum des Senats beginnen. Die endgültige Verabschiedung des Gesamt budgets dürfte also voraussichtlich Ende April erfolgen.

Birtschafts. urd Finanzpolitit unterrichten. Alle un leugbaren Schwierigkeiten, die sich dieser Aktion entgegenstellen, vermögen nicht einen Berzicht auf die Ausübung eines Einflusses im öffentlichen Leben zu rechtfertigen. Es muß vielmehr einge griffen werden, um

an der Krifit des absolutistischen Regimes

mitzuwirken und um die Beispiele und Hoffmungen der sozialisti schen Zukunft auf dem Wege der Freiheit und der Demokratie zu

verkünden.

Man fann bas Proletariat unterbrüden, in­dem man ihm alle legalen Mittel raubt, sein Riassenbewußtsein zu manifestieren.

Aber damit wird der Klaffenkampf als solcher noch feineswegs abgeschafft.

Der Klaffenfampf bleibt auch dann als eine natürliche, wirtschaftliche und politische Tatsache, die mit dem fapitalistischen Broduktionssystem untrennbar verknüpft ist. Daher beschließen die Leitung der Sozialistischen Arbeiterpartei Italiens und ihre par lamentarische Fraftion, im Bewußtsein der Rolle, die sie in diesem Rampfe zu spielen haben,

eine neue Plenariagung nach Malland einzuberufen, die durch alle in Frage kommenden Bertretungen verstärkt sein wird. Sie werden dort die besonderen und äußerst schwierigen Bedingun gen einer gründlichen Brüfung unterziehen, die durch die neuen ge­gefeggeberischen Maßnahmen der Partei auferlegt wurden, um ihr alle Mitel für einen wirksameren Widerstand gegen die maßlose Ausbeutung zu rauben, die das italienische Proletariat auf dem flachen Lande, in den Fabriten und auf dem Wasser erduldet. Und sie werden endlich auch dem Proletariat die schnellsten und prat tischsten Wege zu seiner eigenen Verteidigung auf. zeigen!

Durch diesen Aufruf erhält die europäische Arbeiterflaffe die Bestätigung deffen, woran sie nie zu glauben aufgehört hat: daß nämlich die italienische Sozialdemokratie weiterlebt und weiterfämpft trotz alledem!

-

Amendola im Sterben. Auch ein Opfer des Faschismus. Paris , 5. April. ( TU) Wie der Quotidien" mitteilt, liegt der frühere Italienische Handelsminister Amendola, der fich gegenwärtig in Cannes aufhält, im Sterben Amendola leidet an den Folgen von Mißhandlungen durch Faschisten, die ihm bei einem Ueberfall were kopfverlegungen beigebracht hatten.

Dor

Amendola, der Führer der radikalen Demokraten nach der Bertreibung Nittis aus Italien , wurde innerhalb von zwei Jahren zweimal von Faschisten überfallen. Das erftemal turz der Ermordung Matteottis auf direkten Befehl fall organisierte), das zweitemal im vergangenen Sommer im Bade Muffolinis( laut Befundung con Cesare Rossi , der den Ueber­Montecatini unter den Augen der Behörden. Man ließ ihn damals im bewußtlosen Zustand stundenlang hilflos liegen.

Belagerung Pekings.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Boftichedlonto: Berlin 37 536 Banktonto: Bant ber Arbeiter, Angeftelten und Beamten. Wallftr. 65: Diskonto- Gesellschaft, Depofitentale ginbenstr. 3.

Der Weg zum Völkerbund.

Bon Rudolf Breitscheid .

Ueberall in den Osterartikeln der deutschen Presse- und nicht in der deutschen allein- spielt das Problem des Bölkers bundes eine hervorragende Rolle. Es ist das Thema, das die europäische Deffentlichkeit gegenwärtig am meisten interessiert: wird der Schlag, den die Weltorganisation im März erhalten hat, tödlich sein oder hat er eine Krisis herausbeschworen, die als Gesundungskrisis angesprochen werden kann, und aus der der Völkerbund machtvoller und innerlich gefräftigter hervor­geht, als er zuvor dagestanden hat? Prägnanter ausgedrückt: merden sich bis zur ordentlichen Tagung im September die Schwierigkeiten beseitigen lassen, die der außerordentlichen Tagung ein so unrühmliches Ende bereitet haben? Wird die Studienkommission die Bahn für Deutschlands Eintritt freizu machen vermögen, oder wird man sich nach dem Abschluß ihrer Arbeit wieder vor denselben Hindernissen sehen?

"

Schon die Tatsache der lebhaften Distussion mag in gewissem Sinne optimistisch stimmen, denn sie ist an sich ein Beweis für die Furcht vor einem Fiasko und für das Borhanden­sein des Willens zu einer Verständigung, die die weitere Zu­fammenarbeit auf vernünftiger Basis ermöglicht. Aber das ändert nichts daran, daß ein ganzer Kompler von nicht unge­fährlichen Fragen noch der Lösung harrt, und diese Lösung wird, was Bandervelde in seinem Aufsatz im Vorwärts" deut­lich genug hervorhebt, nicht ganz leicht zu finden sein. Handelt es sich doch nicht nur um die Bumeifung eines Ratssitzes an den einen oder anderen Staat, sondern um die große und ent­scheidende Aufgabe, eine Uebereinstimmung über die Grund­fäße zu erzielen, nach denen der Rat aufgebaut werden muß, wenn er felbft funktionieren und gleichzeitig in einem Ver­hältnis zur Bollversammlung stehen soll, das dieser das Gefühl eripart, eine mehr oder weniger überflüssige Statistenrolle zu spielen.

Dabei wird die Erzielung eines günstigen Ergebnisses natürlich nicht zuletzt von der Haltung der deutschen Regierung abhängen. Sie ist zur Mitarbeit in dem Ausschuß eingeladen morden und hat diefe Aufforderung im Prinzip angenommen. Sie behält sich vor, Einzelfragen noch zu prüfen, sie will das zur Berhandlung stehende Thema und die Art, wie es angefaßt werden foll, genauer fennen lernen Sie hat sich einstweilen nicht gebunden, hat keine Bedingungen gestellt und feine Zu­fagen gemacht, und obwohl ihre Anmeldung zum Bölkerbund nach wie vor besteht, behält sie sich ihre letzte Entscheidung vor. Sie will abwarten, wie die Dinge laufen.

Diese Taktik ift verständlich und berechtigt. Nach den Er­fahrungen vom März fann das deutsche Kabinett vorläufig nicht wohl anders vorgehen, und es vermag sich im übrigen darauf zu berufen, daß die Völkerbundsfreunde in der ganzen Welt im allgemeinen mit feiner Zurückhaltung einverstanden find. Aber der Augenblick wird doch kommen, in dem Deutsch­ land genötigt ist, seine Reserve zu verlassen. Es wird schließ lich sagen müssen, unter welchen Voraussetzungen es feinen Eintritt tatsächlich zu vollziehen gedenkt, und dann wird es um es gleich zu sagen nicht mehr den gleichen Standpunkt einnehmen können, den es während der außerordentlichen Tagung vertreten hat.

-

Seine erste und wesentlichste Forderung war die, als ständiges Mitglied in den Rat, so wie er war, aufgenommen Stadium der Verhandlungen die Weigerung, über die mög zu werden, und damit verband es wenigstens in dem ersten licherweise nach feinem Eintritt erfolgenden Veränderungen in der Ratszusammensetzung im voraus eine Meinung zu äußern. Diese starre Ablehnung haben seine Delegierten dann freilich zuletzt aufgehoben. ass sie sich mit dem etwaigen Austausch des schwedischen und tschechoslowakischen Sizes gegen einen solchen für Polen und Dänemark oder Holland einverstanden erklärten. Aber auch die ursprüngliche Forde­rung der alleinigen Aufnahme oder der Nichtvermehrung eintritt, gibt man seine Bereitwilligkeit zu erkennen, mindestens der ständigen Size wird sich jetzt nicht mehr auf­rechterhalten lassen. Indem man in die Studienkommission an grundsäglichen Erörterungen über die Konstruktion des Rates mitzuarbeiten und die Dinge ausschließlich unter dem Gesichtswinkel des Bölkerbundes und nicht unter dem speziell deutscher Intereffen anzusehen. Man wird sich darüber auszusprechen haben, ob man eine Er höhung der Zahl der ständigen Ratssige für zweckmäßig hält, ob gegebenenfalls für die neuen Pläge nur Großftaaten in Betracht kommen und welche Mächte als Großstaaten anzu­fehen find. Des weiteren, ob überhaupt der Unterschied zwischen ständigen und nichtständigen Sigen aufrechtzuerhalten ist, ob die Size Einzelstaaten oder Staatsgruppen zur Verfügung gestellt werden können, ob ein bestimmter Turnus Platz zu greifen hat usw.

Neue Bombenwürfe der Weißen. darin überein, daß die Belagerung Belings begonnen hat. Nur London , 5. April. ( EB.) Die Meldungen aus China ftimmen nach Nordwesten sei die Stadt noch nicht von den Truppen schangisolins und Bupeifus eingeschlossen. Offenbar um ihr die Verbindung zu stören, ließen die Belagerer durch Flug euge im Laufe des Sonnabends und Gonntags etwa 20 Bom Eine Bombe fiel in den ben von je 30 Kilogramm abwerfen. Eine Bombe fiel in den Garten des Winterpalaftes und eine unweit der französischen Mission nieder. Weitere Einschläge wurden beim Himmelstempel, fowie der französischen und der amerikanischen Kirche festgestellt. Man rechnet mit der Möglichkeit( D), daß die Mächte deshalb Vorstellungen bei den Generalen erheben werden. Bei der dritten Bombardierung wurde ein Brand im faiserlichen Balast hervorgerufen. Der chinesische General Fang, der 1917 Minister präsident war, hat einen Kurier zu Tschangtfolin entsandt, um ihn zur Einstellung der Bombenabwürfe zu bewegen. Die Ruo- Diese Dinge müssen sorgfältig durchgesprochen werden, Min- Armee hat nach einer Meldung der Chicago Tribune" be. und wenn dabei Deutschland auch eine Ansicht vertreten sollte, schlossen, Befing nicht zu räumen. Dieser Beschluß sei vom Kabinett deren Verwirklichung auf die Aufrechterhaltung des Rats in gutgeheißen worden. Die Alliierten haben sämtliche Eisen seinem gegenwärtigen Beftand hinausliefe, so wird es sich bahnverbindungen, mit Ausnahme der Linie Suinan unterbrochen. wohl dafür zu hüten haben, feine Auffassung anders zu moft­Man erwartet in Kürze den Angriff Tschangtfolins auf Beting. I pieren, als mit den Rücksichten auf ein gedeihliches Arbeiten