Namen in den Listen standen, ließ sie mehrere Tage sizen und ihnen dann unter Drohungen anempfehlen, dem faschistischen Syndikat beizutreten! Mit ähnlichen Vorfällen ließen sich ganze Spalten anfüllen.
Angesichts dieser Tatsachen, die am 7. April besonders grell hervortraten, gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder billigt die Regierung Mussolinis fie oder sie erduldet fie, weil fie fie nicht hindern fann. Entweber fägt fie selbst den Aft ab, auf dem sie sitzt, oder sie sieht ohnmächtig zu, wie ihre Freunde sich dieser Beschäftigung widmen. Wir glauben, daß das letztere der Fall ist. Nicht in dem Sinne, daß die Regierung materiell der um sich schlagenden und plündernden Schwarzhemden nicht Meister werden fönnte, wohl aber in dem Sinne, daß sich zwischen die Regierung und die Behörden immer wieder faschistische Würdenträger( fie nennen sich selbst Hierarchen) einschieben, die die Behörden lähmen. Wenn Italo Foschi in Rom die Häuser von ihm unsympathischen Personen verwüsten lassen will, dann kann der Polizeidirektor der Hauptstadt nichts dagegen machen. Will Farinacci den Abgeorneten Modigliani durchprügeln lassen, um Mussolini und Federzoni Unannehmlichkeiten zu bereiten, so weiß die Polizei sich feinen Rat, welchem„ Hierarchen" fie parieren foll.
Unter diesen Umständen grenzt freilich der höchste Triumph dicht an die völlige Isoliertheit. Dazu kommt die 3wangsvorstellung, daß der Faschismus erst in dem Augenblic sicher ist, wo er den letzten Gegner aus Amt und Brot gebracht hat. Eben war die Reihe an Labriola , der sich geweigert hat, als Universitätsprofeffor den vorgeschriebenen Eid abzulegen: Ich schwöre, feiner Partei oder Vereinigung anzugehören, die in irgend einer Weise im Widerspruch steht mit der Politik und den Leitfäßen der nationalen Regierung. Glaubt man im Ernst, fester im Sattel zu figen, wenn man nur noch Staatsbeamte hat, die diesen Schwur geleistet haben? Am 21. April, dem Geburtstage Roms, dem Surrogat bes 1. Mai, ward die fommunale Autonomie feierlich zu Grabe getragen und die ersten Podestàs ernannt. Das alles schafft einen scheinbaren Zusammenhang. Man fann durch Zwang und Lohn etwas schaffen, aber das hält nur so lange, wie 3wang und Lohn bereit sind. Wo fein Gedanke und fein Ideal die Einheit fittet, fommt nur ein furz faseriges Gespinst der Egoismen zustande. Und im Moment des Kazenjammers, nach dem Rausch der Worte, mag fich der Herrscher eines solchen Reichs schon völlig isoliert" fühlen...
Ahlsdorff und Bewersdorff.
Ein Nachspiel zum Fall Kroner.
In der republikanischen Rechtszeitschrift Die Justia" ver öffentlicht Genosse Otto Landsberg einen Auffaz über ein Nachspiel zum Fall Kroner, der bezeichnende Schlaglichter auf Bewersdorff, Schulze und Ahlsdorff und andere Richter wirft. Wir entnehmen diesem Aufsatz das folgende:
Dan erinnert sich, daß der für den Beleidigungsprozeß gegen Kroner in erster Instanz zuständige Richter, Amtsgerichtsrat 2hIs dorff, vor dem Hauptverhandlungstermin, zu einer Beit affo, mo er den Angeklagten gar nicht fannte, im Privatgespräch geäußert hat, die Tat sei so schwer, daß mit einer Gefängnisstrafe von drei bis sechs Monaten zu rechnen sei. Es wird auch noch bekannt jein, daß das Ablehnungsgesuch, das Kroner daraufhin gegen Ahlsdorff richtete, von der ersten Straffammer des Land gerichts zu Berlin für unbegründet erflärt worden ist.
Herr Ahlsdorff war in der 3 weiten Instanz genötigt, sich über das Ablehnungsgesuch der Berteidigung dienstlich zu äußern. Er tat dies in einer Ertlärung, in der sich folgende Säße befinden: Mir war hinterbracht worden, daß der Angeklagte Kroner zu seinen Bekannten geäußert habe: Was fann mir geschehen, ich betomme eine Gelbstrafe und werde Senatspräfident." Bon anderer Seite wurde mir mitgeteilt, daß Herr Kroner sehr wohlhabend sei. Die letztere Angabe habe ich später nachgeprüft. Die erste vertrauliche Nachricht habe ich nicht in der Berhandlung
Jrisches Theater.
Jm Wallner Theater gab es gestern zwei Komödien irischer Dichter:„ Der heilige Brunnen", eine Legende von J. M. Synge, und Blanco Bosnets Ermedung", eine melodramatische Predigt von Bernhard Shaw. Um es gleich vorweg zu fagen: Man fann den Abend nur als eine Berlegenheitsveranstaltung bezeichnen. Ennges Spiel Der heilige Brunnen, das in Berlin schon vor zwanzig Jahren aufgeführt worden ist, er. zählt in findlich- poetischer, legendärer Form von zwei Blinden, die burch einen frommen Bilger geheilt werden. Der Bandermönch zieht mit einem fleinen Gefäß wundertätigen Wassers durch die Lande. Das Blindenpaar hat bisher ein färgliches, aber beschau liches Leben geführt. Bon der weißen Haut und dem Sonnenhaar seines Weibes schwärmt der Mann und sie von seiner edlen Gestalt. Nur einen Wunsch haben sie beide ihr Lebenlang mit fich herumgetragen: die erträumten Röstlichkeiten einmal sehen zu dürfen. Als ihnen nun die Augen geöffnet sind, stürzt das schöne Traum gebilde kläglich zusammen. Martin erblickt statt einer Fee eine fchmußige Schlampe mit schütterem Haar, und sie eine erbärmliche Bettlergestalt. All das Glück, das ihnen das dürftige Leben der schönt hat, ist zerstört. Sie find zwar sehend geworden, aber die raube Wirklichkeit fann ihnen den Verlust des Traumlandes nicht erfeßen. Aus Synges Legende strömt der Duft dichterischer Sprache und findlicher Andacht. Sie gestaltet mit den Worten eines Dichters eine prächtige Welt, voll von den Schönheiten der Natur. Sie gestaltet sie so beutlich, daß ein Blinder fle greifbar vor sich hätte. Und babei spricht der trische Dichter ganz einfach, mit den schlichten
Worten des Mannes aus dem Bolt.
Dieses zarte Dichtergebilde hat der Regisseur Emil Lind mit der harten Fauft des robusten Theatermannes angefaßt. Er gibt die dick realistisch aufgetragene Schilderung eines dörflichen Dafeins. Dabei würden all die zarten, poetischen Feinheiten der Komödie auch dann schon zerstört werden, wenn sich gute Schauspieler der Sache angenommen hätten. Aber abgesehen von den drei Hauptdarstellern, dem Blindenpaar Bladimir Sotoloff und Elsa Bagner und( mit Einschränkungen) dem Wandermönch bes Theodor Loos , wirften sie durch die Banf wie Dilettanten. Ganz auffällig war die hilflose Steifheit des Friz Campers. Bernhard Shams Einafter Blanco Bosnets Ermedung" perföhnte einigermaßen mit der völlig verfehlten Regieleistung Linds im Hauptstüd des Abends. Hier hat er ein blutvolles Stüd Leben aus dem Combon- Dasein einer nordamerikanischen Kleinstadt geSchaffen. Trog der scheinbar gottlosen Form bleibt Bernhard Shaws melodramatische Predigt ein hohes Lieb auf die Menschengüte, die wie in Blanco Bosnet, dem hemmungslosen und wilden Abenteurer. auch in allen anderen verworfenen Menschentreaturen schlummert. Aus der Schar der mittelmäßigen Darsteller ragte Charlotte Hagenbruch , die schamlose und plöglich bekehrte Dirne, durch ergreifende Töne gütigen Menschentums hervor. Das Wallner- Theater gehört zu den SaltenburgBühnen. Ein großer Teil ber Bläße ist an die Boltsbühne vergeben. Die Direktion fann also mit einem gesicherten Etat rechnen. Um so verwunderlicher, daß fie auf die
|
Und dieser Richter hat sich für nicht befangen erklärt!
Auf Grund der preußischen Berordnung vom 21. August 1925 über die Gewährung von Straffreiheit wurde das Verfahren gegen Kroner niedergeschlagen. Die beiden Nebenfläger, Landgerichtsdireftor Bewersdorff und Landgerichtsrat Dr. Schulze, fochten den Einstellungsbeschluß mittels Beschwerde an. Herr Bewersdorff tat für seine Person noch weiteres. Unter dem 24. Of tober 1925 ließ er durch seinen Rechtsbeistand den folgenden Schrift faß einreichen:
mitgeteilt, um die Erregung über den Angeklagten nicht zu ver.| gefuches gegen Ahlsdorff mitgewirtt. Daß ein Richter schärfen. Jedenfalls wirkten diefe Mitteilungen auf mich derart ein, sich vor der Hauptverhandlung auf Grund unkontrollterbarer Mitteilungen ein Urteil über die zu verhängende Strafe bildet, entspricht daß ich hinsichtlich des von mir vorzuschlagenden Strafmaßes unficher wurde." ihrer Borstellung nach durchaus der Ordnung; ein Richter aber, der in der Entrüftung über ein ungeheuerliches Urteil, das er für einen wohlüberlegten Schlag gegen das Staatsoberhaupt der Deutschen Republik und damit gegen die Republik selbst hält, träftige Worte des Protestes ausstößt, verdient ihrer Ansicht nach vom Standpunkte der Moral aus die absprechendste Beurtei lung. Sie fönnen sich nicht vorstellen, daß er aus anderen Beweggründen als dem, Bergeltung zu üben und Schaden zuzufügen, gehandelt hat. Was war denn auch groß dabei, daß das Magdeburger Urteil den Reichspräsidenten des Landesverrats für überführt erflärte! Aber damit nicht genug. Die Straffammer glaubt auch noch untersuchen zu müssen, ob Kroner nicht auch persönliche Vorteile angestrebt hat und erklärt, nicht außer Betracht laffen zu fönnen, daß er inzwischen zum Oberverwaltungsgerichtsrat befördert worden ist. Daß die Ernennung Kroners auf Grund der über ihn ausgestellten Qualifitationszeugnisse vom Preußischen Staatsministe rium verfügt ist und deshalb Rückschlüsse auf seine Absichten nicht zuläßt, dürfte jedem Menschen, außer den Mitgliedern der Ersten Straftammer, flar sein. Ihre Logif ist ebenso eigenartig wie ihre Auffaffung von moralischen Pflichten.
In der Straffache gegen Kroner wird zur Begründung der diesseits eingelegten Beschwerde angeführt, daß nach einem in den Akten befindlichen dienstlichen Vermerk des Vorsitzenden der ersten Instanz, des Amtsgerichtsrats Ahlsdorff, der Angetlagte eine Bemerkung dahin gemacht haben soll, daß er wohl mit Recht wegen der zur Anklage gestellten Aeußerung bestraft werde, daß er dafür aber später durch eine Bevorzugung in feiner beruflichen Stellung einen Ausgleich erhalten werde. Tatfächlich ist der Angeklagte auch zum Oberverwaltungsgerichtsrat ernannt worden. Inwieweit der Angeflagte seinerzeit schon berechtigte Hoffnungen gehabt hat, entzieht sich der Kenntnis des Nebentlägers. Wohl aber dürfte es angebracht sein, daß dem von Herrn Amtsgerichtsrat Ahlsdorff geschilderten Sachverhalt nachgegangen wird. Wird durch die amtlichen Ermittelungen festgestellt, daß tatsächlich der Angeklagte die von dem Amtsgerichtsrat Ahlsdorff wiedergegebene Aeußerung getan hat, dann dürfte unzweideutig festzustellen sein, daß tatsächlich der Angeflagte die strafbare Handlung aus niedriger Gesinnung heraus getan hat."
Entgegnung, an deren Schluß es heißt: Auf diesen Schriftfak antwortete Landsberg mit einer
„ Der Nebentläger Bewersdorff hat es gewagt, geltend zu machen, daß der Angeklagte fich von der Abficht, Karriere zu machen, habe leiten lassen. Der Angeklagte hat niemals eine Aeußerung getan, die auch nur entfernt der Herrn Amtsgerichtsrat Ahlsdorff hinterbrachten geähnelt hätte. Wenn Herr Ahls. dorff, der wiffen müßte, daß der Richter fein Urteil lediglich auf Grund des Ergebnisses der Hauptverhandlung zu fällen hat, eigenem Geständnisse zufolge auf Mitteilungen hin, die ihm in Brivatgesprächen gemacht waren, hinsichtlich des vorzuschlagenden Strafmaßes unsicher geworden ist, so geht daraus nur hervor, mie begründet seine Ablehnung war. Daß Herr Bewersdorff die Aufzeichnung des Herrn Ahlsdorff für die Behauptung eines niedrigen Beweggrundes des Angeflagten verwertet, ist nur fo zu erflären, daß er bei dem Angeflagten die gleiche Sehnsucht nach Aufstieg vor aussett, die ihm selbst eigen ist. Bei ihm geht diese Sehnsucht so weit, daß er es nicht verschmäht hat, bei der Bewerbung um den Magdeburger Direktorposten die Befürwortung eines Sozialdemokraten und noch dazu eines früheren Unabhängigen zu erbitten."
Der Ehrengerichtshof für deutsche Rechtsanwälte hat es fürzlich in einem Urteil als Pflicht des Anwaltes bezeichnet, der Auffassung, daß es in Deutschland Richter gibt, die sich in ihrem amtlichen Wirten Don Parteianschauungen nicht frei machen fönnen, entgegenzutreten. Ich erkläre, daß mich die Erfahrungen, die das Kesseltreiben gegen Kroner lehrt, davon abhalten, diese Berpflichtung, foweit die baran beteiligten Männer in Betrachttommen, anzuertennen.
Kommunistische Kanonenlyrik.
Sowjetrußland in schimmernder Wehr.
Die„ Rote Fahne " veröffentlicht ein interessantes Stüd moder ner ruffischer Lyrik in deutscher Uebersetzung. Al. Scarow singt ein Lieb vom Metall":
Höret, durch unser Land fließet Trauernder Ruf nach Metall: Kupfer! Nochmal so viel Eisen,
Stahl her! Noch viel mehr Stahl.
Bergeßt nicht die Drähte für Hütten! Das eine vergaßt ihr wohl schon: Unser Haus bewachen, beschüßen, Können wir nicht ohne Kanonen! Wir brauchen den Rotarmisten Als Zaun gegen feindliches Regen. Unsere Welt bewachen, beschützen, Können wir nicht ohne Degen! Wir brauchen Stücke von Stahl Als Fron dem legten Kriege!
Die erste Straffammer des Landgerichts I Berlin erachtete die sämtlichen Beschwerdegründe für verfehlt und verwarf das gegen die Einstellung des Verfahrens gerichtete Rechtsmittel der Neben Ein deutscher Dichter hat das schon einmal viel einfacher gesagt: fläger durch Beschluß vom 5. Januar d. I.
Die Begründung geht ausführlich auf die von Bewersdorff wiedergegebene Aeußerung von Ahlsdorff ein. Sie erklärt, es tönne nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Angeklagte inzwischen zum Oberverwaltungsgerichtsrat befördert worden ist und fährt dann fort:
,, Wenn auch der Berdacht, daß bei der Handlungsweise des Angeklagten persönliche Beweggründe stimmend gewesen sind, hiernach nicht von der Hand zu meisen ist, so hat sich doch eine bestimmte Feststellung in dieser Hinsicht nicht treffen lassen.
Da für erwiesen erachtet ist, daß der Angeklagte mit dem Zeitungsartikel an feinen politischen Gegnern Bergeltung üben, fie in der Deffentlichteit bloßstellen und sie dadurch schwer schädigen molite, fo besteht hinsichtlich der politischen Natur diefer Beweggründe fein Zweifel. Im Sinne der Berordnung vom 21. August 1925 find fie daher nicht als niedrige Beweg gründe anzusehen, so daß sich eine Erörterung darüber erübrigt, ob sie an sich als solche anzusehen wären."
Geld her für Pulver und für Blei! Nur vorwärts! Frisch von hinten Geladen! Denn der Lauf der Welt Hängt ab vom Lauf der Flinten.
Die Groß- Hamburgfrage. Verhandlungen zwischen beiden Regierungen.
Der preußische Ministerpräsident hat heute mit dem Hamburger Bürgermeister Petersen eine Unterredung über die Groß- Hamburg- Frage gehabt, wobei vereinbart wurde, daß nunmehr auf Grund der von den ehemaligen preußischen Ministern Drews und Graf Rödern ausgearbeiteten Staatsvertragsentwürfe Berhandlungen von Regierung zu Regierung sofort aufgenommen werden.
Die Bereinigten Staaten lehnen in einer Note nach Genf es ab, Delegierte für die ständige Militärkommission des Bölkerbundes zu ernennen, die die Arbeiten der Vorabrüstungskonferenz technisch
Nach diesen Darlegungen fährt Genoffe Landsberg fort: 3 wei von den drei Richtern, deren Namen unter diesem Beschluß stehen, haben auch an der 3urudweisung des Ablehnungsunterstützen sollte.
Borführungen diefer Bühne weniger Sorgfalt verwendet, als auf die ihrer Häuser im eleganten Westen. Im Programmheft bringt fie Auffäße, die schon vor Monaten zu lesen waren und auf die Aufführung im Wallner- Theater nicht den geringsten Bezug haben. Eine Zeitschrift wie die Blätter der Saltenburg- Bühnen, Der Buschauer", mit überalterten Beiträgen, gehört nicht ins zwanzigfte Jahrhundert. Ernst Degner.
Mud am Pult. In der Staatsoper begann Carl Mud fein Dirigiergaftspiel mit dem Rheingold". Man hat ihn in Berlin nicht vergeffen; das zeigte sich bei der Ovation zu Beginn der Oper. Der Schlußbeifall aber bewies, daß immer noch das ungewollt Großartige einer Leistung mehr Werbefraft hat als das trampfhaft Geniale. Mud, groß geworden in der Tradition Ban reuths, ift fein Zeichner, sondern ein Blaftiter, tein sinnlicher Bhantaft, sondern ein fühl Wissender. Mit wenigen mathematischen Beichen hält er die Konturen einer Szene fest. Unaufdringlich die Hand, die das Bühnenganze meiſtert, eindringlich das Auge, das alles im Orcheſter überblickt, untrüglich ein Dhr, das jebe Mittel stimme hört, bezaubernd die ironische Mundbewegung, wenn etwas mißlingt. Dieser Mud steht wirklich über der Sache; der Wissende beachtet es mit Freude, wenn auch ohne Staunen, daß ein Bianissimo mit Stirnrunzeln, ein Gewitterlärm in einem einzigen Rud nach dem Orchester hin erzeugt werden kann. Das traditionelle Tempo stört nicht, es gibt vielmehr dem Wert, dieser herrlichen Introduktion zur Tetralogie, die Gesundheit, die Schwere eines genialen Auftaftes. Für Menschen, denen diese motioreiche Göttergeschichte nicht schon blaffe Historie geworden ist, bleibt das„ Rheingold in solcher Darbietung ebel, groß und schön, für die anderen würde es durch Auslegung und Bufpigung der Einzelheiten gewiß nicht gewinnen. So sollten an Muds Interpretation alle lernen. Auf der Bühne tat man das mit Anstand. Nur die Requisiten, Vorhänge, MaIchinen rebellierten. Aus dem Ensemble hoben sich die Nebengötter, nämlich der Alberich hab ich und der Loge Soots als charakter: feſtefte Figuren vom Durchschnitt des Göttergeschlechtes vorteilhaft ab.
K. S.
Fräulein Julie im Renaiffance- Theater. Die Welt derer, die im Erotischen frei von Kleinlichkeit sind, ist heute in zwei Lager gespalten: Auf der einen Seite stehen die, die dank ihrer Gewissen losigkeit von allen Strupeln frei find, und auf der anderen Seite jene, denen es möglich ist, sich durch das Bewußtsein ihrer Menschenwürde aus den Negen der nieberziehenden Problematit zu befreien, wie sie Strindberg in seinem Fräulein Julie " gezeichnet hat. In der Mitte steht die Minorität der Bürger von ehedem, bie wie zwischen zwei Mahlsteinen langfam, aber sicher zu Grunde geht. Das ist der Grund, warum Fräulein Julie " nur noch wenig interessiert. Für die Neueinstudierung im Renaissance Theater zeichnete als verantwortlicher Regisseur Ernst Raden. Meben einigen Geschmacklofigkeiten, 3. B. dem hinter der Bühne spielenden Grammophon, das die fingenden Stimmen des Gutsgefindes erfezen follte, machte er sich vor allem der Sünde schuldig, Gije Ehser( Christine) in eine ganz falsche Auffassung ihrer Rolle hineinzumanöverieren Was herauskam, war eine Karifatur Hätte er sich an bas Vorwort gehalten, das Strindberg seinem Trauerspiel geschrieben hat, so wäre ihm das nicht passiert. Hertha
von Walden geisterte als Julie wie ein hilfloser Backfisch um ihren Berführer herum; von Strindbergs Weibinpus feine Spur. Olaf Bach( Kammerdiener) tämpfte unermüdlich um seine Rolle, er wollte„ echt" erscheinen, aber es gelang ihm doch nur in Augenbliden. lleber dem Abend prangte als schlichtes Motto das GoetheA. F. wort:„ Das Unzulängliche, hier wirds Ereignis!"
1
Literaturwettbewerb in Sing- Sing. In den amerikanischen Staatsgefängnisfen werden die Sträflinge zu den verschiedenartigsten praftischen Arbeiten angehalten; eine Tätigkeit, die eine umwälzende Neuerung bedeutet, ist jezt durch einen Literaturwettbewerb eröffnet worden, den ein angesehener Berleger von New York mit Zustimmung der Behörden unter den Infaffen von Sing- Sing veranstattet hat. Gegenstand dieses Preisausschreibens ist die Novelle; jeder Sträfling fann sich daran beteiligen und sich um den ersten Preis, der mit 3000 Dollar dotiert ist, bewerben. leger wird die zehn besten Arbeiten in einem Sammelband erscheinen lassen. Die Gefangenen, denen allerdings die Freiheit lieber als 3000 Dollar gewesen wäre, beteiligen sich eifrig; in New York selbst besteht schon jetzt eine starke Nachfrage auf diese sensationelle Neubeit, und der einfallsreiche Berleger freut sich im Stillen auf das todfichere Geschäft, das ihm seine Menschenfreundlichkeit einbringen
wird.
Der Ber
Die Sowjetregierung als Bibelherausgeberin! Soeben ist der Methodistenbischof D. Dr. J. 2. Nuelfen aus Rußland zurüdgefehrt, wo er als Bevollmächtigter der Amerikanischen Bibelgesellschaft die Borarbeiten für den Drud ber neuen ruffifchen Bibel zum Abschluß brachte. Die Herstellung der Stereotypplatten ist vertraglich von der Regierungsdruckerei„ Komintern " in Leningrab( St. Petersburg ) übernommen worden. Sie sollen allen religiösen Organisationen zur freien Benutzung überlassen werden, welche Bibeln zu drucken wünschen. Der Text folgt genau der vom Heiligen Synod autori. fierten Ausgabe von 1907.
-
Re
Erstaufführungen der Woche. Monf. Rose T 5.: ili muß beiraten". Dienst. Tb. i. d. Klosterstr.: Schmetterlingsschlacht". Friet. Großes botene Küffe". Tha. Kurfürstendamm : Rebhuhn". Schauspielhaus:„ Alt- Heidelberg". Sonnab. Reitdength.: Vernaiffanceth.: Die Bildente".- Casino Th.:„ Das Recht auf Arbeit ". Urania - Borträge. Mont. bis Donnerst.( 5 U.), Freit.( 5, 7 11.), Sonnab. u. Sonnt.( 5. 9 U.): Bald. und Heibettere in Menschen( 5, 7 1.):„ Die Schage des Meeres". hand". Mont. u. Dienst.( 5, 7 11.), Mittw.( 5 U), Donnerst. bis Sonnt. Mittw.( 7 11.): „ Die Geheimnisse der Tierfeele. Mont. bis Sonnt.( 9): Dic Biene Maja".
-
Arbeitsgemeinschaft Reinhardt Barnowsty- Robert. Victor Bar. nomsty und Eugen Robert haben einen Bachtbertrag abgeschlossen, monach die Arbeitsgemeinschaft Reinhardt- Barnowsky Robert in der nächſtew Spielzeit auch über das Theater am Rollendorfplat verfügen wird.
Ausstellung der neueren schwedischen Stunft eröffnet worden. Die Aquarelle Schwedische Kunft der Gegenwart. Im Stronprinzen- Palais ift eine und Beichnungen dieser in Schweden zusammengestellten Uebersicht werden jetzt in der Galerie Matthiesen, Bellevueftraße, gezeigt. Die Ausstellung ist von 10-6 Uhr, Sonntags 11-2 Uhr, geöffnet.