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Wilhelm Bock .

Dem Achtzigjährigen zum Gruß.

Auf achtzig Jahre eines an Kämpfen überreichen Lebens blidt heute, am 28. April, der Alterspräsident des gegenwärtigen Reichstags, Genosse Wilhelm Bod- Gotha, zurüd. Von diesen acht Jahrzehnten gehören volle sechs der Betätigung in der politischen und gewerkschaftlichen Be­megung der Arbeiterklasse.

Wilhelm Bod, noch immer rühriges Mitglied der sozial demokratischen Frattion, ist nicht nur nach den Lebensjahren das älteste Mitglied des Reichstags. Er ist sicher auch an Wahljahren einer der ältesten, wenn nicht der älteste Ab­geordnete im Parlament des Deutschen Reiches. Seit er im Jahre 1884 zum ersten Male den Wahlkreis Gotha für die Sozialdemokratie eroberte, gehört er, mit nur furzen Unter­brechungen, durch mehr als vierzig Jahre dem gesetzgebenden Hause an. Und heute noch ist er von beneidenswerter geistiger und förperlicher Frische und von beispielgebender Pflichttreue. Aus Großbreitenbach im Thüringer Lande gebürtig, hat Wilhelm Bod in Arnstadt das Schuhmacherhandwerk erlernt. 1864 ging er, nach Beendigung der Lehrzeit, auf die Wander­fchaft, arbeitete in mehreren Städten Mitteldeutschlands und fam 1868 nach Hamburg , wo die sozialdemokratische Bewegung schon früh Boden gefaßt hatte. Dort schloß er sich dem Arbeiter schon früh Boden gefaßt hatte. Dort schloß er sich dem Arbeiter bildungsverein an, in dem er ein eifriges Mitglied wurde. Indes zog er sich bald wieder in die thüringische Heimat zurüd, wo er sich endgültig in Gotha niederließ.

Veralteter Mieterschutz.

Die Verhandlungen im Wohnungsausschuß..

3u welcher Borniertheit sich fleinlicher Hausbefizeregoismus versteigen fann, bemies im Wohnungsausschuß des Reichstags der Abg. Lude( Wirtsch. Bg.). Nach§ 7 des Mieterschußgefeges besteht das Mietschoffengericht aus Richter und Beifizer. Begtere merden den Borschlagslisten der Hausbefizer und Mieter entnommen. Der Abgeordnete beantragte eine Bestimmung aufzunehmen, daß die heranzuziehenden Richter zur Hälfte den Hausbesigern entnommen werden sollen. Lächerlichkeit tötet sonst. Herr Lude ist auch gegen Lächerlichkeit immun. Er blieb allein auf weiter Flur. Um die Verschärfung des§ 3 des Mieterschutzes Klage megen Zahlungsverzug des Mieters milbern, beantragten die Regierungsparteien zu§ 10 einen Susa, daß bei Eingang der Klage der Gerichtsschreiber der Fürsorgebe hörde Anzeige machen soll. Damit soll das Fürsorgeamt in die Lage perfekt fein, zu prüfen, ob nicht der Berzug des Mieters durch Unterstügung der Wohlfahrtsbehörde ausgeräumt werden fann. Bon sozialdemokratischer Seite wurde darauf hins gewiesen, daß der Hinweis allein nicht genüge, sondern auch die fLicht der Fürsorgebehörde hinzutreten müsse, zu prüfen, ob die Unterstützung zu gewähren sei. Das führte zu Ergänzungsanträgen des Abg. Steiniger und des Abg. Höllein.

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Er mußte aber zugeben, daß dieses Gutachten für fein Gericht bindend sei. Die übrigen Unträge bat er wegen den sich daraus er­gebenden Konsequenzen abzulehnen.

Bon fozialdemokratischer Seite wurde geltend gemacht, daß, wenn schon 3weifel beständen, die gefeßliche Regelung zwingend notwendig fei, und machten eine Reihe Gründe auch für die bean­tragten anderen Abfäße geltend. Es fand aber nur der erste Saz eine Mehrheit, während die beiden anderen Säge abgelehnt wurden.

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Das Gemeindebestimmungsrecht. Ein Zentrumsantrag im Reichshaushaltsausschuß. In der fortgeführten Aussprache erflärte Genosse Dr. Moses, die Debatte bilde einen trefflichen Epilog zu der eben abgelaufenen Reichsgesundheitswoche. Da habe man sich mit Erfolg bemüht, in dieser Woche das ganze deutsche Bolt aufzurufen, mehr als bisher den Problemen der Boltsgesundheit, der Hygiene, des vernunftgemäßen Lebens sein Augenmerk zuzuwenden: Hunderten von Abbildungen seien die furchtbaren Wirkungen der Geschlechtskrankheiten, der Tuberkulose und des Alkoholismus dar gestellt worden, und einen Tag nach dem Ablauf dieser Reid, s gesundheitswoche spricht man fich gegen das Gemeindebe Ministerialdirektor Wöls mies daraufhin, daß§ 6 der reichs. stimmungsrecht aus! Der Minister Külz habe erklärt, die rechtlichen Grundsäge für die Wohlfahrtspflege den Bohl. Bekämpfung des Alkoholmißbrauches sei in erster Linie Aufgabe fahrtsbehörden eine Unterstügung netleibenber Mieter der Boltserziehung und nicht der Gefeßgebung. In Konsequenz zur Pflicht macht. Leider feien die Landesbehörden nur menig dieser Auffaffung müßte man dann aber auch das Gesetz zur Be­diesen Grundsägen gefolgt. Dort wo es geschehen sei, jeien 95 Broz. fämpfung der Geschlechtskrankheiten zurückziehen. mo Welches miffen­der Klagen durch Unterstügung der Mieter gegenstandslos geworden. Schaftliche medizinische Werk man immer zur Hand nehmen möge, Dem Mieter müsse ein Obdach gesichert sein. Schließlich wurde nach immer stoße man auf den Alkoholismus als Quelle und Verbreiter einer großen Zahl von Erfranfungen, insbesondere des Herzens, Ablehnung des Antrages Höllein folgender 3ufas zu§ 10 an. der Verdauungsorgane, gar nicht von den psychischen Erkrankungen genommen: zu reden. In melcher Weise der Alkoholismus auf die Tuberkulose wirke, dafür gibt den besten Beweis der Bericht aus Amerifa in der Münchener Medizinischen Wochenschrift". Danach betrug die Abnahme der Tuberkulofefterblichkeit in Amerika in den Jahren 1914 bis 1917 nur 7,9 Pro3.. feit der Prohibition von 1919 bis 1923 aber 38,2 Proz. Aehnliche Erfahrungen, mie fie in allen Krankenhäusern in Amerifa gemacht und von den statistischen Gesundheitsämtern bestätigt worden sind, haben aud die Lebensversicherungen in Amerila gemacht. Und nicht nur auf die Tuberkulose, sondern auch auf die Verbreitung der Ge schlechtstrantheiten habe die Brohibition in Amerika diesen Einfluß ausgeübt. Auch auf die Einwirkung des Alkoholismus mit Bezug auf die Nachkommenschaft ging Redner noch furz ein und meinte am Schluß, solange die Gegner des Gemeindebestimmungs rechtes feinen besseren Vorschlag zur Bekämpfung des Alkoholismus zu machen müßten, müsse man darauf bestehen, dieses Gemeinde­bestimmungsrecht auch für Deutschland einzuführen. Es sei höchfte Zeit, daß sich die Gesetzgeber ihrer Pflicht bewußt werden, mehr als es bisher der Fall gewesen, für den Wiederaufbau unserer durch den Krieg zusammengebrochenen Bolfsgesundheit zu tun, und dazu sei in erster Reihe erforderlich eine starke Bekämpfung des Alkoholismus .

Bon dort aus veröffentlichte er Anfang Oktober 1872 eine Einladung zur Beschidung eines Schuhmacherfongresses, der die Gründung einer Gemerfschaft der Schuhmacher vorbereiten follte. Die Einladung hatte Erfolg, die Internationale Schuh­machergewertschaft" wurde ins Leben gerufen, Wilhelm Bod murde ihr Borsigender uud menige Jahre darauf auch Redat teur des von ihm gegründeten Fachblattes Der Beder". Das Sozialistengesetz aber, die duftigste Blüte Bismardscher Staatsfunst", zerstörte sowohl die Bartei wie die Gemert­schaften und ihre Organe. Auch der Beder" wurde verboten und unterdrückt. Aber bald darauf, nur einen Monat nach dem Berbot, erschien Bod bereits mit einem neuen Fachblatt Der Schuhmacher", auf dem Plan Das war fein Gemert­fchaftsblatt, weil ja die Gewerkschaft nicht mehr eristierte. Aber es bildete in der fritischen Zeit ein Bindeglied zwischen den verstreut wohnenden Fachgenossen und den trok Bismard neu entstandenen örtlichen Fachpereinen.

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So wirkte Bock im besten Sinne als Pionier der Gemertschaftsbewegung in seinem Berufe, aber nicht nur in diesem und nicht nur in der Gewerkschafts-. bewegung. Sobald er die ersten Schritte in der Arbeiter­bewegung getan, gehörte er als einer der rührigsten unter den jungen Arbeitern jener Zeit auch zur Sozialdemokratie. Diese war freilich damals noch in zwei Lager gespalten, und die beiden Gruppen befehdeten fich aufs heftigste. Den La f falleanern standen die Eisenacher gegenüber. Jene mehr zentralistisch straff organisiert, diese mehr beweglich in der Organisationsform und großdeutsch- demokratisch in der Gesinnung. Wilhelm Bod gehörte zu den legteren. Aber der Bruderkampf war nicht fein Lebenselement. Und als endlich, 1875, die Einigung der beiden Bruderparteien angebahnt wurde, da war Bod einer der ersten, die diesem Streben mit ganzer Hingabe thre Dienste boten. In Gotha , dem Wirkungsgebiete Bods, trat der berühmte Einigungs tongreß zusammen, dem so viele mit schwellenden Hoff­nungen entgegensahen. Wilhelm Bod hat diesen Einigungs­tongreß im Auftrage der Gothaer Genossen eröffnet und feine Berhandlungen geführt, bis nach Verständigung der beiden Fraktionen Hafenclener von den Lassalleanern und Geib pon den Eisenachern" als gleichberechtigte Borsigende mit der weiteren Leitung der Beratungen betraut wurden. Seit in Gotha die beiden Flügel zu einem Körper ver­fchmolzen wurden, galt die Arbeit der Partei und die Arbeits­Praft Wilhelm Bods nur dem Kampfe gegen die Klaffenfeinde. Das Boysen der sozialdemokratischen Bewegung in Thüringen und besonders in der engeren Gothaer Heimat ist lebendiger Zeuge von der unermüdlichen Wirksamkeit Wilhelm Bods, die das Sozialistengefeß mit seinen Schifanen verlachte und es mit der Eroberung des Wahlkreises Gotha für die Sozial­demokratie beantwortete.

Auch im Gothaer Landtag der Borfriegszeit hat

Bod als Vertreter seinen Mann gestanden. Die Spaltung der großen deutschen Sozialdemokratie Die Spaltung der großen deutschen Sozialdemokratie während des Krieges und in den Nachkriegsjahren fand Wil­helm Bod auf der Seite der Unabhängigen. Der Bruderstreit mit all seinen Begleiterscheinungen blieb auch diesem Alten nicht erspart, der oft mit Wehmut an den Gothaer Kongreß von 1875 gedacht haben mag. Die Entwicklung hat die beiden sozialdemokratischen Parteien wieder zusammengeführt. Es mird einer der schönsten Augenblide im Leben Wilhelm Bods gewesen sein, als er in Nürnberg 1922 als ältester Ver­treter der Unabhängigen die neu vollzogene Einigung durch Handschlag mit dem Aeltesten der Sozialdemokraten, Wilhelm Pfannkuch , besiegeln und symbolisch untersteichen durfte.

Der Einigungsmann von Gotha und der von Nürnberg blidt heute auf achtzig Jahre Kampf und Arbeit zurüd. Er begann in einer Welt, in der die Arbeiter zerstreut, unorganisiert, der Willkür des Unternehmertums widerstandslos ausgeliefert maren. Er sieht heute eine neue Welt, die zwar noch nicht fchladenfrei ist, aber für denkende und fämpfende Arbeiter doch ein ganz anderes Geficht trägt, als die der fedhziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Er erlebte mitfchaffend den wirt schaftlichen, fulturellen und politischen Aufstieg der Arbeiter flaffe, er wirfte mit an dem Neuten, Werdenden, an der Frei­legung der Bahnen zu neuem Borwärtsdrängen.

Möge dem Alten, der als lebender Zeuge aus einer Zeit des Ringens und Wachsens in diese Umwelt des Vollendens hinübersagt, noch manches Jahr geistiger und förperlicher Frische und vor allem die Freude beschert sein, die wieder geeinigte Sozialdemokratie zu ständig neuer Machtenfaltung fich entwideln zu sehen!

Berufungsverhandlung gegen Düsterberg. In der Berufungs­verhandlung in dem Beleidigungsprozeß des Regierungs präsidenten Grügner gegen den Stahlhelmführer Oberst leutnant a. D. Düsterberg erfannte das Gericht wie in ber ersten Instanz im Januar d. J. wieber auf 300 m. Geld. strafe. Der Antrag des Staatsanwalts lautete auf 600 M. Gegen das erstinstanzliche Urteil hatten sowohl der Regierungspräsident und der Staatsanwalt als auch Düfterberg Berufung eingelegt.

In Udfchda erklärte General Simon bei Beginn der Friedens fonferenz den Rif- Vertretern, daß man die Gesamtheit der bereits überreichten Friedensbedingungen zu prüfen habe und legte sodann Art und Weise der Durchführung diefer Bedingungen bar.

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Vor dem Eingang einer Klage, mit welcher die Aufhebung eines auf Wohnraum bezüglichen Mietverhältnisses auf Grund § 3 verlangt wird, hat der Gerichtsschreiber der Für. forgebehörde unter Angabe des rüdständigen Mietbetrages und unter Hinweis auf die Fürsorgepflicht gemäß den Reichs. grundsägen über Borauslegung, über Art und Maß der öffent lichen Fürsorge unverzüglich Mitteilung zu machen.

§ 12 des Mieterschußgefeßes sieht vor, daß die ftreitenden Barteien sich vor dem Mieischöffengericht auch durch Beauftragte Barteien sich vor dem Mieischöffengericht auch durch Beauftragte der Organisationen vertreten lassen fönnen. Die Gerichte haben nur den Parteien Schwierigkeiten bereitet, daß sie andere als Bor. standsmitglieder von Organisationen nicht als Vertreter zugelaffen und einzelne Bertreter als ungeeignet zurückgewiesen haben. Ein sozialdemokratischer Antrag will nun diese 3weifel ausräumen, jeden mit Vollmacht versehenen als er treter gelten lassen, die Zulässigkeit der Bertretung auch bei Klagen vor dem Einzelrichter sichern und die Prüfung der Eignung des Vertreters dem Gericht entziehen Sie stellten den Antrag, dem§ 12 folgenden Absatz anzufügen:

Als Beauftragte im Sinne dieser Borschriften gelten alle mit Vertretungsausweis der Vereinigung versehene Personen.

Abs. 1 findet auf alle Verhandlungen vor dem Amtsge. richt entsprechende Anwendung, die einen nach§ 15 MSchG. zu einer Verbindung mit einer Aufhebungsflage zulässigen An spruch zum Gegenstand haben.

Die Fähigkeit zum geeigneten Vortrag oder mündlichen Ber handeln im Sinne des§ 157 Abs. 2 der 3PD. ist bei einem Be auftragten nach Abs. 2 Saz 1 zu vermuten und nur zu der. neinen, wenn besondere und im Einzelfalle zu begründende Um stände das Gegenteil ermeisen.

Ministerialrat Brandes machte geltend, daß die Zweifel aus­geräumt worden seien durch die Gutachten des Kammergerichts, das dahin geht, daß auch andere als Vorstandsmitglieder der Mieter. oder Bermieterorganisationen bestellte Vertreter zuzulassen seien.

Von einigen Abgeordneten des Zentrums ging am Schluß der Sizung noch folgende Entschließung ein: Der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregierung zu ersuchen, baldigst in eine Prüfung einzutreten über:

1. die berzeitigen Miß ft ände im Schantstätten­mefen unter dem Gesichtspunkt der Volfsgesundheit, des Familienlebens und des Jugendschutes;

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2. bie mißstände bei Berleihung von Kons zeffionen; 3. ob zur Befämpfung dieser Mißstände eine stärfere Heranziehung von Gemeindeangehörigen diens lich ist.

Die Berhandlungen werden Mittwoch fortgelegt.

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Das Arbeitsgerichtsgesetz vor dem Reichstag .

Die Begründung der Regierung. Aufhäuser über die Bedeutung der Vorlage.

Der Reichstag hielt gestern feine erste Sigung nach den Osterferien ab. An Stelle des verstorbenen Abg. Fehrenbach ist Frau Bhilipp, Karlsruhe ( 3tr.) eingetreten.

Die Anleihedentschrift für 1925 wird ohne Beratung zur Renntnis genommen. Ein Gefeßentwurf zur Aenderung des§ 11 der Reichsabgabenordnung, monach die Einbringung des Ab­grenzungsgesetzes bis zum 1. April 1926 hinausgeschoben werden soll, wird debattelos in allen drei Beratungen erledigt, ebenso das Gesetz über die Prüfung und Beglaubigung der Fieberthermometer. Es folgt die erste Beratung des Entwurfs eines Arbeits­gerichtsgesetzes.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns

gibt zuerst einen Ueberblick über die bisherige Entwicklung des Arbeitsrechts und die Ausbreitung des Gewerbe- und Kaufmanns gerichtswesens. Nach dem vorliegenden Gefeßentwurf sollen Arbeits­gerichtsbehörden geschaffen werden, und zwar die Arbeits gerichte und das Reichsarbeitsgericht. Die Arbeits­gerichte sind unter Ausschluß der ordentlichen Ge richte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zuständig: 1. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien, 2 für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus dem Arbeits- oder Lehrverhältnis und aus Berhandlungen über die Eingehung eines Arbeits- oder Lehrver­hältnisses, 3. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen wirtschaft. lichen Bereinigungen von Arbeitgebern oder von Arbeitnehmern und ihren Mitgliedern aus dem Vereinigungsverhältnis, 4. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, und 5. in einer Reihe von Fällen des Betriebsrätegesezes. Vor den Arbeitsgerichten find als Prozeßbevollmächtigte oder Beiftände Rechtsanwälte oder Perfonen, die das Berhandeln vor Gericht gefchäftsmäßig betreiben, ausgefchloffen; zugelaffen find jedoch fahungsmäßige Vertreter und bevollmächtigte Angeftellte wirtschaft licher Bereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, fowelt fie für die Bereinigung oder für Mitglieder der Vereinigung auftreten. Bor den Landarbeitsgerichten und vor dem Reichsarbeits­gericht müssen die Barteien sich durch Rechtsanwälte als Brozeßbevollmächtigte vertreten laffen. Die Borsitzenden und die stellvertretenden Vorsitzenden bestelt die Landesjustizverwaltung im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde, für die Sozialver. maltung im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde für die Sozialperwaltung. Sie foll nur Personen bestellen, die auf arbeits rechtlichem und sozialem Gebiete Kenntnisse und Erfahrungen be fißen und regelmäßig ordentliche Richter find. Andere Personen dürfen zu Borfizenden oder zu stellvertretenden Borsigenden nur bestellt werden, wenn sie nach ihrer Stellung im Erwerbsleben meder als Arbeitgeber noch als Arbeitnehmer anzusehen sind und Die Bei die Befähigung zum Richteramte haben. Die Bet fizer werden von der höheren Verwaltungsbehörde im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Landgerichts auf die Dauer von drei Jahren berufen. Sie sind in angemesse nem Berhältnis aus den Borschlagstiften zu entnehmen, die von den in dem Gerichtsbezirke bestehenden wirtschaftlichen Ver­einigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer eingereicht werden. Abg. Aufhäuser( Soz)

weist darauf hin, daß die Berfassung des Deutschen Reiches in ihrem Artikel 157 fagt, daß die Arbeitskraft unter dem besonderen Schuße des Reiches stehe und das Reich ein einheitliches Arbeits­recht schaffe. Jest bietet sich dem Reichstag die Gelegenheit, zum Gesamtproblem des fünftig zu schaffenden einheitlichen Arbeitsrechts Stellung zu nehmen. Es wird sich bei der Beratung dieser Borlage auch zeigen müssen, wie weit der Reichstag gewillt ist, der Repu

blit einen fozialen Gehalt zugeben. Der Reichstag müffe jeẞt feststellen, daß der alte Rechtsstandpunkt, der auf der Grundlage des römischen Rechts aufgebaut mar, monach der Arbeiter nur Objeft der Rechtsprechung ist, aufgegeben, und der arbeitende Menfch den Mittelpuntt der Rechtsprechung bildet und daß die Persönlichkeit des Arbeiters pollen Schutz gegen den Bucher mit seiner Arbeitskraft genießt. Bon besonderer Bedeutung ist die Tatsache, daß bei diesem Gefeßentwurf zur Anerkennung des positipen Arbeitsverhältnisses übergegangen wird. Es ist notwendig, daß jezt ein Arbeitsrecht geschaffen wird. daß den veränderten Verhältnissen im Zeitalter der Großindustrie Rechnung trägt.( Sehr richtig! bei den Soz.) Die Schöpfer der Verfassung sind davon ausgegangen, daß die fapitalistische Ent

midlung für Millionen von arbeitenden Menschen das gleiche Schid. sal geschaffen hat und daß ihnen daher die entsprechende gleiche faziale Sicherung gegeben werden muß, und daß zur Durchführung des sozialen Rechts eine einheitliche Organisation geschaffen werden foll. Heute leiden mir noch unter einer unübersichtlichen. 3eriplitterung in Arbeitsnachweisen, Berliche rungswesen und Arbeitsrechtsprechung. Wenn in der Begründung der Borlage gefagt wird, daß zwischen Verwaltung und Arbeitsrecht feine Berbindung geschaffen werden kann, so muß diese Vereinheitlichung wenigstens bei der Arbeitsgerichtsbarkeit ge­schaffen werden.

Weil wird in Deutschland noch fein neues Arbeitsrecht haben, fommt dem Arbeitsgerichtsgefeh die besondere Aufgabe zu, den Anfang zur Vereinheitlichung des Arbeitsrechts zu schaffen. Sehr richtig! b. d. Soz.)

Es handelt sich hier ja nicht nur um Rechtsprechung, sondern auch um Rechtsfchöpfung, insbesondere bei der Auslegung der Streitigkeiten aus dem Tarifwesen. Die besondere Bedeutung der Borlage liegt darin, daß zum erstenmal den Beteiligten aus der Wirtschaft, den Tarifvertragsparteien, die große Aufgabe zugewiefers wird, aus der Braris beraus felbst das tommende Arbeitsrecht porzubereiten. Das Wesentliche an dieser Entwidlung ist, daß allmählich auch die gefehgebenden Körper­schaften nicht mehr daran vorübergehen fönnen, daß das fünftige soziale Recht aufgebaut fein muß auf den großen Organisationen der Wirtschaft, der Arbeiter, Angestellten und Unternehmer. Hier wird zum ersten Male die Parteifähigkeit dieser Organisationen ausge sprochen. Im Reichswirtschaftsrat hat die Abteilung der Unter nehmer den Versuch unternommen, diefe. Entwicklung mieder rüd­gängig zu machen, der Reichswirtschaftsrat hot dieſen Versuch zu­rüdgemiesen. Wir menden uns mit Entschiedenheit da gegen, daß Betriebsbelegschaften ben großen Organi fetionen gleichgestellt werden sollen, denn das würde nur zu einer Bevorzugung der sogenannten wirtschaftsfriedlichen von den Unternehmern ins Leben gerufenen Bereinigungen führen. Wir sind mit der Berücksichtigung des Betriebsrätsgefeßes einverstanden, aber mir mehren uns dagegen, daß man die selbstgeschaffenen großen Organisationen gleichftellt mit diesen wirtschaftsfrieblichen Bereini gungen.( Sehr richtig! bei den Soz.)

Das Arbeitsrecht foll aber nicht nur einheitlich, es muß auch autonom sein, d. h., es soll aus dem fozialen Leben felbst her. auswachsen

Es handelt sich doch hier um bas Recht des arbeitenden Menschen und das fann nur gefchaffen werden aus dem sozialen Leben her aus; durch die Beteiligten selbst, die durch ihre Rechtsprechung immer wieder das neue Recht schaffen sollen. Wenn aber der Rollettivgedanke maßgebend sein soll, dann passen die Arbeitsgerichte nicht in die Atmosphäre der ordentlichen Gerichte hinein. Der Selbst.