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Kr. 1S7 43. Jahrgang
7. Seilage öes Vorwärts
Donnerstag, 22.Kpril 1426
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'/f(||""".......... U wie hier mil Händen, die vielleicht nicht mal zu Haus frisch gewaschen »waren, zwei, drei Sinder nacheinander gestreichelt werden, wie dos Spielzeug anderer Kinder, das nach Kinderart immer in den Mund 'wandert, von der lieben Nachbarin in die Hand genominen wird oder, wie es auch, unter ermunternden Worten der Mütter<na, schenk' dem Brüderchen, schenk'!), von Wagen zu Wogen wandert. '2Iber was soll denn das schaden?" Doch eines Tages erkrankt das Kind einer ganz gesunden Familie an Tuberkulose, oder es erkrankt an Diphtherie  : als Quelle der Ansteckung wird endlich festgestellt, daß eine freundliche Banknachbarin das Kind infiziert hat. Diese Fälle ließen sich beliebig vermehren. Gerade Säuglinge sind für einige Arten der Ansteckung sehr empsäa�lich, und es kommt vor, daß in einem Säuglingsheim U> bis 15 Kinder erkranken, nur, weil ein Angehöriger eines Kindes vorschriftswidrigerweise trotz eines leichten Schnupfens das heim besuchte. Bei den Kindern aber wird der«leichte Schnupfen" dann zu einer oft lebensgefährlichen Er- krankung. Und nun überlege sich einmal jede Mutter: Was weiß sie in Wahrheit von dem Gesundheitszustand der lieben«Banknach- barin", von der Gesundheit des fremden Kindes, mit dem ihr Klein- chen lächelnd das Spielzeug tauscht? Was weiß sie von der per- sönlichen Sauberkeit, was von dem Zustande der Wohnung der Fremden? Ach, diese freundliche Liebkosung hat schon mehr als einem Kind« langwierige Krankheit, wenn nicht gar Schlimmere» eingetragen. Darum sollten alle Mütter es sich zum Gesetz machen: Nie einein Fremden da» Berühren ihres Säuglings oder Kleinkindes zu gestatten! Gewiß, eine Mutter, die hierin konsequent ist, wird bald als unfreundlich verschrien sein: aber lieber mag sie diesen schlechten Ruf, als ihr Kind durch ihre.Freundlichkeit" wochenlange Krankhett ertragen.
falsche Jürsorge.
Babies gibt es siele: wann der Friehling kommt, dann kommen sie raus." So begann Robert Johannes einen der.Aufsätze eines ostpreußischen Aolksschülers". Ja, Babys gibt es viele, und in diesen sonnigen Frühlingstogen stehen alle Parkanlagen mit einem- mal voller Kinderwagen, es ist eine wahre Invasion, wie ein neuer Kinderkreuzzug der Kleinsten und Jüngsten gegen den Winter, den Jsegrimm, den man endlich bezwungen hat. Und die Mütter, die stolz dieses Heer ins Feld führen, sitzen auf den Parkbänken, nicken sich strahlend zu,' erneuern alte oder schließen neue.Bekanntschaften". Soweit wäre alles gut und schön. Aber aber. Mch etwas für öle Gefutiöheltswoche. .Guten Tag, Frau Kominski, guten Tag, Frau Barth na, wie geht's denn."Guten Tag, mein Püppchen, schenk' der Tante Händchen heute sieht sie schon nicht mehr so blaß aus, Frau Ka- minski, die erHoll sich schnell, sollen Sie sehn: guten Tag, mein süßer Strolch, was hast du denn da? Zeig' doch mal den bunten Mann her! Na, schenk' wie schlau er schon ist, Frau Barth! Und was das Kind für d'cke Bäckchen hat!" Und liebevoll klopft diegute Tonte" dem Kind die Bäckchen. Das ist eine kleine Szene, die wir alle Tage in jedem beliebigen Park beobachten könne». DieBanknachbarin" kommt: auch sie schiebt einen Kinderwogen Und sie schüttelt zur Begrüßung nicht nur jeder der anderen Mütter l ie Hand, sie betarschell auch die beiden Kinder der anderen Frauen, und wenn die noch zu klein sind, um ausrecht zu sitzen und Händchen zu geben, dann hängt sie mindestens ihre Nase begutachtend über das klein« Köpfchen da im Wagen. Jedem Menschen, der ein wenig von Säuglingspflege oersteht, empört sich das herz, wenn er sieht,
Was hier durch zu große Sorglosigkeit gesündigt wird, geschieht an anderer Stelle durch zu große Sorgsalt. Wie sieht so ein nor- maler Kinderwagen aus? Zuerst mal liegt ein schönes Federkissen unten drin,.damit das Kind warm liegt". Unter dem Köpfchen liegt, dick mit Federn gestopft, das.Paradekissen", mit Einsatz oder Handstickerei kunstvoll verziert. Dann liegt das Kleine unter einem dicken Federbett: wenn das Kind nicht gerade sitzt, ist das bis zur Nase heraufgezogen. Oben drüber liegt die bunte Steppdecke. Dos Bcrdeck ist hochgeschlagen, vom oberen Rand wallt ein« breite Spitze, bei den kleinsten reichen die doppellcn Gardinen bis auf die Steppdecke. Und fabelhast schöne Seidenschleisen rechts und links krönen den ganzen Ausbau. Ueberschrift:Das Kind wird an die Lust geführt." Dem nachdenksamen Betrachter will es manchmal scheinen, als ich das Sind da» nebensächlichste bei der ganzen Parade- pracht. Aber so ist es sicher nicht gemeint! Unsere Proletarier­mütter wollen nur am Kinderwagen alles ebenso schön haben,wie die feinen Leute". Denn es läßt sich nicht ableugnen: Beim Kinder- wagen scheint oft selbst die Bernunit der int Privatdienst stehenden Säuglingsschwestern aufzuhören. Sie müsien hier wohl auch der mütterlichen Eitelkeit Konzcsiionen machen, �war haben sie im Kursus gelernt, daß ein Kind nicht auf Federn liegen, besonders kein Federkopskissen hoben soll, daß eine Wolldecke und höchsten» ein kleines Federkisien zur Bedeckung der Füße genügen: im Kinder- wagen aber find die von ihnen betreuten Kinder genau so eingepackt. wie die ganz gewöhnlichen, nur von ihren Müttern gepflegten Kinder des Mittelstandes oder des Proletariats. Nur daß dos Paradekissen noch schöner gestickt, die Decke hier öfter ein weißes. lockiges Angorafell ist aber das schließt noch lustdichter als die einfache Steppdecke. Nun, bei diesen Kindern hat die Abschließung von frischer Luft während der Ausfahrt nicht die schlimmen Folgen
wie bei den Kindern des Proletariats. Sie haben gesünder« Wohn» räume, sie müssen nicht den übrigen Teil ihres Tage» in feuchten, sonnenlosen, überfüllten Räumen zubringen..Kamps der Rachitis!" ist ein Feldruf der Reichsgesundheitswoche. Zwei der besten Kamps- genossen gegen dies« tückische Krankheit sind Lust und Sonne. Sie sind sicher die billigsten. Gehl es gar nicht anders, kann Mutter ja eine Flickarbeit oder die zerrissenen Strümpfe zum Ausbessern mtt in den Park nehmen. Aber sie soll nicht triumphierend der Nachbarin erzählen:.Unfern Pussel, den wickle ich immer, wenn wir ausfahren, so warm ein, der dampft richtig, wenn ich'n aus 'n Wagen nehme! Das Kopfkissen hat er ganz naß geschwitzt!"> Und triumphierend Hütt sie das.Paradekissen" hin, auf dem das arme rachitische Köpfchen allerdings einen großen Schweißsleck hinterlassen hat. Sie soll sich merken: Ein Kinderwagen braucht keine andere, als die hier als richtig beschriebene Ausstattung, und sie tut ihrem Kinde den größten Dienst, wenn sie es, so bald als möglich, Lust- und Sonnenbäder nehmen läßt. Es braucht dazu nicht der Hochsommer abgewartet zu werden. In diesen Urbergangs- tagen kann ja noch ein leichtes Kleidchen dabei anbehalten werden. Wollmützchen und Federbett aber sollen schleunigst oerschwinden!" Freilich kann man nicht ein bisher verzärteltes Kind von heute aus morgen ohne Gefahr für sein« Gesundheit plötzlichabhärten". Aber ein Stück nach dem anderen soll aus dem Kinderwagen heraus- gelassen werden. Das pompöseParadekissen" zuerst: wem es um den schönen Bezug leid tut. kann es ja mit Roßhaar oder(im Not­fall) fest mit Kapok füllen. Bis schließlich der Kinderwagen keine fahrbareMatratzengruft  " mehr ist. Katharina II.   erzählt in ihren Memoiren, wie man ihr ihren Thronsolger in einer mit Zobel gefütterten Wiege, in Daunenkisien, mit einer Zobeldecke undgantz von Flöhen zerstochen und schweißtriefend" präsentiert habe. Etwas besser ist es ja schon geworden. Oder ob es nur daran liegt, daß Zobel so eine rare, teure Sache ist...?
Jamile unker den Zedern. IKj Don Henri Bordeaux. (Berechtigte Uebersetzung von I. Kunde.) Im Lande Alka. Ich hätte, wenn ich mein Recht als Bräutigam geltend machte, der Führer der Expeditton fein müssen. Bamile war mir versprochen. Tamile gehörte mir sowohl durch ihre Zu- sage wie jene ihres Vaters. Aber sie hatte die ihre zurück- genommen. Die Empfindungen, unter denen ich litt, gaben mir weder die nötige innere Freiheit, noch die Kraft, die ich als Führer der Unternehmung gebraucht hätte. Die Schmach, die durch die Meineidige meinem Glauben, meiner Rasse, wie mir selbst zugefügt worden war, hatte mich nicht von ihr befreit. Zudem erkannte ich in ihr jene gleiche Kraft der Liebe, die mich selbst ihr unterwarf. Ihre frevle Leidenschaft schuf zwischen uns, was der Zeit unseres Brautstandes nicht gelungen war, ein Band der Seele und des Fleisches. Sie begehrte wie ich: sie gab sich hin wie ich: aber ein anderer mar es, der sich ihrer bemächtigte, wie sie selbst über mein Leben herrschte. Wir waren einander gleich und ich verlor sie. Weit entfernt davon, sie zu hassen, verstand ich sie und war der einzige, der sie zu verstehen fähig war. Es erfchreckle mich sogar, daß ich sie so schutzlos wußte, dieser Liebesmacht preisgegeben, welche uns mitreißt wie die Stromflut eine Pflanze. Was sollte im fremden Land bei diesem Unbekannten mit ihr werden? Denn für sie wie für mich war Omar ein Unbekannter. Ich wollte nicht aushören, über sie zu wachen. Und ich sah sie wieder vor mir, wie sie mir die Hände küßte, als wollte sie damit meinen Schutz erbitten. Ich beklagte sie, daß sie liebte, weil ich selbst liebte. Inzwischen traf Butros eilige Vorbereitungen zum Aufbruch. Du nimmst die graue Stute meines Vaters, das ist das beste Pferd von ganz Bescherrc. Ich rette den Fuchs, den ..sie" uns dagelassen haben. Und ich nehme nur meinen Diener Elias mit..." ..Wie." rief ich,nur Elias, während ihr Gefolge 15 oder ZO Mann stark ist. Wir werden uns in keinen Kampf mit ihnen einlassen können." Mein Kamerad sah mich erstaunt an. Wer spricht von Kampf?" Wir müssen ihnen Tamile entreißen. Das werden wir nicht mit Gewalt tun. Ganz Akka ist mohammedanisch."
Auf mohammedanischem Gebiet sind sie noch nicht." Aber unsere Pferde sind sehr schnell." Hinken ihre vielleicht?" Sie hatten in der Tat einen mehrstündigen Vorsprung voraus. Vergeblich machte ich geltend, daß sie in der Nacht nur langsam vorwärts gekommen waren. Die im August noch früh hereinbrechende Morgendämmerung hatte das Tageslicht zu ihrem Bundesgenossen gemacht. Ehden hallen sie erreicht, waren längst darüber hinaus und in Sicherheit, dank der bedauernswerten Eifersüchteleien, welche damals die maronitischen Dörfer zum Vorteil ihrer Feinde entzweite. Butros entwarf seinen Plan. Wir wollten nun eine Rekognoszierung vornehmen, um den Aufenthalt Tamiles fest­zustellen: dabei mußten wir vermeiden, irgendwelche Auf- mertsamkeit auf uns zu richten. Später wollten wir wieder- kommen. Wir konnten das junge Mädchen nur mit List ent» führen und dazu waren Vorbereitungen nötig. Später!" wiederholte ich niedergeschlagen. Butros ahnte, welche Qual diesesspäter" für mich be- deutete: aber er hatte nur sein Ziel im Auge. Das Unglück", sagte er,«ist jetzt bereits geschehen." Rein: das war es nicht: wir konnten sie unterwegs ein- holen, wenn sie ihr Zelt für die Nacht errichteten und um das Weib nicht zu sehr zu ermüden daraus verzichteten. das ferne Akka in einem einzigen Ritte zu erreichen. Wenn wir uns beeilten, überraschten wir sie bei ihrer nächtlichen Rast. Ich malte mir das Undenkbare aus: Damile in den Armen Omars, wie sie ihren weißen Leib den Zärtlichkeiten des Ungläubigen überließ. Diese Vorstellung setzte meinen ganzen Körper in Flammen. Und da wurde meine Liebe zum Haß, der Qual und Tod für sie wünschte. Ich flehte Butros, meinen Bruder, an. in Eile und zu jedem Gewalt» streich aufzubrechen.Ja." erwiderte er, der seine Pläne immer in die Tat umsetzte:Man kann sie immer töten." Seine Schwester war nicht mehr seine Schwester, er faßte diese Lösung kichl ins Auge und ich wandte in der Raserei der Eisersucht nichts dagegen ein. Er rief eilends die jungen Leute seiner Schar zusammen, jene, die er bei der Jagd und beim.chabke" anführte. Aber das nahm Zeit in Anspruch, unsere Feinde gewannen einen noch größeren Vorsprung und die Chancen, sie einzuholen, verringerten sich. Nur eine nächt- liche Ueberrumpelung konnte uns noch Erfolg bringen. Wurde ich nicht in den Augen des ganzen Dorfes ein Gegenstand des
Spottes? Meine Braut hatte mich aufgegeben, um mit einem Muselmann zu fliehen: etwas Derarttges hatte noch niemand erlebt, noch keine Tochter Beschertes hatte sich dieser dreifachen Treulosigkeit schuldig gemacht: uns traf alle beide die nämliche Verachtung die öffentliche Meinung ist stets ungerecht und das brachte uns einander nahe, sie und mich. Ich empfand dies keineswegs als eine Bitternis und freute mich vielleicht sogar im geheimen, mit Tamile etwas Gemeinsames zu haben, wenn auch nur die Mißachtung der anderen. Wir brachen also mit viel kriegerischem Getöse auf, als ob wir einen Kreuzzug antreten wollten. Aber ich wußte, daß bei uns jeder Aufbruch geräuschvoll vor sich geht. Butros ritt auf seinem Fuchs, den Omar Salma nannte. an der Spitze der Trupps. Ich folgte ihm und drängte ihn unaufhörlich, das Tempo zu beschleunigen. Unsere Pferde waren schneller als die anderen und immer häufiger mußten wir ihren Eifer zügeln, um unsere Kameraden herankommen zu lassen. Ich bedauerte bereits, sie um ihre Hilfe gebeten zu haben. War es nicht besser, wenn ich mit Butros allein aufgebrochen wäre und wir von ferne auf die Entführer nötigenfalls geschossen hätten? Ich schätzte das Leben nicht mehr und Butros hätte sich auch aus der schwierigsten Lage zu retten gewußt. Nach dem Befehl des Schelks Raschid-el- Hame sollten und durften wir uns allerdings auf mohamme- danischem Gebiet in keinen Kamps einlassen. Mußte ich aber nicht damit rechnen, daß Butros in seiner Wildheit dieser An- ordnung zuwiderhandeln würde? Vom Gipfel des Kornet-es-Suada, den wir erreicht haben, sehen Sie die ganze Gegend, die wir bei unserer Verfolgung durcheilen. Sie haben, wenn seine Früchte gepflückt sind, das bei Tripolis   zurückweichende Meer vor sich, das sich in der Bucht von Akka behaglich ausbreitet. Don den fruchibaren Ebenen, welche diese umsäumen, lassen Sie Ihre Blicke zu den terrassenförmigen Hügeln aufwärts schweifen. Zwischen ihnen und dem Libanon sehen Sie steinige Hänge mit flachen Plateaus. Gürtel von fruchtbaren Tälern umschließen enge Schluchten, in deren Tiefen sich Wasserläufe hinschlängeln. Beaclzten Sie. wie die Farben wechseln, rote Felsen lösen grüne Oasen ab. Dörfer suchen Sie umsonst: diese oerkriechen sich in den vom Wind geschützten Einschnitten oder oerschwinden in unendlichem Grau. Nachdem wir Ehden hinter uns hatten dieser Flecken ist eine Art Gebirgshauptstadt lenkte Butros Stute in einen schmalen Pfad ein, welcher einen Tannen- und Zedernwald diese Zedern reichen an unsere nicht heran durchquert. ,....(Fortsetzung folgt.)