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tag es in der kavitalistischen Produktion gar nicht auf die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern auf die Erzielung von Profit ankommt. Und so löst sich jener Widerspruch, daß die Produktionsfähigkeit gewaltig gestiegen ist, diese Möglichkeit ober unausgenugt bleibt. Die Folge ist Arbeitslosigkeit und Unterentlohnung. Jede Ausweitung des Produktionsappavates geht auf Kosten der Arbeitskrast, ist Immobilisierung eines Teiles des volkswirtschaftlichen Ertrages. In einer Wirtschast, die auf die bestmögliche Bestiediaung der Bedürfnisse der Bevölkerung genchtet ist, ist das eine für alle Teile segensreiche ökonomische Maßnahme. In der kapitalistischen Wirtschaft dagegen die Ursache schwerer ökonomischer Krisen, Vergeudung eines Teiles des volkswirtschaftlichen Ertrages, weil die Immobilisierung nicht im Hinblick auf die bestmöglichste Befriedigung der Bedürfnisse, sondern im Hinblick auf die größten Profitaus- . sichten erfolgt. Dieser Prozeß wird auch von namhaften k a p i t a l i- st i s ch e n Wirtschaftsführern gesehen, in seiner sozialen Bedeutung aber keineswegs erfaßt. Auf der siebenten Mit- gliederverfammlung des Zentralverbandes der deutschen Elektrotechnischen Industrie sagte der Vorsitzende des Direk- toriums der AEG.. Dr. Deutsch, u. o.: Während des Krieges sind in ollen Ländern, in allen Industrie- zweigen die alten Fabriken vergrößert und neue Fabriken gebaut worden, zum Teil zur Herstellung von Kriegsmaterial, zum Teil, um diejenigen Artikel zu fabrizieren, die sonst vom feindlichen Aus- lande bezogen wurden, zum Teil aber auch, um sich voneinander unabhängig zu machen. Ich schätze die industrielle Kapazität der Welt um mindestens 40 bis 50 Proz. größer als vor dem Kriege, da» bedeutet eine sehr viel größere Produktion gegenüber einer außerordentlich stark verringerten Kaufkraft. Die Vermehrung der industriellen Kapazität ist nur mög- lich gewesen durch die außerordentlich stark verringerte Kauf- krast der breiten Masten, das eine bedingt das andere. Es ist deshalb geradezu grotesk, wenn die Kapitalisten immer wieder versiichen, die verringerte Kaufkraft durch Senkung der Löhne und Gehälter beheben zu wollen. Der Riesenkampf im englischen Bergbau ist auch nur ein Streit darüber, ob der Profit des im Bergbau investierten Kapitals auf Kosten der Arbeitskraft gesichert werden soll. Die entscheidende Frage. wie man durch ökonomische Maßnahmen zur Lösung der Kohlenkrise kommen kann, wird, wie Croner zeigt, deshalb nicht gründlich aufgerollt, weil die Heiligkeit des Privateigen- tums unangetastet bleiben soll. Das gleiche Bild entrollt sich bei der Untersuchung der Eisenindustrie, des Schiffbaus und der Textilindustrie. Nationalisierung der wichtigsten Industriezweige, d. h. Umwandlung des Privateigentums in Sozialeigentum ist das Losungswort der britischen Arbesterklasse in chrem Kampfe gegen die Arbeitslosigkeit. Es wird auch bei uns zum Zentral- Problem werden, denn die ausreichende Unterstützung der Arbeitslosen bleibt immer nur eine Notmaßnahme, die öko- nomische Verwertung aller Arbeitskräfte dagegen dos Ent- scheidende.

Der verachtete Sürger. Hinter den Knlisse» dervaterländischen Verbände". Bei der Einweihung des Schlageter-Dentmals in Weimar hat, nach derDeutschen Zeitung", der Führer desWer- wolfs", Studienrat Fritz Kloppe, folgenden Notschrei aus­gestoßen: »Zieht den Trennungsstrich so scharf wie nur irgend möglich gegen alle diejenigen, die sich in die vaterländische Lewe- gung eindrängen, weil sie reaktionäre Tendenzen verfolgen oder nur deswegen schwarzweißrot sind, weil sie hoffen, dadurch eine alle, durch ihre Schuld verlorengegangene Vor- Machtstellung wiederzugewinnen." Diese Worte sind charakteristisch für das, was zurzeit hinter den Kulissen der vaterländischen Verbände vorgeht. Es muß daran erinnert werden, daß die Gründer der meisten

dieser Verbände bürgerlicher, ja kleinbürgerlicher Herkunft sind, außer Kloppe seien nur genannt die Namen: Hiller, Seldte, Mahraun, Roßbach usw. Im alten Deutschland wären zahl- reiche dieser Gründer nicht einmal zur Kaisergcburtstagsfeier der Honoratioren zugelassen worden. Nach der Revolution haben sich die alten privilegierten Kreise, als da sind Fürsten , Wlige, Großgrundbesitzer, Generäle, die Arbeit dieser Bürger- lichen gern gefallen lassen, zumal sie selbst in ihrem Kastenstolz und Dünkel gar keine Aussicht hatten, an größere Volksmassen heranzukommen. Aber die Unterstützung dieser Zugelassenen geschah unter der stillschweigenden Boraussetzung, daß im Fall des Sieges die Werkzeuge natürlich abzutreten hätten, um be- scheiden dengottgewollten Autoritäten" Platz zu machen. Den Hitler , Kloppe usw. wiederum ist ihr Führertum so zu Kopf gestiegen, daß sie gar nicht daran denken, nur für die mumifizierten Träger hoher Namen die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Je näher man sich dem Sieg geglaubt hat oder heute wiederum glaubt, desw schärfer treten diese Gegen- fätze zutage. Dies ist der innerste Grund, warum Hitler zu einer Nebenperson herabgesunken, Mahraun in Opposillons- stellung gedrängt und Kloppe zu Notschreien wie dem zitierten gezwungen ist. Franz Seldte , der Gründer desStahlhelms ", hat man zur Stahlhelmfeier am Rhein zwar gnädigst als Fest- redner zugelassen, aber es ist bekannt, daß auch seine Stellung imStahlhelm" durch die Intrigen einer adligen Offiziers- klique als stark gefährdet gilt. Die deutsche Reaktion krankt an dem Fehler aller Nestau- ratwnsbestrebungen, daß den durch die Revolution gestürzten privilegierten Klassen eben nicht zu helfen ist. weil sie nichts gelernt und nichts vergessen haben. Auch wo die Reaktion sich vorgeschobener bürgerlicher und kleinbürgerlicher Führer nach außen hin bedient, ist ihre Verachtung und ihr Standesdünkel gegenüber der bürgerlichen Plebs nicht um ein Iota geringer geworden._ Gleiches Recht üen Dürften. Die deutfchuationale Parole. Die Pressestelle der Deutschnationalen hat zum Volks- entscheid folgende offizielle Parole herausgegeben: Das Kabinett Marx hat die Stellungnahme der bisherigen Reichsregierung übernommen, daß zur Annahme des Volksentscheide» über entschädigungslose Enteignung der Fürstenhäuser gemäß der Verfassung ein« Mehrheit der Wahlberechtigten mit Ja stimmen muß. Soll das revolutionäre Volksbegehren diese Mehrheit finden, so müssen 20 Millionen Ja-Stimmen abgegeben werden. Wir haben niemals Zweifel daran gelassen, daß es für Deutschnationale nur entschiedensten Kampf gegen die kommunistischen Angriffe aus die Eigentumsordnung, den Grundpfeiler unseres Staates, geben kann. Sammelt die Mannen und brecht der Wahrheit die Gasse durch die Reihen der Hetzer und Verleumder. Den Fürsten soll gleiches Recht werden wie jedem anderen deutschen Staatsbürger. Es geht um den Bestand von Haus und Hof, von Nation und Reich. Unsere Parole laucet: Bleibt der Abstimmung am 20. Juni fern! An dieser deutschnationvlen Parole ist vor allem auffällig, daß sie jede offene Stellungnahm« zugunsten der Monarchie vermeidet. Die Frage der Staats- form wird mit keinem Worte berührt. Ja, wenn man wollte. könnte man aus ihr sogar ein Bekenntnis zur Republik heraus- lesen, da die Forderung ausgestellt wird, den Fürsten sollte gleiches Recht werden wie jedem anderen deutschen Staatsbürger. Nach monarchistischer Auffaffung sind ja die Fürsten nicht nur den anderen Staatsbürgern gleichberechtigt, sondern sie sindvon Gottes Gnaden" und über die anderen als Herren eingesetzt. Natürlich wäre es aber ganz falsch, aus der deutschnatio- nolen Parole eine prinzipielle Wendung der Partei selbst herauslesen zu wollen. Es handelt sich um einen taktischen Zug. Die Deutschnationalen wissen genau, daß mit einer offen monarchistischen Parole kein Geschäft zu machen ist. ja sie fürchten, daß sie durch zu große Offenheit nur ihren

Gegnern beim Volksentscheid nützen würden. Darum ziehen sie es vor, diejenigen ihrer Anhänger zu enttäuschen, die ver- langt hatten, daß ihnen im Kampf gegen den Volksentscheid die Fahne der Monarchie vorangetragen werden solle. Die Deutschnationalen glauben besser zu fahren, wenn sie die Fahne der Monarchie eingerollt lassen und wenn sie dafür desto eindringlicher an die Instinkte der besitzenden Kreise appellieren. Ihnen wird wahrheitswidrig gesagt, daß in dem Eigentum der Fürsten das Eigentum aller bedroht ist. Nicht aus Treue zum angestammten Herrn soll der Bürger und der Bauer gegen die Fürstenenteignung wirken, sondern aus Angst, daß er sonst selber demnächst an die Reibe kommen könnte. An die Stelle des Appells an den Idealismus tritt also der Appell an den Materialismus. Unter diesen Umständen werden die Deutschnationalcn unmöglich sagen können, daß diejenigen, die am 20. Juni, ihrer Parole folgend, zu Hause bleiben, Anhänger der Mon- archie seien. Im übrigen denkt die Sozialdemokratische Partei , wie hier schon oft angeführt worden ist. nicht daran, die ent- eignungslose Entschädigung als Regel auszustellen. Sie be- trachtet den Fall des Fürsteneigentums als einen ganz be- sonderen, well die Fürsten ihr Vermögen der st a a t s r e ch t- lichenStellung verdanken, die sie jahrhundertelang ein- genommen haben, und weil nach dem Erlöschen ihrer Vorrechte auch die Güter, die sie diesen Vorrechten verdanken, an die Wgemeinheit zurückfallen müssen. Mit dem Satz gleiches Recht den Fürsten wie jedem anderen Staatsbürger" läßt sich die Forderung nicht begründen, daß einige wenige Familien über Milliardenwerte verfügen sollen, wäh- rend die ungeheure Mehrheit des Volkes aus Besitzlosen besteht. Daß die Deutschnationalen ihren Kampf für die Fürsten - Milliarden nicht mit einer monarchistischen, sondern mit einer scheinrepublikanischen Formel führen, ist als Beweis für die Schwäche des Monarchismus in Deutschland intereffant. Aber helfen wird es ihnen auch nichts! Der französifthe Parteitag. Beendigung der Taktikdebatte. pari». 26. Mai.(Eigener Drahtbcricht.) Auf dem Sozialistl- schen Parteitag in Clermont- Ferrand sprach am Dienstag nach- mittag, als Vertreter des rechten Flügels der Partei, G a st o n Levy. Er trat für Beteiligung an einer bürgerlichen Regierung ein, betonte die Rückwirkung der unsicheren Währungszustände auf die wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft und forderte daher die Stabilisierung der Währung. Der Generalsekretär der Partei, Paul Faure , Hab die Notwendigkeit der Wahrung der Parteidisziplin hervor und erklärte, die Partei könne nicht darauf verzichten, Uebertretungen zu rügen. Unter großem Bei- fall erinnerte er an da» Verhalten Iaures aus dem Internatio- nalen Kongreß in Amsterdam . In die Resolutionskommission wurden dann neben 20 Der- tretern der Mehrheit 0 Vertreter der Richtung Renaudels und zwei der äußersten Linken gewählt. Die Kommission hat noch am Abend ihre Arbeiten aufgenommen. « Eine große Zahl Parteitagsdelegierte, darunter Zyromski, Re- naudel, Leon Blum . Paul Faure . Grumbach und andere, haben ein Telegramm an Paul Boncour gerichtet, in dem es heißt, daß die Unterzeichner, durch die Wiedergabe der Parteitagsdebalte in einem Teil der deutschen Presse veranlaßt, Wert auf die Fest- stellung legen, daß in der Aussprache weder Angriffe noch Vor- würfe gegen Paul Boncour erhoben worden seien.

ver letzte Kalis, ZNohamed VI., besten Testament In San Remo geöffnet wurde, wünscht darin, zu Damaskus beigesetzt zu werden, was die französisch« Regierung bewilligt hat. Die Leiche wird auf einem italienischen Kriegsschiff nach Syrien überführt werden. Der jetzige.Falis", Abdul Äiedjid II., will von San Remo aus den Kampf für Thron und Kalifat fortsetzen.

Der gefährliche Nachbar. Von Friedrich Flierl. Man kennt die Großstadtstraßen zweiten Ranges, jeder Roman enthält treffliche Schilderungen davon. Ich brauch« also nur zu er- wähnen, daß in meiner Straße, innerhalb meines Blickfeldes, eine Wäscherei, ein Seifengeschäst, eine Klempnerei, ein Konfitüren- ladchen und ein Uhrengeschäft dicht beieinander sind. Der Uhrmacher ist der gefährliche Nachbar. Zur kaiserlichen Zeit wurde er in den Listen der Polizei al» Anarchist geführt, und er war es auch. Seit in Rußland der Bolschewismus legalisiert ist und auch wir so etwas w:e eine Revolution hatten, ist der Nimbus des Geheimnisvollen, der solche Leute umgab, freilich weg. Und so ein ganz richtiger Anarchist, der mit Nitroglyzerin schlafen geht und nur auf die Ge- legenheit wartet, um den erhaltenen Antrag auszuführen, war er wohl überhaupt nicht. Wie er mir einst gestand, entsprach ihm Proudhon mehr als Bakunin , Tolstoi mehr als Stirner, Gustav Landauer mehr als der alte Fritz Kater . Die Po-Po(o diese Unsittel wer hätte früher eine solche Abkürzung für Politische Polizei ge- wagt!) hat jedenfalls keine Ursache, ihm. der mtttlecweile Kriegsteil. nehmer war, weiter nachzuspüren. Nur ich muß es tun. Nicht,«eil er oft auf mich einredet, von Sowjetrußland auf Karachan tn Peking, von den Chinesen auf Buddha, von den Indern aus die freiheitshungrigen Araber springend, um dann bei unserer Tagespolitik zu verweilen und mitleidig-verächtlich diese Regie- rung, Politiker, Wirtschaftler, Gelehrten. Journalisten. Künstler. Parteiführer, diese urteilslose Masse abzutunl Nicht, weil er oft lange über die letzten Weisheiten der Philosophen aller Zeiten und Völker spricht und seine eigene Weisheit dabei ins rechte Licht rückt! Da» alles geschieht, mit oder gegen meinen Willen und bescheidenen Einspruch, am Sonntag, der zur Pflege des Geistes da ist, und ich kann mich damit abfinden. Aber er entheiligt den Zweck des Wochentages, des Arbeitstage?, er fügt unserer Wirtschaft Schaden zu. Er verläßt seinen Laden und stellt sich unter die Tür der Wäscherin. Ich hör« natürlich nicht, was er sagt. Aber es muh etwas ähnliches sein wie:Laß stille stchn die Dampfmasihine, komm auf die Straße, Proletar'!" denn die Wäscherin legt sofort die Arbeit nieder. Sie steht«ine Stunde und länger um ihn herum und hört andächtig zu. Die Schokoladnerin tut da» gleiche. Dito der Klempner. Bedauerlich aber ist es, daß auch das Fräulein aus dem Seifengeschaft immer öfter die Obliegen- beiten ihres- Dienstes unten liegen läßt und feinen Worten lauichi. Schon aus meinem Bedauern wird der denkende Leser merken: Das Seifenfräulein ist kein gewöhnliches Geschöpf. Es ist zart, schlank, ganz-ganz blond, trägt ein kurzes Röckchen, und wenn es, halb an die Wand gelehnt, vor ihm steht, dann schlägt es anmutig die Augen auf und die Beine übereinander. Und der Seifengcschäftsinhaber ist ihr Vater. Zugegeben, der Uhrmacher gehört nicht zu denen, die es immer gewußt und gesagt haben,..daß man Bomben schmeißen muß". Zu. gegeben, er hat soviel Geschmack, daß er dem holde» Fräulein nicht zumuter, mit seinen Stöckelschuhen durch ein Meer von Bürgerblut zu waten. Aber irgend etwa» Verführerische», Verderbliches muß er doch predigen, sonst würden nicht alle so an seinen Lippen hangen.

Ich beschloß, der Sache nachzugehen, zog mich also nett an und machte in einer stillen Stunde Einkäufe. Soviel brachte ich heraus, daß der Uhrmacher von allem spricht, was die Leute gerade hören wollen, von der Teuerung, der neuen Mode, den Rennpläßen, der Gesundheit, von Preisausschreiben und Zirkuswundern fremder Fakire, nichts aber, gar nichts vom Anarchismus. Er gibt sich so nett und erzählt so gut, daß alle Straßengenassen von ihm ent- zückt sind. Ist das nun In Ordnung, wenn ein Anarchist, den die Po-Po einst verfolgte» so po-pu-lär wird? Ich nehme Anstoß! Soll ich, der um der armen Wirtschaft willen man hat ge- sehen, wie es Stinnes erging! für eine Verlängerung der Arbeits- zeit von 8 auf 14 Stunden eintritt, vielleicht nicht Anstoß nehnien, wenn dieser Mann so viele Zeit der Arbeit(die allein uns retten kann) entzieht? Man rechne nur! Täglich steht er wenigstens zwei Stunden herum, gestern waren es sogar drei Stunden. Er tut nichts, die Wäscherin tut nichts, die Schokoladnerin wt nichts, der Klempner tut nichts, das Seifenfräulein tut nichts, ich tue nichts(denn ich muß doch zusehen!). Der Verlust ist uncinbringbar. Liegt hier ein geheimer Austrag vor, den er erfüllt, hat man es mit einem neuen Kampfmittel zu tun? Uhrmacher, treibe es nicht zu weit!(Gott , ich hätte ihm viel nachgesehen, wenn er sich mit der Wäscherin begnügt hätte. Aber daß er sich auch noch auf da» Seifenfräulein warf...!) Ich nehme heftigsten Anstoß! Ich fordere die bürgerliche Oeffentlichkeit zur Wachsamkeit auf! Denn ist es nicht eine Pflicht der Allgemeinheit, zu verhüten, daß durch versteckt anarchistische Manöver die bürgerliche Front des Seifenfräuleins eine Einbuchtung erleidet?

Schneider Dibbel" Im Lefflngtheaker. Pointenreich und ein- gewickelt in Humor ist die Komödie. Sie ist lustig und heute noch sehr wirksam. Müller-Schlösser ist durchaus nicht seinem rhein - ländischen Landsmann Zuckmayer unterlegen. DerSchneider Wibbel ", der sich bei seinem eigenen Begräbnis königlich amüsiert, wird eine unvergeßliche Figur des deutschen Theaters noch über lange Jahre hinaus bleiben. Die Sommerdirektoren Beycrle und Henckels , die der Kassenmisere der Hundstage trotzen wollen, könnten Glück haben. Uebrigens ist Henckels sein bester Schauspieler. Er hat die Schneiderrolle vor Jahren schon gespielt, er spielt sie heute noch beinahe klassisch. Gerade das Provinzielle, dieser rhei- nislbe Dialekt, der die Mitte hält zwischen dem Ordinären und dem Pfiffigen, liegt dem Manne, der aus Düsseldorf kommt, außer­ordentlich. Und dazu auch ein: wirklich kostbare Fahrigkeit der beweglichen Glieder. Ein Schneider, der die Militärs und Gen- darmen in die Tasche steckt, das Herz blüht auf, man lacht sich ins Fäustchen, man lacht noch weiter unbändig. Die verschlagene und von Einfällen übersprudelnde und auch dem Auge wohlgefällige Schneiderssrau wird von Thea G r o d tc; i n s k y, der legitimen Direktorsfrau, ebenso fröhlich, ebenso witzig, ebenso wonnig gespiett. All« guten Triebe siegen. Tod und Leben schrecken nicht mehr. Man begnügt sich mit der Welt, man denkt nicht mehr darüber nach, ob Gott böse oder gut ist. Der volkstümliche Humor bewirkt das alles. Wir haben nicht viel deutsche Lustspiele, die so gut sind. Daß wir aber dieses besitzen, des wollen wir uns jreuen. M. H.

Island im Film. Schon beim Nordlandsilm. den Ing. Dreyer. aufgenommen hat, sah man interessant« Bilder von Island . Jetzt laust in derUrania "«in richtiger Islandsilm, der eine gute An- schauung von diesem seltsamen Lande vermittelt. Welche Kontraste: bis an die See reichen die Gletscher und daneben ein hochvulkanisches Land mit Laoawüsteneien, heißen Geysirn, Schwefeldämpscn und Schlammvulkanen. Da» Inner« des Landes ist z. T. noch unerforscht. Die Fikmleute unternahmen mit den kleinen, sehr ausdauernden Island -Pferden ein« Expeditton dahin. Das Ergebnis war sehr reichhaltig: die wilde Natur des Landes mit seinen reißenden Flüsien, zerklüfteten Felsen, tiefen Spalten ersteht lebendig vor uns. Vor allem aber sehen wir die vulkanischen Kräst« am Werk. Island ist «in Dogelland, und so hat denn auch der Film den Seeschwalben, Möven, Singschwönen, Islandfalten seine Aufmerksamkeit zu­gewendet. Bor allem werden die Nisffclsen der Alten, Lummcn und Eiderenten aufs Korn genommen, die von kühnen Eierjägern an langen Seilen heimgesucht werden. Der Fischfang ist einer der Haupterwerbszweige Islands. Das Herrichten und Trocknen des Kabeljaus wird uns getreulich vorgeführt. Schneller und besser als manche Bücher hat uns der Film diese nordische Insel mit ihren prächtigen Bewohnern nahe gebracht. Ausstellung finnischer Ryen In Verls». Im Lichthof des früheren Kimstgewerbe-Museums wird am 29. Mat eine Ausstellung seltener und ausgewählter finnischer Teppiche aus Mufeumsbefitz Finnland» eröffnet werden. Diese handgeknüpsten Ryen, Zeugen einer lebendigen Handwerkstradition, gehören dem 18. und 19. Iabr» hundert an und sind in ihrer ornamentalen und bildhasten Farbia- keit Meislerwerte des ffnmschen Voltes. Die Arbeitsgemeinscbatt für deutsche Hondwertskultur, deren Borsitzender der Reichzkunft- wart Dr. Redslob ist, wird diese Wanderausstellung, die ibr von der finnischen Regierung anvertraut ist, durch verschiedene deutsche Museen ketten, lind der beste finnische Fachmann, Prof. Sirelius, der da» grundlegende Wert über die Ryen geschrieben hat, wird diese Ausstellung begleiten und durch Vorträge erläutern. Die Ausstellung dauert in Berlin 14 Tage. Ein Land«hne Fräulein. Die Unterscheidung zwischen ver- heirateten und unverheirateten Frauen wird in Dänemark van jeizt ab sehr schwierig fein, denn alle weiblichen Wesen sollen von jetzt ab mitFrue" angeredet werden. Die Frauenrechtlerinnen kämpfen schon seit Iahren um diese Einheitlichkeit der Anrede, die ja den Männern schon seit langem zuteil wird. Ein offizielles Komitee i>t jetzt in Kopenhagen zur Durchführung dieser Reform berufen worden. und untervesien haben die Zeitungen beschlossen, sofort die Anrede Fröloen", d. h. Fräulein, aufzuheben.

vi« allgemeine Schulpflicht In«ricchenlend. Die Schulpflicht ist schts seit vielen Jahren in Sriechcnland eingeführt. Tie wurde jedoch dttlier wenig befolgt, sodaß sich zu ihrer Durchführung der Erlatz eine» neuen strengen KeieheS notwendig»lachte. Durch«in Dekret hat nunmehr die Regierung diese Lücke gefüllt. Räch diesem Dekret müifen alle Kinder vom 5. bis zum 14.!?eben»jabre die Schule besuchen. In den Volksschulen werden die Kindec auch Unterricht in der Landwirtschaft g«netzen.