Frektag 7. Mail 926
Unterhaltung uns Äötssen
Seklage Ses vorwärts
Sei den fliegenden Zischen. Don Walter von Rummel. Unser kleines Segel schmiegt sich den kleinen Atemzügen und der wogenden Brust der See an wie ein« weihe Motte, die vom Winde ihr auf den Leib geklatscht wurde. Wir sehen nichts als Himmel und Meer, und vom Meere wiederum nichts als zwei Wellen, eine schnell enteilende, eine uns hoch und startbusig entgegenschwellende. In den gleichmäßig rauschenden, schweren Wellen- schlag knistert plötzlich ein leichterer, schmaler Ton hinein. Lebhaft, hastig und eilig schwirrt es über blaue Wogen und weiße Kämme daher. Zwanzig, dreißig glitzernde Fische, die großen Brustflossen als starr ausgestreckte Flügel der Luft, dem frischen Meereswind entgegengebreitet. Nach längerem, immer schnurgerade vorwärts gehendem Fluge müde geworden, fallen dl« Fische wieder in ihr Element zurück. Aber meist nur für eine halbe, eine Viertelstunde. nur für so lange, um sich in der hilfreichen Welle neue Kraft, neuen Abstoß und Flugauftrieb für die federnde Schwanzflosse zu holen. Schon stiebt die ganz« Schar wie ein aufgegangenes Volk Feld. Hühner flüchtig davon. Sind wir so einmal mitten in den fliegenden Fischen darin. wird sich das Bild häufig wiederholen. Man freut sich immer wieder, ficht stets von neuem gern diese libellenhaft zarten und durchsichtigen, meist silbrigen, manchmal auch rosigen Flügel. Wie ein frohes, vergnügliches, nur zur Kurzweil des Lebens getriebenes Spiel schaut sich das für das unerfahrene Auge an. Für den Neu- angekommenen ist das nur ein Luft-, Licht» und Sonnenbad, das die munteren Wellenkinder über ihre blinken, glatten Leiber hinweg- rieseln lassen. In Wirklichkeit ist aber dieser ganze Flug nichts anderes, als ein atemloser Flucht-, Rettungs- und Verzweiflungsritt durch die Lüste. Denn dicht hinter den Daoonschwirrenden, in ihrer Angst und Seelennot zu halben Vögeln gewordenen Wasserbürgern preschen dicht an der Oberfläche in sausender Fahrt die dunklen und schweren Schatten großer Raubfische daher. Hart an den großen Schwanzflossen der Fliegenden bleiben sie. Wenn diese abgemattet ins Wasser zurücksinken müssen, packen die Räuber zu. Schon vor- her, der falsche Vogel hat noch nicht den Meeresspiegel erreicht. fangen sie den oder jenen mit eigenem scharfem, steil aufbäumen- dem Sprung noch in den Lüften ab und morden ihn hin, rasen wie der Satan, um die Spur nicht zu verlieren, hinter dem entsetzt weiterfliehenden Schwarme einher. Wenn die hochmögenden, mäch- tigen Thunfische in irgendeinem ihrer wohlbesetzten Reviere Treib- sagd abhalten, dann sprühen allenthalben die Fliegenden oerzweifelt in die Höhe, versuchen nach allen Seiten hin die verderbliche Kette der Jäger und Treiber zu durchbrechen. Befindet man sich im Fischerboote zufällig selbst in einer solchen Mecrtsgegend, so kann man gar nichts Besseres tun, als selbst an seinen Haken einen der Seefliegenden zu befestigen und damit auf die großen, starken und rauflustigen Gesellen zu kreuzen. Kommt man einem in die Nähe, so ist der Gierig« unserer Leine verfallen. Der Versuch ist der Mühe wert. Denn meist wird es sich um einen Fisch von zwei bis drei Zentnern handeln.•*.■•.»» Aber nicht nur die großen Räuber deS'Meeres, auch die Mm- fchen stellen den fliegenden Fischen wegen ihres zarten und wohl- schmeckenden Fleisches nach. Ja, auf der und jener Insel de« Stillen Ozeans hat sich der Fang des fliegenden Fisches zu einem ganzen Kult entwickelt und ausgebildet. Da muß der braun«, arme Kanake monatelang abgeschieden von seinen anderen Dorfgenossen, völlig abgeschieden besonders von allen Frauen und Mädchen, einsam dahinleben, muß fasten und sich kasteien, sich aller möglichen ver- lockenden Speisen und guten Gerichte wie ein Wüstenanachoret ent- halten. Erst dann, nach gründlichster Vorbereitung, ist die Aus- fahrt gestattet. In dunklen Nächten, wenn der Mond keine unlautere Konkurrenz macht, gleiten die Hochseekanus durch die schmale Riff- ausfahrt auf das freie Meer hinaus, das sich in endloser Schwärze breitet. Jedes Kanu hat am Bug«wen Mann stehen, der ein« schwelende, grell leuchtende Palmenstrohfackel dicht an den Wasser. spiegel niederhält. Wie«in Schwärm verwehter, umhersuchender und durcheinandertanzender Leuchrkäfer schauen die Fahrzeuge aus der Ferne sich an. Ist man aber selbst bei der Reise dabei, wird man ball» die fliegenden Fische, diesmal, ohne daß sie freßgierig« Seeräuber hinter der Schwanzflosse hätten, heranschwirren hören. Sie haben es eilig, können nicht rasch genug die so plötzlich auf das Meer heruntergefallenen Sonnen und Sterne begrüßen. Aber das
vermeintliche Himmelslicht ist teils Blendwerk, das keine andere Bestimmung hat, als sie in Tod und Verderben zu locken. Mit dem Handnetz werden die armen Toren herausgefangen. Anderes Getier, das in den südlichen Meeren, den Heimatsregionen des fliegenden Fisches, lebt, wird von den Fackelhaltern weniger willkommen ge- heißen. So mancher Insulaner, den ich bei meinen Wanderungen sah, hatte tiefe und schwere Narben am Leibe, herrührend von einem hechtähnlichen Fisch, der auch nach der Fackel springt, einem Fische, dessen länglicher Kopf sich zu einem scharfen, spitzen Dolche verjüngt, der so ein nacktes Kanakenfell schon tüchtig beschädigen kann.
Zort mit öen Kompromissen!
So ist es recht! Nur gründlich ausgelehrt! Zu lange ward gelüstest und beraten. All dies Papier ist keinen yeller wert! Das Volk will reinen Tisch und rust nach Täte«. Schluh mit der Aücstendiener'Politit! Ehr wollen nicht» von feilem Snechlssinn wisse«. Hier Schwarzrotgold! Es mahnt die Republik ! Zum voitsemjcheidl Fori mit oe« Sompromissea!
Diese Fangart mV dem Lichte erklärt auch zur Genüge die Tatsache, warum nicht selten in der Nacht— nie am Tage— fliegende Fische auf das Deck der in den Tropenmeeren fahrenden Segelschiffe fallen. Sie schwirren den blendenden Schiffslaternen zu und bleiben, nicht inehr sähig, sich mit dem Schweife wieder von den Planken abzuschnellen, hilflos auf den Brettern liegen. Das Meer wogt und braust. Der Thun jagt, die fliegenden Fische fliehen. Der Große frißt den Kleinen. Oberstes Gesetz ist das des Mordes. Totschlag und Frevel, wohin wir sehen. Da unten in der unheimlichen Tiefe ist schier eine noch schlimmere Welt, als unser« gepriesene in der Sonne ist... Und dennoch, auch über dem Meere steht versöhnend der Regenbogen, die im Glanz« des scheidenden Tagesgestirns erschimmernde und zitternde See ist ein Sinnbild des Friedens, wie es schöner njcht gesehen werden kann. Der Silberslug der fliegenden Fisch« wird dem Unkundigen immer wieder ein holdes Spiel des Lebens sein. Ueber Raub, Mord, Totschlag und finstere Gewalttat zieht Urmutter Meer den schwarzen Vorhang, die schweren Schleier des Schwei- gens zu....
Der entfesselte Lenz. Von L. L o e s k e. Im wissenschaftlichen Stromgebiet her Botanik gibt es einen Nebenfluß! die Phaenologie(Erscheinungslehre: nicht zu verwechseln mit der philosophischen Phaenomenologie). Ihre Jünger notieren Jahr für Jahr die Daten, an denen die einzelnen Pslanzenarten sich belauben, wann sie blühen, ihre Früchte reifen, ihr Laub werfen usw. In diesein Frühjahre gab es viele Seitensprünge zu verzeichnen. Er überhaste sein übliches Tempo, ließ, gegen olle bewährten Regeln, Flieder und Kastanien noch während der Obstblüte sich ent- falten und nahm Temperaturen aus den Hundstagen vorweg. Dann aber ist er, aus Angst vor der eigenen Courage, ebenso plötzlich, dies- mal aber verfrüht, in die Eisheiligen zurück und damit wiederum aus dem Kalender heraus gefallen. Anständigerweise kann man eigentlich über den Frühling nichts mehr schreiben. Alle Frühlingsreime sind längst verreimt und neue nicht mehr zu finden. Und was die Prosa anbelangt, so haben wir das alljährliche Anhimmeln der Anemonen und Haselkätzchen, des grünen Schleiers, des ersten Zitronenfalters, der flötenden Amsel und des vom Hausdiener vor die Tür getragenen Restauration?- gartens sast. Und nun erst Werder! Die ein bis zwei Sonntage, Gipfelpunkt des Berliner Frühlings, wo so fielen obstweinselige Blütenträume reifen! Träume, die noch nicht ausgeträumt waren, als ihre wunschlos glückseligen Träger unter liebevoller Obhut von Bahnbeamten zu Dutzenden in Güterwagen wieder Heimwärts verfrachtet wurden.... Wer den Frühling draußen sucht, muß in die Tasche greifen, um Gebiete zu erreichen, wo ihm Autos und Motorräder nicht die Lungen verpesten und den Wald zerknattern. Hat er aber endlich einen schönen Waldsee erreicht, z. B. den Gomensee, dann sind es feine Augen, die daran glauben müssen. Denn an den schönen Ufern blühen nicht bloß Blumen, sondern auch Menschenleiber in Hülle und Fülle, meistens aber ahne Hülle. Leider sind es keine Nixen des Sees, und so wendet sich der Gast mit Grausen. Nun sind wir im Gamengrund. Hier endlich denken wir nicht mehr daran, daß Berlin einige Millionen Einwohner hat, denen wir alle wohlwollen, die wir ober am Sonntag entbehren können. Hier in diesem weiten Waldtol mit seinen dunklen Fichten und seinen verschlungenen Wegen verlieren sich die naturfrcudigen Wanderer, und jeder bat Raum, sich seinen Weg und sein Plätzchen zu suchen. An einem sonnig grünen Hang oder im Schatten der Fichten neben einem der moos- und flechtenbewachsenen erratischen Blöcke. Was der märkische Wald an Getier hat, das läßt sich hier belauschen. Selbst der Widehopf, der wintersüber in Afrika sich menschlichen Siedlungen gesellt, bei uns als Sommergast aber den Menschen scheut— weil die Wilden eben bessere Menschen sind. Der fußlange Vogel gibt mit den schwarz und weiß gebänderten Flügeln ein ailf- fälliges Flugbild. Seine Federkrone, rostrot mit schwarzen Spitzen, kann er nach Belieben aufrichten und niederlegen. Wenn er sie entfallet, meint man den Kopfschmuck eines Indianerhäuptlings vor sich zu sehen. Dann ruft er HupHupHup und entfleucht. Der Gamengrund hat seine Tücken. Wir haben uns seiner Ein- samkest hingegeben, aus den Weg nicht geachtet, und mit einem Male hilft uns weder die Sonne nock unsere Karte weiter. Denn die Zahlen aus den Gestellsteinen sind verändert worden, die Gc- stelle laufen überall hin, nur nicht nach Tiefensee, und das Unter- holz hindert uns, quer durch eine Richtung einzuhasten. Jetzt sehnen wir uns nach einem der vier Mllwnen Ureinwohner Verllns. um ihn nach dem Wege fragen zu können. Aber niemand ssl in Sicht. Alles planscht am Gamensee. Endlich, nach stundenlangem Irrweg und mehrere Pfund leichter strapaziert, landen wir auf der großen Chaussee, die uns wieder für eine Woche in die Arme der Zwist- sation zurückführt. ♦ Zur Biologie und Kulturgeschichte des Kochsalze». Di« Tatsache. daß die Kaliumsalze im Organismus unter Mitwirkung von Koch- salz weiter verarbeitet werden, erklärt die Beobachtung, daß kalium - reiche, d. h. pflanzliche Ernährung mit einem großen Verbrauch von Kochsalz verbunden ist. Bekannt sst die Kochsalzbegier der pslanzensressenden Haustiere(Kuh, Pferid), während Hund oder Katze keine Freund« gesalzener Nahrung sind. Parallel damit geht die in vielen Reisebeschreibungen wiederkehrend« Beobachtung, daß Salz bei wilden Völterstämmen, die eine vorwiegend vegetarische Lebensweise führen, einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. Dagegen ist oft das Salz bei fleischessenden Jäger- und Nomaden- stammen so unbekannt, daß ihre Sprache nicht einmal ein Wort dafür kernst. Vor allem wollen die Eskimos nicht das geringste vom Salz wissen und betrachten den Europäer, der seine Speisen salzt, beinahe mit Ekel. Auch bei den Kullurnaticmen besteht ein Unterschied im Salzverbrauch zwischen ockerbauender Land- bevälkerung und den fleischessenden Stadtbewohnern. Einer franzö- fischen Statistik zufolg« wird auf dem Lande auf den Kopf der Bevölkerung dreimal soviel Salz verbraucht als in den Städten.
Krapotkins Zlucht. Don Dr. Paul Bourfeind. Sellen haben die Droschkenkutscher in der Gegend des Militär- Hospitals, das in einem äußeren Stadtteil Petersburgs liegt, ein so gutes Geschäft gemacht als am 29. Juni(alten Stils) 1876 und an dem darauffolgenden Tage. Zwanzig Minuten im Umkreis war an beiden Tagen von 4 Uhr ab in dieser Gegend kein« Droschke zu be- kommen. Das Tor zu dem Gefangenenhospital gegenüber dem großen Bau des Misttärhospstals stand weit offen, aus einem in der Näh« gelegenen grauen Häuschen schwebten Geigenklänge herüber und über die Straße kam langsam eine Droschke angerollt. Man konnte durch das offene Tor in den Hof des Militärhospitals sehen. An feinem End« stand ein langes schmales Gebäude von Schilder- Häusern flankiert. Schildwachen schrstlen auf und ab davor. Auf den Türswfen saßen drei Hospitalsoldaten und ttäumten schläfrig in die helle Sonne. Ueber den Pfad, den Schildwachen in dem grünen Rasen ausgetreten hatten, ging in grünem Flanellrock, der so lang war. daß er den unteren Teil auf dem linken Arm trug wie Damen die Schlepp« eines ReitUeides, ein Patient langsam auf und ab die ganze Länge des Hofe« und trug den Hut in der Hand. Er schien dem Geigenspiel aus dem grauen Häuschen zu lauschen. Am gegen. übertiegenden Ende des Hofes schichteten einige Bauern Holz auf. Da brach das Geigenfpiel ab. Ein Dutzend schwerer Holztarren holperte durch die ausgefahrene Einfahrt zum anderen Ende des Hofes. Wieder tönte die Geige— ein- Mazurka von Kontzky— der Spaziergänger hatte im Auf- und Niederpendeln das Ende des Pfade» erreicht, da, dem offenen Tore zunächst lag. Auf einmal schleudert« er mit«iner Gewandtheit, die auf große Hebung schließen lleß, d«o überlangen grünen Flanellrock von sich, gerade als die Tchildwache nach einer anderen Richtung blickte und fünf bis sechs Schritte hinter dem Kranken Hall gemacht haste, und dann lief er dem offenen Tore zu. Di« Bauern am anderen End« des Hofe? schrien mit einem Male:.Er läuft fortl Hallet ihn! Fangt ihn!" Der fuhr da« Geschrei in die Bein«, sie rannte
hinter dem Flüchtling her und stieß mit dem Bajonett nach ihm. Aber der hatte einen Vorsprung, kam glücklich durch das Tor und sprang in eine Droschke, die in der Nähe hielt, und in der ein Mann mst einer Milstärkappe saß. Ein blonder Dollbart umrahmte sein Gesicht. Am Tor des Hospstals, dem Platz gegenüber, wo der Wagen hiell, stand der Posten im Gespräch mit einem Zivilisten. Erst als der Wagen in«ine schmale Gasse eingebogen war, und der Offizier der Gesängniswache mit den Hospitalsoldaten auf die Straße stürzte, wurde er aufmerksam. Es war zu spät— weit und brest war keine Droschke sichtbar— Volk sammelle sich an. In kurzer Entfernung hiell ein Pserdebahnwagen. Der Offizier lief hin und bat ihn, die Pferde zur Verfolgung des Flüchtlings zu überlassen, aber man ver- weigerte sie ihm. Lebhaft« Ilnterhallung füllte die Straße, aus- geregte Gruppen standen umher. Neuhinzugekommene fragten, was geschehen sei. Man nannte den Namen des Flüchtlings: Fürst Krapotkin. Man erinnerte sich auf einmal der Einzelheiten, der Droschke, des Mannes mtt dem blonden Backenbart, der in ihr war- tend saß und raunte einander zu. daß sei der Großfürst Nikolaus, der Bruder Alexander II. gewesen. Er habe vor einiger Zell den Fürsten im Gefängnis besucht und sei nun gekommen, um ihn zu retten. Die Flucht am hellen Tage wäre auch sonst ein zu großes Wagnis gewesen. Don Krapotkin wußte man wenig mehr, als daß er ein Aufrührer sei, ein Sozialist, der wegen verbotener Agstation verhaftet worden sei. Da» Entweichen des Fürsten Krapotkin erregt« ungeheures Auf. sehen, nicht nur in Petersburg und Rußland , sondern in ganz West- europa . Der Zar war aufs höchste empört, er gab den Befehl: Krapotkin muß gefunden werden. Aber es gelang dem Flüchtling, über Finnland und Schweden nach England zu entkommen. 1872 hatte Krapotkin seine erste Reise ins Ausland unter. nommen und in Zürich die Internationale Arbeiterassoziation kennen- gelernt. Durch die Lektüre sozialistischer Zettungen kam er zum Studium der sozialistischen Bewegung. Eine neue Well tat sich vor ihm auf, die er nur kennen zu lernen glaubte, wenn er sich der Ar. beiterassoziätion anschloß und an dem Leben der Arbeiter teilnahm. Deshalb begab er sich von Zürich nach Genf , das damals einen Mittelpunkt der ttsternattonalen, sozialistischen Bewegung bildete. Ja der Freimaurerloge, dem Templ« Unique, sah er General-
Versammlungen von mehr als 2000 Personen und lernte hier auch die von wenigen Vertretern des Mittelstandes, die sich der Bewegung angeschlossen hallen, geleitete Volkshochschule kennen. Zumeist waren es flüchtige Mitglieder der Pariser Kommune , die Unterricht in Geschichte, Physik und Maschinenkunde«rtellten. Er erkannte, daß die Arbeiter bei ihrem Streben nach Fortbildung und bei der Ausarbeitung ihrer Organssation der Unterstützung gebildeter Männer bedurften, die nicht von der Absicht geleitet wurden, aus ihrer Tätig- kett politisches Kapital zu schlagen. Bei der Teilnahme an den Sitzungen in der Freimaurerloge drängte sich ihn, die Ueberzeugung auf, daß er sein Wissen und seine Tatkraft in den Dienst derer stellen müsse, die ihrer am meisten bedursten. Zweifel an der Lauterkeit der Agitation trieben Krapotkin sehr bald in das Lager der Baku - nisten: in Neuchätel lernte er die Anfänge des Anarchismus kennen. Im Berkehr mtt den Uhrmachern des Jura und den Tuchmachern in Bervicrs nahm die Entwicklung der soziologischen Ideen Krapot- kin» jene Form an, die für ihn die entscheidende wurde. Er hat sie später w seinen Arbeiten nur klarer und konkreter ausgetaktet. Er sah voraus, daß die Vergesellschaftung der Produktion einen gewaltigen Umsturz bedingte, zumal die Mittelklasse im Besitz aller Hilfsmtttel des modernen Staates war. Aber er glaubte, daß die Idee einer Befreiung der Arbeiter vom herrschenden Lohnsystem sich unter den Mittelklassen selbst ausbreit«, indem an die Stelle der Rechtsforderung die der Opportunttät trete und entscheidend auf die Entwicklung einwirke. Wenn der unterdrückte Teil der Gesellschaft sich möglichst« Klarhett über seine Ziele und die zu ihnen führenden Mittel verschafie, so werde sich die Umformung der Gesellschaft und Wirtschaft unter dem Einsatz der geringsten Opfer und bei einem Minimum gegensettiger Erbitterung vollziehen. Erfüllt von diesen grundlegenden Ideen, aus denen sich das Regulativ für fein« praktische Einstellung ergab, kehrte Krapotkin nach Rußland zurück. Bei seiner Mcktehr fand er die nihilistische Bewegung in voller Entwicklung, die nicht politische Macht erstrebte. sondern die Ueberwindung der Klassen auf der Basis gegenseitiger helfender Liebe und die stärkste Bedrohung der allrussischen Tradi- tion bedeutet«: denn sie führte zur Befreiung des Individuums von der Knechtung durch Familie und Staat. (Schluß so-fet)