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Nr. 212 43. Jahrg.

Ausgabe A nr. 108

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Freitag, den 7. Mai 1926

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Auf zum Volksentscheid!

Das Enteignungsgesetz vom Reichstag abgelehnt. Reichstag abgelehnt.- Volksentscheid Volksentscheid im Juni. Sozialdemokratischer Mißtrauensantrag gegen Luther .

Der Reichstag hat gestern den Boltsbegehrens- Gefehentwurf| Zeichen der Republik gegen die Fürsten und ihre Freunde und über die Enteignung der Fürstenvermögen in zweiter Lesung ab­gelehnt.

Der Gesetzentwurf des Zentrums wurde in namentlicher Abstimmung mit 282 gegen 105 Stimmen bei einer Enthaltung ab. gelehnt.

In einfacher Abstimmung wurde der demokratische An­irag gegen die Antragsteller und die Wirtschaftliche Bereinigung abgelehnt.

Bei der namentlichen Abstimmung über die Enteignungs­oorlage wurden 142 Stimmen der Sozialdemkraten and der kommunisten dafür, 236 Stimmen dagegen ab­gegeben. 7 demokratische Abgeordnete verließen den Saal, weil sie nicht gegen das Boltsbegehren flimmen wollten. Der Volksbegehrens Sefehentwurf ist demnach vom Reichstag abgelehnt worden. Nach der Ablehnung des Gesetzes erklärte Präsident Cobe: Nachdem alle Teile des Gefehentwurfs abgelehnt worden find, findet eine drille Cefang nicht statt. Der Reichstag reicht der Reichs­cegierung den Gefehentwurf zuzüd, damit sie ohne Berzug, wie es in der Berfassung vorgeschrieben ist, den Boltsentscheid pornimmt."

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Die Bahn für den Volksentscheid ist frei. An einem Sonntag im Juni wird das Bolt endgültig darüber zu be= stimmen haben, ob das Recht des Bolfes über die Habgier der deutschen Fürstenhäuser triumphieren soll, oder ob zur Freude der Monarchisten und aller Gegner der Republik die ehe­maligen deutschen Fürsten sich auf Kosten des notleidenden Deutschen Volkes bereichern follen.

Der Reichstag hat noch einmal seine Unfähigkeit, die Fürstenfrage einer gerechten Lösung zuzuführen, dokumen tiert. Die bürgerlichen Parteien des Reichstages überlassen dem Bolt die Entscheidung. Ihre gesetzgeberische Arbeit hat in vielen Monaten nicht vermocht, den Ansprüchen der Fürsten ein gerechtes Gesetz entgegenzustellen. Gelingt es nicht, den Bollsentscheid zum Siege zu führen, so wäre die Bahn frei für die Ansprüche der deutschen Fürsten und die Urteile deutscher Gerichte, die den Fürfien gewaltige Vermögenswerte zugesprochen haben, auf die das Volk, aber nicht die Fürsten von Rechts wegen Anspruch haben. Der Reichstag hat den Uebermut und die maßlosen Ansprüche der Fürsten geduldet, Die alles Gerechtigkeitsgefühl beleidigen.

Nun gilt es den Kampf! In fürzester Frist hat das Volk die Entscheidung zu fällen. Die wenigen Wochen, bie bis zum Tage des Bolfsentscheids bleiben, müssen einen Werbefeldzug gegen die Fürstenansprüche sehen, der den großartigen Werbefeldzug des Volksbegehrens in Schatten stellt.

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Eine große Entscheidung ist zu fällen unter schweren Be­bingungen. Zur Durchführung des Boltsbegehrens genügten vier Millionen Stimmen 12% Millionen Stimmen sind. aufgebracht worden. Ein großer Erfolg! Zum Siege des Boltsentscheids gehören 20 Millionen Stimmen, 7% Millionen Stimmen mehr, als beim Boltsbegehren abgegeben wurden. Die Sozialdemokratische Partei geht zuversichtlich in diesen Kampf. Die Haltung des Reichstags in den letzten Mo­naten hat dem Bolle eingehämmert, daß es selbst das Rechtschaffen muß, das es gegen die Fürsten fordert. Biele, die beim Boltsbegehren noch zögernd beiseite standen, werden beim Bolfsentscheid ihre Stimme für die Sache des Bolkes und der Gerechtigkeit in die Wagschale werfen. Es ist eine große politische Entscheidung, die an einem Sonntag im Juni durch das Bolt getroffen werden muß. Sie fällt in eine Zeit der stärksten politischen Spannung. Die Regierung Luther , die dem Volksbegehren feindlich gegen­überstand, und ihre Unluft, die Fürstenfrage einer gerechten Lösung zuzuführen, nur zu deutlich gezeigt hat, hat in den legten Tagen Erregung und Erbitterung des Boltes auf das höchste gesteigert. Sie hat in einer unverantwortlichen Kund­gebung die 12% Millionen Unterzeichner des Volksbegehrens, den politisch aktivsten Teil des deutschen Bolles, gefchmäht. Sie hat durch ihre schwarzweißrote Flaggenverordnung Ent­rüstung und Erbitterung bei allen Republikanern hervor gerufen. Sie hat im Bolf das Gefühl erzeugt, daß der Führer Dieser Regierung im Lager der schwarzweißroten Mon­archisten, im Lager der Gegner der Republik steht.

Der Sieg des Volksbegehrens war ein Urteilsjpruch des Boltes gegen den Monarchismus in Deutschland . Der Kampf um den Boltsentscheid wird heute erst recht ein Kampf im

alle politischen Tendenzen sein, die damit verknüpft sind.

Der Kampf um den Volfsentscheid wird geführt im 3eichen von Schwarz- Rot- Gold. Es gilt, den monarchistischen, den schwarzweißroten Tendenzen den starken Willen der Mehrheit des Volkes zur Republik ent­gegenzustellen. Der Kampfruf des Genossen Scheidemann in feiner Reichstagsrede in der letzten Debatte des Deutschen Reichstags über die Fürstenabfindung ist der Kampfruf der Millionen für den Volksentscheid: für die deutsche Republit, gegen die Fürsten , gegen die Fürsten , gegen die Butschisten!

Die Sozialdemokratie führt den Kampf. Sie wird im Barlament mit aller Schärfe bis zur äußersten Konsequenz dem Attentat des Reichskanzlers Luther gegen Schwarz- Rot- Gold entgegentreten und die antirepublikanischen Bestrebungen be­fämpfen, die der schwarzweißroten Flaggenverordnung des Reichskanzlers zugrunde liegen.

Sie ruft außerhalb des Parlaments das Bolt auf, sich durch das demokratische Mittel des Volfsenischeids selbst das Recht zu schaffen, das das Parlament ihm versagt hat.

Auf zum Kampf um den Bollsentscheid, für Schwarz- Rot Gold, für die Republik !

Sozialdemokratischer Mißtrauensantrag.

Die von der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag eingebrachte Interpellation hat folgenden Wortlaut:

Jft die Reichsregierung bereit, Auskunft über die Beweg. gründe zu geben, die den Reichskanzler zur Gegenzeichnung des Flaggenerlaffes veranlaßt haben?

Hält die Reichsregierung den Erlaß mit dem Sinn der Reichsverfassung für vereinbar?

Fürchtet sie nicht, daß der Erlaß. staff zur Versöhnung bei­zutragen, die Gegenfäße innerhalb des deutschen Boltes ver­tiefen wird?

Jst ihr endlich bewußt, daß das Hissen der Flagge des Kaiser­reiches die fremden Regierungen zu Schlußfolgerungen veranlassen kann, die der auswärtigen Politik des Reiches ab­träglich fein würde?"

Im Anschluß an die Interpellation hat die Fraktion folgendes Mißtrauensvotum gegen Reichskanz ler Luther, den Vertreter der Verordnung, eingebracht:

,, Der Reichstag mißbilligt die Verordnung vom 6. Mai dieses Jahres über das Hissen der Flaggen auf den Ge­bäuden der deutschen Missionen im Ausland und spricht dem Reichstanzler, der die Verordnung gegengezeichnet hat, das mißtrauen aus."

Die demokratische Fraktion wird, wie offiziös ge= meldet wird, für den demokratischen Antrag stimmen, wäh rend die Haltung des Zentrums von der vom Partei­vorstand für Montag einberufenen Sigung abhängt.

Die Interpellation wird auf Beschluß des Aeltestenrats am Dienstag im Reichstag zur Verhandlung kommen.

Scheidemann rechnet ab.

Gegen Fürstenforderungen und Monarchisten.- Rampf­anfage au Luther .

Gen. Scheidemann führte in seiner gestrigen Reichstagsrede aus: Der Bericht aus dem Ausschuß hat gezeigt, daß wir vollständig recht hatten mit unserer Auffassung, daß eine Ausschußbera­tung feinen 3wed habe, dadurch ist der Tag der Entscheidung nur weiter hinausgezögert worden. Wir haben der Ausschuß­beratung nur deshalb nicht widersprochen, weil große Fraffionen fie gewünscht hatten. Nachdem meine Freunde Rosenfeld und Saenger zu dieser Frage schon ausführlich gesprochen haben, nehme ich noch einmal das Wort, um das, was von dem Grafen Ich muß zunächst feststellen, daß die ganze häßliche Tonart von der We starp verzerrt worden ist, wieder ins rechte Licht zu bringen. rechten Seite in den Kampf hineingetragen worden ist.( Unruhe rechts.) Um die Fürsten herauszuftreichen, ist der Versuch gemacht worden, uns herunterzureißen und uns zu verleumden. Die rechte Seite sollte doch endlich diese unehrliche Politik aufgeben. Wenn wir uns in gleicher Weise verhalten wollten, wie schlecht würden Sie und das ganze Kaiserreich dabei fortkommen! Wenn auch einige schlechte Elemente bei uns find, so fönnen Sie nicht die ganze Partei für sie verantwortlich machen. Weil es einige schlechte lichkeit und der ganze Richterstand schlecht? Eine Bartei, eine Geistliche gibt und einige schlechte Richter, ist dann die ganze Geist­Fraktion, deren Vorsitzender lange Zeit der Freiherr v. Hammer­stein gewesen ist, sollte doch von Korruption schweigen!( Sehr

Der Generalrat friedensbereit.

Antwort au Baldwin im ,, British Worker".

London , 6. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Der Minister­präsident hat feit Ausbruch des Generalftreits zu verschiedenen Malen und zuleht am Mittwoch nachmittag im Unterhaus betont, daß die Regierung vor dem Generalffreif nicht fapitulieren werde; daß die Regierung vor dem Generalstreit nicht fapitulieren werde; Wiederaufnahme der Verhandlungen jei erst nach Abbruch des Streifs möglich. In dem am Donnerstag abend zum zweiten Male erschienenen offiziellen Streitblatt der Gewerfidhaften antwortet der Generalrat der Regierung, daß er jederzeit be­reit sei, die Verhandlungen für einen ehrenhaften Friedens­fchluß aufzunehmen. Der Generairat ftelle hierfür keinerlei Bor bedingungen. Es fei jedoch selbstverständlich, daß ohne vorherige Kenntnis des von der Regierung geplanten weiteren Borgehens der Generalrat der Aufforderung Baldwins, den General­ftreit zu beenden, nicht nachkommen fönne. Der Generalrat betont nochmals, daß er die Berantwortung für den Abbruch der Verhand­lungen nicht frage. Der Strelt habe seine Ursache in der Weige­rung der Regierung gehabt, eine Zurückziehung der Aus­fperrung der Bergarbeiter zu veranlaffen, weiter in der heraus­fordernden Stellungnahme der Regierung zu­gunften der Bergbauunternehmer und schließlich in dem Abbruch der Verhandlungen zu einem Zeitpunkt, wo der Generalrat bestrebt war, eine Formel für eine friedliche Regelung des Konflikts zu finden. Irgendwelche einleitenden Besprechungen mit dem 3wed, eine Basis für die Wiederaufnahme der Verhandlungen und den Abbruch des Generalftreits zu finden, fönnten ausschließlich in einer freien und ungezwungenen Atmosphäre, aber nicht unter dem Drud eines Ultimatums der Regierung stattfinden.

Die Regierung fordert Unterwerfung! London , 6. Mai. ( Eigener Drahlbericht.) Das Unter. haus hat sich auch am Mittwoch mit dem Generalftreit befaßt, ohne

daß die Debaite zu einem pofitiven Ergebnis führte. Die Regierung wurde von den Arbeiterführern wiederholt aufgefordert, aus wirt­fchaftlichen Gründen in den Streif einzugreifen und durch neue Verhandlungen den Berfuch zu feiner Beilegung zu machen. Das hat der Ministerpräsident abgelehnt, er will nicht früher verhandeln, bis der Generalstreit bedingungslos ab­gebrochen ist.

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Militär soll den Streif brechen!

London , 6. Mai. ( WTB.) Das Unterhaus hat mit 291 gegen Stimmen einen Abänderungsantrag der Arbeiterpartei zu dem Beschluß abgelehnt, der der Regierung geftattet, die bewaffnete Macht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Dienff3weige zu ver­wenden.

Eine Niederlage des Streikbruchs. Zivilkommissar erbittet Gewerkschaftshilfe. London , 6. Mai. ( Eigener Drahlbericht.) Das wichtigste und bezeichnendste Ereignis des Tages ist eine Teilnieder­lage der Regierung: Jn Newcastle on Tyne ist die von der Technischen Nothilfe durchgeführte Lebensmittelverfor­gung völlig zufammengebrochen. Der Zivilfommisjar, Sir Wood, ein früherer Minister, ist darauf an die Gewerk­fchaften herangetreten und hat sie aufgefordert, die Lebensmittel­versorgung der Bevölkerung zu übernehmen. Die Regierung hat sich dagegen verpflichtet, die Technische Nolhilfe und die Truppen aus dem Bezirk Newcastle zurüdzuziehen.

( Weitere Meldungen auf der dritten Seite.)