Eröffnung öer /lbrüftungskonferenZ.
Reden von Cecil und Bernstorff.
Genf , 18. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Die am Dienstag er» öffnete vorbereitende Abrüstungskonferenz wählte zu ihrem Vorsitzenden den holländischen Delegierten Loudon und zu stell- vertretenden Vorsitzenden die Vertreter Spaniens und Uruguays . Lord Robert Cecil hatte Paul Boncour zum Vorsitzenden vorgeschlagen, dieser lehnte jedoch ab mit der Erklärung, daß Frank- reich auf dieser Konferenz besonders wichtige Interessen zu vertreten habe, so daß es angebracht scheine, einen Vertreter eines kleinen neutralen Landes mit dem Vorsitz zu betrauen. Die beiden stellvertretenden Vorsitzenden werden gleichzeitig den Vorsitz in den beiden Ausschüssen, dem militärischen und dem gemischten Ausschuß, führen. Am Nachmittag sprach in öffentlicher Sitzung als erster Lord Robert Cecil , der hervorhob, daß das Landheer Englands nur kolonialen Polizei- aufgaben diene. Darüber hinaus gab er die Erklärung ab, daß England bereit sei, seine Flotte im Verhältnis zu den anderen Staaten abzurüsten, wobei vor allem auch an ein« Verminderung der Unterseeboote und eine Beschränkung in der Größe der Schlachtkreuzer und ebenso bei der Luftwaffe gedacht werden könne. Die Probleme der Sicherhett und der Abrüstung liefen parallel und müßten gegenseitig gefördert werden. Mit Nach. druck betonte aber Lord Robert Cecil , daß auch die Abrüstung eine Form der Sicherheit darstelle. Abrüstung sei keine Illusion, sie könne verwirklicht werden, wenn überall der gute Wille vor» Händen ist. Zweiter Redner war der deutsche Delegierte Gros Bernstorff, dessen französisch abgegebene Erklärung ebenso wie die des englischen und des darauf zu Wort kommenden amerikanischen De - legierten mit gespannter Aufmerksamkeit aufgenommen wurde. Die Rede des deutschen Hauptdelegierten hatte folgenden Wort» laut: »Die Regierung und die öffentliche Meinung Deutschland » haben mit viel Interesse und Sympathie olle Versuche des Völkerbundes zur Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen verfolgt. Wenn diese Versuche bi» jetzt noch keinen Erfolg gehabt haben, so hoffen wir, daß diese Konferenz ein« neue Aera ein- leiten wird, in der kein Wettrüsten mehr stattfindet, sondern lediglich ein friedlicher Wettkampf der Völker auf kulturellem Gebiet. Das allgemeine Interesse, das man in Deutschland der Ab- rüstungsfrage entgegenbringt, hat politische, militärisch« und wirtschaftliche Gründe. Aue sittlichen Gründen muß für die Zukunft die Vermeidung eines neuen Krieges angestrebt werden. Ebenso fordert dies die Politik, weil die Geschichte uns lehrt, daß übertriebene Rüstungen immer zum Kriege führen, und hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage wird niemand bezwelseln, daß die durch den legten Krieg verarmte Welt auf die Dauer keine schweren Rüstungen tragen kann. Geben schon diese ollgemeinen Gründe genug Anlaß zu der Hoffnung, daß diese Konferenz zur Begrenzung und Herabsetzung der Rüstungen führen wird, so bringt Deutschland dieser Frage ein ganz beson- deres Interesse entgegen. In der Präambel des Teils S des Vertrages von Versailles geht dem die Abrüstung betreffenden Kapitel eine Er k l ä r u n g voraus, daß diese Maßnahme zur Er- möglichung einer allgemeinen Abrüstung getroffen wird, und be- kanntlich haben am 1ö. Juni 1319 die Vertreter Deutschlands und der alliierten Mächte einen Schriftwechsel geführt, aus welchem in durchaus klarer Weise hervorgeht, daß die Abrüstung Deutschlands da» Vorspiel zu einer planmäßigen allgemeinen Abrüstung durch den Völkerbund sein sollte, die übrigens ausdrücklich durch das Protokoll von L o c a r n o vorgesehen ist. Auf Grund der erwähnten Verein- barungen hat das deutsche Volk vollkommen abgerüstet, und seine Streitkräfte reichen zur Garantie seiner nationalen Sicherheit im Sinne des Artikels 8 des Dölkerbundsaktes nicht mehr aus. eine Bestimmung, die andererseits alle Mitglieder des Bundes zur Abrüstung verpflichtet. Unser Ziel wird erreicht werden können bei der Betätigung des guten Willen» seitens aller der Regierungen, welche die Formel zu finden haben werden, die die Begrenzung und Herabsetzung der Rüstungen ermöglichen soll. Dieses Ziel wird nach unserer Ansicht um so leichter zu erreichen sein, je mehr wir die Zahl der zu behandelnden Fragen b«- grenzen. Der uns vorgelegte Fragebogen behandelt viele sehr interessante Fragen, die aber nicht all« für die Lösung des großen Problems unbedingt erforderlich sind. In allen Er- örterungen des Völkerbundes spielen»Sicherheit, Schied»»
gerichtsbarteit und A b r ü st u n g* eine große gemeinsame Rolle. Da nun„Sicherheit und Schiedsgerichtsbarkeit" durch den Vertrag von L o c a r n o wesentlich gefördert sind, ist jetzt der Zeit- punkt zur Erreichung einer allgemeinen Abrüstung gekommen. Wie die Initiative der deutschen Regierung, die zu dem Abkommen von Locarno geführt hat, zeigt, ist unsere Außen- Politik, wie ich erneut feststellen möchte, vollständig von dem verlrage und dem Geiste von Locarno getragen. In dem gleichen Geiste müssen wir an die Abrüstungs» frage herangehen, die wichtigste Frage, die der Völkerbund jemals zu lösen haben wird. Ohne Abrüstung wird der Völkerbund niemals erfolgreich arbeiten können. Solange es' auf der einen Seite über- mäßig gerüstete Völker gibt und wieder andere, deren Rüstungen nicht einmal für ihre eigene Sicherheit ausreichen, wird die Durch- führung der Völkerbundssatzung erheblichen Schwierigkeiten be- gegnen. Deutschland , das seine Verpflichtung zur Abrüstung so vollständig erfüllt hat, darf mit gutem Recht erwarten, daß die anderen Nationen ihm auf diesem Wege folgen werden, woraus sich für Europa , für die ganze Welt ein Zustand dauernder Be- friedung und gegenseitigen Vertrauens ergeben wird." Der amerikanische Gesandte Gibson gab die Erklärung ab, daß die amerikanische Delegation an den der Konferenz gestellten Aufgaben aufrichtig mitarbeiten werde, in der Ueberzeugung, daß bei dem nötigen Verständigungswillen auch ein guter Erfolg zu erwarten sei. Er vertrat dann den Stand- punkt, daß man mit der Abrüstung zunächst westerkommen werde mit regionalen Abrüstungsabkommen, als wenn man für die gesamte Welt gültige Beschlüsse fasse. Die Vereinigten Staaten selbst seien in bezug auf ihr Landheer besonders günstig dran: zur Ergänzung des Washingtoner Flottenab» r ü st u n g» a b k o m m e n» sei die Washingtoner Regierung jeder- zeit bereit. Das schwierige Hindernis bildeten das Mißtrauen und die Verdächtigung von Land zu Land. Somit war die allgemeine Aussprache beendet. An der an- schließenden Erörterung über die Möglichkeit der Abrüstung Im ein» zelnen beteiligten sich Lord Robert Cecil . Paul Boncour. General de Martni, de Brouckere u. a. Brasilien lenkt ein. Das letzte Hindernis gegen Deutschlands Aufnahme beseitigt. Da» Ergebnis der nunmehr beendeten Tagung der Studien- kommisfion für die Reorganisierung de» völerbundsrate» scheint um so günstiger z» sein, als nicht nur eine volle Einigkeit zwischen allen europäischen Mächten erzielt wurde, sondern auch der bra- si lianische Delegierte Montorroyo» in der Schlußsitzung eine Erklärung abgegeben hat. die nicht ander» aufgefaßt werden kann al» eine Abkehr vom intransigenten Standpunkt, den Mello- Franca im März eingenommen hatte. Zn dieser Erklärung hat der brasilianische Vertreter seine Be- friedlgung darüber ausgedrückt, daß der Völkerbund durch die Hal- lung Brasiliens im März dazu veranlaßt wurde, diesen Fragen- komplex einer neuen grundsätzlichen Prüfung zu unterziehen. Bra- silien werde nun die Interessen de» Bundes seinen eigenen voran- stellen und sei bereit, dem Völkerbund keine weiteren Schmie-� rigketten zu bereiten. E» habe den dringenden Wunsch gehabt, daß Deutschland in den Bund eintrete. In einem persönlichen Besuch bei dem deutschen Delegierten, Botschafter v. h o e f ch, vor dessen Rückreise nach Berlin , hat Mon- tarroyo» diese Erklärung erläutert und bekräftigt. Eine europäische HeereSstatisttt. Pari», 18. Mai. (TU.) Nach einer soeben veröffentlichten Statistik des Völkerbundssekretärs ist das S t ä r k e v e r h ä l t n i» der europäischen Armeen folgendes: Europa hat alles in allem 2 623300 Mann unter den Massen, während es 1313 4166 000 Mann hatte. Deutschland hat auf Grund der Bestimmungen des Dersailler Vertrage» die größten Einschränkungen vorgenommen (SS 000 Mann statt 815 000), Rußland S62 000 statt 1200 000, Frankreich 641 000 statt 873 000, Italien 230 000 statt 275 000. Die»Information" stellt an Hand der Statistik fest, daß nur Großbritannien und die Vereinigten Staaten ihre Wafsenbestände vermehrt haben.
pilfudfti kandidiert nicht. Die polnische Präsidentenwahl. Warschau , 18. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Do» polnisch- sozialistische Zentralorgan„Robotnik" hatte heute morgen die Meldung gebracht, daß der Senatsmarschall Trompczynskt. der zu Verhandlungen mit den Oppositionsführern nach Posen gereist ist, sich dort den Gegnern Pilsudfli» angeschlossen habe. Darauf er- hielt der„Robotnik" am Rachmittag ein Telegramm, das von Iromp- czynflis Sekretär unterzeichnet ist und diese Meldung au». drücklich dementiert. Man kann auch glauben, daß Tromp- czynski in durchaus ehrlicher Absicht zu vermitteln sucht. Die Posener beabsichtigen nicht einen militärischen Kamps gegen Warschau , indessen kann e» doch einige Zeit dauern, bi» wirklicher Friede her- gestellt ist. Die Rationalversammlung zur Reuwahl de» Staatspräsidenten muh nach der Verfassung binnen 14 Tagen nach dem Tod oder der Abdankung de» Präsidenten zusammentreten. Die» dürfte auch der Fall sein. Pitsudski selbst kandidiert nicht. Die linken Parteien wollen dahin arbeiten, daß die Rä- tionaloersammlung eine Persönlichkeit, die allen Parteien genehm ist, zum Präsidenten wählt, daß er jedoch nach der Reuwahl de» Parla- ments zurücktritt. Von der Reuwahl de» Sejm erwarten die So- zialiften und die ihnen nahestehenden Parteien eine starte und ent- fchledene Llnksmehrheit, so daß dann auch ein l in k»- stehender Staatspräsident gewählt werden würde. Da» Parlament dürfte seine Arbelten gleich nach der jetzt be- vorstehenden Präsidentenwahl wieder aufnehmen. Die Sozialisten sind fest entschlossen, im jetzigen Sejm keine andere Frage mehr al» die seiner Selbstauflösung beraten zu lassen. Sollte die Rechte den Versuch mochen. irgendwelche anderen Fragen vorzuschieben, so wäre mit der heftigsten Obstruktion der Sozialisten zu rechnen. Der frühere Kriegsminister. General S o s n k o w s k l, ein Freund Pilsudski ». der vorige Woche iu Posen einen Selbstmord- versuch gemacht hat, da man ihm befehlen wollte, gegen Pilsudski zn marschieren, ist bereit» außer Gesahr und aus dem Wege der Ge- nesung. Bertagung deS Volksbundprozesses. latlowltz, 18. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Heute begann hier der Spionageprozeß gegen den Schuldezernenten des Deut- schen Volksbunde» für Ostoberschlesien, Schulrat Dudeck. Da von den zwei polnischen Offizieren, die als Sachverständige(lies: Anklageverstärker) geladen sind, der eine fehlte, der andere erklärte, noch heute abend in Warschau zurück sein zu müssen, so wurde die Verhandlung sogleich auf unbesttnnnte Zeit vertagt. Bei dem für morgen festgesetzten Prozeß gegen die übrigen elf Angeklagten ist mit Sicherhett dieselbe Entwicklung zu erwarten. Es ist durchaus möglich, daß die Vertagung erfolgt ist, weil das Gericht meint, daß es unter den obwaltenden polittschen Verhältnissen besser sei. nicht zu verhandeln. Wenn die Regierung Bartel-Pilsudskl wirk- lich dl« Minderheitsvölker mit dem Staat versöhnen will, müßte sie diesen ganzen Prozeß niederschlagen.
Europa und die Welt. Coudenhovc-Calergi über die paneuropäische Bewegung. Coudenhooe-Calergi, der Führer der paneuropäischen Bewegung, sprach gestern im Plenarsitzungssaol des Reichswirt- schoftsrats über»Europa und die Welt". Er verglich das Schicksal des modernen Europa mit dem de» alten Hellas. Europa stehe heute zwischen dem kapitalistischen Kollektivismus Amerikas und dem kommunistischen Rußland». Es ist das Land de« Individualismus. Und auch der europäische Sozialismus, der die Befreiung der Ar- beiterschaft von wirtschaftlicher Unterdrückung anstrebe und daher dem Klassenkampfgedanken huldige, führt im Grunde einen Kampf um die Befreiung der Persönlichkeit. Aus dem Individualismus Europa » ist seine Selbstzersleischung geboren, und gerade Europas Geschichte zeige, daß Freiheit ohne innere Der- antwortung Selbstmord ist. Der aus dem Individualismus ent- standen« Kampfgeist ist Europas Schicksal geworden. Der letzte Krieg war nur die Folge einer jahrtausendelangen Entwicklung. Nun ist die Welt verändert. Europa muß sich dieser oeränderten Weltlage anpassm oder zugrundegehen. Durch Jahrtausende hindurch konnte Europa sich seinen inneren Kämpfen hingeben, ohne ernstlich bedroht zu werden. Heute ist Europa vom Westen wie vom Osten bedroht. Wcltpolitik ist nicht mehr europäische Politik, Weltgeschichte nicht mehr europäische Geschichte. Heute schon ist Amerika mächtiger als Europa , morgen wird es Asien sein. Die Geschichte drängt Europa zum Zusammenschluß oder Untergang. Sich einigen heißt, sich retten. Diese Erkenntnis ist die Ursache de» paneuropäischen Gedankens, der sich innerhalb dreier Jahre zu einem anerkannten politischen Problem entwickell hat. Zahlreiche einflußreiche europäische Po- litiker haben sich bereits öffentlich für den Gedanken Paneuropas ausgesprochen. Heute stehen Millionen hinter dieser Bewegung, so daß bereits vom 4. bis S. Oktober d. I. die erste Se- neralversammlung der P a n eu r o p ä i s ch en Union stattfinden kann. Es ist zu erwarten, daß sich das Tempo der pan- europäischen Entwicklung steigern wird. Ohne ein einiges Europa gibt es kein Gleichgewicht in der Welt, und ohne Gleichgewicht in der Welt gibt es keine Freiheit für Europa . Für Paneuropa sind Autonomie und Föderation zu fordern. Innerpolitisch Autonomie, außenpolittsch Föderation. Jeder Dersuch, Europa zen- tralistisch aufzubauen, müßte an der Macht des Individualismus scheitern. Eine europäische Kultur ist nur denkbar in der nationalen Gliederung. Ein Kampf gegen den nationalen Gedanken wird ein Kampf gegen die Idee Paneuropa. Wer sein Dolk wahrhaft liebt, muß auch Europa lieben. Paneuropa wird niemand seine» Vater- lande» berauben. Aber es ist das Ziel Paneuropa», die Grenzen bedeutungslos und unsichtbar zu machen. Dann erst werden die europäischen Nationen sich finden. Einigkeit, Freiheit und Liebe sollen das Ideal des neuen Europa sein. Alle, die sich als wahre Europäer fühlen, haben die heilige Verpflichtung, ihre ganze Persönlichkeit für diese große Sache«inzusetzen. Denn Europa ist das verlorene Paradies, ist der schönste Teil dieser Erde. Kein Land hat mehr an großen Geistern gezeugt als Europa . Werben wir mit ganzer Seele für unser nördliches Paradies, dann wird Europa aus der Katastrophe der Welt erneut und verjüngt hervorgehen. Im Anschluß an diesen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag behandelt« der Redner dann noch praktische Wege zu Paneuropa. Er sieht die Möglichkeit, daß auf der Basis der Locarno . Verträge eine weitere Einigung Zustandekommen könne. Eine weitere Möglichkeit wäre die. daß sich die Vertreter der europäischen Regierungen oder Parlamente in gewissen Zeit- abständen zu unverbindlichen Aussprachen über europäische Probleme träfen. Und endlich bestände die Möglichkeit, daß der Völkerbund seinen Zentralismus auf- gebe und sich in Sektionen aufbaue, die ihre inneren Angelegen- Helten autonom regeln. Diesem vom Zentralismus befreiten Völker- bund könnten dann nicht nur Europa , sondern auch Amerika und Sowjetrußland al» selbständige Sektionen angehören. Dieser Weg über de« Völkerbund wäre die natürlichst« Entwicklung zu Kau.
europa . Im übrigen Ist Paneuropa keine endgültig« Lösung, son- dern e i n P r o v i s o r i u m, da» sich mtt der Lage der Welt ständig verändern muß._
Die Ehre des kußpriefters. Münchmcyer als„falscher Priester" erwiese«. Emden ) 18. Mai. (WTB.) Heute abend fällte das große Schöffengericht im Borkumer Beleidigungsprozetz folgendes Urteil: Wegen formaler Beleidigung de» Pastors Münchme yer wurden die Angeklagten Dr. Völklein zu 100 M., Dr. E.harig zu 100 M. und Pels zu 20 M. verurteilt. Vom Gericht wurde der Beweis als erbracht angesehen, doft Pastor Münchmeyer ein„falscher Priester" ist. Nicht als erwiesen angesehen wurden die Vorwürfe gegen da» Landt»ttrch«n- a m t, und demzufolge wurden für diesen Fall der Beleidigung ver» urteilt Dr. Völklein zu 1000 M., Dr. Charig zu 1500 M. und Pels zu 100 M. Geldstrafe. Den Angeklagten wurde im ersten Falle der Schutz des§ 193 zugebilligt, im zweiten Fall verweigert.(Der Staatsanwalt hatte gegen Dr. VölNein eine Gefängnisstrafe von drei Monaten wegen Beleidigung des Landestirchenamte» und 500 M. wegen Beleidigung des Pastors beantragt, trotzdem auch er den Wahrheitsbeweis al» voll erbracht ansah.)
Zeuge Sethlen. Im Frankenfälschcrprozess. Budapest , 18. Mai. (EP.) In einer der letzten Sitzungen de» Frankensälscherprozeh hatte der ehemalige„christliche" Ministerpräst- dent Stephan Friedrich den jetzigen Kabinett»ches Bethlen sehr schwer belastet und ihm unter anderem nachgesagt, daß er den Fälscherhäuptlingen einen Freibrief ausgestellt habe. Heute wurde nun der von Friedrich genannte Abg. Hi r im Rochusspital vernommen, wo er krank liegt. Er gehört zu den Rechtsradikalen und war am burgenländischen Dandenkrieg gegen Deutsch- österreich 1921 führend beteiligt. Abg.„Markgraf " Palla- v i c i n i hatte gestern als Zeuge ausgesagt, daß Hir der Ver- bindungsmann zwischen Windischgrötz und dem Minister- Präsidenten gewesen sei, mit dem Bethlen im August 1923 die ganze Frankensälschungsaltion iu einem Ort« am Plattensee ein-
gehend besprochen habe. H t r gab an. er habe im Früh- jähr 1323 zum erstenmal von der Aktion erfahren. Im August des- selben Jahres habe er im Auftrage von Prinz Windischgrötz und Professor Messaro» den Ministerpräsidenten um einen Brief gebeten, worin dieser mitteilte, daß er gestatte, da». jenige auszuführen, wa» Hir im Interesse der irredentisti - schen Ziele vorgeschlagen hatte. Diesen Brief erhielt Hir einige Tage später. Es hieß darin, daß der Ministerpräsident gestatte, daß hir für die irredentistischen Ziele da» Erwähnte anfertige» könne. Auf die Frag« des Vorsitzenden, was das sei, erwiderte Hir:.Der Franken" Den Umschlag des Briefes habe der Zeuge noch im Besitz, der Brief selbst sei bei Windischgrötz. Hir erklärte weiter, Windischgrätz habe von Bethlen die Zusage erhalten, daß der Ministerpräsident eine Milliarde zur Sicherung der materiellen Vorbedingungen der Fälschungsaktion bereit st ellen würde. Eine Kopie des fraglichen Briefes des Ministerpräsidenten besitze er noch: er weigerte sich indessen anzugeben, wo sie sich befinde. Bethlen leugnet unter Eid. Budapest , 18. Mai. (WTB.) Im Zusammenhang mit dem Frankenfälschungsprozeß hat Ministerpräsident Graf Bethlen heute nachmittag in«inständiger Zeugenaussage, auf die er ver- eidigt wurde, angegeben: Ich hatte von den Frankenfälschungen keine Kenntnis, es hat n i e m a l» auch nur einen Augenblick gegeben, wo ich die Frankenfälschungen gedeckt oder sie mir auch nur tn verschleierter Form zu eigen gemacht hätte. Gras Bethlen legte Akten vor. au» denen hervorgeht, daß er nicht nur die Mittel, sondern auch die Ziele des Prinzen Windischgrötz ver- urteilt habe. Er entkräftete(I) ferner die Angaben Hir», mit dem er wohl im August 1923 einen Tag lang am Plattensee gewesen sei, jedoch nur zur Besichtigung eines anzukaufenden Gute», wobei Hir als Vermittler wirkte. Einen Freibrief habe Bethlen niemals ausgestellt._ Der Druckfehlerkeittel für Schwarzweißroli Cr hat es fertig ge- bracht, den Genossen Saenger in unserem gestrigen Abendblatt ein Lob der kaiserlichen Farben singen zu lassen! Di« Druckerei bittet den Genossen Saenger und die Leser des„Vorwärts" um Ent- jchuldigung.