Nr. 187 43. Jahrg. Ausgabe A Nr. 95
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Donnerstag, den 22. April 1926
Der Arbeitsplan des Untersuchungsausschusses des Reichstags.
Im Femeuntersuchungsausschuß des Reichstags| Rathenau und Scheidemann ; zu 7. liegt fein besonderer Fall vor. legte gestern der Vorsitzende Abg. Dr. Schetter( 3.) ein Arbeits- Ungewiß hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit sind die Fälle Gareis und programm vor. Danach sollen im Sinne der vom Plenum über Dammers( Grütte- Lehder). wiesenen Aufgabe als Fememorde angesehen werden: Anfchläge auf Menschenleben auf Grund des Spruchs einer Organisation oder der Verabredung einzelner ihrer Mitglieder wegen eines von ihnen als verräterisch angesehenen Verhaltens sowohl gegen Mitglieder und ehemalige Mitglieder als auch gegen Außenstehende. Als Femeorganisationen
follen angesehen werden: Organisationen, die Gruppen bildeten oder duldeten, denen die Durchführung von Femeaufträgen oblag.
Im übrigen sollen strafbare Handlungen nur berücksichtigt Im übrigen sollen strafbare Handlungen nur berücksichtigt werden, soweit sie zur Beleuchtung der Anschläge oder zur Charakteri fierung der Organisationen von Bedeutung sind.
Unter diesen Gesichtspunkten sollen nach dem bisher geprüften Material als Femeorganisationen in Betracht kommen: 1. Die GR.( Schwarze Reichswehr ).
2. Die Organisation Roßbach.
3. Die Arbeitsgemeinschaft Maner( Breslau ). 4. Die Einwohnerwehr Bayern ( Landesleitung). 5. Der Blücher Bund( München ).
6. Die DC.( Organisation Consu 7. Der Werwolf.
Uls Femetaten
mmen in Betracht zu 1. die acht Fälle: Legner, Pannier, Gröschte, Wilms, Sand, Brauer, Holz, Beyer; zu 2. die Fälle Kadom und Böttcher; zu 3. der Fall Hermann; zu 4. die Fälle Dobner, Sandmener, Hartung; zu 5. der Fall Bauer; zu 6. die Fälle Erzberger ,
Kein Volksentscheid über Aufwertung!
Ein Reichsgeset soll ihn verhindern!
Die Reichsregierung hat am Mittwoch befchloffen, den gesetzgebenden Körperschaften einen Gefehentwurf vorzulegen, durch den Klargestellt wird, daß ein Volfsentscheid über Gefehentwürfe, die die Folgen der Geldentwertung regeln follen, nur durch den Reichspräsidenten veranlaßt werden kann.
Amtlich wird dazu gemeldet:
Mit Rücksicht darauf, daß zu den wichtigsten Fememorden( der Schwarzen Reichswehr) das Aftenmaterial noch sehr unvollständig ist, soll deren Behandlung bis zum Eingang und der Durcharbeitung der Akten zurückgestellt werden. Dasselbe gilt für die Fälle, die die Organisation Roßbach betreffen.
Die Arbeitsweise des Ausschusses.
Bezüglich der Arbeitsweise des Ausschusses soll folgendermaßen berfahren werden: Die Berichterstatter geben zu den Einzelfällen einen zusammenfassenden Bericht mit einem Borschlage, über welche Fragen Beweis erhoben werden soll und welche Bersonen als 3 eugen oder Sachverständige gehört werden follen. Dementsprechend beschließt der Ausschuß dann Art und um fang der Beweiserhebung und führt diese durch.
Um mit der Untersuchung sofort beginnen zu können, soll zunächst folgende Reihenfolge für die Einzeluntersuchungen ein gehalten werden: 1. Der Fall Bauer, 2. Die Fälle der Einwohner wehr München , 3. Die Fälle der Organisation Consul und 4. Der Fall Hermann. Sobald die Akten zu den Fällen der Schwarzen Reichswehr vorliegen, werden diese Fälle vorweg behandelt.
Nach längerer Geschäftsordnungsaussprache, in der die Boltspartei Einbeziehung der Ticheta in die Untersuchung beantragt, stimmt der Ausschuß dem Arbeitsplan zu. Die Einbeziehung der Tscheka wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten beschlossen.
Nächste Sizung Mittwoch, den 28. April( Fall Bauer).
Dr. Curtius jüngst in einer Rede in Mannheim getan hat, ift ihr gutes Recht. Eine ganz andere Frage aber ist es, ob der Weg der Gesetzgebung zum Zweck der Verhinderung des gefürchteten Boltsbegehrens empfehlenswert und gangbar ist.
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Regierungssturz in Mecklenburg
Landtagsauflösung und Neuwahlen wahrscheinlich.
Schwerin , 21. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die medlenburgische Land bundregierung ist am Mittrooch zurückgetreten. 3hre eigenen Helfer sind ihr zum Unglüd geworden und waren die Urheber des Sturzes. Der Landbund hatte bereits am Dienstag eine Entschließung eingebracht, die im Laufe des Tages im Landtag besprochen und von den Regierungsparteien mit einem Vertrauensantrag für die Regierung beantwortet wurde. Die Abstimmung erfolgte am Mittwoch und ergab für die Regierung 23 Stimmen, während gegen fie 37 Abgeordnete stimmten. Die völkischen Landbündler ftimmten mit den Sozialdemokraten, kommunisten und Demokraten gegen das Vertrauensvotum.
Das Gesamtminifterium erklärte darauf nach einer furzen Beratung seinen Rüdtritt, während die Deutschnationalen den Antrag auf Auflösung des Landtags stellten. Am Donnerstag der kommenden Woche soll dieser Antrag beraten werden, und da auch die Linksparteien für die Auflösung ftimmen werden, so ist fürlich, daß die Böltischen nicht, wie fchon jo off, fich in der die Regierung plötzlich zu einem Bertrauensvotum umstempeln. Zwischenzeit die Dinge anders überlegen und ihr Mißtrauen gegen
Das sogenannte Regieren in Medlenburg- Schwerin mar schon seit langem nur ein Hängen und Würgen. Schon einmal hatte die völkische Frattion, von deren Unterstützung die „ Ordnungs"-Regierung abhängig ist, ein Mißtrauensvotum gegen die Brandenstein- Regierung durchgedrückt. Als aber der Rücktritt des Ministeriums und die Auflösung des Landtags in Sicht tam, ließen die Mannen Albrecht von Graefes erffären, ihre Abstimmung bedeute kein Mißtrauensvotum, und so blieb der deutschnationale Brandenstein mit volksparteilichem Anhang weiter als„ Regierung" am Ruder. Aber die Abhängigkeit von der völkischen Barlamentshilfe machte ihren Herrenweg zu einem Leidensweg. Die Explosion, die jetzt erfolgte, war lange vorauszusehen, unvermeidlich und von unferem Standpunkt durchaus zu begrüßen. Indem unsere Genossen im Landtag gegen die Bertrauenserklärung stimmten, stellten sie die vorhandene Tatsadje flar heraus, daß diese Regierung feine Regierung mehr ist.
Jezt ist die Regierung Brandenstein mit volksparteilichem Anhang zurüdgetreten. Der deutschnationale Führer Zunächst ist festzustellen, daß die Argumente der amt hat daraufhin beantragt, die Wahlperiode des gegenwärtigen lichen Erklärung überhaupt nur auf Schuldverpflichtungen Landtages am 20. Juni ablaufen zu lassen, das heißt also: des Staates angewendet werden können, nicht aber auf den Landtag aufzulösen. Ueber den Antrag soll in Schuldverhältnisse zwischen Privaten. Im ersten Fall der nächsten Woche beraten und formell Beschluß gefaßt werfann es zweifelhaft sein, ob das geplante Gesez eine Ber den. Wenn nicht die Völkischen aus begreiflicher Angst fassungsänderung darstellt, im zweiten Falle ist es por Neuwahlen im letzten Augenblid wieder einunzweifelhaft. Soll also durch das neue Gesetz der ge= Soll also durch das neue Gesetz der geschwenken, dann wird der mecklenburgische Landtag bald ein famte Romplex der Aufwertungsgesetze von der direkten neues und wahrscheinlich wesentlich verändertes Volksgefeggebung ausgeschlossen werden, dann ist dieses neue Gesicht erhalten. Gesetz ganz zweifellos verfassungsändernd und bedarf zu feiner Berabschiedung der Zweidritielmehrheit.
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Auf keinen Fall darf man eine Art der Beweisführung passieren lassen, die das geplante Volksbegehren für unzulässig erklären will, weil es mittelbar" auch den Haushalts Denn nach dieser Methode fönnte jo plan berührt. ziemlich das ganze Recht des Volkes auf direkte Gefeßgebung mit Hilfe des Artikels 73 Abs. 4 der Reichsverfassung hinweginterpretiert werden. Es wird wenige Gefeße geben, die nicht mittelbar" in der Gestaltung des Haushaltsplans irgendeine Veränderung hervorrufen.
Nach Reichsrecht ist der Weg der Volksgesetzgebung insofern beIchränkt, als über den Haushaltsplan, über Abgaben geseze und Besoldungsordnungen nur der Reichs präsident einen Volksentscheid veranlassen kann. Damit find auch Gefeßentwürfe der bezeichneten Art dem Boltsbegehren entzogen. Dies ist geschehen, weil derartige Gesetze nicht aus dem Zusammenhang mit dem gesamten Steuer- und Wirtschaftsplan herausgenommen werden können. Die vor und während der Geldentwertung begründeten Rechtsverhältnisse sind im Aufwertungsgesetz und im Gesetz über die Ablösung öffentlicher An leihen im Zusammenhang geordnet. Der Gesamtkomplex dieser Gefeßze bedingt maßgebend den Haushalt des Reiches, den Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, wie überhaupt das gesamte öffentliche Finanzwesen. Er ist insbesondere auch die Grundlage unserer Währung. Solche Geseze müssen, wenn nicht die ganze deutsche Wirtschaft auf das verhängnisvollste erschüttert werden soll, dem Haushaltsplan und den Abgabengefehen gleichgeachtet werden. Bei finngemäßer Auslegung des Artikels 73 Absatz 4 der Reichsverfaffung müssen daher Gefeße, die die Folgen der Geldentwertung regeln, hinsichtlich der Boltsinitiative den gleichen Bestimmungen unterworfen sein, wie Gefeßent- trogen worden zu sein, bis zur Erbitterung gestärkt. Die würfe, die den Haushaltsplan und die Abgabenregelung un mittelbar zum Gegenstande haben. Zur Vermeidung von Zweifeln hat die Reichsregierung beschlossen, den geseßgebenden Körperschaften einen Gefegentwurf vorzulegen, durch den tlargestellt wird, daß ein Volksentscheid über Gesezentwürfe, die die Folgen der Geldentwertung regeln sollen, nur durch den Reichspräsidenten veranlaßt werden kann.
Durch diese Regelung wird die Frage der Auseinandersehung der Länder mit den ehemals regierenden Fürstenhäusern und damit das bereits schwebende Boltsgesetzgebungsverfahren nicht berührt
In der Propaganda für eine Abänderung der Aufwertungsgesetze hat es bisher zwei Richtungen gegeben, die des Abg. Best, die eine 50prozentige, und die des Sparer bundes, die eine 100prozentige Aufwertung verlangt. Neuerdings hat Dr. Best einen Entwurf nach seinen Grundsägen ausgearbeitet, der unter Zulassung gewisser Schwankungen alle Ansprüche normal auf 50 Broz. aufwerten will, und dieser Entwurf soll zum Gegenstand eines Boltsbegehrens gemacht werden.
Die Reichsregierung befürchtet mun, daß der Entwurf Bests oder ein noch weitergehender die notwendigen vier Millionen Unterschriften finden tönnte, wovon sie eine schwere Erschütterung des deutschen Rredits erwartet. Bor dieser Gefahr zu warnen, wie es der Reichswirtschaftsminister
Der äußere Anlaß zu der Balastrevolution im Lager des Ordmungsbundes erinnert sehr starf an den berühmten Rahn ftädter Reformverein", von dem Friz Reuter eine so prächtige Schilderung in seiner Stromtid" gibt. Die Akteure in dem Schauspiel, das da vor uns aufgeführt wird, sind vom Schlage jenes 3amwel Pomucheistopp, der bei Reuter als Typus eines aufgeblasenen neureichen Gutsbesizers erscheint und von dem Onkel Bräfig sagt:„ Herr Zamwel Bomuchelsfopp, ich bin fein Du Don Sie!"
Die Landbündler, aus deren Reihen die bisherige Regierung zusammengesetzt war und die sie bisher stützten, Die Erregung der Sparerfeife ist verständlich. Sie ist find in letzter Zeit immer mehr zum Spielball pölkischer durch die schwindelhafte Agitation der Deutsch Demagogie geworden. Vor kurzem haben sie auf einer von nationalen noch gesteigert worden, und das Mißver der völkischen Bresse weidlich ausgeschlachteten Bandbundhältnis zwischen den deutschnationalen Worten und den fundgebung" in Güstrow eine Reihe von Forderungen aufgedeutschnationalen Taten hat das Gefühl jener Kreise, bestellt, die selbst der deutschnationalen Regierung und der deutschnationalen Parteileitung über die Hutschnur gingen. neue Aktion der Reichsregierung ist nun auch nicht danach an Sie haben sich gegen diese Anträge zur Wehr gesetzt, worauf getan, beruhigend auf sie zu wirken. Sie fompliziert den ihnen vom Erbpächter, Büdner- und Häuslerausschuß" Streit um die Aufwertung, indem sie ihn auf das verfassungs- unter 3ustimmung des Gesamtvorstandes des mecklenburgischen Landbnndes„ großes rechtliche Gebiet überträgt und sie kann dadurch leicht das Befremden"," Erbitterung" und dergleichen ausgeGegenteil der beabsichtigten Wirkung erreichen. sprochen und zum Schluß folgende Erklärung unterbreitet wurde:
Die Regierungskrise in Polen . Warschau , 21. April. ( WTB.) Der Präsident der Republik hat befchloffen, daß die Rumpfregierung Str3ynifi vorläuf: 9 weiter am Ruder bleiben und der Ministerpräsident fi bemühen solle, die zusammengeschmolzene Koalition zu erweitern. Das hat in den Kreisen der Linken große Erregung hervor gerufen. Die radikale Bauernpartel Dombftis hat an die anderen demokratischen Parteien die Aufforderung gerichtet, daß die gesamte polnische Linke beim Staatspräsidenten intervenieren solle, um ihn auf die Gefahren seines Entschluffes aufmert sam zu machen. Der Bizemarschall des Landtags, der sozialdemofratische Führer Daszynski , erklärte, daß jeder zivilifierte Staatschef" nach dem Bruch der Koalition die Demiffion der Regierung angenommen und den zurückgetretenen Ministerpräsidenten mit der Fortführung der Geschäfte betraut hätte. Von einem Reuein tritt der Sozialdemokraten in die Regierung, wie der Präfident es angeblich wünsche, fönne feine Rede sein. Im ähnlichen Sinne hat sich der Führer der radikalen Bauern partei Biswolenie, Sejmizemarschall Bonjatomiti, ausgesprochen,
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Wir erklären einmütig, daß die Langmut des medlenbutgischen Bauern erschöpft ist und wir nicht länger weder einer Regierung folgen, noch einer Partei angehören können, die uns die Möglichkeit des Fortbestehens untergräbt, weil deren Führer heute noch nicht den ganzen schweren Ernst unserer wirtschaftlichen Lage erkannt zu haben scheinen. Wir wollen endlich mit den Bauern im übrigen Reich auf einer Stufe stehen."
Eine solche Erklärung wurde von den Deutschnationalen begreiflicherweise als eine offene Kriegserklärung anSo leichtsinnig sie sonst von Kriegserklärungen gesehen. sprechen, diese war ihnen doch einigermaßen unbequem. In der Presse gab es deshalb eine liebliche Kazbalgerei, bei der vom Führer der Deutschnationalen, Justizrat Knebusch, den pölkischen Landbündlern vorgeworfen wurde, sie beabsichtigten eine vorzeitige Auflösung des LandDer Landbundredakteur im Rostocker Anzeiger" tags. quittierte diesen Vorwurf" mit der Bemerkung, Landtagsneumahien wären schon deshalb zu begrüßen, weil- ,, befann
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