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Schwangeren- und Wöchnerinnenschutz.

Aus dem Sozialpolitischen Ausschuß.

Der Sozialpolitische Ausschuß des Reichstags ver­handelte gestern die sozialdemokratischen Antärge auf Ratifizierung des Washingtoner Abkommens betreffend Schutz der Frauen vor und nach der Niederkunft, und Erweiterung der Lei­stungen der Reichswochenhilfe. Von der Genoffin Schroeder wurden an Hand der Ergebnisse der Enquete des Textilarbeiterverbandes die furchtbaren Schäden der Frauenarbeit im schwangeren Zustande ge­schildert und vor allem darauf aufmerksam gemacht, daß das farge Arbeitsverbot 14 Tage vor der Entbindung lediglich für Fabrik­arbeiterinnen gelte und alle anderen arbeitenden Frauen überhaupt nicht betreffe. Es müßte deshalb einmal die Zeit des Arbeitsschußes erweitert und zweitens der Kreis der unter diesen Schutz fallenden Frauen vervollständigt werden. Wenn die sozialdemo­tratische Fraktion sich in dieser Hinsicht mit dem Washingtoner Ab­kommen, das heißt mit einem sechswöchigen Arbeitsschutz für Frauen in den gewerblichen Betrieben sowie dem Verkehrs- und Handelsgewerbe begnüge, so einmal weil bei der politischen Zu­sammensetzung des Reichstags sehr wenig zu erreichen sei, und zweitens weil der starte Wirtschaftsdrud ganz besonders auf den Frauen liege. Diese Anträge stellten aber nur einen Anfang dar. Ferner sei selbstverständlich die Konsequenz die Erweiterung der Wochengelbleistung und dazu komme infolge der heuti­gen Notlage die Notwendigkeit der Erhöhung der Wochenhilfs­leistungen überhaupt. Außerdem verlangte Genoffin Schroeder die Wiederübernahme der Wochenfürsorge auf das Reich und belegte ihre Ausführungen über die Mangelhaftigkeit der jetzigen Regelung durch Staat und Gemeinden mit seitens der Arbeiterwohlfahrt zu­fammengetragenem Tatsachenmaterial.

Da sich die Regierungsvertreter ablehnend ver­hielten, und die übrigen Frattionen noch teine ttare Stellung einnehmen fonnten, so sette Genosse Dr. Moses vom ärztlichen Standpunkt aus noch einmal die ganzen Gefahren der Fabritarbeit der Schwangeren auseinander. Genosse Aufhäuser fritisierte die Auffassung der Regierung, mit der Ratifikation des Washingtoner Abkommens bis zur Schaffung des neuen Arbeiter schutzgesetzes zu warten, da darüber wahrscheinlich noch Jahre ver­gehen würden.

Da die bürgerlichen Ausschußmitglieder erst die Beschlüsse ihrer Fraktionen einholen wollten, wurde ein Unterausschuß ge bildet, der unter dem Borsig der Genoffin Schroeder nächste Woche tagen soll.

Etatberatung im Landtag.

Die Abstimmung wegen mangelnder Beteiligung vertagt. Der Landtag nahm gestern die zweite Haushaltsberatung des Finanzministeriums, der Preußischen Staatsbank und der Porzellan­

manufattur vor.

Beim Etat des Finanzministeriums erklärte der Finanz­minister die Ausführungen des völkischen Abgeordneten von Brehmer für von A bis 3 unrichtig. Die preußischen Finanzverhältnisse feien durchaus gefund. Mit Schaumburg- Lippe werde es zu einer Eini­gung tommen, wenn auch gewisse Opfer gebracht werden müssen. Bei der Etatsberatung der Staatsbant mußte der deutsch­nationale Abgeordnete Binterfeld anerkennen, daß die Staats­bank im letzten Jahre so große Gewinne gemacht habe, daß ihre Verluste aus der Inflationszeit bis auf ein Defizit von Mil­lionen verschwunden seien. Staatsbankpräsident Schröder_er= flärte, die Staatsbank sei bestrebt, die Zinsen möglichst niedrig zu bemessen. Für die Landwirtschaft seien mehr als 150 Millionen lang friftige Kredite ausgegeben worden, was als sehr erheblich bezeichnet werden müsse. Der Ausschuß empfiehlt im übrigen die unver= änderte Annahme dieses Etats. Er hat sich mit den vorgenommenen Sazungsänderungen einverstanden erklärt, die das Kol. legialsystem bringen. Dadurch follen in Zukunft nach Möglichteis faule Kreditgeschäfte vermieden werden. Mehrere Parteien wünschen die Schaffung eines neuen Staatsfinanzrats­poſtens.

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Bei der Etatsberatung des Borzellanmanufattur. etats fordert Genosse Otto Meyer- Berlin , daß bei Umstellung der Manufaktur Härten für Arbeiter und Angestellte vermieden werden müßten. Die Entlassung einer großen Anzahl von Bor­zellanmalern sei ungerecht. Shnen müsse zum mindesten der Uebergang in eine andere Position ermöglicht und eine ange­messene Entschädigung gezahlt werden.

Da sich bei der Beratung des Haushalts der Porzellanmanufaktur herausstellte, daß sich insgesamt ta um zwanzig Abgeord nete im Saal befinden, müssen sämtliche Abstimmungen auf den nächsten Dienstag zurüdgestellt werden. Montag 1 Uhr Justizetat. Schluß 1% Uhr.

Bayerns Staatsvereinfachung.

Die Aufgaben und Vollmachten der Kommiffion. München , 5. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Da die bayerische Regierung und die hinter ihr stehenden Parteien das dringende Problem der Staatsvereinfachung in Bayern nicht zu löfen ver­mochten, setzte das Gesamtministerium eine Kommission zur Erfindung des Eis des Kolumbus ein. Die Mitglieder dieser Kom mission wurden der Deffentlichkeit bisher verschwiegen. Nunmehr aber werden sie in einer amtlichen Bekanntmachung genannt; es handelt sich um die drei Ministerialräte Bleyer, Dr. Rott­mann und Ernst aus den Ministerien der Justiz, des Innern und der Finanzen. Das Arbeitsgebiet der Kommission umfaßt die Unter­suchung über die Möglichkeit, Aufgaben höherer Stellen auf mitt­lere Stellen abzuschieben, Berkürzung des Instanzenzuges, Ausschei­dung des überholten und veralteten Stoffes aus dem gesamten bayerischen Landesrecht, Zusammenlegung und Aufhebung staat. licher Behörden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Einsparung und Berbesserungen im öffentlichen Haushalt und schließlich die Prüfung, ob und wie die Zwangsbelastung der Wirtschaft durch die öffentlichen Berufsvertretungen durch Aenberung ihrer Grundlagen und ihres Ausboues und durch Einschränkung des Besteuerungs­rechtes gemindert werden kann. Die Kommission ist berechtigt, unter Umgehung des Dienstweges von allen Behörden Auf­schluß zu fordern und überall unmittelbaren Einblic zu nehmen, Alle Behörden sind zur Auskunfterteilung und zur Mitarbeit ver. pflichtet.

Der Franken stürzt weiter. Die Regierung sucht Abwehrmittel. Paris , 5. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Der franzöfifche Franten hatte in den letzten Tagen einen neuen Sturz zu ver­zeichnen( in Berlin auf 12,90 m. für 100 Fr. Red. d. 2."), der in franzöfifchen Regierungsfreifen lebhaft beunruhigt hat. Der mi­nifterrat befaßte fich am Sonnabend mit der Situation am Devisen­markt. Beschlüsse wurden noch nicht gefaßt. Anschließend hatten Ministerpräsident Briand und Finanzminifter Peret eine Kon­ferenz mit dem Gouverneur der Bank von Frankreich. Noch vor der morgigen Abreise Briands nach Genf wird der Ministerrat wieder zufammentreten.

Die Femeformel des Oberland.

Vernehmungen im Untersuchungsausschuß des Reichstags.

Auf die Behauptung, daß er auf Seiten der roten Truppen ge-| Auf Vorhalt, daß es in den Akten stehe, gibt der Zeuge zu, daß fämpft habe bei der Räterepublit in München , verlas Zeuge Butt famer im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Femeunter suchungsausschusses des Reichstags ein Stück aus einem Briefe des Geheimrats v. Brentano, der das Gegenteil bestätigt. Nach verschiedenen Fragen der Abg. Stöhr( Bölt.), Paffehl und Levi wird die Frage erörtert, ob Buttkamer Unteragenten feinem früheren Schwager, die dann und wann eine Versammlung beschäftigt habe. Buttkamer erklärt, daß außer seinem Bruder und besucht hätten, niemand von ihm beschäftigt worden wäre. Er habe den Eindruck, daß den Freunden Baurs der Verkehr mit ihm unbekannt war. Er habe Baur für subjektiv ehrlich ge= halten, zumal Baur Gedichte zur Berherrlichung der Rathenau­mörder gemacht habe.

Es wird dann die Frage verhandelt, ob ihm von Behörden oder Reichsstellen Aufträge erteilt worden seien. Buttkamer verneint dies und weist zurück, daß er eine Rundschaftertätigkeit ausgeübt habe. Er habe als Journalist die gesamte Berichterstattungs­vom Reichskommissariat habe sich pflichtgemäß für seine Kenntnisse pflicht auszuüben gehabt. Der Oberregierungsrat Mühleisen sehr interessiert. Es tommt hier zu einem erneuten Zwischenfall,

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da der Fragesteller, Abg. Schäfer( Dtl.), den Zeugen an den Eid erinnern zu müssen glaubt. Abg. Landsberg: Herr Dr. Schäfer sollte sich doch nicht die Befugnisse des Herrn Vorsitzenden anmaßen. Man hat jetzt den Eindruck, daß Herr Schäfer Vorsitzender des, Ausschusses ift. Der Zeuge erklärt, daß er noch einige Herren aus der preußi­schen Pressestelle und dem Reichskommissariat erst nach dem frag­lichen Zeitpunkt fennengelernt habe. Abg. Levi muß dem hierbei etwas übereifrig forschenden deutschnationalen Abg. Schäfer nach Atten falsch find. Auf Wiederholung der Frage erklärt der weisen, daß seine Annahmen laut Ausweis der Beuge, daß er auch von preußischen Stellen weder Auftrag noch Geld erhalten habe, sondern sich für moralisch verpflichtet hielt, zu erzählen, was er mußte.

Es wird dann noch einmal über den Parolezettel ge sprochen, der bei der nationalsozialistischen Felddienstübung eine Rolle spielte. Man nahm an, daß München von Bolschewisten außerhalb von München fonzentrieren. An dieses besetzt war. Die Vaterländischen Verbände mußten sich Manöver schloß sich eine offizielle Kritik an.

Da Reichskanzler Cuno tags darauf in München eintreffen sollte, nahm die Parole diefer Felddienstübung auf ihn Bezug. Der Ruf lautete Cuno" und der drauf zu gebende Gegenruf: Mistvieh, Scheißterl". Damit ist die Vernehmung des Zeugen Buttkamer beendet. Auf die Vernehmung seines Bruders Waldemar wird ver­zichtet. Es folgt sodann die Vernehmung des Kriminal fommissars Wenzel, der den ganzen Fall Baur von Anfang an bearbeitet hat. Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt er, daß auch ihm gegenüber Stubenrauch mit fortschreitender Zeit bemüht war, fich mehr und mehr zurückzuhalten. Er sagt: Su meinem Merger und Erstaunen versagte dieser Hauptzeuge in der Verhandlung. Ich habe den Eindruck gehabt, Stubenrauch will etwas widerrufen, was er in der Vorverhandlung gesagt hat, um nicht jemand zu belasten. ie er wisse, babe 3mengauer fich geäußert, daß derjenige, der sich gegen die Sache versündige, sterben müsse. Auf die Frage des Abg. Levi, ob er etwas von der Beffimmung wiffe, Berräter verfallen der Feme ", erklärt der Zeuge: Es ist mir bekannt, daß beim Korps Oberland Berpflichtungsformulare egiffierten, die diese Beftimmungen enthielten. 3d habe sie selbst gesehen.

England gegen Brasilien . Anleiheverweigerung wegen der Sabotage in Genf .

Tagen hat sich in London ein Vorgang abgespielt, der deutlich be­Condon, 5. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) In den letzten Tagen hat sich in London ein Borgang abgespielt, der deutlich be­weist, wie ernst es der britischen Regierung mit ihrem Wunsche ift, alles, was in ihren Kräften steht, zu tun, um Deutschlands Eintritt in den Völkerbund zu sichern. Der Vertreter des Soz. Pressedienst" erfährt aus zuverlässiger Stelle, daß Bra­ silien sich nach New York und London wegen einer Anleihe ge­wandt hat, und zwar sollten 35 Millionen Dollar auf dem New Borfer, 25 millionen Dollar auf dem Londoner Geldmarkt auf­genommen werden. Während der New Yorker Teil der Anleihe zustande tam, hat Brasilien den auf London entfallenden Tell der Anleihe nicht erhalten. Die englische Regierung, die bei ausländischen Staatsanleihen von den Londoner Bankhäusern stets ins Bertrauen gezogen und befragt wird, hat nämlich dem mit der Auflegung der brafilianischen Anleihe in London betrauten Bant­hause den Rat erteilt, angesichts der politischen Haltung Bra­absehen zu wollen. Das Londoner Bankhaus hat dem Wunsche filiens von der Auflegung einer brasilianischen Anleihe in London der Regierung Rechnung getragen. Die Anleihe ist in London nicht zur Zeichnung aufgelegt worden.

Mussolini und Serrati.

Alte Erinnerungen aus Lausanne .

Die sozialistische Tageszeitung von Lausanne Droit du Peuple"( Boltsrecht) veröffentlicht am 2. Juni einen sehr inter­effanten Artikel eines welschschweizer then Genossen, H. Biret, über die Umstände, unter denen Mussolini den Anschluß an die fozialistische Bewegung fand. Der Verfasser hatte in Lausanne im Jahre 1903 die jungsozialistische Gruppe gegründet und verkehrte lebhaft mit den dort lebenden italienischen Sozialisten, Arbeitern und Intellektuellen, die zum Teil als politische Flüchtlinge dort lebten, darunter Serrati.

fofal der Staliener ein und stellte einen Begleiter vor. Er Eines Abends trat ein junger italienischer Maurer in das Partei­lokal der Italiener ein und stellte einen Begleiter vor. wandte sich an Serrati, mit dem er gut bekannt war und sagte ihm: Ich bin vorhin auf der Straße von diesem Genossen ange. iprochen worden, der mich fragte, wo der Sitz der italienischen sozialistischen Partei sei. Er sagte mir, daß er aus Italien geflüchtet sei, um sich der Militärdienstpflicht zu entziehen und er bittet euch um Rat und Hilfe.".

Der Neuling machte einen sehr bescheidenen Ein brud und erflärte, er heiße Benito Mussolini aus Pre­bappio in der Romagna, fein Vater sei dort sozialistischer Gemeinde­rat. Er wies als Legitimation ein Abgangszeugnis der Fortbildungs­schule von Torlimpopoli vor. Einer der Italiener namens Bonin­fegni, damals ein politischer Flüchtling und Berichterstatter des Avanti"( heute faschistischer Universitätsprofessor in Lausanne und Inhaber des italienischen Kronenordens 1. Klaffe), der gleichfalls aus der Romagna stammt, wollte gleich Nachrichten aus seiner heimat lichen Provinz hören, als ihn Serrati unterbrach:

Bum Teufel mit euren Geschichten aus der Romagna. Das erste was man ihn fragen muß, das ist, ob er hungrig ist

Baur gedroht habe, wenn man ihm fein Geld gebe, werde er die zuständigen Stellen in Norddeutschland aufklären. Irgendwelche Feststellungen über die Existenz gewisser Gruppen, wie z. B. der Gruppe Neunzert, hat der Beuge nicht gemacht. Er glaubt das damit erklären zu können, daß dazumal Femeorganisa. tionen noch feine solche leider Gottes alltäglichen Er. Abg. Levi, ob ihm nichts von den Fällen Hartung, Dobner, Sand scheinungen wie heute geworden seien. Auf die Frage des meŋer und die Art von deren Behandlung bekannt sei, möchte der Beuge nicht antworten. Er wird darauf hingewiesen, daß das in den Rahmen seiner Aussagen gehört, fann sich aber erst nach längerem Drängen dazu verstehen, zu erklären, daß über die Art und Weise der Behandlung unter der Beamtenschaft allerlei gemut­maßt worden sei. Die Mutmaßungen gingen dahin, daß Polizeipräsident Poener Anordnungen gegeben habe, daß gewiffe Fälle von den nicht dafür zuständigen Abteilungen behandelt werden lleber die Gründe befragt, erklärt der Zeuge, es ließe sich denken, daß Präsident Boener ein Interesse daran gehabt hätte, daß diese Fälle möglichst schnell geklärt" würden. Abg. Levi stellt fest, daß jedenfalls, wenn die politische Abteilung zufaffen wollte, eine Ver fügung fam, Jetzt macht es die Abteilung 1". Man habe den Eindruck, Präsident Poener wolle die Kreise, die den Mord be­gangen haben, fchüßen. Ob von einer anderen Instanz sogenannte Interventionen, wie z. B. im Fall Hartung vorgenommen seien, ist dem Zeugen nur aus einem Pressebericht des Bayerischen Couriers" bekannt. Er erklärt aber, daß die Aufhebung der aftbefehle im Fall Hartung ihm und seinen Kollegen bama's aufgefallen sei.

follten.

dingten Eindruck hatte, daß Stubenrauch mehr und mehr Es folgt der Staatsanwalt Stumm, der ebenfalls den unbe eingeschüchtert wurde. Er hat seine Aussagen zuerst flüssig und ohne Zögern gemacht, namentlich als 3wengauer ihm erklärte, Du fannst nun alles sagen". Zur Aufklärung der Motive bemerkt der Zeuge, Baur sei zweifellos als Verräter ermordet worden. Es sei den Bergers befannt gewesen, daß er an Butt­des Vorsitzenden, daß davon in den Akten nirgendwo die Rede sei, famer Dinge verriet, die im Blücher - Bund vorkamen. Auf Borhalt erklärt der Zeuge, daß das eine Bermutung seinerseits sei. Er vermag aber Zeugen dafür außer Neubauer nicht zu nennen und er nennt auch diesen, ohne sich festlegen zu wollen. Man habe gewußt, daß Buttfamer mit Baur verkehre. Man habe die betreffenden Leute nach diesen Motiver gefragt, es habe aber feiner von den Beugen etwas gesagt. Ich glaube noch heute, so erklärt der Zeuge, daß Baur auf Beschluß der beiden Berger und mengauer getötet worden ist. Auch er ist der Auf­zusammenhängt. Baur habe gewußt, daß etwas bevorstehe, deshalb faffung, daß die Ermordung Baurs mit der Sache Fuchs- Machaus nehme er an, daß Baur auf Beschluß der drei ermordet worden sei.

Es kommt dann der Bericht eines Kriminalsekretärs Bechel, aus dem hervorgeht, daß Wiggers, der Leiter der medlen­burgischen Landespolizei, Berichte über die Münchener Berhältnisse erhielt. Darin wird gesagt, daß Butttamer feinen Eingang in die Organisation Consul bekommen fönnte, weil er durch seine frühere Tätigkeit in München als linksstehender Republikaner allgemein bekannt sei. Es seien damals aber in München viele D- C- Leute gewesen. Aus dem Bericht geht hervor, daß im Kreise der Münchener Polizei Bespitelung der D. C. als verwerfliche Angelegenheit gegolfen habe.

Mit dieser Bernehmung schließt der Ausschuß seine Sigung. Nächste Tagung wird vom Borsigenden anberaumt.

Und so mandte fich Serrati an Benito Mussolini und fragte ihn: ,, Weißt du, hier bist du zu Hause und fannst ganz unge­niert reden. Hast du schon zu Abend gegessen? Willſt du nicht hier was essen?"

Mit gefenftem Haupt und wegen der Anwesenheit so vieler Genoffen offensichtlich verlegen, antwortete Mussolini ganz leise Serrati, daß er in der Tat hungrig sei. Serrati nahm ihn herzlich beim Arm, führte ihn eine Treppe höher in den Re­ftaurationsfaal und bestellte für ihn ein warmes Gericht, und veranlaßte den Abteilungskassierer, die Zeche aus der Parteikaffe zu bezahlen, während er einen anderen Genossen ersuchte, dem Flücht­ling ein Logis zu beschaffen.

italienischer Sozialisten auf, die diese Anfänge Mussolinis in der Der Verfasser zählt mit genauer Namenangabe etwa ein Duzend italienischen Barteibewegung miterlebt haben und von denen mehrere noch heute in Lausanne und Umgebung wohnen. Mussolini selbst, so führt er weiter aus, hielt sich vor allem in der darauffolgenden Beit an Serrati, der sich seiner annahm und ihm Empfeh lungen an italienische Partei- und Gewerkschaftsorganisationen halten könne. Mussolinis Bermögen an dem Abend, an in der Schweiz gab, damit er durch Vorträge sich über Waffer dem er hungrig beim Parteilofal von Lausanne zum ersten Male vorsprach, be stand aus- 15 Centimes. best

Muffolini zeigte teine Neigung für Vorträge gewerkschaftlichen Inhalts, sondern zog das Thema" Militarismus und Religion" vor, wodurch die Aufmerksamkeit der schweizerischen Bundesbehörden auf ihn gelenkt wurde. Das geschah namentlich nach einer Versammlung im Laufanner Boltshaus, in der Bandervelde über Sozialis­mus und Religion" referierte. Der belgische Genoffe hatte den Stand­punkt vertreten, daß Religion Privatsache und der Sozialismus als solcher infolgedessen nicht antireligiös sei. Sogleich nach dem Referat meldete sich mussolini zum Wort, der die Rede Bander­veldes scharf tritisierte und den gegenteiligen Standpunkt entwickelte, daß der Sozialismus nur fchroffantireligiös sein könne.( Dafür hat er jetzt in Italien wieder die Kruzifige in allen Gerichtsfälen und Schulen aufstellen lassen. Red. d. Bor­wärts".)

Bon diesem Tage an war Mussolini Gegenstand polizeilicher Schikanen der schweizerischen Behörden, die schließlich einen Aus­weifungsbefehl gegen ihn erließen. Serrati war darüber besonders betrübt, und bemühte sich vergebens, durch die Bermitt­lung der parteigenössischen Rechtsanwälte und Nationalräte Rapin, Panchaud und Beyeler die Aufhebung dieses Defretes zu bewirken. Er erreichte immerhin, daß Mussolini nicht aus dem gesamten Gebiet der Eidgenossenschaft , sondern nur aus dem Kanton Waadt ausge­wiesen wurde und das Recht erhielt, nach Genf zu übersiedeln.

Der Verfasser erinnert schließlich daran, daß Mussolini seine Dankbarkeit gegenüber Serrati dadurch bewies, daß er nach dem Sieg des Faschismus Serratt eintertern und miß. handeln ließ.

Wir können hinzufügen, daß Mussolini seinem edelmütigen Ber­halten die Krone dadurch aufsetzte, daß er, als Serrati fürzlich starb, den Befehl erteilte, den Friedhof, auf dem die Beisetzung er. folgte, durch Gendarmerie abzusperren, damit die Trauerfeier teinen politischen Charakter erhalte, so daß sogar Serratis Sohn vor dem Friedhofstor lehrt machen mußtel