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Dienstag

4. Mai 1926

Unterhaltung und Wissen

Fünf Fabeln.

Bon Robert Louis Stevenson  .

Der Teufel und der Schaufwirt.

Einstmals hielt sich der Teufel in einer Schenke auf, wo ihn feiner tannte; denn dort verkehrten nur Leute, deren Erziehung vernachlässigt worden war. Er führte Böses im Schilde und hatte eine Zeitlang jeden bei den Ohren. Aber schließlich beobachtete der Birt den Teufel verstohlen und ertappte ihn auf frischer Tat.

Und der Wirt holte ein Tauende.

Nun werde ich dich dreschen!" rief der Wirt.

,, Du hast keinen Grund, über mich aufgebracht zu sein," ent­gegnete der Teufel, es liegt in meiner Natur, Böses zu tun.

Stimmt das?" fragte der Wirt.

Tatsache, ich verfichere es dich," erwiderte der Teufel.

Du fannst es wirklich nicht lassen, Böses zu tun?" fragte der Wirt nun.

Nicht im mindesten," antwortete der Teufel. Es würde eine unnötige Grausamteit sein, ein Wefen mie mich zu verdreschen." Das würde es," jagte der Wirt.

Und er machte eine Schlinge und knüpfte den Teufel auf. So!" sagte der Wirt.

Die Saulquappe und der Frosch.

Scham dich," sagte der Frosch. Damals, als ich eine Kaul. quappe mar, hatte ich feinen Schwanz."

Das dachte ich mir!" rief die Kaulquappe. Du bist auch nie eine Raulquappe gewesen."

Der Bürger und der Reisende.

Sehen Sie sich um," sagte der Bürger. Das ist der größte Marktplatz der Welt."

D, feineswegs," versicherte der Reisende.

Run, vielleicht nicht der größte," fagte der Bürger, aber bei meitem der beste."

..Da haben Sie ficher Unrecht, entgegnete der Reisende. Ich fann Ihnen fagen.

Und des Abends, in der Dämmerung, trugen fie den Fremden zu Grabe.

Die vier Reformer.

Vier Reformer begegneten einander unter einem Dornbusch. Alle waren einig, daß die Welt geändert werden müsse.

Bir müffen das Eigentum abschaffen," sagte einer. Wir müssen die Ehe abschaffen," sagte der zweite. Wir müssen Gott   abschaffen," sagte der dritte.

vierte.

Ich wünschte, wir fönnten die Arbeit abschaffen," sagte der

Wir wollen doch nicht über die pratiische Politik hinaus. gehen," jagte der erste.

" Zuerst müssen die Menschen auf ein gemeinsames Riveau ge bracht werden."

Zuerst," sagte der zweite, muß den Geschlechtern die Freiheit gegeben werden."

" Buerst," sagte der dritte, müffen wir heraustriegen, wie es zu machen ist." Buerst," sagte der erste, muß die Bibel abgeschafft werden." " Zuerst," sagte der zweite, müssen die Geseze abgeschafft

merden.

3uerst," sagte der dritte, muß die ganze Menschheit abge fchafft werden."

Buße

Ein Mann traf einen weinenden Knaben.

Barum weinst Du?" fragte er ihn.

Ich meine über meine Sünden," sagte der Knave. ,, Du scheinst menig zu tun zu haben," entgegnete der Mann. Um folgenden Tage begegneten sie einander wieder. Und wieder meinte der Knabe.

Warum weinst Du jekt?" fragte der Mann. Ich meine, weil ich nichts zu effen habe," sagte der Knabe. Ich dachte mir, daß es dahin kommen würde," erwiderte der

Mann.

Die Zukunft des deutschen Waldes

Bon Karl Förster  .

Die folgenden Ausführungen des belannten Pflanzenzudriers entnehmen wir bem neuesten Seft der Gartenschönheit".

Wir stehen im Beginn der größten Weltwende des Wald- und Gartenmejens, melche die Geschichte fennt. Es ist an der Zeit, immer größere Kreise, die diesen Dingen noch fern find, mit Ahnung und lebendigen Begriffen dieser neuen Entwicklung zu erfüllen. Unfer Gefühl meint ganz andere Gärten und Wälder, als wir haben. Hat run dieses Gefühl, das ganz andere und reichere Wälder fordert, recht oder hat es sich, wie bisher, forstwirtschaftlichen Notwendig feiten zu beugen? Sollen wir auf alle Zeit hinaus in diesen jahres geitiofen öden Kiefernwäldern unser Leben vertrauern oder werden hier dereinst ganz andere Wälder erstehen, hat der Romantiker oder Der Fachmann recht?

Die Antwort auf diese Frage ist überraschend. Die Pioniere der modernen forstwirtschaftlichen Gestaltungsarbeit geben dem Baldromantiker recht auf Grund ihrer dreißigjährigen Waldarbeiten on armen Böden. Das Gefühl für Naturromantik erweist sich immer mehr als wefenseins mit der weißesten Voraussicht in die Gleichgewichtsbedingungen des großen Naturhaushaltes, was gleich bedeutend ist mit dem Wirtschaftshaushalte der Menschen.

Alles, was im Sinne neuer Waldschönheit und Wirtschaftlichkeit zu sagen ist, wird durch Zahlen jener großen und prafiijchen For: chungspioniere bis ins fleinste belegt. Ich nenne vier Namen, die im deutschen   Volke, dessen Sinn für große Künstlernamen etwas sehr auf Kosten des Sinnes für Naturgestalternamen eniwidelt ist, unbekannt sind: Möller, Wiebede, von Kalijch und von Keudell. Und doch wird von diesen vier Namen unserer deutschen Weit ein Schön heitszuwachs von einer Fülle und Bedeutung kommen, neben der uns die Bereicherung, die wir manchem überall genannten Künstler namen verdanten, verhältnismäßig flein und zeitlich erscheint.

Bas foll nun aber plötzlich mit den deutschen   Wäldern vorgehen? Bachsen denn überhaupt auf den Kieferböden ganz andere. Bälder, und sellen wir denn wirklich ohne übergroße wirtschaftliche Opfer aus dieser schrecklichen, allzu einseitigen Kiefern und Fichtenwald­periode herauskommen?

Die Zukunft gehört hauptsächlich dem Mischwalde, der vielartige Nadelhölzer und Laubholzer vereinigt. Sie gehört dem Dauerwalde, indem es feinerlei glatträfierte Kahlschläge breiter Räume mehr gibt, sondern nur die alljährliche Ausholzung einzelner passender Bäume durch die ganzen Bestände verteilt. Diese Wälder bestehen cus Bäumen der verschiedensten Alter, verjüngt durch wildwachsende Sämlinge. Solche genügend reichliche Berjüngung durch Sämlinge

Beilage des Vorwärts

Das große Tauziehen in England.

ift im allgemeinen nur im Mischmalde möglich, weil hier die Aus­sichten für das Reimen und das erste Heranwachsen der Sämlinge von der Verschiedenheit des Jahresmetters genügend wechselreich be­günftigt werden und der Boden nicht durch einseitige Beanspruchung

verarmt.

Die Zukunftswälder, soweit sie den Namen verdienen, gehören ferner dem Brinzip der örtlichen Raffenpflege und der Rassenverede lung, fie gehört der Ertüchtigung der Pflanze genau so wie die Zu­funft der Gärten. Der alte große Irrtum, daß Veredlung und Ber­feinerung in Wäldern und Gärten, auch in Menschenwesen, Pflanzen und Tieren irgendwie durch Verzärtelung und Einbuße an Natur fraft erkauft werden müsse, wird abgebaut merden durch eine Un zahl neuer Ergebnisse der Arbeit an der Steigerung der Organismen. Ueberall schlummern in den Organismen neben den Veredelungs­möglichkeiten unerwedt wartende Urkräfte und Widerstandsfähig. feiten, fomie vor allem auch Nachhaltigkeiten, welche die Lebenstraft der unbeeinflußten Natur unendlich übertreffen. Wenn man eine Goldramunfelpflanze aus den Wiesen, also einen Trollius der wilden europäischen Art, neben eine gartenveredelte Pflanze derselben Art in ein Wiesenbeet sezt und beide Pflanzen nach sechs Jahren mit den Erdmurzelballen herausgräbt, so fann noch ein Kind die wilde Pflanze tragen, während an der veredelten ein Mann schwer hebt. Es ist noch gar nicht so lange her, daß man mit der Wahllofig­feit bei der Auswahl des Waldfaatgutes gebrochen hat. Wir haben noch in Deutschland   an ungezählten Stellen Sämlinge franzöfifcher Riefernrassen stehen, die nur ein Drittel der Büchsigkeit bestgemähl.

ter lokaler Riefernsorten erreichen.

Wir treten aljo ein in das Zeitalter der Entdeckung des genialen oder sonderlich begabten Individuums nicht nur in der Garten­pflanzenwelt, fendern auch im Baumreich der Wälder. Pioniere der Waldbaumzuchtarbeiten laffen schon jetzt unter Verwendung von hohen Feuerwehrleitern bestimmte Zmeige wegschneiden, um Be­stäubungen zu lenken und Saaten von bestimmten 3meigen zu ern­ten. Gehe durch einen Wald und sieh' die geheimnisvollen Unter­schiede von Baum zu Baum.

Eine Eiche treibt früh, die andere spät, und eine blüht immer in Frostzeiten hineir, während die spätblühende diesen entrückt ist. Eine Eiche ist fahl, die andere schon belaubt, eine hat dunkelgrüne, glänzende Blätter, die andere zerfressenes und vermehltautes Laub. Jede Fichte hat ein anderes Gesichte und eine andere Geschichte heißt es irgendwo. Ein Baum wächst schlank ohne Seitenverzwei­gung empor, ohne daß ein Eingriff geschah, der andere ist unten ganz mit Seitenzweigen umgeben, unterschiede, die forstwirtschaft: lich ganz ungeheuer ins Gewicht fallen. Die Ergebnisse dieser Zucht­arbeit aus holzwirtschaftlichen Gründen werden aber ebenso auch unserer Freude am Einzelbaum zugute tommen, dessen Schönheit wiederum im Dauermischwalde sich am stärksten auswirkt.

Das Wichtigste aber, was man von der Sendung des Dauer­mischwaldes moderner Struftur fagen tann, ist seine bodenveredelnde Kraft, die langsam, aber sicher wirtt, immer im Wachsen bleibt und richt durch große Kahlschläge zerstört oder auf zwei bis drei Jahr. zehnte unterbrochen wird. Im Walde der Zukunft gibt es kein Weg­nehmen von weltem Laub oder welten Nadeln oder fleinem Reifig, fein Wegnehmen der alten Baumstümpfe und Burzeln. Ihr Stehen­Laffen ist in seiner großen Bedeutung für das bakterielle Leben des Dem Bodens menigstens in vielen Bodenarten erkannt worden. Waldboden wird sein natürliches Leben erhalten und der Stiftersche Ausdrud vom unberührten Schmelze der Fersten wird tatsächlich

Aus dem New Leader"

Finese

als etwas erfannt, was zahlenmäßig größere Holzerträge bringt als banale Nußgmälder.

Im Zukunftswalde kommt mun überall wieder im Innern des Waldes, an allen äußeren Waldrändern und auch allen Rändern der Waldwege, auch der schöne, Schatten vertragende Waldstrauch und Baldranker, und der beerentragende und nesterbergende Wacholder zu seinem Recht, und zwar zunächst nicht einmal aus romantischen Anwandlungen, sondern aus der Einsicht in den Haushalt des Waldes.

Die Erkenntnis, daß mit Hilfe des Dauermischwaldes auf allen möglichen Böden, auch auf den heruntergewirtschafteten, allmählich wieder mit Vorteil fast alle Baumarten zu ziehen sind, hat zur Bor auslegung erfolgreiche und negative Erfahrungen von Generationen und Jahrzehnten, lange fühne und mühevolle, prattische Versuche. Eingehende Zahlenberichte über die Retabilitätsberechnungen der Dauerwalderträge und der Kahlschlagwalderträge führen zu weit.

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Die Hummeln und der Klee. Als man seinerzeit Klee in Neu­feeland angebaut hatte, gedieh er vortrefflich; er stand in schönster Blüte, die Landwirte freuten sich auf die Ernte und wiegten sich in der Hoffnung, im nächsten Jahre die eigene Saat verwenden zu fönnen, um nicht auf England angewiesen zu sein. Aber der schöne mußte sich das nicht zu erklären. rote Klee blieb taub und setzte feine Samen an; man war ratios und Es war damals noch wenig in der Welt bekannt, was der unglückliche deutsche Botanifer Konrad Sprengel   geleistet hatte. Sein später fo berühmt gewordenes Buch Das entdeckte Geheimnis der Natur" und sein Verfasser waren fast und ihren Forschungen so oft passiert, wenn sie ihrer Zeit voraus ganz der Vergessenheit anheimgefallen, wie es bedeutenden Männern find. Man wußte daher nicht, daß eine große Anzahl von Pflan zen nur dann Samen ansetzt, wenn die Blüten von Insekten be­fucht werden, die beim Honigsuchen den Blütenstaub auf die Narbe bringen. Erst als der berühmte Darwin   1841 auf die große Bedeutung der Hummeln für die Befruchtung verschiedener Kultur­pflanzen energisch hinwies, dämmerte es in den Köpfen der englischen Landwirte. Man brachte Hummeln nach Neuseeland  , und der Klee fette Früchte und Samen an.

Man hat Darwins Propaganda für die Hummeln oft für über­trieben gehalten, ja man hat die Bedeutung der Hummeln für die Blumenbefruchtung fogar geleugnet, so daß fich fürzlich der ameri tanische Forscher O. E. Plath veranlaßt gesehen hat, die Hummel­frage von neuem zu studieren. Er konnte Darwins Wort: Je mehr Hummeln, um so fruchtbarer der Klee" vollauf bestätigen, und nie­mand hat mehr das Recht, diese nüzlichen Tiere zu verunglimpfen und sie, wie es in dem bekannten Bürgerschen Hummellied geschieht. als bloße Lebemänner und Schwerenöter gelten zu lassen. Dr. W.

Woher stammt die Farbe des Amethystes? Die herrliche blaye Farbe des Amethyst, der schon im Altertum als Amulett gegen die Trunfsucht empfohlen wurde, glaubte man bisher in Forschertreisen auf Mangan zurückzuführen, welches in fleinen Teilchen in dem Edelstein enthalten ist. Neuere Untersuchungen von Liesegang und Will aber haben ergeben, daß die herrliche Farbe von win­zigen Berunreinigungen des Steins herrühren, und zwar sind als Ursache der Färbung Niederschläge von Eisen und Lithiumverbindung Bei dem Erhitzen des Steins auf 500 Graa festgestellt worden. feßen sich diese farbenspendenden Metallsalze um und der Edelstein wird farblos. Bei meiterer Steigerung der Temperatur leidet bas Gefüge des Amethyst, wodurch er eine milchige Trübung erhält.