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fähig sind, können wir uns nicht wundern, daß, ausgesprochen oder nicht, der Gegenstand immer wieder eine Rolle spielt. Die Partei lehnt die Teilnahme an der Regierung ab, fie be­hält sich die Unterstügung je nach der gegebenen Situation vor. Das sind die Beschlüsse, aber leider hatte Léon Blum   nur allzu recht, als er auseinandersetzte, man sei im Grunde weder Re­ gierungs  - noch Unterstügungspartei, noch stehe man in der Opposition. Das ist es: unsere französischen Freunde besitzen zurzeit keine ganz flare politische Linie. Sie haben 1924 ein Wahlfartell mit den Radikalen gemacht, haben, nachdem sie den Eintritt in das Kabinett Herriot   verweigert hatten, dieses Kabinett im wesentlichen unterstützt. Nach seinem Sturz aber haben sie zum Teil infolge der ganz besonders gelagerten französischen   Parteiverhältnisse den sicheren Boden unter den Füssen   verloren. Sie haben zu schwanken begonnen, find nervös geworden, und so geistvoll Blum in seinen ausgezeich­neten Reden die Lage auch erklärt, mit der Analyse allein kommt man nicht weiter, es fehlt an einer Synthese, es fehlt an einem festen Entschluß.

Gewiß, die Linke" glaubt ihn gefunden zu haben, in­dem sie den reinen Klassentampf proklamiert. Aber ist das in diesem Fall viel mehr als ein Schlagwort? Die Abwendung von einem zweifelhaften und infonsequenten Opportunismus ist gut, der Wille, eine ausschließliche Arbeiter­politik zu treiben, ist durchaus anzuerkennen. Was indessen fehlt, ist die starke politische und gewerkschaftliche Arbeiter­organisation, auf die man sich stüßen fönnte. Die Partei zählt etwas über 100 000 Mitglieder, die Gewerkschaften, die zu ihr in einem mehr als losen Verhältnis stehen, sind schwach, es gibt feine ins Gewicht fallende sozialistische Tageszeitung. Unter diesen Umständen würde man sich durch einen grund­säglichen Verzicht auf jedes Zusammengehen mit bürgerlich demokratischen Gruppen bei den Wahlen und im Parlament politisch ziemlich ausschalten und liefe Gefahr, eine rerolutio­näre Sefte zu werden. Die Folgewirkung wäre die Schaffung einer sicheren Basis für eine reaktionäre Regierung, also das Gegenteil von dem, was das französische   Volk mit den Wahlen vom 11. Mai 1924 beabsichtigt hat.

Man täusche sich nicht: der Einfluß unserer französischen Freunde auf das politische Leben des Landes ist seit 1924 nicht unbeträchtlich zurückgegangen. Schon heute hat sich das Züng­lein an der Wage nach rechts geneigt, und viele von denen, die dem Kartell zugejubelt haben, sind enttäuscht. Wie soll das bei den nächsten Wahlen werden? Der Verlauf der Konferenz von Clermont- Ferrand   eröffnet ungünstige Aus­sichten. Trotzdem hoffen wir, daß die französischen   Sozialisten bald den Weg finden, auf dem sie ohne Berzicht natürlich auf die Prinzipien des Sozialismus wieder eine politische Macht werden. Im Interesse ihrer selbst, im Interesse der Internationale und im Interesse der deutsch  - französischen Be­ziehungen.

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Godenstern leugnet natürlich.

Dies Kind, kein Engel ist so rein. Ehrhardts Untergebener, Major v. Sodenstern, er­läßt folgende Erklärung gegen Mahraun:

1. Ich habe an feiner Sigung teilgenommen, über die ein Protofoll aufgenommen worden ist.

2. Ich habe niemals erklärt, daß ein Kommunistenputsch dadurch provoziert werden müsse, daß große Unternehmungen ihre Arbeiter auf die Straße werfen müssen.

3. Ich habe auch in bezug auf eine bevorstehende Regierungs­bildung niemals das gesagt, was das angebliche Protokoll behauptet. Ich habe immer nur das gesagt, was ich in der ,, Deutschen Zeitung" seit Jahr und Tag vor aller Deffentlichkeit vertreten habe, nämlich a) daß ich einen Butsch überhaupt für aussichtslos halte

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Herr v. Sodenstern vergißt nur hinzuzusehen, daß es in Deutschland   niemals einen Kapp Butsch gegeben hat, daß Eisner, Gareis, Erzberger und Rathenau  noch leben und daß die Nachricht von ihrer Ermordung nur eine Erfindung ist. Es hat niemals in Deutschland   Rechts­putschisten gegeben und es gibt keine und wird keine geben. Wird Herr Mahraun nun um Entschuldigung bitten?

Sodenstern war bei Hindenburg  !

Wie von zuständiger Stelle bestätigt wird, hat eine Unterredung des Reichspräsidenten v. Hindenburg   mit dem Chefredakteur der Deutschen Zeitung", Major a. D. v. Sodenstern, stattgefunden. Ueber den Inhalt dieser Unterredung fönnten nur mit Zustimmung des Reichspräsidenten   Mitteilungen gemacht werden. Es wird weiter erklärt, daß, wenn der Chef­redakteur einer großen"(?) Zeitung eine Audienz beim Reichs präsidenten nachsuche und besonders schwerwiegende Gründe zu ihrer Verweigerung nicht vorlägen, der Antragsteller eben empfangen werde. Dazu wird vielleicht mancher die Frage erwägen, ob es nicht Gründe von einigem Gewicht wären, daß der Audienzwerber beim Präsidenten der deutschen Republik seit Jahr und Tag in seiner Beitung Nummer für Nummer diefelbe Republik mit den gemeinsten Beschimpfungen und Verleumdungen Lesern verächtlich zu machen versucht....

Völkische Verleumder.

Dor

seinen

Paul Levi   und Trebitsch- Lincoln  . Genosse Dr. Paul Levi   ist den Völkischen durch seine Tätig feit im Femeausschuß des Reichstags sehr unbequem geworden. Sie haben aus seiner letzten Reichstagsrede über die Beziehungen der feinerzeit von Dr. Frid geleiteten Abteilung VIa der Münchener  Polizeidirektion zu völkischen Mordgesellen ersehen, daß er tiefe Einblicke in gewisse Zusammenhänge gewonnen hat, die in ihrem Interesse besser unaufgedeckt blieben. Also greifen sie gegenüber dem gefürchteten Gegner zu der bei ihnen üblichen Waffe der Verleum­dung und beschuldigen Levi, er sei im Kriege bezahlter eng lischer Agent gewesen.

Die Berleumdung geht auf ein Buch Boltsvergiftung" des berüchtigten Abenteurers Breithaupt zurück, und dieser hat sie wieder einer Erklärung von Lauffenberg und Wollheim entnommen, die behauptet hatten, Levi habe zu Trebitsch Lin coln Beziehungen unterhalten. Genosse Levi befand sich aber zu der Zeit, da Trebitsch- Lincoln   in Deutschland   seine segensreiche Tätigkeit entwickelte, in Schuhhaft. er hat den Mann überhaupt nie gesehen. Genosse Levi hat sofort, als ihm die Berleumdung bekannt wurde, gegen den Völkischen Beobachter" Klage erhoben. Herr Frick hat am 27. Mai im Reichstag erklärt: Ein Mann von Ehre müsse es ablehnen, vor einem solchen Menschen wie Levi als Zeuge zu erscheinen oder mit ihm in einem Aus­schuß zu ſizen." Das erscheint nach dem Gesagten nur als eine schwindelhafte Ausrede, durch die sich Frick den Un­annehmlichkeiten der Ausschußuntersuchung entziehen möchte. Das wird ihm nicht gelingen!

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Zwischenfälle im Femeausschuß. Vernehmung des Zeugen Puttkamer.

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hobenen Borwurf, als habe er die nationalistische Bewegung be pigeln wollen. Er sei durch seine öffentliche republikanische und journalistische Arbeit in München   bekannt gewesen, daß er gar feine Spigelrolle bei den Nationalisten hätte spielen können. Mit dem später ermordeten Baur   fei er gelegentlich bekannt geworden, er habe keine Veranlassung gehabt, diesen gegenüber seine Berufs­stellung anzugeben, da ihm Baur   sonst nicht die außerordentlich gravierenden Mitteilungen über die Mordanschläge auf Rathenau  und Scheidemann   gemacht haben würde. Der Zeuge bekam einmal eine Einladung zu einer Felddienstübung, die hat er mitgemacht und dadurch wertvolle Einblicke in das Organisationsleben der nationalistischen Verbände gewonnen. Auch heute noch bereue er nicht diese Handlung, die in den Münchener   Zuständen des Jahres 1923 ihre Begründung finden. In der Hauptstadt eines zivilifierten Landes genüge es für den Korrespondenten größerer Blätter, menn er die Parlamentstreibereien usw. befuche. In dem München   des Jahres 1923 hätte ein Journalist seine Pflichten aufs gröbste ver­leht, wenn er nicht auch die nationalistische Bewegung beobachtet hätte. Der Student Baur  , der ständig Diktaturpläne wälzte, habe in den dürftigsten Verhältnissen gelebt und alle Welt angepumpt. Das Verschwinden Baurs datiert von Anfang Februar 1923. Baur  war früher Vorstandsmitglied der Deutsch   nationalen Volkspartei, Landesverband Mecklenburg, und hat als solcher die Rathenau Mörder beherbergt. Er war zugleich Vorsitzender der Deutschnationalen Jugenorganisation zu Mecklenburg  .

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Der Zeuge hat an zwei öffentliche Veranstaltungen des Blücherbundes teilgenommen.

Aus den auf allen Tischen ausliegenden Rundgebungen bei einer Fahnenweihe am 11. März 1923 hat der Zeuge den Eindruck gezogen, daß in dieser Organisation planmäßig Fememörder heran­gezüchtet werden sollten. In diesem Sinne hat Buttkamer sofort telegraphisch an den Vorwärts" berichtet. Ein vom Blücher­bund verbreitetes Flugblatt wird vom Zeugen dem Vorsitzenden überreicht und dann von diesem verlesen. Bei der zweiten von den Zeugen besuchten öffentlichen Veranstaltung des Blücherbundes, bei der Einweihung von schwarzweißroten Fahnen, die von französischem Gefde bezahlt waren, die blutrünstigsten Reden gehalten, u. a. auch von dem am Freitag vernommenen Vorsitzenden des Blücherbundes Schäfer, von Ruge, der besonders gegen den Juden" Dr. Heim vorging.

den Mordplan gegen Scheidemann   lediglich auf eigenen Auf Befragen erflärt der Zeuge, daß er seine Kenntnisse über Antrieb pflichtgemäß den Behörden mitgeteilthabe.

Es kommt nunmehr zu einem bemertennswerten

Zwischenfall.

Abg. Schäfer( Dtl.) fragt den Zeugen, ob er für seine Tätigkeit in München   einen Auftrag von dem Reichskommissar oder dessen Vertreter, Oberregierungsrat Mühleifen, erhalten habe. Putt­tamer ersucht den Ausschuß um einen Beschluß darüber, ob er diese Frage beantworten solle. Zur Beschlußfassung darüber wird die Deffentlichkeit der Verhandlungen auf einige Zeit ausgeschloffen. Nach Wiedereröffnung der öffentlichen Sigung verkündet der Bor­sigende Abg. Schetter( 3tr.) den Beschluß des Ausschusses, den 3eugen in erster Linie noch einmal über seine Beziehungen zu Bauer insbesondere in bezug auf den Mordplan gegen Scheidemann  zu vernehmen. Die Beanstandung der Frage des Abg. Schäfer wird zurückgewiesen.

Buttta mer erklärt, daß er im Januar lediglich Einzel­heiten über seinen Mordplan an Scheidemann   erfahren wollte, um die Ausführung dieses Planes zu verhindern. Selbstverständlich habe er nichts getan, um den Mordplan zu fördern. Wenn das von der Polizei angefertigte Protokoll sage, daß er Baur   seinen Re­volver zur Verfügung stellen und Reisegeld borgen wollte, so sei das falsch; die damaligen Aussagen seien von dem Zeugen unter dem Druck der Untersuchungshaft gemacht worden. Ueber den Mord­plan an Scheidemann   habe Buttkamer die Behörden unter­Der Femeuntersuchungsausschuß des Reichsrichtet, Staatssekretär Nimmerfall jei extra nach Berlin   ge­tags jezte Sonnabend vormittag die Erörterung des Mordfalles fahren, um dem Parteivorstand der SPD  . darüber Mit­Ba ur fort. Der Vorsigende hatte vorher mitgeteilt, daß sich das teilung zu machen. dem Ausschuß vorliegende Material um 36 Aften der Organisa= tion Consul vermehrt habe. Als Zeuge wurde der 36jährige Schriftsteller Franz v. Puffkammer

vernommen. Der Zeuge war in den Jahren 1911 bis 1920 Mit­glied links gerichteter Organisationen in München  ; 1923 bis 1924 war er dort als. Korrespondent größerer republikanischer Blätter, des Vorwärts" und des Sozialdemokratischen Pressedienstes tätig. Puttkammer hat es u. a. als seine Aufgabe angesehen, die nationali aber ganz entschieden gegen den wider ihn in der Rechtspresse er.

b) daß die vaterländischen Verbände im Falle eines Kommunistenputsches nicht daran dächten, ihre Haut für eine sozialistische Bewegung in München   zu beobachten, der Zeuge wendet sich stische Regierung zu Markte zu tragen.

Das Schulschild.

Gerade gegenüber der Haupteingangstür an der Wand, auf die die breite Treppe hinführt, hängt das Schulschild. Es ist ein großes rundes Brett, in das in den Kriegsjahren Arbeiterfinder, von den Lehrern der Gemeindeschule angeeifert, Nägel einschlugen: Schwarze, filberne, goldene immer 10, 20, 50 Pfennig das Stück, hundert und aber hundert. Das Gelb sollte einem guten 3med dienen, war für Kriegerwaisen und invalide Soldaten bestimmt. dienen, war für Kriegermaisen und invalide Soldaten bestimmt. Ob es sein Ziel erreicht hat, wissen die Arbeiterkinder nicht; auch

die Lehrer wissen es nicht.

Das Schulschild aber wurde, als es fertig genagelt war, an jene Wand gehängt. Es zeigt eine Schlange und ein Schwert und trägt die Inschrift: Das höchste Heil, das legte, liegt im

Schwerte  !"

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der Kanonen frachen und Bölfer fich morden. Aber nichts wird laut von den Errungenschaften und dem Werden deutscher   Kultur, vom Aufstieg der Arbeiterklasse, von den sozialen Nöten weiter Volkskreise, von der wirtschaftlichen Verbundenheit der Völker. Das höchste Seil, das legte, liegt.....

An der Schule hat sich ein nationalistischer Elternbeirat auf­getan, der es wagt, sich chriftlich- unpolitisch" zu nennen, und vorgibt, die Religion zu verteidigen. Er stellt sich zum Schutz vor das Schulschild mit der Schlange, dem Schwert und der Inschrift. Dieser Beirat muß einen besonderen Christengott verteidigen, denn den mit der Predigt: Liebet eure Feinde! Stecke dein Schwert in die Scheide!" fann er nicht meinen.

Sozialistische Elternbeiräte werden dafür

Auf Befragen des Abg. Schäfer( Dnat.) erklärt der Zeuge Buttkamer, daß bei einer Felddienstübung, die unter der Leitung des Leutnants Heine stand, Zettel ausgegeben wurden mit der Parole:

Cuno, Mistviech, Scheißferl! Abg. Schäfer fragt weiter, ob der Zeuge Spigeldienste gegen die vaterländische Bewegung und gegen Regierungsstellen ge­leistet habe. Der Zeuge weist den Vorwurf der Spigelei mit Ent­rüstung zurück. Ein Spizel sei ein bezahltes Subjekt, er. habe getreu der Ueberzeugung, die ihn schon seit zwanzig Jahren beseele, es für seine Pflicht gehalten, wenn er von Mordplänen natio­

ständigen Stellen zu verhandeln, haben jeßt das Polizeipräsidium, der Magistrat und die Verkehrspolizei entschieden, daß die Straße östlich des Opernplates nicht gesperrt werden darf, weil sie den Hauptenlaftungsweg von der Französischen Straße nach den Linden hin bildet. Damit ist der Vorschlag der Akademie unannehmbar ge­worden.

Zum Krach im Bühnenvolfsbund wird jetzt bekannt, daß Herr Gerst bereits Anfang Mai in einer Bundesleitersigung in Hamburg  genötigt worden ist, fein Amt niederzulegen, und die Amtsnieder­Zeit soll er dann erklärt haben, es sei nie seine Absicht gewesen, legung durch seine Unterschrift zu bestätigen. Nach Verlauf einiger jene freiwillig geleistete Unterschrift anzuerkennen. Dieses Verhalten des Herrn Gerst sei der Grund für den Rücktritt der Herren Dr. Grosche und Emil Ritter   gewesen.

sorgen, daß das Schulschild verschwindet und In dem ehemaligen Rumjanzem- Museum in Moskau   ist eine große Die Ausstellung Revolutionäre Kunst des Weffens" in Moskau  . Zahl von Werken der bildenden Kunst Westeuropas   ausgestellt, die sein Geist in der Schule vernichtet wird. fämtlich in irgend einer Form revolutionäre Ideen, Motive aus der Arbeiterbewegung, Rundgebungen des Proletariats usw. zum Aus­druck bringen. Die Sowjetpreffe äußert sich mit großer Anerkennung über diese Ausstellung. Bisher habe das russische Publikum nur sehr wenig Gelegenheit gehabt, diejenigen Künstler des Auslandes kennen­zulernen, die Ideen Ausdruck geben, welche gerade in dem Staat der Arbeiter und Bauern besonders intereffieren müssen. Diese Aus­stellung bilde den ersten Versuch, einen solchen Ueberblick zu geben. Den ersten Rang in der Ausstellung nimmt nach den Urteilen der Sowjetpresse die deutsche Künstlerschaft ein. Ganz be= sonders starken Eindruck haben die Zeichnungen von Käthe Roll wit gemacht. Die Prawda" rühmt besonders ihren Bauernfrieg" und auch ihre neueren Werke. Außerdem werden von deutschen   Künstlern hervorgehoben George Groß  , Otto Dix   und Felig Müller. Außerdem sind England, Frankreich  , Belgien  , Desterreich und Ungarn   vertreten. Die Presse rühmt die inter­nationale Flammensprache" aller dieser Kunstwerke, hebt aber her­vor, daß die Kunst des politischen Platats in Sowjetrußland besser entwickelt sei als im Westen.

So hängt es da, zehn lange Jahre schon, unbeweglich. Mit filbernen Nägeln glänzt die Inschrift Tag für Tag den Kindern ins Auge. Täglich müssen 600 Kinder daran vorbei, treppauf, trepp- Der Störenfried" im Theater in der Klosterstraße. Die Direk ab, und müssen hinsehen, weil das glänzende Schild den Blicktion hat diesmal tief in die Schublade gegriffen, um ihre Eommer­fängt. Zehn lange Jahre sehen 600 Kinder, immer neu hinzu- gäste mit einer neuen Sarmlosigkeit unterhalten zu können. Der " Störenfried" des seligen Roderich Benedig, den kommende, die Schlange, das Schwert und den Spruch. Arbeiter­finder, denen der Krieg Vater und Bruder geraubt hat, Kinder, die schon sehr lange der grüne Rasen deckt, hat daran glauben müssen. Das ist so ein Luftspielchen, in dem die schönsten Nichtigkeiten effekt­daheim Tränen und Kummer der einsamen Mutter mitfühlen, sie sicher aneinandergereiht sind. Ernst Raden als Regisseur hatte müssen Tag für Tag das Schwert und die Schrift sehen, fönnen leider die Rollen ungeschickt verteilt. Zwei Schauspieler, denen man nicht verstehen und werden doch vergiftet. sonst besseres nachsagen kann, waren mit sichtlicher Unluft bei der Sache: 0 Tollen, ein langweiliger Liebhaber, und Harry Förster, der sich in seiner Haut anscheinend nicht wohl fühlte, als Leberecht breiig und verkrampft. Besser schon Eva Farild, hübsch und temperamentvoll, Hans Marland, ein fehr gebul­diger und äußerst liebenswürdiger Ehemann, und 31fe Hirt als seine Frau. Wirklichen ungetrübten Genuß boten aber Sigis mund Reister als Graf mit dem aufgeweichten Rückgrat, und -allen anderen voran Betty Löd, die ihre Babette urwüchfig und dialektsicher auf die Bretter stellte. Maria Hofen   uner­träglich übertrieben, und ganz undiskutabel Hans Rewendt als Gärtner, während loo Günther als Bofe eine fluge Schlange war. Alles in allem ein Abend, für den mit Dank allein ein Bubli fum quittierte, das mit einer außerordentlichen Indifferenz und Ge­A. F. fchmadlosigkeit belastet ist.

Verstehen aber ist bei den Lehrern der Schule, den Männern, denen Arbeitereltern ihre Kinder anvertraut haben. Es muß noch fciner den Mut gefunden haben, gegen das Schild mit dem Spruch, der Kinderseelen vergiftet, zu protestieren. Für manchen von ihnen ist der Spruch ein Symbol: Das höchste Heil, das letzte,

Gewalt!

die

Wer sich nicht zu Kinderfeelen hinabneigen mag, um hinzu­hören, der hält mit Autorität sich die Kinder vom Leibe, schont sich Kopf und Nerven und greift zum Prügelstock. Das höchste Heil, das legte, liegt

Wer nicht versteht, in Kindern lebendige Kräfte zu wecken und Kinder im Unterricht selbständig und froh zu machen, der drillt den Kindern mechanisch toten Wissensstoff ein, drückt Kindergeist zu Boden mit Gewalt. Das höchste Heil, das lezte liegt...

Wer als Beamter es nicht vergessen kann, daß die Republik  ihm den Nimbus geraubt und den Eltern Rechte an der Schule gegeben hat, der fragt den Teufel nach der Reichsverfassung, die die Erziehung zum Staatsbürger und die Pflege des Gedankens der Völkerversöhnung fordert. Er sieht das Schild und die Inschrift und steigt mit stolzer Bruft die Schultreppe hinauf. Das Beste an der Geschichte ist die Begeisterung, die sie ermedt!" Und droben in der Klasse müssen Arbeiterfinder eine Geschichtsstunde über sich er­gehen lassen, in der es vom Schritt der langen Kerle dröhnt, in

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Der Intendant der Staatstheater, Professor Leopold Jeßner  , hat das Amt des ersten Vorsitzenden des Verbandes Berliner   Bühnenleiter niedergelegt. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit, wie er erflärt. In einem Antwortschreiben, das der stellvertretende Borsitzende des Verbandes, Dr. Bickel, an Jeßner richtete, wird aber angedeutet, daß nicht nur der Gesundheits­zustand des Intendanten, sondern auch die ganze gegenwärtige Konstellation des Berliner   Theaterlebens Jeßner zu seinem Schritt bewogen habe.

3um Streit um den Umbau der Staatsoper. Nachdem der Kultusminister im Landtag   versprochen hatte, über die Verlegung des Bühnenhauses nach der Oftfeite des Opernplatzes mit den zu

Erftaufführungen der Woche. Dienst. Staatstheater: Die Welt, in der man sich langweilt. Donnerst. Renaissanceth.: Die fleißige Refertn." Th. i. b. Söniggräger Str.: Gefallene Engel." Th. i. d. Kloster str.: Spanische Fliege."- Freif. Städtische Oper: Fatiniga Sonnab. Oberam Plat der Republit: Der Dicb des Glücks." Th. d. Westen 8: Die gute Unbekannte."

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Urania- Vorträge. Mont. u. Dienst., Donn. bis Sonnt( 5, 9), Mittw.( 5): Die Biene Maja und ihre Abenteuer." 2onf. bis Mittw. ( 5, 7), Donn. bis Sonnt.( 7): Die letten Tage von Bompeii Mont. u. Dienst., Donn. bis Sonnt.( 7) u. Miffw.( 9): Menich gegen Bestie." Mittw.( 7): Die Moral als Lebenslun st." Donn. Sonnt.( 5, 9): Duo Vadis".

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Staatliches Seminar für Mufiferziehung. An der Hochschule für Musik ist mit Beginn des Sommersemesters ein besonderes Seminar für Mufil. erziebung eingerichtet worden. Das Seminar ist nur Bollstudierenden der Hochschule für Musik zugänglich.

Die Neue Kunsthandlung, Tauenzienstraße 6, stellt vom 5. bis 30. Junt neue Arbeiten von Franz Domscheit   aus, Bilder und Reisestizzen aus Konstantinopel   und dem Baltan.