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Abendausgabe

Nr. 221 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 109

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreife Find in der Morgenausgabe angegeben Redattion: Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Tel.- Adresse: Sozialdemokrat Berlin

10 Pfennig

Mittwoch

12. Mai 1926

Vorwärts=

Berliner Dolksblatt

Berlag und Anzeigenabteilung: Gefchäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Der Plan der Putschisten.

Aufdeckung einer rechtsradikalen Verschwörung. Hugenberg, Claß, Nicolai, Kirdorf verdächtig.- Gegenaktion der Behörden: Verbot politischer Verbände. Haussuchungen im Reiche.

Die Attiviſten in den rechtsradikalen Berbänden hoffen auf eine Verwirklichung ihrer Putschpläne gegen die Reichs­verfassung in der nächsten Zeit. Ueber ihre Organisation, ihre Kampfvorbereitungen und ihre putschistischen Pläne haben wir in den letzten Tagen umfangreiches Material ver­öffentlicht.

Die Polizei hat bei den Führern der Butschisten zu gegriffen. Es haben Haussuchungen stattgefunden bei dem früheren faiserlichen Admiral v. Schröder, beim A11 deutschen Verband, auf der Geschäftsstelle der Ber einigten vaterländischen Berbände, beim Führer des Bundes der Großdeutschen, Herrn Dr. Stadt­ler, beim Schriftführer des Bund Wifing, auf den Ge­schäftsräumen der Olympia und beim Schriftleiter der " Deutschen Zeitung", Major a. D. Hans v. Sodenstern . Bei letzterem in der Wohnung und auf der Redaktion. - Umfangreiches und belastendes Material ist den Behörden in die hand gefallen.

An den Butschvorbereitungen sind führende Persönlich feiten des politischen und wirtschaftlichen Lebens beteiligt. leber ihren allgemeinen Plan unterrichtet die folgende Ver­öffentlichung des Amtlichen Preußischen Pressedienstes:

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Die Tätigkeit der vaterländischen Verbände, die in letzter Zeit die Oeffentlichkeit wiederholt beschäftigte, wird, wie bereits seit einiger Zeit erkennbar ist, von einem Kreis politischer Persönlich teiten nach außen unsichtbar geleitet. Die Durchsuchungen ergaben, daß diefer Kreis einen genauen plan für die Her­Dittatur jestgelegt hat. Diese beiführung der Diffatur sollte dadurch ermöglicht werden, daß nach dem furz über lang zu erwartenden Rüd tritt der gegenwärtigen Reichsregierung- gedacht war vor allem an die Fürsten­enteignung eine vom Reichspräsidenten ernannte Regierung von Außenseitern nach Ablehnung eines Vertrauensvotums den Reichstag auflöst und die Zeit bis zur Neuwahl zur 21obilisierung der vaterländischen Verbände im Rahmen der Reichswehr nüht. Sofern eine genügend starte Hausmacht bereit stand, beabsichtigte man, nach freiwilligem Rücktritt des Reichspräsidenten , an deffen Stelle ver­faffungsmäßig der Reichskanzler zu treten hätte, die Diktatur herbei­zuführen. Das erste Manifest der Regierung sah die Aufhebung der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 und der Länderverfassungen vor.

Die für die Durchführung dieses ungeheuerlichen Planes vor­gefehenen Männer find:

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Wer an einer hiernach aufgelösten Körperschaft weiterhin teilnimmt und wer zur Teilnahme auffordert, wird mit dem Tode bestraft. § 4.

Fällt durch die hier angeordnete Entlassung der Vorstand einer Behörde oder der Leiter der Geschäftsabtet­lung einer Behörde aus, so übernimmt bis zur endgültigen Rege­lung ber dienstälteste Beamte die Geschäfte. Amtsverweige­rung wird mit dem Tode bestraft.

Alle Amtsinhaber der Reichs, Staats- und Selbstver­Im übrigen sind die innerhalb eines Dienstbetriebes erforder­waltungen, die ihre Berufung, Anstellung oder Belichen Geschäfte hiernach durch den Vorstand der Behörde derart zu förderung ausschließlich einer Parteizugehörigkeit regeln, daß der geordnete Dienstbetrieb aufrechterhalten bleibt. verbanken, find entlassen. Im übrigen sind unzuverlässige und un­fähige Beamte nach Ermessen des Reichs- und Landesverwesers zu entfernen. In den vorgenannten Fällen ist jeder Rechts. anspruch aufgehoben.

Die weitere Vornahme von Amtshandlungen

feitens der hienach Entlaffenen wird mit dem Tode bestraft Die elbe Strafe trifft diejenigen, die in Kenntnis des Tatbestandes der Entlassung Anordnungen auf Grund solcher Amtshand­lungen ausführen oder befolgen.

Luther vor dem Sturz.

Stimmenthaltung der Deutschnationalen beschloffen. Im Reichstag ist der Kampf um die Regierung Luther in vollem Gange, ohne daß sich bis zur Stunde genau übersehen läßt, welchen Verlauf die Dinge nehmen werden. Die Demokraten halten an ihrem Mißtrauensvotum gegen Luther bis zur Stunde fest und haben es durch ihren Fraktionsführer Dr. Koch eingehend be= gründen lassen. Die Rede Kochs ist eine scharfe Rampf­anfage an Luther. Der Rücktritt der demokratischen Minister Dr. Külz und Dr. Reinhold ist noch nicht vollzogen, aber für heute nachmittag nach vollzogener Abstimmung in sichere Aussicht gestellt.

Das Reichskabinett trat am Vormittag zu einer furzen Sizung zufammen. Die von der B. 3." verbreitete Meldung, daß Luther zurückgetreten sei, erwies sich sehr bald als falsch. Es wird be hauptet, daß Luther beabsichtige, den Reichstag aufzulösen und daß der Reichspräsident bei Annahme des Mißtrauensantrages zurüd treten wolle. Es läßt sich noch nicht übersehen, ob diese Behaup­tungen nicht nur ein Bluff sind.

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Während des Plenums im Augenblick des Redaktions­schlusses spricht der Kommunist Höllein finden ununter. brochene Verhandlungen zwischen dem Reichskanzler und verschiedenen Parteiführern statt.

Nach 2 Uhr wird bekannt: Die deutschnationale Reichstags­der Bürgermeister von Lübed, Dr. Neumann, als Reichsfraktion hat befchloffen, sich bei der Abstimmung über sämtliche Miß­fanzler, frauensvoten der Stimme zu enthalten. Geheimrat Hugenberg als Reichsfinanzminister, Damit ist aller Wahrscheinlichkeit nach das Schicksal des Ka­binetts Luther befiegelt. Es hat feine Aussichten auf eine Mehr­

der Industrielle Dr. Wegener aus Kreuth in Bayern als Reichsinnenminifter,

General von Möhl als Reichswehrminister,

der Borfihende der Rheinischen Landwirtschaftskammer und Führer der Rheinischen Bauernvereine, Dr. Freiher v. Cü­ning in Bonn als Ernährungsdiktator.

Die Direktoriumspläne vom Herbst 1923 werden wieder lebendig. Es sind dieselben Männer wie damals, die heute den Butsch der Rechtsradikalen vorbereiten.

Sie haben nicht nur bereits die Männer des Direktoriums bestimmt, sondern auch das erste Manifest, die erste Verord­mung des Direktoriums feftaeftellt. Wir veröffentlichen dies Manifest nachfolgend im Wortlaut: Die Authentizität dieses Programms ist nicht anzuzweifeln, meil es durch unfreiwillige Hergabe aus dem Befit einer der Persön lichkeiten stammt. die führend den Kreisen angehören, die den Gedanken einer Dittatur propagieren und vorbereiten.

Die Verordnung der Putschisten. Diftatur. Todesstrafe. Terror.

§ 1.

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heit mehr.

§ 5.

Bis zum Erlaffen einer Verfassung treten an die Spike der Regierung in den Ländern die vom Reichsverwefer ernannten und nur ihm verantwortlichen Landesverweser, denen der Reichs­verweser hierdurch bis auf weiteres die volle Staatsgewalt für den Bereich der Staatsverwaltung überträgt.

In derselben Weise treten an die Spitzen der Provinzen, Be­zirke, Kreise, Gemeinden und Gemeindeverbände Amtsver­weser, die vom Reichs- oder Landesverwefer er­nannt werden. Sobald eine solche Ernennung nicht bereits er­folgt ist, üben die bisherigen leitenden Amtspersonen oder die nach § 4 Abs. 3 an ihre Stelle Tretenden diese Amtsverwefung aus.

Diese Amtsverweser find als Inhaber der örtlichen Be­fehlsgewalt bis auf weiteres berechtigt, unter Beobachtung der in dieser Berordnung enthaltenen Grundsähe selbständig Anordnungen jeder Art, auch Strafandrohungen, je nach örtlichen Bedürf­niffen, zu erlaffen.

§ 6.

An Stelle der nach§ 3 Abs. 1 aufgelöften parlamentarischen und sonstigen Bertretungskörperschaften trefen Beratungs­förper, die von den Landesverwesern und den Amtsverwesern nach ihrem freien Ermessen ohne Rücksicht auf lokale oder private Intereffen lediglich nach Verdienst und würdigkeit aus den fähigften und charaktervollffen Männern ihres Zuffändig­teitsberichs zu ernennen und zu berufen sind. Diese Räte sollen je nach Bedürfnis aus nicht weniger als drei und nicht mehr als 50 Personen bestehen. Unbegründete Amtsverweige­rung wird mit dem Tode bestraft.

87.

Den Landesverwesern und Amtsvorstehern steht bis auf weiteres

das Recht zu, innerhalb ihres Amtsbereichs den öffentlichen Bedarf, insbesondere an Geld, Nahrungsmitteln, Betriebsstoffen,

Bekleidung und Berkehrsmitteln durch Umlagen nach ihrem freien Ermessen auszuschreiben und mit öffentlichen Regelung des Erfahes bleibt vor­3wangsmitteln beizutreiben. behalten.

§ 8. Im Interesse des Allgemeinwohls wird die öffentliche Arbeits­dienstpflicht und die öffentliche Hilfspolizeidienstpflicht angeordnet. Jeder Deutsche männlichen oder weiblichen Ge schlechts vom 16. bis zum 30. Lebensjahr ist zum öffentlichen Arbeitsdienst; jeder Deutsche männlichen Geschlechts vom 18. bis um 45. Lebensjahr ist zum öffentlichen Hilfspolizeidienst verpflichtet. Das zur Durchführung der öffentlichen Dienstpflicht Erforder­liche verordnen die Landes- und Amtsverweser. Insbesondere sind

Verhandlungen in England.

Vor einer Einigung?

Condon, 12. Mai. ( WEB.) Die angekündigten Be-| der europäischen Arbeiterschaft rechnen kann. In der Ueberzeugung, fprechungen zwischen Vertretern der Regierung und dem Generalrat des Gewerkschaftskongresses find heute kurz vor Generalrat des Gewerkschaftskongresses find heute furz vor 12 Uhr aufgenommen worden.

Botschaft des Generalrats.

An die Arbeiter der Welt.

London , 12. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Den Condoner Berichterstattern der ausländischen sozialistischen Presse erklärte der Preffereferent des Generalrats der Gewerkschaften:

Die Berfaffung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919( RGBI. S. 1383) und die nach dem 9. November 1918 erlaffenen erfassungen der Länder und aller tom- fchaftlichen Kampf für die Verteidigung der Lebenshaltung der munalen Berbände sind aufgehoben.

§2.

Der Inbegriff der Staatsgewalt, das Recht der Geseh­gebung, Berwaltung und Bollfired ung fowie die oberste Befehlsgewalt ist auf den Reichsverwefer übergegangen, der fle nach Bedarf an nur ihm verantwortliche Amts inhaber überträgt.

83.

Alle auf Grund der In 8 1 genannten Berfaffungen gewählten Alle auf Grund der in 8 1 genannten Verfaffungen gewählten parlamentarifen Körperichaften in Reich und Län­dern einfließlich aller auf Waylen beruhenden Bertretungs. törperschaften in Provinzen, Bezirken, Kreisen, Gemeinden und Gemeindeverbänden sind aufgelöst

daß ein folcher Kampf für die gesamte Zukunft der Arbeiterschaft Europas entscheidet, verkündet die britische Arbeiterbewegung den Kameraden in Europa ihre Absicht, für das große Prinzip fest zu bleiben. Das einmütige Gefühl und die Kraft der britischen Arbeiter in der Durchführung dieses Kampfes ist eine wunderbare Bekundung des Willens, den Kampf auszufechten. Der Geist, in dem sie den Kampf führen. gibt den Kameraden in Europa die Ge­wißheit, daß sich die britischen Arbeiter gegenüber dem vollen Ein­faz der Bemühungen der Regierung und der Kapitalisten als un­erschütterlich erweisen werden.

Das Ergebnis einer Gemeindewahl in einem Londoner Bororf ist ein bezeichnendes Stimmungsbild für die Misstimmung gegen die konservative Regierung. Dort war ein konservativer Gemeinde­rat gestorben, der mit 994 gegen 522 Stimmen der Arbeiterpartei gewählt worden war. Bei der Erfahwahl wurde der Arbeiter­kandidat mit 1041 gegen nur 377 Stimmen gewählt.

Die britische Arbeiterbewegung, die sich in einem ernsten wirt­britischen Bergarbeiter befindet, fendet der europäischen Acbeiter flaffe ihre brüderlichen Grüße. Der Kampf ist nicht von uns gewollt worden. Er ist das Ergebnis einer bewußten Heraus­forderung durch die vereinigten kapitalisten. Wir fämpfen nicht für irgend ein politisches 3lel. Unsere Afton ist vollständig Ausländische Unterstütungsgelder beschlagnahmt. verfassungsmäßig in ihren Methoden und Forderungen. Sie fämpft lediglich und ausschließlich, um die englischen Bergarbeiter Condon, 12. Mal.( Reuter.) Der Gewerkschaftsrat teilf mif, vor einer unerträglichen herabsehung ihrer Lebens- daß die ametitanischen, fanadischen, franzöfifchen, haltung zu schüßen. Da ihr Schaden ein Schaden für alle wäre deutigen und österreichischen Arbeiterorganisationen die und jedes Leid, das die britischen Bergarbeiter trifft, zu einer Her- finanzielle Unterstützung der englischen Streifenden zugesagt haben. abjegung der Lebenshaltung aller Arbeiter Europas führen Dem Rat fei jedoch die Nachricht zugegangen, daß die englische würde, so ist die britische Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung Regierung alle aus dem Auslande für den Rat angewiesenen überzeugt, daß fie auf die volle Hilfe und Solidarität| Gelder mit Beschlag belegt hat.