\ Zalsche Rechnung. Gozialverficherung und Lohnniveau. Das Wirtschaftsprogramm des Reichsverbandes der dsulschen Industrie gab das n e u e S t i ch w o r t für den Unternehmerkampf gegen die Sozialoersicherung aus. Mit den falschen Zahlen über die unerträgliche Be- lostung der Wirtschaft durch die Sozialversicherung war nichts mehr zu machen. Generaldirektor Piatfchek Halle für das Lahr 1924 eine Belastung von 4,3 Milliarden Mark errechnet. Mir dieser Legende hatte die Denkschrift des Reichsarbeits» Ministeriums gründlich aufgeräumt. Sie wies nach, daß die Ausgaben für die gesamte Sozialoersicherung, also Kranken- Versicherung, Invalidenversicherung. Unfallversicherung. Knappschaftsversicherung und Angestelltenverficherung mit Einschluß der Erwerbslosenfürsorge nicht einmal die thälfte der von Piatfchek errechneten Summe ausmachten. Mit dem Brustton des Fachmannes Halle Piatschek erklärt, daß 2,6 Milliarden Mark für die Wirtschaft tragbar seien: die tatsächlichen Ausgaben mit Einschluß der Erwerbslosen » fursorge blieben um 6l)lZ bis 700 Millionen hinter dieser »umme zurück. Nach diesem fürchterlichen Reinsall verzickteten die Unter- nehmer nun keineswegs darauf, sich noch weiterhin als Rechenkünsller aufzuspielen. Sie wurden bei ihren Rechnun- gen für 1925 nur etwas vorsichtiger. Um so nach- drücklicher wurde das neue Stichwort aus der Denkschrift des Reichsoerbandes der deutschen Industrie aufgegriffen, wonach die Aufrechterhaltung einer weitgehenden sozialen Fürsorge nur möglich ist. wenn die Beiträge sich der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaft anpassen und wenn die Leistungen an die Empfänger sich in solchen Grenzen halten. daß die Empfindung der eigenen Verantwortung des einzel» nen für sich und seine Familie nicht zerstört wird. Unter diesen grundlegenden Voraussetzungen ist der Reichsverband der deutschen Industrie für eine wirksame soziale Fürsorge. Eine solche Erklärung mutet wie ein schlechter Witz an, reicht sie doch nicht einmal an die Weishell Onkel Bräsigs Heran, daß die Armut von der PovertS herkomme. Die letzte ordentliche Mitgliederversammlung der Per» 'cinigung der deutschen Arbeitgeberverbände war wieder ein- mal eine Kampsansage an die Sozialpolitik. Nur die Arbeitgeberverbände, und hier wieder in erster Linie die Vereinigung, sind in der Lage, den von gewerkschaftlicher Seite auf dem Gebiete der Arbeitszeit, des Arbeitslohnes und der Sozialpolitik ohne Unterlaß erhobenen Forderungen mit der nöllgen Energie und Entschlossenheit entgegenzutreten. Also orakelt der Vorsitzende der Arbeitgebervereimgung, Herr v. Borsig. Ablehnen um jeden Preis ist feine Pa- role, selbst wenn die Vereinigung zu sozialpolllischen Forde- rungen der ArbeiMehmerseite«mmol mit gutem Gewisien „Ja" sagen kann. Denn selbst in diesen Fällen muß sich die Arbellgebervereinigung überlegen, ob sie nicht aus taktischen Gründen„Nein" sagen soll, weil jedes freiwillige Zugeständnis Ausgangspunkt...weitergehender Forderungen gemacht wird. So erstaunlich diese Weisheit ist, man muß für die vielleicht ungewollte Offenheit"dankbar sein. Wer sich aus taktischen Gründen für oerpflichtet hall, auch nach seiner Auf- fasiung berechtigte Forderungen abzulehnen, der kann ernst- lich doch nicht in Anspruch nehme», daß seinen Argumenten fachliche Bedeutung zukommt. Durch das Eingeständnis o. Borsigs find diese Argument« gleichzeitig als taktisch« Ma- növer enthüllt. In seinem Geschäftsbericht erklärte Dr. Tänzler es als Aufgabe der Arbeitgebervereinigung, die Grenze des Mög- lichen hinsichllich der Sozialpolitik und der sozialen Leistungen abzustecken. Und bekümmert stellt er fest, daß auf dem Ge- biete der sozialen Abgaben statt der durch die wirtschaftlichen Grundlagen gebotenen Verminderungen gerade 1925 auf großen Gebieten, besonders der Sozialversicherung. Mehr- belastungen von ganz erheblichem Ausmaße erfolgt sind. Aber Dr. Tänzler weiß die Unternehmer zu trösten. Der Ausgleich muß durch Lohnabbau gefunden werden. Selbstbewußt verkündet er deshalb,„daß für die nächste Zeit die Wirtschaft um Lohnkürzungen nicht herumkommen wird, die teilweise vorbereitet und in Angriff genommen sind". Aus diesen Worten klingt die ganze freche Anmaßung des deutschen Unternehmertums, das sich als Repräsentant der sogenannten„Wirtschaft" fühlt. Zum Lohnabbau soll dann noch der Abbau der Sozialversicherung kommen. Dieser Spezialkampf gegen die Sozialversicherung wird mit dem schwersten Geschütz in der Zeuschnä der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberoerbände„2)er Arbeitgeber" fortgeführt. Nach Auffassung der Unternehmer stand das Jahr 1925 im Zeichen eines über alle wirtschaftlichen Grundlagen hinaus- gehenden Ausbaues der Sozialversicherung. Auch diese Kritik zeigt wieder einmal, daß die Unter- nehmer den Sinn der Sozialversicherung noch gar nicht begriffen haben. So selbstverständlich es für jeden Unternehmer ist, daß mit den Fabrikanlagen, Ma- schinen, Werkzeugen und Rohstoffen, kurz mit all dem. was für ihn der Inbegriff der Wirtschast ist, pfleglich um- gegangen wird, so wenig soll dieser selbstverständliche Grund- satz gelten, wenn es sich um den wichtigsten Pro- duktionsfaktor, die Arbeitskraft, handelt. Und doch hängt das Gedeihen und der Aufftieg jeder Wirtschaft von der pfleglichen Behandlung der Arbeitskraft und der EM- Wicklung aller Fähigkeiten menschlichen Könnens ab. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe obliegt gerade der So- zialversicherung eine wichtige Funktion. Sie soll die Arbeits- kraft in allen Wechselfällen des Lebens leistungsfähig er- halten und die gefährdete Leistungsfähigkeit wieder herstellen. Für die Fälle der Arbeitsunfähigkeit und des Alters soll sie Vorsorge treffen. Es liegt auf der Hand, daß in diesem System organisierter Selbsthilfe der höchste Grad der Wirt- schaftlichkeit und Leistungsfähigkeit liegt, während die von den Unternehmern jetzt wieder in den Vordergrund gestellte individuelle Selbsthilfe das Gegenteil bedeutet. Den Unternehmern ist jedoch ernsthaft gar nicht um die individuelle Selbsthilfe zu tun. Das würde ja. zu Ende gedacht, erfordern, die Löhne und Gehälter zu erhöhen, damit individuelle Vor- sorge überhaupt möglich wird. In der Unternehmerforderung nach Abbau der Löhne und der Sozialversicherung e�hüllt sich die ganz« Verantwortungslosigkeit des deutschen Unternehmertums. Sieht man sich das gegenwärtig« System der deutschen Sozialversicherung an, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß durch eine Vereinheitlichung erhebliche E in- fparungen zugunsten des Ausbaues der Leistungsfähig- keit gemacht werden könnten. Ja diesen Tagen haben drei
aneickannle Fachmanns? auf dem Tebteie ber Sozsalversichs' rung, Regierungsrat I. Eckert und Oberregierungsrat K. Hartmann unter Mitwirkung von Dr. O. Paul im Berlage von Reimar Hobbing ein Handbuch der Reichsver- sicherung erscheinen lassen, das den dankenswerten Versuch unternimmt, durch das Labyrinth aller Zweige der Sozial- Versicherung zu führen. Von dem zu bewältigenden unge- heuren Stoff zeugen die 600 Seiten des Buches. Kommt darin aber nicht gleichzeitig der ganze Widersinn des gegen- wärtigen Syftelns mit feinem ungeheuren Aufwand von Ver- waltungskosten und dem Gegen- und Durcheinander der Ver- sicherungsbehörden bei den zahllosen und subtilen Versichc- rungsfällen zum Ausdruck? Und das alles spielt sich doch schließlich auf Kosten der Versicherten ab. Hier könnte durch jenes einheilliche Versicherungswesen, wie es der Artikel 161 der Reichsverfasiung verspricht, wirklich gespart werden. Von solchen Einsparungen wollen jedoch die Unternehmer nichts wissen. Die Beiträge für die Sozialoersicherung sind ö f f e n t- lich-rechtlicher Lohnsparzwang. Will man sich Klarheit verschaffen über die Bedeutung der Beiträge für die Sozialoersicherung, so muß man sie in Verbindung bringen mit dem Lohnniveau. Im Februar-Hest der„Gesellschaft" hat Wladimir Woytinski den Nachweis geführt, daß der Durchschnittsreallohn in Deutschland hinter anderen europSi- schen Staaten, wie Großbritannien . Dänemark , Holland , Norwegen , Schweden , erheblich zurückbleibt. Wenn die Unternehmer glauben, daß der Zeitpunkt ge- kommen sei. die Löhn« abzubauen, so wird sich auch diese Rechnung als falsch erweisen. Durch Stärkung ihrer poli- tischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisation werden die deutschen Arbeitnehmer den von den Unternehmern angekündigten Kämpfen gewachsen sein.
Gesanüter Maximilian Pfeiffer gestorben. Ein Verlust für das Zentrum. München . Z. Mal.(HJIB.) Der denkfche Gesandte In Wien . Dr. Maximilian Pfeiffer , ist heule abend«m 9 Ahr an herzlähmung gestorben. * Maximilian Pfeiffer ist nur 50 Jahre alt geworden. Er wurde am 21. Dezember 1875 zu Rheinzabern (Pfalz ) ge- boren, studierte klassische Philologie und trat dann in die Bi- bliothekarslaufbahn ein. Er war Bibliothekar zunächst in Bam- berg, dann in München . Nach der Revolution schied er aus dem Staatsdienst aus. In Bamberg begann er sich politisch zu betätigen. Im Jahre 1907 wurde er für das Zentrum als Reichstagsabge- ordneter für Kronach -Lichtenfels gewählt. Cr gehörte dem Reichstag von 1907 bis 1918 an, der Nationalversammlung und dem Reichstag von 1920 bis 1924. Als zweiter Vorsitzender der Deutschen Gruppe der Jnter- parlamentarischen Union war er lebhast für die Union lite- rarifch tätig. Er begründete und führte das Generalsekre- tariat der deutschen Zentrumsoartei vom November 1918 bis Februar 1920 und gehörte dem Reichsausschuß des Zen- trums an. Anfang 1922 wurde Dr. Pfeiffer zum deutschen Gesandten in Wien ernannt. Bald danach veröffentlichte die„Neue Freie Presse" in Wim ein« Unterredung mit Dr. Pfeiffer, in der er erklärte:„Ich betrachte den Anschluß Deütschösterreichs an Deutschland selbstverständlich im Rohmen der für den Augenblick geltenden Bestimmungen als hauptsächliche Vor- belnngung für den Wiederaufbau Mitteleuropas , wobei ich allerdmgs der Meinung bin, daß das zeitliche Ausmaß der Durchführung des Anschlusses ganz von Oesterreich bestimmt werden muß. Eine Aufklärungsarbeit, die sich in der Richtung bewegt, die Welt von der inneren Notwendigkeit des Anschlusses zu überzeugen, sehe ich als einen Hauptteil der Ausgab« an. die mich in Wien erwartet." Vor einigen Wochen gingen Nachrichten von einer ernsten Erkrankung Pfeiffers durch die Presse, die er dementieren ließ. Pfeiffer hatte in ssiner politischen Tätigkeit viel« Freund«, und wohl nur sehr wenige Feinde. Sein pfälzischer Humor hat ihn manchmal die Lösung schwieriger Situationen finden lassen. Als Parlamentarier war er ein gern gehörter Redner, seine oft kunstvollen Reden fanden immer aufmerksame Zu- Hörer. Di« Zentrumspartei verliert in ihm einen führenden Politiker und einen guten Freund.
Jürstenentwurf üer Regierung. Wiederholung einer Unzulänglichkeit. Die Reichsregierung hat dem Reichsrat am Montag den an- gekündigten Gesetzentwurf zur Fürstenabfindung vorgelegt. Dieser Entwurf stellt keine eigene Arbeit der Regierung dar. sondern ist nicht» andere» als das letzt« bürgerliche Absin- dungskompromiß, wie es im Recht»ousschufj zuletzt zur Debatte stand. Die einzige Aenderung besteht darin, daß die Regierung die von dem Rcchtsaüsschufj noch nicht angenommenen demokrati- schen Antröge und solche vom Zerrtrum in den Entwurf berücksichtigt hat. Dagegen ist der demokratisch« Abänderungsontrag und der Abänderungsvorschlag de» Zentrums nicht berücksichtigt worden. Die Regierung hofft, daß der Reichsrat den Abänderungsentwurf nicht nur mit Zweidrittelmehrheit, sondern sogar e i n st I m m i g verabschiedet. Bayern soll sich bereits zustimmend geäußert haben, und mit den zwei anderen Rechtsregierungen, deren Zu- stimmung vorläufig nicht zu erwarten ist. steht das Kabinett noch, in Verhandlungen. Der Reichsrat wird sich voraussichtlich im Mittwoch mit dem Entwurf befassen und ihn dann einer Kommission über- weisen, um ihn noch Ende der Woche zu verabschieden.
Putschisten -Maifeier. Immer wieder Beteiligung von Reichswehrofstzieren. Die Rechtsputschisten halten ihre Zeit wieder für gekommen. Im Zeichen ihrer Putschvorbereitungcn stand eine„Maifeier", di« die Herrschosten in den Aütohollen am Kaiserdamm abhielten. Herr Dr. Stadler hielt di« Festred«. Nach einem Bericht der„SZossilchen Zpitung" haben an dieser sogenannten„Mqifeier" Reichswehr - offiziere teilgenommen. Selbstverständlich fehlte auch nicht ein Vertreter des notleidenden Hohenzollernhauses, der ehren- wert« Herr Eitel-Friedrich . Herr G e ß l e r ist bekanntlich in Urlaub gegangen. Vielleicht nimmt sein Vertreter, der Reichsinnen. minister Külz, Gelegenheit, diesen Angaben nachzugehen und fest- zustellen, welche Offiziere der Reichswehr es mit ihrem Eide ver- einbar halten, an Feiern der Putschisten teilzunehmen.
Ehrhardt an der Arbeit. Der Kapp-Putschist und„Ehrenmann" Ehrhardt reist schon seit Wochen zur Besichtigung seiner Mannen durch Deutschland . Cr begann mit seiner Inspektion in Sachsen und ist im Augenblick in Norddeutschland. Wie alle„großen Männer" aus der Vor- kriegszeit reist auch Ehrhardt in Begleitung eines großen Stabes, und nicht etwa mit der Eisenbahn, sondern mit dem Automobil. Es fragt sich auch hier, wer die Gelder zu diesen Reisen aufbringt. Allem Anschein nach halten bestimmte Kreise der Industrie ihre Verbindungen zu Ehrhardt nach wie vor aufrecht. Di« Maral dieses Ehrenmannes, der es fertig brachte,«ine Frau hinter Schloß und Riegel zu bringen, kümmert sie scheinbar wenig: jeden. falls ist es ein beschämendes Zeichen für die Gesinnung t n gewissen deutschen Schichten, daß ein Ehrhardt heute nicht wir zu großen Ausgaben, sondern auch zur Inspektion einer gewissen Sorte von Volksgenossen noch in der Lage ist.
Radikale Agrarier. Sie drohe» mit„Konflikten". Die„Deutsche Tageszeitung" bringt an auffallender Stelle mit besonderer Aufmachung folgenden Bersommlungsbericht: Mehrere hundert Landwirte des Landbundes ver. sammelten sich am 2. Mai in Groß-Schönebeck. um zu der kataftro- phalen Wirffchostsnot Stellung zu nehmen. In der Versammlung herrschte ein« gewallige Erregung über die Untätigkeit der Regle. ruog und die völlige vernachiiissigimg der Belange der Landwirt. ichai». Es wurde auf das schärfst« gefordert daß di« Regierung sofort alle geeigneten Maßnohmen ergreif«, die di« Rentabilität der Betriebe wieder herstellen können. Insbesondere wurde»in« Aenderung der Handelspolitik verlangt. Die Versammlung sandte folgendes Telegramm an den Reichskanzler: „Verlangen sofortige Maßnahmen, unsere Betriebe rentabel zu machen. Bermissen Schutz unserer schweren nationalen Arbeit. Auf Worte geben wir nichs mehr. Mollen binnen sechs Wochen entscheidende Taten sehen. Warnen dringend, da schwer« Konflikte unausbleiblich." 300 Bauern aus Groß-Schönebeck und Umgegend. Nach Schluß der Versammlung schlössen sich di« Teilnehmer zu einem Demonstrationszug zusammen und marschierten durch Groß-Schönebeck . Im Zuge sah man Landbund-, Iungland- bundfahnen und schwarze Fahnen mit der Ausschrift „B« r n k a st e l". Mit dem einmütigen Bekenntnis zur Einigkeit und einem „Hoch" auf den Landbund schloß di« Veranstaltung. Man sieht, die Herren vom Landbund lieben eine derbe Sprach«. In Bernkastel hat man bekanntlich ein Finanzamt kurzerhand in Brand gesteckt. Wahrscheinlich soll das markige Telegramm an den Reichskanzler durch das Plakat mit der Auffchrist „B« r n k a st« l" erläutert werden, damit im Zweifelsfall jedermann weiß, was unter„schweren Konflikten" zu verstehen ist. Wir wissen nicht, ob ein einziger dieser Demonstranten sich in einer solchen Rot befindet wie die Hunderttausende Arbeitslosen. die sich und ihr« Familien mit den geringen Unterstützungen erhalten müssen. Was würde die Zeutsch « Tageszeitung" sagen, wenn heute in Berlin ein staatliches Gebäude von Arbeitslosen in Brand gesteckt würde und wenn in anderen Orten Demonstrationsversammlungen stottsänden, die diese Heidentaten pressen sollten? Di«„Deussche Tageszeitung" würde noch dem Staatsanwalt und nach der Polizei rufen und beide würden zur Stell« fem. Die Agrarier denken immer noch, daß sie mit ihrem läuten Geschrei all« Welt ein- schüchtern können. Dabei ist diese Art von Agitation di« dankbar ungeeignetste, um bei der städtischen Bevölkerung Verständnis für. ländmirtschostliche Wünsch« zu fördern...
Partei und Mandat. Eine grundsätzliche Entscheidung. Stuttgart . 3. Mai. (Eigener Drahtbericht.) De? württtm. bergisch« Staatsgerichtshof trat am Montag zum erstenmal zu einer Sitzung zusammen. Gegenstand der Beratung war die staatsrechtlich umstrittene Frage, ob ein A b gl« o r d n e t e r soin Mandat vertiert, wenn er nicht mehr Mitglied der Partei ist.«l» deren Vertreter er sein Mandat erhalten und ausgeübt hat. Die Bezirksleitung Württemberg der Kommunistischen Partei hotte im September 1S23 den Reichstagsobgeordneten Haller aus Schwenningsn angeblich wegen Unterfchlogung von Parteigeldeni au» der Partei ausgeschlossen. Haller. der sein Mandat weiter ausübt, protestierte gegen den Ausschluß. Em ge- richtliche» Verfahren wurde wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Run hat die Kommunistische Partei »ine Ent- scheidung beim Staatsgerichtshof darüber veranlaßt, ob Haller im Besitz seine» Mandats verbleiben dürfe. Der Staatsgerichtshof bejahte die Frage mit der Begründung, daß der Ausschluß au» der Partei keinen Mondatsverlust zur Folge habe, sondern ein solcher Verlust nur durch den freiwilligen Austritt eines Mandsts- tröger» au» seiner Wählervereinigung eintrete. Gute Monarchisten nehmen gern daS Geld der Republik . lins wird geschrieben: Der Verein der Fremdenheimbesitzer im Riesen, und Iser» g e b i r g e tagte vor einigen Tagen im benachbarten Schreiberhgu. Obwohl der Verein nach seinen Satzungen und seinen Zwecken«nt- sprechend übcrpolitisch sein will, fand e, der Vorsitzende Grußenberg für gut. seiner Vorliebe für die verflossene Monorchie nachdrücklichst Ausdruck zu geben, indem er dafür gesorgt hotte, daß die Tagung völlig unter den Fahnen Schwarz-Weiß-Rot stattfand. Sogar die ausgegebenen Abzeichen, die Standarten und Wimpel mußten in den Farben der Monarchie prangen. Von einem Einspruch der Teilnehmer, die sich absolut nicht scheuen, Pension«- gelder auch von Republikanern anzunehmen, hat man nichts gehört. Am 4 d. M. findet nun im Hauptousschuß des preuß. Landtages die Besprechung über«inen Antrag zugunsten einer staatlichen Hilfsaktion für die notleidenden Besitzer der Fremden- Heime im Riesen- und Jsergebirge statt. Referent ist der Abgeordnete Landrat S ch m i l j a n- Löwenberg, der der demokratischen Fraktion angehört. Der Hauptrufer noch staatlicher Hilfe war der— obengenannte Berein mit seinem schworzweißroten Vorsitzenden. Wielonge noch läßt sich die Republik derartige unverschämte Verhöhnungen gefallen? Besteht nicht die groß« Gefahr, daß auch hier wieder Stoatsgelder zum Kampf gegen den republikanischen Staat verwandt werden?
Wahlerfolg in Hamburg . Hamburg . 3. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Am Sonntag landen in Hamburg di« Wahlen der E l t e r n r ä t e der höheren, der Palt»- und Privatschulen statt. Die Wahlbeteiligung war nur gering. Da» vorläufige Ergebnis zeigt, daß die Zahl der s o z i o l d e m o- krottschen Elternräte bereits um 30 hoher sst als bei der letzten Wahl. Die Kommunisten haben eine geringe Zunahme zu ver- zeichnen, Deutsche Voltspartei und Demokraten haben zum Teil zugunsten der Deutschnatwnalen erheblich verloren.